Die postindustielle Gesellschaft Teil II


Hausarbeit, 2005

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Entstehung der fokussierten Gesellschaftsbeschreibung
2.1 Informationsgesellschaft
2.2 Die Wissensgesellschaft nach Drucker
2.3 Zusammenfassende Identifizierung

3 Ergänzende Diagnose der Charakteristika
3.1 Wirkung der Fokussierungen
3.2 Ergänzung der Formen um die Risikogesellschaft

4 Erhöhung der Abstraktionsebene durch Deutschmann
4.1 Die Mythenspirale

5 Resümee

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Titel des Seminars gibt eine Auseinandersetzung mit der Informationsgesellschaft vor. Die Begrifflichkeit taucht nur zu gern in der Öffentlichkeit auf, um die Gegenwarts-gesellschaft zu beschreiben. Nach dem Studium der einschlägigen Literatur wurde jedoch deutlich, dass weder dieser Begriff noch irgendein anderes Modell gegenwärtig einen konsensfähigen, mehrheitlich akzeptierten Gesellschaftsbegriff leisten. Einigkeit scheint darin zu bestehen, dass der Begriff der Industriegesellschaft »zur Charakterisierung der Gegenwartsgesellschaft« überholt und »in erheblichem Maße revisionsbebürftig ist« (Wingens: 1998, S. 2). Denn in der Summe wird ein epochaler Wandel verifiziert und festgestellt, dass es sich bei den aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen »um irreversible Prozesse und Phänomene handelt« (Bittlingmayer: 2001, S. 15). Trotz alledem erfreuen sich ganzheitliche Analysen in der Soziologie großer Beliebtheit: Komplette Bücherbände[1] setzen sich mit der Frage auseinander, wie diese neue Gesellschaftsform beschrieben werden kann. Als Folge ergeben sich Definitionen, die je nach Ort, Zeit, Betrachter und Blickwinkel verschieden ausfallen. Produkt ist eine verwirrende Vielzahl von Begrifflichkeiten, die bei der Arbeitsgesellschaft (z.B. Daheim) anfängt und bei der Zivilgesellschaft (z.B. Habermas) endet.

Diese breite Aufarbeitung kann durch den engen Rahmen einer Hausarbeit nicht geleistet werden. Fokussiert werden daher im zweiten Abschnitt die Informationsgesellschaft selbst und die Wissensgesellschaft, da beide grundsätzliche Parallelitäten aufweisen. Die Frage lautet daher, wie sich die im Blick habende Gesellschaft in groben Zügen gestaltet und welche negativen Externalitäten durch sie produziert werden. Der dritte Abschnitt stellt dementsprechend eine Diagnose in dem Sinne dar, als das die Konzepte in ihrer Wirkung zusammengefasst werden und ihre produzierten Probleme durch die sie ergänzende Risikogesellschaft erweitert werden. Zusammenfassend wird im vierten Abschnitt durch Deutschmanns Mythenspirale abstrahiert, bevor das Resümee die Fokussierung schließt.

Einschränkend muss insgesamt hinzugefügt werden, dass eine solche Betrachtungen laut Kneer, Nassehi und Schroer (2001, S. 7) nicht unumstritten ist, da der Aussagegehalt und die Nützlichkeit von Gesellschaftsbegriffen in Frage gestellt werden kann. Als Kausalität wird angeführt, dass es sich dabei um ideologische Konzepte handelt, bei denen die Meinungen auseinander gehen können.

2 Entstehung der fokussierten Gesellschaftsbeschreibung

Trotz dieser Einschränkung und durch die Vorgabe des Seminars widmet sich dieser Abschnitt der Informations- und die mit ihr im Zusammenhang stehende Wissensgesellschaft. Dabei werden die Begrifflichkeiten und ihre historische Entwicklung fokussiert, um so ihre Parallelitäten, aber auch Qualitätsunterschiede zu identifizieren. Weiterhin soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass auf eine empirische Untermauerung verzichtet wird. Dies liegt wiederum an der Begrenztheit einer Hausarbeit, da die Bearbeitung durch ihren Umfang die Aussage der Arbeit schmälern würde. Zum anderen ließen sich mit diesem Instrument paradoxerweise sowohl eine Dienstleistungs- als auch eine Wissensgesellschaft verifizieren. Beide werden bzw. wurden allerdings umfangreich durch den Autoren falsifiziert[2], obwohl sie von »1973 bis heute in allen industriellen Gesellschaften« statistisch untermauert werden können (Coy: 2005, S. 32).

2.1 Informationsgesellschaft

Beginnend bei der Informationsgesellschaft, ist für John Naisbitt in seinem populären Buch »Megatrend« »inzwischen klar, dass die postindustrielle Gesellschaft in Wirklichkeit die Informationsgesellschaft ist« (Wigens: 1998, S. 10). Bei dieser Betrachtung stehen im Allgemeinen Ausbildung, Arbeit, Beruf, Innovation und Produktionsprozesse sowie die damit verbundenen Fragen und Probleme im Vordergrund (Dordick/Wang: 1993).

Die Schöpfung der Begrifflichkeit lässt sich auf das Jahr 1963 datieren, als sie in einem Essay des Japaners Tadao Umesao als "Joho Sangyo Ron"[3] eingeführt wurde. Methodisch teilt er hiermit, die durch Fourastié bekannt gewordenen, klassischen Sektoren[4] in drei anders benannte Bereiche ein. Demnach ist der dritte ein Informationssektor, in welchem moderne Massenmedien jener Zeit wie Radio und Fernsehen subsumiert werden. Nach der Vorstellung von Umesao stellt dieses eine entwickelnde »Industrialisierung des Geistes« dar (Steinbicker: 2001, S. 17). Darin sieht er die dritte wichtige Stufe in der Menschheitsentwicklung, weil »die Manipulation von Symbolen zur zentralen gesellschaftlichen Aktivität und zum Leitprinzip der Gesellschaft wird« (ebd.).

1968 implementiert sich durch diesen Anstoß der Begriff der Informationsgesellschaft mit dem Aufsatz von Kohyama wiederum aus Japan. Aufgegriffen wird dieses Prinzip von 1969 bis 1983 in fünf größeren japanischen Regierungsdokumenten. Inhaltlich beschreiben diese antizipierend eine entwickelnde Informationsgesellschaft, sowie die Suche nach Maßnahmen, welche zur Realisierung benötigt werden (Stichweh: 1998, S. 434). In der Betrachtung wird der Computer als die Leittechnologie gesehen, welcher alle Sektoren durchdringt.[5] Beachtlich ist, dass in den späteren Dokumenten bereits die Verknüpfung zur Wissensgesellschaft deutlich wird, da die Idee der Informationsgesellschaft mit der Verbreitung von Wissen verbunden ist.

Rückblickend wird ihre Geburtsstunde oft mit der Revolution der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) verknüpft, die auf die Mitte der 70er Jahre zu verorten ist. Bei genauerer Betrachtung fällt allerdings auf, dass viele der technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt begannen.[6] Aktuelle IuK-Technologien sind beispielsweise Internet, E-Mail, Handy, Notebook, die wie prognostiziert umfassende und überwältigende Effekte auf die Gesellschaft und ihre Mitglieder haben (Steinbicker: 2001, S. 14).

Die Vorhersehbarkeit dieser Entwicklung war und ist allerdings in dem Sinne schwer, als dass die Effekte der neuen Technologien in erster Linie von sozialen und institutionellen Kontexten abhängig sind. Hier liegt es begründet, dass sich der Schwerpunkt auf eine empirische Erfassung von Informationsgesellschaften auswirkt und in der Regel anhand der Informatisierung der Infrastruktur erhoben werden. Ein latenter vollziehender sozialer Wandel wird zwar angenommen, jedoch selten thematisiert (Steinbicker: 2001, S. 14), so dass eine Verifizierung der Informationsgesellschaft eng an die IuK-Technologien und deren Verbreitungs- und Dichtegrad geknüpft ist. Diese Nutzung des Begriffes ist allerdings eine zu enge Sichtweise, die ungeeignet ist eine post-industrielle Gesellschaftsbeschreibung zu leisten. Im Ergebnis irrt[7] Naisbitt folglich und die Begrifflichkeit wird im Folgenden vernachlässigt und sich nun weiterführend der Wissensgesellschaft gewidmet.

2.2 Die Wissensgesellschaft nach Drucker

Die Begrifflichkeit der Wissensgesellschaft wurde in den westlichen Kulturen stärker institutionalisiert, da Umesao mit seiner Definition dort erst viel später entdeckt und wahr-genommen wurde. Die Veröffentlichung Bells (1973) »The Coming of Post-Industrial Society« gilt als »Geburtsstunde« der Wissensgesellschaft (Krücken: 2002, S. 69).[8]

In der Ökonomie kursiert der Begriff mindestens seit dem von Peter F. Drucker (1969) geschriebenen Buch »The Age of Discontinuity«. In seinem Werk werden essentielle Bruchstellen der Technologie, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft diagnostiziert. Dabei sucht er nach handhabbaren Reaktionsmustern im Managementbereich auf diese Diskon-tinuitäten. Wissen ist für Drucker die wichtigste Ressource, wobei er diese These auch in seinen späteren Werken konsistent vertritt.[9] »Die grundlegende wirtschaftliche Ressource, mithin die »Produktionsmittel«, werden nicht mehr das Kapital, werden nicht mehr die Naturschätze (der »Boden«, wie der Volkswirtschaftler sagt) oder »die Arbeit« sein. Es ist vielmehr heute und in Zukunft das Wissen« (Drucker: 1993, S. 18f.). Als Konsequenz sieht er die Herausbildung einer neuen Gesellschaftsordnung, welche er als Wissensgesellschaft bezeichnet (Drucker: 1969, S. 9ff.). Bildlich gesprochen vergleicht Drucker damit Wissen mit Elektrizität, da sie nur bei Anwendung sichtbar wird (Drucker: 1969, S. 252).

[...]


[1] Anmerkung: Zu nennen sind hier beispielsweise. Kneer/Nassehi/Schroer mit ihren Werken aus den Jahren 1997 und 2001 oder aber auch Pongs von 1999 und 2000.

[2] Anmerkung: Die Falsifizierung Dienstleistungsgesellschaft wurde bereits von dem Autoren im WS 04/05 im Seminar von Dr. Mnich »Die Dienstleitungsgesellschaft« (siehe dazu »Die post-industrielle Gesellschaft« von Gerrit Mumm) durch zahlreiche Autoren geleistet und auch die Wissensgesellschaft wird im Folgenden durch die aufgezeigte Summe der Wissenschaftler als umfassende Gesellschaftsbeschreibung abgelehnt.

[3] Übersetzt: Die Informationsindustrie

[4] Siehe dazu: Fourastie: Die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts, 1954.

[5] Anmerkung: Diese These bestätigt Johannes F. K. Schmidt (1997) mit seiner Ausarbeitung »Der Personal Computer (1974 – 1985)« auf S. 147.

[6] Anmerkung: Die Geburtsstunde des Computers wird beispielsweise auf 1833 datiert und die telegraphische Transatlantikverbindung läutete bereits um 1860 das Kommunikationszeitalter ein (Steinbicker: 2001, S. 13ff.).

[7] Anmerkung: siehe dazu unter anderen Malsch: Die Informatisierung des betrieblichen Erfahrungswissens und der »Imperialismus der instrumentellen Vernunft« von 1987.

[8] Anmerkung: Ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich der Ausdruck als Trendbegriff, obwohl sich Bell selbst von seiner eigenen Erfindung distanzierte und seither die Bezeichnungen »Dienstleistungsgesellschaft« oder »postindustrielle Gesellschaft« bevorzugt (vgl. Glotz: 1999, S. 29). Parallel zur Diskussion um den Beginn der Informationsgesellschaft erscheint in diesem Zusammenhang interessant, dass Peter Burke, ein englischer Kulturhistoriker, die „Geburt der Wissensgesellschaft“ (2001) sehr viel früher ansetzt als die Soziologie. Für ihn beginnt sie bereits im Jahre 1455 mit Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks »als einem Verbreitungsmedium, in deren Folge die Kommunikation stärker noch als nach der Erfindung des Mediums Schrift nicht mehr auf Anwesenheit, also auf Interaktion angewiesen ist« (Kurtz: 2003, S. 7). Diese These stützt auch Theweleit in seinem Buch » Tor zur Welt« von 2004, wonach er schon die Einführung des Alphabetes als technisches Medium begreift (S. 139). Demnach kann Wissen als ein lang anhaltender Wesensbestandteil jeglicher Gesellschaftsformen seitdem angeführt werden.

[9] Anmerkung: »The New Realities« (1989) und »Post-Capitalistic Society« (1993).

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die postindustielle Gesellschaft Teil II
Hochschule
Universität Lüneburg  (Zentrum für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Informationsgesellschaft
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V51043
ISBN (eBook)
9783638471145
ISBN (Buch)
9783656803577
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gesellschaft, Teil, Informationsgesellschaft
Arbeit zitieren
Gerrit Mumm (Autor:in), 2005, Die postindustielle Gesellschaft Teil II, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51043

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