Internate als Bildungsinstitutionen. Kompensationspädagogische Perspektiven und Erwartungen der Wirtschaft in Hinblick auf die Unterstützungsleistung von Berufsschulinternaten


Bachelorarbeit, 2019

66 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Teil 1 – Theorie

1 Kriterien für die Wahl des Forschungsthemas
1.1 Praktische und wissenschaftliche Relevanz des Themas
1.2 Persönliches Interesse am Thema
1.3 Empirische Untersuchbarkeit des Themas
1.4 Betreuungsangebot zum Thema

2 Problemstellung

3 Zielsetzung und damit einhergehende Forschungsfragen
3.1 Zielsetzung
3.2 Forschungsfragen

4 Ausblick auf die Notwenigkeit weiterer Betrachtungsperspektiven

5 Forschungsstand

Teil 2 – Empirie

6 Untersuchungsdesign, Zielpopulation & Rücklaufquote
6.1 Untersuchungsdesign
6.2 Zielpopulation
6.3 Rücklaufquote

7 Der Fragebogen – Basis- bzw. Hintergrundinformation
7.1 Fragebogentitel
7.2 Fragebogeninstruktion bzw. –ausfüllhilfe
7.3 Inhaltliche Fragenblöcke
7.4 Statistische Angaben
7.5 Fragebogen Feedback
7.6 Verabschiedung

8 Fragebogen – Auswertung
8.1 Beantwortung der Kernfrage
8.2 Ergebnisse Onlinebefragung
Statistische Daten
8.2.1 Stellung im Unternehmen
8.2.2 Lage des Betriebes
8.2.3 Unternehmerischer Tätigkeitsbereich
8.2.4 Aktuell beschäftigte Lehrlinge und deren Geschlecht
8.2.5 Asylwerberinnen und -werber bzw. anerkannte Flüchtlinge als Lehrlinge
8.2.6 Lehrlingsunterbringung während der Berufsschulzeit
Ergebnisse hinsichtlich Lernen im Berufsschulinternat
8.2.7 Lernen nach neun bis zehn Unterrichtseinheiten
8.2.8 Lernbegünstigende Lernorte
8.2.9 Vorrangige (kompensations)pädagogische Handlungsfelder des Personals in Berufsschulinternaten
8.2.10 Lernzeiten im Berufsschulinternat
8.2.11 Relevante Unterrichtsgegenstände für den Förderunterricht
8.2.12 Sportangebot im Berufsschulinternat?

9 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kurzfassung

Im Fokus dieser Arbeit stehen die Institution Berufsschulinternat und die Erwartungshaltung der Wirtschaft – im Sinne der Lehrbetriebe – hinsichtlich (kompensations)pädagogischer Angebote und Handlungen im Rahmen des kurzzeitigen Internatsaufenhalts von Lehrlingen. Ein, an den Bedürfnissen der Zielgruppe und den fordernden zeitlichen Rahmenbedingungen orientiertes, pädagogische Konzept eines Kurzzeitinternats und dessen gewissenhafte Umsetzung, kann im Rahmen der Dualen Ausbildung für Lehrlinge, die während ihres Berufsschulaufenthalts in einer derartigen Institution untergebracht sind, durch das Angebot (kompensations)pädagogischer Maβnahmen diversester Art maßgeblich am schulischen Erfolg des jungen Menschen mitwirken. Lehrlinge befinden sich während ihrer Ausbildung in einem Spannungsfeld mehrerer Stakeholder, die am Erfolg des angehenden bzw. jungen Erwachsenen interessiert sind. Es ist dies der Lehrling selbst, das familiäre Umfeld mit den erziehungsberechtigten Personen minderjähriger Lehrlinge, der dahinterstehende Lehrbetrieb, die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer sowie die Berufsschule und in vielen Fällen das Berufsschulinternat.

Die bislang vernachlässigte Sichtweise der Wirtschaft in der Diskussion um eine systematische (kompensations)pädagogische Weiterentwicklung der Berufsschulinternate wird im Rahmen dieser Arbeit mithilfe einer Meinungserhebung per Online Fragebogen hinsichtlich erwünschter bzw. notwendiger (kompensations)pädagogischer Angebote in Berufsschulinternaten nachgeholt und die Ergebnisse der Untersuchung im empirischen Teil detailliert aufgezeigt. Durch das große Interesse der Wirtschaft an der Teilhabe an dieser, für ihre Lehrlinge relevanten bildungspolitischen Diskussion, konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen und die ursprüngliche Kernfrage, ob Lehrbetriebe grundsätzlich eine (kompensations)pädagogische Erwartungshaltung an Berufsschulinternate haben, mit einem klaren Ja beantwortet werden.

Abstract

The focus in this paper lies on short-term vocational boarding schools for apprentices and the expectations of training companies towards this educational facility with regard to pedagogical offers and actions provided during the boarding school attendance of their apprentices. A pedagogical concept of a short-term boarding school and its conscientious implementation can contribute significantly to the academic success of the young person. It requires however, that the concept is oriented towards the needs of the target group and the demanding conditions regarding the short period of stay. During their apprenticeships, apprentices are caught in the tensions of several stakeholders who are interested in the success of the adolescent or young adult. This being the apprentice him- or herself, the family environment with the legal guardians of underage apprentices, the training company behind them, the apprenticeship office of the Chamber of Commerce as well as the vocational school and in many cases the boarding school.

The viewpoints of training companies regarding the discussion about a systematic (compensatory) pedagogical development of vocational boarding schools have so far not been included in the ongoing discussion. Within the scope of this paper the author made up for this lacking piece of information by means of an opinion poll via online questionnaire, asking training companies about their views regarding desired or in their eyes necessary (compensatory) pedagogical offers in vocational boarding schools. The results of the investigation are presented in detail in the empirical part of the paper. Due to the great interest of training companies in the participation in this educational discussion, valuable insights were gained and the original key question, whether or not training companies have a (compensatory) pedagogic expectation towards vocational boarding schools, can be answered with a clear yes.

Vorwort

Gib alles,

nur nicht auf.

Als ich im Herbst 2009 mit dem Studium der Berufsschulpädagogik an der PH Salzburg Stefan Zweig begonnen habe, hatte ich einen raschen Abschluss des selbigen im Jahr 2012 an der PH Wien vor Augen. Für meine damals zweieinhalb und vier Jahre alten Töchter hatte ich in Wien bereits mit Fixplätzen im Ganztageskindergarten und der Montessori Volksschule der PH Wien vorgesorgt. Der Planung eines temporären Umzugs für das Vollzeitstudienjahr stand nichts mehr im Weg. Das würde ich während des Wartejahres, in dem einer meiner Kollegen das Vollzeitjahr absolvierte, in Angriff nehmen. Es sollte anders kommen. 2011 wurde meine dritte Tochter geboren, und an ein Fortsetzen des Studiums mit drei kleinen Kindern war vorerst nicht mehr zu denken. Nach weiteren vier Jahren im Dienst der Landesberufsschule Tamsweg, entschloss ich mich 2015 zur Mitarbeit im elterlichen Betrieb, um dort die Aufgabenbereiche meiner Mutter zu übernehmen, während meine Schwester bereits seit vielen Jahren erfolgreich in die Fuβstapfen unseres Vaters getreten war. Meine Leidenschaft am Unterrichten machte es mir unmöglich, der Schule ganz den Rücken zu kehren, und ich bekam die Möglichkeit einige wenige Stunden pro Woche weiter mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten. In meinem neuen Vertrag war eine Fortsetzung des Studiums jedoch nicht mehr vorgesehen. Als ich mir und meiner Familie nach weiteren zwei Jahren eingestand, dass ich in Bilanzbuchhaltung, Lohnverrechnung und vorwiegend Schreibtisch lastigen Tätigkeiten nicht meine berufliche und persönliche Erfüllung finde, kehrte ich Ende 2017 wieder ganz in den Schuldienst und mein ursprüngliches Anstellungsverhältnis zurück. Fortsetzung des Studiums inklusive. In dieser Bachelorarbeit findet dieses Studium nun seinen Abschluss und bestärkt mich einmal wieder in meinem Lebensmotto alles, auβer aufzugeben.

Danksagung

Ich bedanke mich aus tiefstem Herzen bei meinen Eltern, Christine und Alois Lassacher und meiner Schwester Denise für ihr „Dasein”, wenn der Hut brennt oder mal der Schuh drückt. Danke, dass ihr mich und meine drei Mädels in allen Lebenslagen unterstützt und sogar meine Entscheidung, wieder zurück an die Schule zu wechseln, verstanden und mitgetragen habt, ohne mir dabei das Gefühl gegeben zu haben, euch in den Rücken zu fallen oder euch mit meiner Entscheidung zu enttäuschen. Ohne den starken Rückhalt und eure Unterstützung in so vielen Dingen während der letzten zehn Jahre, wäre so vieles nicht möglich gewesen, was mich zu dem glücklichen und erfüllten Menschen macht, der ich heute bin.

Auch meinen drei tollen Mädels Mia, Marie und Line gebührt ein großes Dankeschön. Danke für eure Selbständigkeit und euer Verständnis für die vielen Tage und Nächte, die ich hinterm Schreibtisch, statt an eurer Seite verbracht habe. Eure selbstgemachten Palatschinken und Salate zu unser aller Stärkung waren der Hit! Ich bin so stolz auf euch, wie ihr gemeinsam mit Oma und Opa das halbe Jahr, als ich mein Vollzeitsemester in Linz absolviert habe, so bravourös gemeistert habt. Ohne Tränen, ohne Murren – einfach nach dem Motto „Gemeinsam schaffen wir das!” Ihr seid etwas ganz Besonderes, und ich habe euch über alles lieb.

Zum Abschluss möchte ich noch zwei meiner Professoren meinen Dank aussprechen. Zum einen Herrn Professor Lehrer, der mein Vorhaben, meine Bachelorarbeit zum gewählten Thema zu schreiben, befürwortet hat und zum anderen Herrn Professor Bauer, der sich sodann bereit erklärt hat, die Betreuung der Arbeit zu übernehmen und mit seiner professionellen und akribischen Arbeitshaltung dafür gesorgt hat, dass ich den roten Faden nicht verliere bzw. den Rahmen einer Bachelorarbeit nicht sprenge.

Teil 1 – Theorie

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Teile, einen theoretischen Teil (Teil 1) und einen empirischen Teil (Teil 2).

Im ersten Teil wird zu Beginn die Relevanz einer wissenschaftlichen Untersuchung des Themas aufgezeigt. Dies geschieht im ersten Kapitel anhand der nach Döring & Bortz aufgelisteten Kriterien zur Wahl eines Untersuchungsthemas (Döring & Bortz, 2016, S. 149–153). Darauffolgend wird im zweiten Kapitel auf die konkrete Problemstellung eingegangen und die Betrachtungsperspektive klar abgesteckt. Sodann erläutert Kapitel Drei das Ziel und die Kernfragen dieser Arbeit, im vierten Kapitel wird auf die Notwendigkeit weiterer wissenschaftlicher Betrachtungen betroffener Akteurinnen und Akteure, deren Untersuchung den vorgegebenen Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, hingewiesen. Nachdem somit ein grundsätzlicher Überblick über die Arbeit geschaffen wurde, beschäftigt sich Kapitel Fünf mit dem aktuellen Forschungsstand, um von hier zum empirischen Teil, Teil Zwei der Arbeit über zu leiten. Kapitel Sechs beschreibt den gewählten Forschungszugang, die Zielpopulation sowie die Rücklaufquote. Im siebten Kapitel wird auf die einzelnen Teile des Fragebogens und deren Fragen eingegangen. Die Resultate der Befragung werden im achten Kapitel präsentiert. Die Arbeit schließt im neunten Kapitel mit einem Fazit und Handlungsappell.

1 Kriterien für die Wahl des Forschungsthemas

Wieso sollte der Frage nach kompensationspädagogischen Perspektiven und Erwartungen der Wirtschaft in Hinblick auf die Unterstützungsleistung von Berufsschulinternaten besondere Aufmerksamkeit in Form einer wissenschaftlichen Arbeit gewidmet werden? Nach Döring und Bortz folgt die Auswahl des eigenen Forschungsthemas folgenden sechs Kriterien: dem persönlichen Interesse an der Thematik, den eigenen theoretischen und methodischen Vorkenntnissen zum Thema, der wissenschaftlichen sowie praktischen Relevanz, der empirischen Untersuchbarkeit und der Wahrscheinlichkeit, zum gewählten Thema eine entsprechende Betreuung zu finden (2016, S. 149–153).

Die Relevanz der Fragestellung ergibt sich für mich in zweifacher Hinsicht; sowohl formal auf wissenschaftlicher als auch praktischer Relevanz von auβen, als auch aus persönlichem Interesse, also in Folge intrinsischer Motivation meinerseits.

1.1 Praktische und wissenschaftliche Relevanz des Themas

Aus formaler Sicht kann die Bedeutsamkeit der genaueren Betrachtung anhand zwei konkreter Dokumente begründet werden. Zum einen unmittelbar aus dem ursprünglich im Jahr 2015 unter der Leitung von Prof. Mag. Johann Lehrer in Zusammenarbeit mit Prof. Jürgen Bauer, BEd Bakk. phil. MA, Prof. Mag. Dr. Günter Wohlmuth und dem Land Salzburg, Abteilung 2, Öffentliche Pflichtschulen, Sachbereich Berufsbildende Pflichtschulen, lancierten Forschungsprojekt „Systematische pädagogische Weiterentwicklung der Berufsschulinternate – (Internate als Bildungsinstitutionen) – Kompensationspädagogische Perspektiven”(Lehrer, Bauer, & Wohlmuth, 2018a, S. 101–111). Als Forschungszugang wurde in besagter Arbeit die „strukturierende qualitative Inhaltsanalyse” gewählt (ebd., S. 106). Das Projektteam befasste sich unter anderem mit der Frage, welche Einflüsse zu Fehlschlägen von Heranwachsenden in der Berufsbildung führen können. Neben den Faktoren Lehrbetrieb und Peergroup, bildet auch das außerschulische Umfeld – im konkreten Fall das Berufsschulinternat – einen Risikofaktor (ebd., S. 102). Mit diesem letzten Faktor beschäftigte sich das Projektteam im Rahmen einer empirischen Untersuchung von Lehrlingen im Berufsschulinternatskontext.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Akteure im Rahmen der Weiterentwicklungsdiskussion von Berufsschulinternaten – Lehrlinge

Abbildung 1 soll der Leserin bzw. dem Leser durch das Hervorheben der Fokusgruppe in gelber Farbe verdeutlichen, dass die im o. g. Projekt untersuchte Gruppe der Lehrlinge, die hinsichtlich Berufsschulinternate auch direkte Zielgruppe dieser sind, nur einer von mindestens sechs Stakeholdern ist und daher von einem praktischen und wissenschaftlichen Interesse an der Erforschung der verbleibenden Interessensgruppen auszugehen ist.

Die Datenerhebung im Projekt J. Bauer, J. Lehrer und G. Wohlmuth erfolgte mittels qualitativer Interviews mit sieben Teilzeitinternatsschülerinnen und -schülern im Landesberufsschulheim Hallein im Schuljahr 2016/17 (ebd., S. 107). Zu den Leitfragen der Studie gehörte, ob überhaupt und, wenn ja, welche kompensationspädagogische Rolle Berufsschulinternaten zugeschrieben wird. Des Weiteren wurde der Frage nachgegangen, welche Weiterentwicklungspotenziale hinsichtlich biografischer Entwicklungsaufgaben bzw. pädagogischer Potenziale Berufsschulinternate haben. Abschließend wurde beleuchtet, welche Rolle Berufsschulinternate im kompensationspädagogischen Bereich spielen können, um beim Erkennen von Erfolgsbedingungen bzw. dem Abwenden von Misserfolgsbedingungen zu helfen (ebd., S. 102). Den zweiten formalen Anstoß, am Thema Kompensationspädagogik in Berufsschulinternaten weiterzuarbeiten, lieferte die im Salzburger Landtag im Zuge der dritten Sitzung am 20. Dezember 2017 debattierte Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Sieberth an Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer. Die Anfrage beschäftigte sich unter anderem mit der Frage nach gelebten organisatorischen und pädagogischen Konzepten und Leitbildern in Salzburger Bildungseinrichtungen mit Internaten oder Schülerheimen. Es wurde auf die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit diesem Thema und der Evaluierung bestehender pädagogischer Standards aller Internate hingewiesen (Prävention in Bildungseinrichtungen, 2017, S. 247–248).

1.2 Persönliches Interesse am Thema

Meine intrinsische Motivation, mich mit dem Thema der Weiterentwicklung von Berufsschulinternaten aus dem Blickwinkel der Wirtschaft auseinander zu setzen, rührt von meinem starken persönlichen Bezug zur Wirtschaft und dem Wunsch deren Sichtweisen in die Diskussion der systematischen pädagogischen Weiterentwicklung von Berufsschulinternaten mit einfließen zu lassen. Eine holistische Betrachtung des Themas unter Einbeziehung aller in der in Abbildung 2 angeführten Grafik zusammengefassten Akteure (das sind Lehrlinge, Erziehungsberechtigte, vormalige, aktuelle sowie potentielle Lehrbetriebe, Wirtschaftskammer, Berufsschuldirektionen und -lehrkräfte sowie das Personal von Berufsschulinternaten) hat bislang in aufeinander abgestimmter Form nicht stattgefunden, erscheint mir aber für den Erfolg der systematischen und professionellen Weiterentwicklung von Berufsschulheimen als Bildungsinstitutionen unumgänglich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Akteure im Rahmen der Weiterentwicklungsdiskussion von Berufsschulinternaten

Anstoß zu diesem Gedankengang lieferte für mich persönlich die aus systemtheoretischer Sicht (Luhmann, 1987) unbefriedigende Situation in Tamsweg, wo es derzeit durch die strikte personelle Trennung von Schul- und Internatsbetrieb zu keiner Verzahnung der pädagogischen Prinzipien bzw. des pädagogischen Leitbildes der Landesberufsschule Tamsweg mit den dahingehenden Vorstellung des Berufsschulinternats kommt und man daher aktuell von keinem stimmigen Gesamtkonzept für alle Beteiligten sprechen kann. Das Berufsschulheim Tamsweg wird, sowie sieben weitere Berufsschulinternate im Bundesland Salzburg (Berufsschulheime Aigen, Obertrum, Zell am See, St. Johann im Pongau und Walserfeld sowie das Landesberufsschulheim Haunspergstraße) vom Salzburger Jugendherbergswerk geleitet. Im Lungau wird in einem Gebäudekomplex das Landesberufsschulheim Tamsweg und auch das Schülerheim der Handelsakademie Tamsweg durch das Jugendherbergswerk betrieben, was ferner zu einem Aufeinandertreffen von Lang- und Kurzzeitinternat führt (Hinterseer, 2019).

1.3 Empirische Untersuchbarkeit des Themas

„Bei der Konzeption einer empirischen Studie geht es darum, wie möglichst großer Erkenntnisgewinn mit den gegebenen personellen, zeitlichen und finanziellen Mitteln und unter den sonstigen beschränkenden Rahmenbedingungen in der Forschungspraxis erreicht werden kannˮ (Döring & Bortz, 2016, S. 151).

Der zeitliche Rahmen dieser Arbeit erstreckte sich, gerechnet ab dem ersten Vorfühlen einer Möglichkeit, zu diesem Thema zu forschen, auf 27 Monate, personell durchgeführt als One-Woman-Show mit, in Hinblick auf finanzielle Mittel, keinem dafür vorgesehenen Budgetrahmen. Die in 1.2 dargestellte praktische, wissenschaftliche und auch politische Relevanz ermöglichte die Einbeziehung der Wirtschaftskammer Salzburg, welche als offizielles Organ den Link zur Online-Umfrage im Jänner 2019 unparteiisch und absolut wertfrei in meinem Namen an 2.325 Unternehmen im Bundesland Salzburg versandt hat. Das unvoreingenommene Erreichen aller Wirtschaftszweige und im Bundesland angesiedelten Lehrbetriebe war somit gewährleistet.

1.4 Betreuungsangebot zum Thema

Typischerweise werden [...] Listen mit Themenangeboten für Abschlussarbeiten an den jeweiligen Instituten bereitgestellt [...] Wer ein eigenes Thema untersuchen möchte, das nicht im angebotenen Themenspektrum auftaucht, muss sich selbst darum bemühen, eine entsprechend inhaltlich qualifizierte und motivierte Betreuung am Institut zu finden und [...] (ebd., S. 153).

Nachdem auf der Homepage der Pädagogischen Hochschule Stefan Zweig im Wintersemester 2017/18 die Projektbeschreibung zu „Systematische pädagogische Weiterentwicklung der Berufsschulinternate“ unter der Leitung von Professor Mag. Johann Lehrer veröffentlicht wurde, führte der erster Weg der Verfasserin zu Professor Lehrer, um abzuklären, ob man sich am Institut vorstellen könnte, dass zu selbigem Thema im Rahmen einer Bachelorarbeit aus dem Blickwinkel der Wirtschaft gearbeitet würde und ob es dafür auch Betreuungspersonen direkt am Institut oder der Pädagogischen Hochschule Stefan Zweig an sich gäbe. Beides wurde im Dezember 2017 bejaht. Die Konzeption der Arbeit konnte beginnen; resultierend in der Disposition der Bachelorarbeit Ende Jänner 2018.

Nach dieser Herleitung der Wahl des Forschungsthemas soll im folgenden Kapitel die Problemstellung dieser Arbeit beleuchtet werden.

2 Problemstellung

Die vorliegende Arbeit – Internate als Bildungsinstitutionen. Kompensationspädagogische Perspektiven und Erwartungen der Wirtschaft in Hinblick auf die Unterstützungsleistung von Berufsschulinternaten – nimmt im Vergleich zur vorhergehenden Studie einen Perspektivenwechsel vor und betrachtet die Thematik aus dem Blickwinkel der Wirtschaft. Wenn hier von Wirtschaft die Rede ist, sind in diesem Schriftstück sowohl Lehr- bzw. Ausbildungsbetriebe als auch Unternehmen, die aktuell keine Lehrlinge beschäftigen, zu verstehen. Abbildung 3 zeigt deutlich, dass es sich hierbei wieder nur um einen Teilaspekt des Themas handelt, der nicht losgelöst von den anderen Akteurinnen und Akteuren zu klaren Lösungsansätzen in der Entwicklungsdebatte führen kann bzw. wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Akteure im Rahmen der Weiterentwicklungsdiskussion von Berufsschulinternaten – aktuelle und potentielle Lehrbetriebe

Da Lehrlinge jedoch im Zuge ihrer Ausbildung den Großteil ihrer Zeit – man spricht von ca. 4/5 oder in anderen Worten rund 80 Prozent der Lehrzeit – im Lehrbetrieb zubringen und somit angenommen werden kann, dass die Ausbilderin bzw. der Ausbilder seinen Lehrling bzw. seine Lehrlinge und dessen bzw. deren Lernverhalten und Lernbedürfnisse meist gut kennt bzw. den jungen Menschen oftmals vielleicht sogar besser einschätzen kann, als das Personal eines Kurzzeitinternats, stellt die Sichtweise der Ausbildungsbetriebe betreffend ihrer Erwartungen an die (kompensations)pädagogischen Leistungen eines Berufsschulinternats einen integralen Bestandteil in der aktuellen Entwicklungsdiskussion dar, welcher bislang in der Forschung leider zum großen Teil vernachlässigt wurde. Diese Tatsache gab der Autorin Anlass, zu den im Folgenden beschriebenen Fragen zuforschen.

3 Zielsetzung und damit einhergehende Forschungsfragen

Mithilfe dieser Arbeit sollen als logischer nächster Schritt die unterschiedlichen Sichtweisen der Wirtschaftstreibenden und deren Erwartungshaltung in Hinblick auf kompensationspädagogische Leistungen von Berufsschulinternaten ihren Weg in die Diskussion finden und damit wichtige Beiträge zur systematischen pädagogischen Weiterentwicklung von Berufsschulinternaten liefern.

3.1 Zielsetzung

Der vorgenommene Perspektivenwechsel ermöglicht in Kombination mit den Erkenntnissen des Forschungsprojekts „Systematische pädagogische Weiterentwicklung der Berufsschulinternate – (Internate als Bildungsinstitutionen) – Kompensationspädagogische Perspektiven” (Lehrer u. a., 2018a) eine holistischere Betrachtungsweise der Thematik aus dem bereits erhobenen Blickwinkel der Schülerinnen und Schüler bzw. Lehrlingen auf der einen und der in dieser Arbeit erhobenen Meinung von Lehrbetrieben bzw. Wirtschaftstreibenden auf der anderen Seite.

Neben der Beantwortung der in Folge in 3.2 umrissenen Fragen ist eine weitere Zielsetzung dieser vorwiegend deskriptiven Arbeit ein Fazit abzuleiten, in dem u. a. darauf eingegangen werden kann, ob die Erwartungen der Wirtschaft an die kompensationspädagogischen Leistungen der Berufsschulinternate im aktuellen Internatsrahmen erfüllt werden bzw. theoretisch erfüllt werden könnten. Sollte dem nicht so sein, werden aus den erhaltenen Antworten der einzelnen Umfrageteilnehmerinnen und Umfrageteilnehmern Vorschläge zur Weiterentwicklung abgeleitet.

3.2 Forschungsfragen

Die Kernfrage dieser Arbeit entstand u. a. aus der öffentlichen Diskussion heraus, welche Lernumgebungen und Zusatzangebote Lehrlinge in ihrem Lernen unterstützen. Man kann in diesem Fall also von einem Ableiten der Forschungsfrage aus einem Sachverhalt, der im Alltag diskutiert wird, sprechen (Döring & Bortz, 2016, S. 175). Als Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit stellt sich die grundsätzliche Frage, ob ehemalige, aktuelle und potentielle Lehrbetriebe generell eine Erwartungshaltung pädagogischer Art und Weise im Sinne von (Kompensations)pädagogik an Berufsschulinternate haben. Sollte dem so sein, wird in Folge dessen weiter darauf eingegangen, welche Art sogenannter (Kompensations)pädagogik aus Sicht der Lehrbetriebe – sprich der Wirtschaft – in den, im Bundesland Salzburg (und ganz Österreich) als Kurzzeit- bzw. Blockinternat geführten, Berufsschulinternaten angeboten werden sollte, um positiv zur Lernerfolgssteigerung und Persönlichkeitsentwicklung der Lehrlinge beizutragen. Neben der erwarteten pädagogischen Leistung der Erzieherinnen und Erzieher wird auch die Einstellung betreffend Lernzeitgestaltung, das kompensationspädagogische Lehr- und Lernangebot und die Lernraumgestaltung, die in den Augen der Wirtschaftstreibenden positives Lernen ermöglicht, abgefragt.

4 Ausblick auf die Notwenigkeit weiterer Betrachtungsperspektiven

Um das Betrachtungsspektrum zu vervollkommnen, bedürfte es zudem noch der Erhebung des Status quo des aktuell agierenden Internatspersonals betreffend die Wahrnehmung dessen kompensationspädagogischer Rolle im Rahmen seiner Arbeit im Berufsschulinternat. Soweit es mir zum aktuellen Zeitpunkt bekannt ist, wird es in naher Zukunft im Rahmen einer Masterarbeit zur wissenschaftlichen Behandlung dieser Thematik aus psychologischer Sicht kommen. Wichtig wird hierbei sein, die Untersuchung beider Arten Berufsschulinternate, die wir derzeit im Bundesland Salzburg vorfinden – Internate mit Erzieherinnen und Erziehern, die gleichzeitig Berufsschullehrkräfte sind und Internate, die abgekoppelt vom Schulgeschehen extern geführt werden – anzustreben. Abbildung 4 macht diese zwei Stakeholder sichtbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Akteure im Rahmen der Weiterentwicklungsdiskussion von Berufsschulinternaten – Erzieherinnen und Erzieher im Internat und (bei externer Internatsführung) Lehrkräfte der Berufsschule

In Fällen der Betreuung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch externe Betreuerinnen und Betreuer bzw. Erzieherinnen und Erzieher anstelle von Pädagoginnen und Pädagogen aus dem Pool der Berufsschullehrkräfte, sprich, wenn Berufsschule und Berufsschulinternat personaltechnisch nicht ineinander verschränkt geführt werden, sollte darüber hinaus auch eine Einbeziehung der Berufsschulpädagoginnen und -pädagogen in die Entwicklungsdiskussion stattfinden. Dieser Anspruch einer holistischen Betrachtungsweise geht auf das Wissen um die Tatsache zurück, dass sich das pädagogische Feld Berufsschulinternat im unmittelbaren Kontext mit den Lehrkräften der Berufsschule sowie den Erzieherinnen und Erziehern im Berufsschulheim auf der einen Seite und den Erziehungsberechtigten und/oder Lehrbetrieben auf der anderen Seite, befindet. Einzig und allein der kontinuierliche, offensive und für die Lehrlinge klar erkennbare transparente Dialog zwischen den einzelnen Beteiligten ermöglicht, die Kernziele des Berufsschulinternats zu erreichen. Man kann diesen Austausch zwischen den einzelnen Akteuren somit als wesentlichen Gelingensfaktor im Sinne des pädagogischen Gesamtkonzepts sehen (Lehrer u. a., 2018a, S. 104).

Es sollte somit nach Abschluss dieser Arbeit und den gewonnenen Erkenntnissen ein Ziel sein, sich mit den verbleibenden Akteuren im Zusammenspiel um die systematische pädagogische Weiterentwicklung von Berufsschulinternaten auseinanderzusetzen und die Ergebnisse der einzelnen Studien konstruktiv miteinander zu verbinden. Man sollte als künftige Erhebungsbereiche die Sicht der Wirtschaftskammer als offizielle Lehrlingsstelle und Pflichtvertretung aller Lehrbetriebe, die Erwartungshaltung der Erziehungsberechtigten minderjähriger Lehrlinge, die Visionen der Direktionen und Lehrkräfte der verschiedenen Berufsschulen, welche nicht als Erzieherinnen und Erzieher in Berufsschulinternaten tätig sind sowie die Sichtweisen der Erzieherinnen und Erzieher in den einzelnen Berufsschulinternaten ins Auge fassen. Abbildung 5 macht deutlich, dass wir uns momentan noch am Anfang der Erforschung des Bereiches Kurzzeitinternat und der Möglichkeiten kompensationspädagogischen Wirkens in dieser Spezialform von Bildungsinstitutionen befinden. Zusammenfassend zeigt die Grafik auf, dass von den sechs skizzierten Stakeholdern bislang nur zwei, d. s. die Interessengruppe der Lehrlinge und die Interessensgruppe der Lehrbetriebe, genauer unter die Lupe genommen wurden. Die vier gelb schraffierten Felder, die Interessensgruppe Wirtschaftskammer mit ihrem für die duale Ausbildung abgestellten Organ der Lehrlingsstelle, die Interessentengruppe der Erziehungsberechtigten im Falle von minderjährigen Lehrlingen, die Stakeholder der Erzieherinnen und Erzieher in Berufsschulinternaten sowie die Direktionen und Lehrkräfte in Berufsschulen, welche vom Internatsbetrieb abgekoppelt sind, gilt es noch zu beleuchten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Akteure im Rahmen der Weiterentwicklungsdiskussion von Berufsschulinternaten – zukünftige Studienfelder

5 Forschungsstand

„Explorative und deskriptive Studien begründen ihren Satz an Forschungsfragen mit Verweisen auf frühere Studien sowie Forschungslückenˮ (Döring & Bortz, 2016, S. 163). In dieser Arbeit findet beides statt. Forschungslücken, die sich im deutschen und englischen Sprachraum in Hinblick auf die eingehende Erforschung von Kurzzeitinternaten auftun, versucht man durch Verweise auf Studien, die im skandinavischen und österreichischen Raum in den letzten Jahren durchgeführt wurden, zu schließen. Darüber hinaus fließt neu gewonnenes empirisches Datenmaterial in diese Arbeit mit ein und ergänzt so den status quo.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Forschungsstand im deutsch- und englischsprachigen Raum in Hinblick auf (Kompensations-)Pädagogik in Kurzzeitinternaten wie den Berufsschulinternaten äußerst unzureichend ist. Die Hauptzahl der bekannten Werke wie u. a. Grundfragen der Internatspädagogik – Theorie und Praxis (Haep, 2015) oder auch Das Internat – Struktur und Zukunft – Ein Handbuch (Ladenthin, Fitzek, Ley, & V.K.I.T. e.V., 2009), beschäftigt sich ausschließlich mit Internaten und Heimen, welche ganzjährig – meist mehrjährige Schultypen begleitend – geführt werden. Dem entgegen beschäftigen sich Zeller und Gharabagh in Bildung zwischen Heimerziehung und Schule – Ein vergessener Zusammenhang vorwiegend mit jungen Menschen ohne familiäres Fundament, die in sogenannten „stationären Settings” wie z. B. Kinder- und Jugendheimen aufwachsen bzw. diese als sogenannte „Care Leaver” verlassen (Köngeter, Mangold, & Strahl, 2016). Die kompensationspädagogischen Möglichkeiten, die sich durch die langfristige Internatszugehörigkeit für sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Pädagoginnen und Pädagogen bzw. Erzieherinnen und Erzieher unter diesen zeitlichen Rahmenbedingungen ergeben, sind mit denen bei einer durchschnittlichen Verweildauer von nur zehn Wochen p. a. in Berufsschulinternaten nicht direkt vergleichbar.

Seit dem Jahr 2013 nimmt sich in Österreich ein Forscherteam der Pädagogischen Hochschule Salzburg Stefan Zweig der Thematik Berufsschulinternate im Bereich der dualen Ausbildung und ihre Aufgabe als eine wesentliche kompensatorische pädagogische Einrichtung an. Die Ergebnisse der von J. Bauer, J. Lehrer und G. Wohlmuth durchgeführten Studie wurden u. a. im Rahmen der sechsten österreichischen Berufsbildungsforschungskonferenz, die vom 5. bis 6. Juli 2018 in Steyr, Oberösterreich stattgefunden hat, im Zuge einer Postersession präsentiert (Lehrer, Bauer, & Wohlmuth, 2018b). Des Weiteren lässt sich ein Fazit aus der vorangegangenen Forschungsarbeit von J. Lehrer ableiten: Wenn Berufsschulinternate im Gebiet der dualen Ausbildung als eine wichtige kompensationspädagogische Institution wahrgenommen und dementsprechend weiterentwickelt werden, be- und entsteht die Möglichkeit, in Teilen des Berufsschulwesens gewissen Defiziten, die bei den Lernenden auftreten und bemerkt werden, aktiv entgegen zu wirken. Alle Ergebnisse aus der (Berufs-)Bildungsforschung weisen auf die besondere Rolle und Verantwortung der in (Berufs-)Schulen, Berufsschulinternaten und Lehrbetrieben handelnden Individuen hinsichtlich der Unterstützungsleistung für Lehrlinge hin (Lehrer, 2014).

Neben diesen aktuellen Beiträgen aus Österreich, finden sich auch im dänischen Sprachraum zeitnahe Forschungsergebnisse zu einer in Dänemark fix verankerten, bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts, inspiriert durch die Gedanken N. F. S. Grundtvigs (Encyclopaedia Britannica, 2018) und K. M. Kolds (Encyclopaedia Britannica, 2019), entwickelten Bildungsinstitution (Von Oettingen, Hvas Andersen, Buur Hansen, & Komischke-Konnerup, 2015, S. 55). Bekannt unter den Namen Efterskole, Ungdomsskole oder auch Frie fagskole, wird diese Schulform ausschließlich als Internat geführt (Balle, 2012). In dieser Arbeit wird von nun an im Weiteren der Begriff Efterskole verwendet. Mit derzeit 261 Schulen (ebd., 2012) dieser Art und einer im Schuljahr 2018/19 erreichten jährlichen Schülerinnen- und Schülerzahl von mehr als 29.000 jungen Menschen (Efterskole elevtal 2018/19, 2018) bei einer aktuellen Gesamteinwohnerzahl in Dänemark von 5,79 Millionen Menschen (IMF, 2018), zeugt diese Institutionsform von gesellschaftlicher Berechtigung und entgegengebrachter Wertschätzung durch die dänische Bevölkerung selbst (Von Oettingen u. a., 2015, S. 11). Die Efterskole, weist etliche Gemeinsamkeiten mit denjenigen unserer Berufsschulinternate, welche in pädagogischer Zusammenarbeit mit dem Berufsschulbetrieb, sprich, wenn Berufsschule und Berufsschulinternat pädagogisch ineinander verzahnt sind, betrieben werden, auf. Zum einen ist die Zielgruppe altersmäßig vergleichbar, da vorwiegend 14- bis 18jährige Schülerinnen und Schüler nach Abschluss der Pflichtschulbildung eine Efterskole besuchen. Zum anderen variiert das Kursangebot an dieser Bildungsinstitution in Hinblick auf die Aufenthaltsdauer zwischen dem Besuch von Kursen mit einer Dauer von nur einigen Wochen bis hin zu einem vollen Schuljahr und lässt somit Vergleiche mit der Aufenthaltsdauer in österreichischen Berufsschulinternaten von zwischen mindestens vier und maximal zwölf Unterrichtswochen p. a. zu. Neben den Gemeinsamkeiten, die der Schul- bzw. Internatstyp Efterskole mit einem Berufsschulinternat aufweist, sind auch die Unterrichtsinhalte einer Efterskole denen einer Berufsschule sehr ähnlich. So kann man im Kapitel 1, des Gesetzblattes zu den Bestimmungen zum Schultypus Eferskole und Frie Fagskole u. a. folgendes nachlesen

Stk. 2. Efterskoler tilbyder unge elever kurser efter stk. 1 med henblik på elevernes hele menneskelige udvikling og modning samt deres almene opdragelse og uddannelse.

Stk. 3. Frie fagskoler tilbyder unge og voksne elever kurser efter stk. 1. Praktiske eller erhvervsrettede fag eller en kombination heraf skal have en fremtrædende plads i undervisningen og mindst udgøre 1/3 af den samlede undervisningstid for den enkelte elev. (Hvilsom Larsen, 2018, S. 1)

Ins Deutsche übersetzt lässt sich zu § 1 des Lov om efterskoler og frie fagskoler (Gesetz zu Efterskole und Frie fagskole) sagen, dass im Absatz 2 die Bestimmungen hinsichtlich der menschlichen Entwicklung und Reifung, sowie der allgemeinen Erziehung und Bildung beschrieben werden, im dritten Absatz sodann darauf eingegangen wird, dass mindestens ein Drittel der Unterrichtszeit in Form von praktischen oder wirtschaftlichen Unterrichtsgegenständen oder einer Kombination dieser abzuhalten ist.

Im Jahre 2010 initiierte die Efterskoleforeningen København, zu Deutsch Efterskolevereinigung Kopenhagen, Dänemark, ein Forschungsprojekt zur Fragestellung, wie Ausbildung und Bildung bestmöglich gestaltet werden sollen. Die Arbeit wurde nach Abschluss der Forschungsperiode folgendermaßen zusammengefasst: „Gennem to år har skoleforskere i samarbejde med Efterskoleforeningen undersøgt og dokumenteret efterskolens dannelsesprocesser og deres betydning for den enkelte og for samfundet” (Efterskoleforeningen, 2011), sprich, über einen Zeitraum von zwei Jahren wurden die pädagogischen Prozesse des Lernens und der (Aus)Bildung in Efterskolen in Zusammenarbeit von Schulforscherinnen und –forschern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Efterskole Vereinigung untersucht und dokumentiert, um deren Bedeutung für jede und jeden Einzelnen aber auch für die dänische Gesellschaft als Ganzes abzuleiten. Im Zuge dieses intensiven Forschungsprojektes, welches durch die Ambition, den Bildungswert im Zuge des Schulverlaufs auf den Ebenen persönlicher, kollektiver, fachlicher, kreativer und sozialer Prozesse zu dokumentieren, angefeuert wurde (Von Oettingen u. a., 2015, S. 7), entstand das Buch DANNELSE DER VIRKER – efterskolens pædagogik (Anm erkung der Autorin: Bildung, die wirkt – Pädagogik der Efterskole), welches sich zum heutigen Tag bereits in 4. Auflage befindet und wertvolle Einblicke in die positiven Möglichkeiten, die auch Kurzzeitinternatsformen für die (Aus)Bildung und Entwicklung junger Menschen bieten (können), liefert (Von Oettingen u. a., 2015).

Eine zentrale Aussage, die L. Greve Petersen in seiner Funktion als Vorstand für pädagogische Einheit in Efterskolen, trifft, ist:

„At drive efterskole er en virksomhed, som bygger på værdier, traditioner, skolemæssig faglighed, pædagogisk indsigt og ikke mindst passion og vilje til sammen med eleverne at tage den daglige kamp om at definere, hvad der er ‟det fælles” og ‟det fælles bedste”. Uden det har hverdagen på skolen ikke den gnist og den dannende betydning, som gør et efterskoleophold til en oplevelse og en erfaring, der trækker tråde langt ind i voksenlivet.” (Von Oettingen u. a., 2015, S. 8)

Eine Efterskole zu betreiben ist demnach vergleichbar damit, ein Unternehmen zu führen, das auf Werte, Traditionen, schulische Fachlichkeit und pädagogisches Wissen aufbaut. Vor allem aber ist die Leidenschaft und der Wille der Pädagoginnen und Pädagogen, gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern jeden Tag aufs Neue zu definieren, was denn nun „das Beste” und das „für die Gemeinschaft Beste” sei, für schulische Wirkungskraft ausschlaggebend. Wenn dieser Wille und die Leidenschaft fehlen, kann sich auch im Schulalltag die Zündkraft und bildende Bedeutung, die einen Aufenthalt in einer Efterskole zu einer positiven Erfahrung bis weit ins Erwachsenenleben hinein macht, nicht entwickeln und entfalten. Diese Kernaussage deckt sich mit den Forschungsergebnissen von J. Lehrer, J. Bauer und G. Wohlmuth, welche als einen der wesentlichen Erfolgsfaktoren auf pädagogischer Ebene in Berufsschulinternaten das „Wissen um die Tatsache, dass sich das pädagogische Feld Internat in einem unmittelbaren Kontext mit den Lehrpersonen der Berufsschule auf der einen Seite und den Lehrbetrieben bzw. den Erziehungsberechtigten bei minderjährigen Schüler_innen [sic!] auf der anderen Seite befindet” (Lehrer u. a., 2018a, S. 104), sehen. Somit ist auch in ihrem Sinne ein „fortwährender offensiver und für die Lernenden transparenter Dialog zwischen den einzelnen Akteur_innen [sic!] erforderlich, um wesentliche Ziele des Berufsschulinternats zu erreichen, [...]” (ebd. 2018a, S. 104).

Für den Fall, dass, wie im Bundesland Salzburg und auch im restlichen Österreich, an Berufsschulstandorten oftmals der Fall, die Berufsschülerinnen und -schüler im Berufsschulinternat nicht durch das pädagogische Personal der Berufsschule betreut werden, so ist eine weitere grundlegende Erfolgsvoraussetzung der intensive „Erfahrungs- und Informationsaustausch des Internatspersonals – im Wesentlichen auf der Ebene der pädagogischen Leitung – mit den Lehrer_innen [sic!] der Berufsschule; [...]” (Lehrer u. a., 2018a, S. 106). Um hier zu einem, für alle am Bildungsprozess der Dualen Ausbildung Beteiligten, bestmöglichen Ergebnis zu gelangen, bedarf es nach aus Sicht der Autorin in diesem Bereich aktuell an etlichen Standorten noch entsprechender Anstrengungen und zukunftsweisender Entwicklungsmaßnahmen,da,wie auch Von Oettingen u.a. beschreiben, der Alltag in Internaten nicht zufällig passiert(Anmerkung der Autorin: bzw. nicht zufälligpassieren soll), sondern einer besonderen didaktischen Struktur folgt, die sich nichtalleinüber die zeitlichen Rahmenbedingungen des„Wann wird gegessen, geschlafenodergelernt?”definiert, sondernsichvorrangigdaran orientiert, welche interpersonellen Beziehungen aufgebautund erfahrenwerdenkönnen, diedem jungen MenschenweitereBildungsmöglichkeitenöffnenunddessenSelbstwertund Vertrauen in sich selbst und seine Fähigkeitenstärken(2015, S. 117-118).Mitder Aussage„såmå efterskoleni dag sætte fokus på sin pædagogik”stellt Von Oettigen klar, dass imFokus der Efterskole(Anmerkung: im übertragenen Sinn „im Kurzzeitinternat”)vonheute ihre Pädagogik stehen muss(2015, S. 87).

Mit dieser, in den Augen der Autorin,für alle (Kurzzeit)Internate gültigen Forderung,schlieβtder theoretische Teil. Es folgt Teil Zwei, der sich mit der, dieser Arbeit zugrunde liegenden,Empirieauseinandersetzt.

Teil 2 – Empirie

Nachdem der theoretische Teil (Teil 1) dieser Arbeit auf fundierten Literaturrecherchen in Fachbüchern, Zeitschriften, Magazinen sowie dem Internet fußt und diese Auseinandersetzung mit der Theorie als Ausgangspunkt für die empirische Untersuchung gesehen wird, wird nun im zweiten Teil dieser Arbeit mithilfe von Empirie am Thema weitergearbeitet. Nach O. Villani lässt sich Empirie bzw. empirische Forschung folgendermaßen definieren: „Empirische Forschung ist eine wissenschaftliche Methodik, welche Aussagen über die Realität durch Befragung, Beobachtung und Messung gewinnt [...]” (Villani, 2019). In vorliegender Arbeit werden neue Daten und Erkenntnisse durch schriftliche Befragung gewonnen.

6 Untersuchungsdesign, Zielpopulation & Rücklaufquote

Nach Döring & Bortz lassen sich Forschungsdesigns anhand von neun Klassifikationskriterien einteilen (2016, S. 183). Im Folgenden wird die Zuordnung des verwendeten Designs hinsichtlich dieser Klassifikationskriterien getätigt.

6.1 Untersuchungsdesign

Dem wissenschaftstheoretischen Ansatz nach handelt es sich in vorliegender Arbeit um eine Befragung. Unter Befragung fallen drei grundlegende Formen von Befragung, welche in das persönliche Interview, die telefonische Befragung und die schriftliche Befragung in Form eines Fragebogens aufgegliedert werden können (Albers, Klapper, Konradt, Walter & Wolf, 2009, S. 39). Die Autorin hat sich im Zuge dieser Arbeit zu einer grundsätzlich quantitativen Studie kombiniert mit qualitativen, offenen Frageteilen in Form eines vollstrukturierten schriftlichen, elektronischen Fragebogens, der die direkte digitale Erfassung der Antworten ermöglicht, entschieden (ebd., S. 389 und S. 400). Der Fragebogen wurde im Umfragetool www.umfrageonline.com erstellt. Da es sich beim Thema Kompensationspädagogik im Berufsschulinternat um die Lösung primär praktischer Probleme mithilfe wissenschaftlicher Methoden (ebd., S. 185) handelt und die Studie berufsfeldorientiert ausgerichtet ist (ebd., S. 186), wurde ein anwendungswissenschaftlicher Ansatz gewählt. Das Erkenntnisziel ist eine anwendungswissenschaftliche Studie, die absolut unabhängig und ohne externe (im Sinne finanzieller, politischer oder sonstiger) Einflussnahme durchgeführt wurde, jedoch von öffentlichem Interesse („Prävention in Bildungseinrichtungen“, 2017) getragen wird. Hinsichtlich des Gegenstandes der Studie, wurde die Untersuchung als empirische Originalstudie durchgeführt. Es handelt sich somit um eine Primäranalyse, d. h., selbst erhobene Daten wurden erstmalig ausgewertet (Glass, 1976, S. 3). Das Erkenntnisinteresse liegt in einer Kombination aus Deskriptivstatistik und gleichzeitig schließender, deduktiver Inferenzstatistik Statistik (Steiner & Benesch, 2018, S. 15–25) im Sinne einer populationsbeschreibenden Studie. Da als Zielgruppe die Grundgesamtheit zur Teilnahme an der Befragung eingeladen wurde, lässt die Auswertung des Befragungsergebnisses eine auf die Grundgesamtheit schließende Darstellung zu. Durchgeführt wurde die Online-Befragung als Feldstudie im Bundesland Salzburg. Betreffend Untersuchungszeitpunkt bzw. Untersuchungszeitpunkten wurde die Studie einmalig im Zeitraum Jänner bis März 2019 als experimentelle Studie durchgeführt. Messwiederholungen wurden nicht geplant.

[...]

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Internate als Bildungsinstitutionen. Kompensationspädagogische Perspektiven und Erwartungen der Wirtschaft in Hinblick auf die Unterstützungsleistung von Berufsschulinternaten
Hochschule
Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Note
1,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
66
Katalognummer
V510345
ISBN (eBook)
9783346087140
ISBN (Buch)
9783346087157
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kurzzeitinternat, Kompensationspädagogik, Berufsschule, Berufsschulinternat, Erwartungen der Wirtschaft an Internate, Österreich, Duale Ausbildung
Arbeit zitieren
Christine Lassacher (Autor:in), 2019, Internate als Bildungsinstitutionen. Kompensationspädagogische Perspektiven und Erwartungen der Wirtschaft in Hinblick auf die Unterstützungsleistung von Berufsschulinternaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510345

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