Quantitative Datenanalyse (mit SPSS). Belastungen von Arbeitnehmern


Submitted Assignment, 2019

49 Pages, Grade: 2,0

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Einführung in die behandelnde Fragestellung
1.2. Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen
2.1. Belastungen der ArbeitnehmerInnen
2.2. Maßnahmen von Arbeitgeberseite
2.3. Aktuelle Bedeutung des Arbeitsschutzes
2.4. Setting-Ansatz
2.5. Fehlzeitenverringerung durch BGM
2.6. Mindfulness-Based Stress Reduction
2.7. Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen
2.8. Fragestellungen

3. Empirische Auswertungen
3.1. Begriffsbestimmung der angewendeten Methoden
3.1.1. Deskriptive Statistik
3.1.2. Cronbachs Alpha
3.1.3. Varimax Rotation
3.2. Alter- und Geschlechterverteilung
3.3. Branchenverteilung
3.4. Beschäftigungsart
3.5. Belastungen
3.6. Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden
3.7. Allgemeiner Gesundheitszustand
3.8. Arbeitsbedingte gesundheitl. Beschwerden in Abhängigkeit d. Beschäftigungsvariablen
3.8.1. Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden in Abhängigkeit von Vollzeit oder Teilzeit
3.8.2. Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden in Abhängigkeit von Bürotätigkeit
3.8.3. Arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden in Abhängigkeit von öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft
3.9. Belastungsunterschied nach Branchen
3.10. Cronbachs Alpha: Interne Konsistenz der Fragen zu den Arbeitsbelastungen
3.11. Faktorenanalyse der Fragen zu den Arbeitsbelastungen

4. Diskussion
4.1. Interpretation der Analysen
4.2. Beantwortung der Fragestellungen

5. Fazit zur praktischen Relevanz

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Vergleich Normalverteilung – Alter StudienteilnehmerInnen

Abbildung 2: Geschlechterverteilung

Abbildung 3: Branchenverteilung

Abbildung 4: Verteilung nach Beschäftigungsstatus

Abbildung 5: Verteilung nach Bürotätigkeit

Abbildung 6: Verteilung öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft

Abbildung 7: Häufigkeit von arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden

Abbildung 8: Verteilung des Gesundheitszustands allgemein

Abbildung 9: Cronbachs Alpha für Items A212A bis A212I

Abbildung 10: Cronbachs Alpha für A212A bis A212I mit Ausschluss von A212B

Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen

Tabelle 2: Betriebliche Verbesserungen aufgrund von BGF

Tabelle 3: Altersstatistik

Tabelle 4: Verbarbeitete Fälle im Bereich Belastung

Tabelle 5: Deskriptive Übersicht Belastungsindizes

Tabelle 6: Verarbeitete Fälle Beschäftigungsstatus, arbeitsbed. gesundheitl. Beschwerden

Tabelle 7: Signifikanz Beschäftigungsstatus, arbeitsbedingte gesundheitl. Beschwerden

Tabelle 8: Kreuztabelle Beschäftigungsstatus, arbeitsbedingte gesundheitl. Beschwerden

Tabelle 9: Verarbeitete Fälle Bürotätigkeit, arbeitsbedingte gesundheitl. Beschwerden

Tabelle 10: Signifikanz Bürotätigkeit, arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden

Tabelle 11: Kreuztabelle Bürotätigkeit, arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden

Tabelle 12: Verarbeitete Fälle Öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft, arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden

Tabelle 13: Signifikanz Öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft, arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden

Tabelle 14: Kreuztabelle Öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft, arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden

Tabelle 15: Index psychische Belastungen nach Branche

Tabelle 16: Index physische Belastungen nach Branche

Tabelle 17: Index bewegungsarme Tätigkeit nach Branche

Tabelle 18: Gültige Fälle für Cronbachs Alpha

Tabelle 19: Interpretation Cronbachs Alpha

Tabelle 20: Item-Skala Statistiken

Tabelle 21: KMO- und Bartlett-Test

Tabelle 22: Erklärte Gesamtvarianz der Faktorenanalyse

Tabelle 23: Rotierte Komponentenmatrix

Tabelle 24: Beantwortung relevanter Fragen – Kapitelverweis

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1. Einführung in die behandelnde Fragestellung

Die wahrscheinlich bekannteste Definition des Gesundheitsbegriffs stammt von der Weltgesundheitsorganisation:

„Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“ (WHO, 1946)

In der Ottawa-Charta (WHO, 1986) wird u. a. aber auch definitiv darauf hingewiesen, dass der Mensch nicht nur in seinem Privatleben bzw. in Eigeninitiative für seine Gesundheit verantwortlich ist: „Gesundheit wird von Menschen in ihrer täglichen Umwelt geschaffen und gelebt – dort wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben.“ Also auch beispielsweise Schule und Arbeitsplatz sind Settings, wo Gesundheit bzw. Gesundheitsprävention stattfindet.

Nach Hurrelmann ist Gesundheit immer ein Wechselspiel von personalen Faktoren, Verhaltensfaktoren und Verhältnisfaktoren (Hurrelmann, K. et al., 2004, S. 49 ff). Gesundheit wird von individuellem Verhalten (auf der Grundlage persönlicher Traits), dem Umfeld, den Lebensbedingungen (einschließlich der Arbeitsbedingungen), aber auch von der persönlichen wirtschaftlichen Lage und der kulturellen Umwelt beeinflusst (Adamer-König, E. & Hofer, K., 2018, nach Dahlgren & Whitehead, 1991). Der „moderne“ Gesundheitsbegriff ist auch laut WHO (1946) ein ganzheitlicher, bei dem physische, psychische und soziale Faktoren miteinbezogen werden.

Als allgemein bekannt gilt, dass in den meisten Branchen die physischen Beanspruchungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten zurückgegangen sind (vgl. Kapitel 2.1.), die psychischen jedoch zugenommen haben. Allerdings setzen ArbeitgeberInnen im psychischen Bereich ihre Verpflichtung in Hinblick auf Arbeitsschutz nach wie vor zu wenig um (Details siehe Kap. 2.2. und 2.3.). Laut dem DGB-Index „Gute Arbeit“ (Lindner, M. & Woldt, C., 2010) ist der Leistungsdruck in manchen Branchen so hoch, dass die Hälfte der Belegschaft glaubt, unter den gegebenen Arbeitsbedingungen nicht bis zum (regulären) Pensionsantritt durchzuhalten.

Die Zukunft in Bezug auf Gefährdungsbeurteilung und Umsetzung des (österr.) ArbeitnehmerInnenschutzgesetztes (ASchG), welches die gesetzliche Grundlage für u. a. Gesundheitsprävention darstellt, lässt sich gut mit folgendem Leitsatz zusammenfassen:

„Es geht nicht darum, Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter zu finden, die extreme Anforderungen erfüllen, sondern eine Aufgabe so zu gestalten, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese erfüllen können!" (BMASK, 2018)

1.2. Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit beschreibt nach einer kurzen Einführung in das Thema Gesundheit im theoretischen Teil (Kapitel 2), welchen Belastungen ArbeitnehmerInnen unterliegen, wie ArbeitgeberInnen darauf reagieren können und welchen Stellenwert der Arbeitsschutz aktuell in den Unternehmen hat. Daraus werden im nächsten Schritt relevante Fragestellungen abgeleitet. Vertiefend wird ein kurzer Einblick in den Setting-Ansatz und die Möglichkeit der Fehlzeitenreduktion durch gelungenes BGM gegeben.

In Kapitel 3 (empirischer Teil) werden nach einer generellen Begriffserklärung einige der dieser Arbeit zugrundeliegenden Daten der telefonischen Befragung aus dem Jahr 2011 per deskriptiver Statistik und Faktorenanalyse mit dem Programm SPSS ausgewertet.

Danach folgt in Kapitel 4 eine Bewertung der Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens, eine Interpretation der Ergebnisse sowie eine Übersicht zur Beantwortung der zentralen Fragestellungen. Mit einem kurzen Fazit zur praktischen Relevanz der Ergebnisse (Kapitel 5) wird die Arbeit geschlossen.

2 Theoretische Grundlagen

2.1. Belastungen der ArbeitnehmerInnen

Auf jeden Menschen wirken im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit unterschiedliche Belastungen ein: physische Belastungen, psychische Belastungen und Umgebungsbelastungen (BMASK, 2018). Diese wahrgenommene Beanspruchung kann durchaus als positiv empfunden werden, allerdings genausogut zu negativem Empfinden führen. Wie sie wahrgenommen wird, hängt sowohl von der persönlichen Leistungsvoraussetzung als auch von Umfang und Dauer der Beanspruchung ab (BMASK, 2018).

Die Belastungen haben sich nach Oppolzer (2010) seit den späten 80er-Jahren im physiologischen Bereich leicht verringert (Bereiche wie z. B. Hitze/Kälte, Nässe, Staub, Vibration, Lärm, Handhabung schwerer Lasten, Zwangshaltungen), dem gegenüber steht jedoch eine starke Zunahme der psychischen Belastungen, z. B. in den Bereichen Zeit- und Termindruck, hohes Arbeitstempo, großes Arbeitspensum, monotone Tätigkeiten, fremdbestimmtes Tempo, soziale Konflikte oder auch die allgegenwärtige Arbeitsplatzunsicherheit.

Die Belastungen sind selbstredend stark unterschiedlich, z. B. nach Branche oder Tätigkeitsbereich. Aus diesem Grunde wird bei der Auswertung in Kapitel 3.8. der Schwerpunkt auf die Unterschiede zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigte, ArbeitnehmerInnen mit vs. ohne Bürotätigkeit sowie Öffentlicher Dienst vs. Privatwirtschaft gelegt.

In Österreich trat das ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes per 1. Jänner 1995 in Kraft. Erste Erfolge waren relativ rasch sichtbar, z. B. durch einen deutlichen Rückgang der gemeldeten Arbeitsunfälle (AK Wien, 2018, S. 29), allerdings sind im Hinblick auf psychische Belastungen bis heute kaum nachhaltige Verbesserungen feststellbar (BMASK, 2018), ein Großteil der Betriebe ist damit schlichtweg überfordert. Ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen sucht man in den Betrieben meist umsonst. Deren ursprünglicher Zweck, nämlich auch die „modernen“, sich oftmals psychisch auswirkenden Arbeitsbelastungen (wie z. B. vermehrter Zeit- und Leistungsdruck) anzupacken, wurde demnach großteils verfehlt (Ahlers, E., WSI Diskussionspapier, 2011).

2.2. Maßnahmen von Arbeitgeberseite

Das Gesetz sieht vor, dass ArbeitgeberInnen Gefahren im Bereich der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ermitteln und evaluieren. Anschließend sind Maßnahmen zur Beseitigung dieser Gefahren festzulegen und für deren Umsetzung ist zu sorgen (AK, o. J.).

Arbeit gilt laut §§ 3–7 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) als menschengerecht, wenn die Gesundheit dadurch nicht gefährdet wird und sie darüber hinaus Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit bietet. (Anmerkung: Österreichische Gesetzeslage.) Die Faktoren Ausführbarkeit, Erträglichkeit, Zumutbarkeit und Wohlbefinden müssen erfüllt werden. Zusätzlich ist die Vermeidung oder zumindest Verminderung von Arbeitsbelastungen anzustreben, damit Gesundheit, Wohlbefinden (als Teil des ganzheitlichen Gesundheitsbegriffes) und Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen erhalten bleiben (AK Wien, 2018, S. 6). Seit 1. Jänner 2013 gibt das ASchG zusätzlich explizit und verbindlich vor, dass psychische Belastungen und Gefährdungen ermittelt und beurteilt werden müssen (AK Wien, 2018, S. 7).

Um das Geforderte umzusetzen erscheint Betriebliches Gesundheitsmanagement zielführend. Eine der bekanntesten Definitionen hierfür stammt von Bernhard Badura:

„Unter Betrieblichem Gesundheitsmanagement verstehen wir die Entwicklung betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit und Organisation und die Befähigung zum gesundheitsfördernden Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Ziel haben.“ (Badura et al. 2010, S. 33).

In der Luxemburger Deklaration von 2007 wird Betriebliche Gesundheitsförderung folgendermaßen beschrieben:

„Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.“

BGM stellt die organisatorischen Rahmenbedingungen, während BGF die einzelnen Maßnahmen darstellt. In der Praxis werden die beiden Begriffe jedoch oftmals inhaltlich nicht streng getrennt.

Das Ziel von BGF ist die gesundheitsfördernde Gestaltung der Arbeit. Kurz- bis mittelfristig ist damit die Stärkung der interpersonalen Ressourcen von MitarbeiterInnen und die Verbesserung organisatorischer Bedingungen zu verstehen. Langfristig sichert BGF die Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation durch gesunde, motivierte, in höherem Ausmaß unternehmenstreue MitarbeiterInnen (Adamer-König, E. & Hofer, K., 2018).

Sämtliche Beschreibungen betonen den systematischen Ansatz. Es führt nicht zum Erfolg, wenn Unternehmen den MitarbeiterInnen einmal jährlich ein Zeitmanagement-Workshop anbieten oder Gruppen „erzwingen“, die dreimal abends gemeinsam walken, auch die Bereitstellung eines Obstkorbes im Sozialraum stellt noch kein systematisches Vorgehen dar. Diese Einzelmaßnahmen würden sich wohl kaum im dauerhaften allgemeinen Wohlbefinden der MitarbeiterInnen niederschlagen, schon gar nicht auf die Krankenstandstatistik. Auch das BKA hat schon 2015 veröffentlicht, dass eine Vermeidung von Krankenständen nicht in Form von Einzellösungen zu behandeln sei, sondern es „muss in einem systematischen und umfassenden Ansatz des Gesundheitsmanagements eingebettet sein.“ (BKA, 2015)

Jede Organisation, jeder Betrieb ist demnach aufgefordert, ein systematisch aufeinander abgestimmtes Maßnahmenpaket zu schnüren, das sowohl zur betrieblichen Kultur, zur Branche und der damit einhergehenden speziellen Belastungen als auch zu den MitarbeiterInnen und deren individuellen Bedürfnisse passt.

Sowohl personale Faktoren als auch Verhaltens- und Verhältnisfaktoren sollten Beachtung finden, wenn auch nicht unbedingt im gleichen Ausmaß. Zugegebenermaßen ist es – abhängig von der Organisationsgröße – eher schwierig, auf einzelne persönliche Eigenschaften der MitarbeiterInnnen einzugehen.

Geht es an die praktische Umsetzung von BGM sind Erhebungen des Ist-Zustandes unerlässlich für eine Zieldefinierung. Ohne Zielvorgaben ist nicht messbar, ob Maßnahmen erfolgreich waren oder nicht. Diese Ist-Stand-Erhebung wird am besten durch standardisierte Fragebögen, die wiederholt über Jahre zum Einsatz kommen, vorgenommen. Auch ein persönliches Gespräch mit dem/der Betriesarzt/ärztin oder Betriebspsychologen/in ist sinnvoll, wenn auch wesentlich aufwendiger. Erst danach können Ziele generiert und Maßnahmen überlegt und durchgeführt werden. Adamer-König und Hofer schlagen im Rahmen ihres Motivationsvortrages anlässlich der Ingesa Tagung 2018 folgende Maßnahmen für erfolgreiches BGM bzw. BGF vor:

Tabelle 1: Verhaltens- und verhältnisbezogene Maßnahmen (Quelle: Adamer-König, E. & Hofer, K:, 2018, S. 28)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verhaltensorientierte Maßnahmen zeigen oftmals eine kurzfristige, sofortige Wirkung und sind vor allem meist relativ leicht statistisch zu kontrollieren. Diese Wirkung verpufft allerdings, wenn die Aktivitäten nicht in ein durchdachtes organisationales Konzept der Verhältnisprävention eingebunden sind. Erst diese Verhältnismaßnahmen ermöglichen dauerhafte Verbesserungen:

“Organisational-level workplace interventions are thought to produce more sustainable effects on the health of employees than interventions targeting individual behaviours.” (Montano et al., 2014, S. 35)

Die bekannte IGA-Studie (Pieper, C. et al., 2015, S. 7-110) fasst zusammen, dass BGF-Maßnahmen positive Effekte auf die Gesundheit von Beschäftigten haben und krankheitsbedingte Fehlzeiten sowie Gesundheitskosten reduzieren. Ebenso zeigen laut dieser Studie unterschiedliche Ansätze zur Steigerung des Arbeitsengagements Wirkung: Sowohl Führungskurse, gesundheitsförderliche Kurse, die Optimierung von Arbeitsressourcen als auch die Stärkung persönlicher Ressourcen (z. B. Kurse zu Resilienz oder Stressmanagement) weisen in einer zusammenfassenden Untersuchung positive Effekte auf. Hierbei scheint es von Vorteil zu sein, wenn diese Interventionen gruppenbasiert erfolgen. Auch die Wirkung der aktuell beliebten Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen ist belegt (Hülsheger et al., 2014).

Viele der möglichen Umsetzungsmaßnahmen sind für ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen nicht neu, jedoch oft zu wenig genutzt bzw. praktiziert. Der Ansatz, auch Maßnahmen der Verhaltensprävention im Betrieb anzubieten, bringt den zusätzlichen Vorteil eines sehr niederschwelligen Zugangs und somit kann mit einer höheren Partizipation gerechnet werden.

2.3. Aktuelle Bedeutung des Arbeitsschutzes

Wie in Kapitel 2.2. dargelegt, ist Arbeitsschutz kein „alter Hut“, es besteht noch immer Handlungsbedarf bezüglich der gesetzlichen Fürsorgepflicht, im Speziellen in der kompletten Umsetzung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), der Bildschirmarbeitsverordnung (BS-V), des Bundesbedienstetenschutzgesetztes (BSchG) etc. (Anmerkung: Österreichische Gesetzeslage)

Entsprechend § 3 ASchG müssen ArbeitgeberInnen beispielsweise für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der ArbeitnehmerInnen in Bezug auf alle arbeitsbedingten Aspekte sorgen (AK Wien, 2018, S. 82). Leichter gesagt als getan. Kein Mensch ist wie ein anderer, Persönlichkeitsmerkmale sind individuell, sie unterliegen einer statistischen Verteilung. Aus diesem Grund kann auch nicht für alle ArbeitnehmerInnen immer alles passend gemacht werden, aber die Betriebe müssen z. B. im ergonomischen Bereich die Arbeitsplätze so einrichten, dass sie zumindest für 90 Prozent der Belegschaft passen (BMASK, 2018). Deshalb sind beispielsweise höhenverstellbare Schreibtische und Bürostühle gelebte Praxis.

Seit 1.1.2013 ist es in Österreich gesetzlich verankert, dass ArbeitgeberInnen auch psychische Belastungen evaluieren und durch entsprechende Maßnahmen verbessern müssen. Psychische Belastungen sind „alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“ (ÖNORM EN ISO 10075-1).

Die Kosten aller verhältnis- und verhaltensorientierten Maßnahmen zusammen sind zugegebener Maßen nicht zu unterschätzen. Allerdings rechnen sich diese schon innerhalb weniger Jahre durch Senkung des Absentismus und der Krankheitskosten (Sockoll et al., 2008, IGA-Report 13). Neben monetären Effekten sind jedoch vor allem auch nicht quantifizierbare Effekte wie Wohlbefinden und Selbstbewusstsein zu beachten.

BGM-Maßnahmen haben einen weiträumigen Einfluss auf die Fehlzeiten und die Produktivität im Betrieb: Wie die SWiNG-Studie (eine Pilotstudie zur Stressprävention in Schweizer Großbetrieben) zeigte, lassen sich durch die Optimierung von Arbeitsressourcen und -belastungen die Absenzen potenziell um 2,5 Tage reduzieren und die Arbeitsleistung um zehn Prozentpunkte erhöhen (Jenny et al., 2011). Voraussetzungen für eine gelingende Umsetzung sind laut dieser Studie top-down gestützte Maßnahmen, Involvierung der Betroffenen, breiter Fokus der Interventionen, transparente und ausreichende Kommunikation, Motivation aller Beteiligten und relativ stabiler Betriebskontext. Zielen die Maßnahmen auf Veränderung von individuellem Verhalten, sind hingegen ein engerer Fokus, kürzere Zeiträume und persönliche Unterstützung wichtig (Jenny et al., 2011).

In der Schweiz wurden 2014 von Montano und KollegInnen 39 methodisch hochstehende Studien zu Interventionen auf gesamtbetrieblicher Ebene aus den Jahren 1980 bis 2012 untersucht. Die Autoren zeigen auf, dass die Hälfte der Interventionen eine Wirkung hatte. Dass die Wirkung sehr unterschiedlich ist und die Interventionen oft nicht umgesetzt werden können wie geplant, ist dabei keine neue Erkenntnis. Interventionen funktionieren laut dem Forscherteam am besten, wenn sie zum Betrieb passen, wenn Motivation zur Teilnahme und Unterstützung durch Vorgesetzte vorhanden sind und die Kommunikation und die Mitbeteiligung stimmen (Blum-Rüegg, A., 2018, S. 34).

Es ist bedauerlich, dass BGM-Maßnahmen zu den ersten gehören, die im Falle einer ungünstigen wirtschaftlichen oder betrieblichen Lage vorrangig eingestellt werden.

2.4. Setting-Ansatz

Wissenschaftlich anerkannt ist die Tatsache, dass der Arbeitsplatz ein äußerst wichtiges und erfolgversprechendes Setting darstellt und deshalb BGM in jedem Betrieb, egal welcher Größe, zum Einsatz kommen sollte, da nur so eine große Durchgängigkeit erreicht werden kann.

„Der Setting-Ansatz stellt die wichtigste Umsetzungsstrategie der Gesundheitsförderung dar. […] Die Fokussierung auf definierte Sozialräume, sei es Quartiere, der Betrieb, […] ermöglicht es […], adäquate Zugangswege zu definieren und die vorhandenen Ressourcen zu nutzen.“ (Hurrelmann, K. et al., 2004, S. 49 ff)

Auch nach Engelmann (2008) ist der Setting-Ansatz die Schlüsselstrategie zur Umsetzung der Ottawa-Charta-Prinzipien.

Ein systematisches Ändern des Settings ermöglicht gesundheitsfördernd auf die Lebensbedingungen der Menschen einzuwirken. Hier liegt also die große Chance der Betriebe. Denn neben all den zu erfüllenden Gesetzen ist eines besonders wichtig: Die Menschen sind das A und O einer jeden Organisation. Leistungsfähigkeit (auf der Grundlage von Gesundheit und Qualifikation) und Motivation, also die innerliche Bereitschaft zur Leistung, sind wesentliche Erfolgsfaktoren gleichermaßen für Profit- wie Non-Profit-Organisationen.

2.5. Fehlzeitenverringerung durch BGM

In den letzten fünfzehn Jahren ist eine massive Zunahme von Fehlzeiten, Arbeitsunfähigkeit und Frühpensionierungen aufgrund psychischer Erkrankungen festzustellen (Schubert, F.-C., 2015, S. 34), aus denen jedoch nicht zwangsläufig Arbeitsabwesenheit resultiert. Die häufigsten Ursachen für Fehlzeiten sind laut WIFO nach wie vor (Leoni, T., 2014):

- Erkrankungen der Atemwege
- Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems
- Chronische Erkrankungen Skelett (am häufigsten bei älteren MitarbeiterInnen)

Genannter Bericht gibt jedoch keine Auskunft darüber, bei wie vielen dieser Erkrankungen die Ursache im psychischen Bereich zu suchen ist.

2.6. Mindfulness-Based Stress Reduction

Neben den Standardmaßnahmen wie geregelte Pausenzeit, ergonomischer Arbeitsplatz, gesundes Kantinenessen, Obstkorb und Wasserspender, erfüllende Arbeit, offene Kommunikations- und Feedbackkultur etc. versprechen achtsamkeitsbasierte Ansätze (aus der Verhaltenstherapie) guten Erfolg, wenngleich dieser auch nicht immer in Zahlen ausdrückbar ist. V. a. Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR, „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“) nach Jon Kabat-Zinn (1990, S. 264-273) kann als relevant für den betrieblichen Kontext erachtet werden. Dieser Ansatz hat sich bewährt und ist empirisch gut untersucht (Segal, Z. et al., 2002). Neben dem Verhindern negativer Aufschaukelungsprozesse durch besondere Achtsamkeit und neutrale Beobachtung der Situation (quasi von außen) sind achtsamkeitsfördernde Maßnahmen nachweislich u. a. wirksam bei Schlafstörungen, Depressionen, Kopfschmerz (ebd.).

2.7. Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen

Verhaltensmaßnahmen im betrieblichen Kontext bedingen vorab Maßnahmen auf der Verhältnisebene (Klotter, C., 1999). Gut umgesetzte BGM-Maßnahmen wirken, das zeigen Studien. Sie tragen nicht nur zur Reduktion gesundheitlicher Störungen bei, sondern fördern auch Engagement und Wohlbefinden. Damit haben BGM-Maßnahmen einen weiträumigen Einfluss auf die Fehlzeiten und die Produktivität im Betrieb, Absenzen können laut der Schweizer SWiNG-Studie reduziert und die Arbeitsleistung erhöht werden. Maßnahmen machen nur dann Sinn, wenn sie strukturiert im Betrieb implementiert werden. Die Führungskräfte werden zuerst selbst geschult, gehen als Vorbild voran. Ohne Identifikation der Führungsebene mit dem Gesundheitsthema wird dieses nur wenig Erfolg haben. Die Argumente für oder gegen BGM sind also nicht bei den einzelnen BGM-Maßnahmen zu suchen, sondern im organisationalen und individuellen Umfeld, wo BGM eingeführt, umgesetzt und verankert werden muss (Blum-Rüegg, A., 2018, S. 35).

Durch umfangreiche BGF wird nicht nur der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen Rechnung getragen, sondern es kommt zusätzlich zu folgenden Verbesserungen im Betrieb:

Tabelle 2: Betriebliche Verbesserungen aufgrund von BGF (Quelle: Fonds Gesundes Österreich, o. J.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die immer wieder geforderte Nachhaltigkeit gerade in der Betrieblichen Gesundheitsförderung nicht bedeutet, dass die Strukturen eines (Gesundheits-)Projektes nicht mehr veränderbar sind. „Vielmehr ist eine dynamische Nachhaltigkeit anzustreben, um angemessen auf die laufenden Veränderungen der Bedürfnisse in einem Betrieb reagieren zu können“, sagt Christoph Heigl in einem Interview für das Gesundheitsmagazin „Gesundes Österreich“ (Schobel, D., 2013, S. 29).

2.8. Fragestellungen

Aus den beschriebenen allgemeinen Fakten rund um betrieblichen Arbeitsschutz und Gesundheit der Belegschaft in Zusammenhang mit den vorhandenen Daten aus gegenständlicher Erhebung ergeben sich folgende Fragen:

a) Wie klassifizieren sich die Befragten selbst hinsichtlich Gesundheitszustand?
b) Sind die arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden bei Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigten größer?
c) Ist es relevant für die arbeitsbedingten gesundheitlichen Beschwerden, ob jemand eine Bürotätigkeit ausübt oder nicht?
d) Haben Beschäftigte im öffentlichen Dienst oder Beschäftigte in der Privatwirtschaft häufiger arbeitsbedingte gesundheitliche Beschwerden?
e) Unterscheidet sich die Stärke der Belastungen der Befragten in verschiedenen Branchen?

3 Empirische Auswertungen

Die Untersuchung wurde im Zeitraum Mai bis August 2011 in Deutschland vorgenommen. Beschäftigte im Alter zwischen 14 und 79 Jahren wurden telefonisch im Rahmen der Dachevaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (DGA) von Infratests befragt. Die Stichprobenziehung erfolgte aus dem Infratest-Telefon-Master-Sample (ITMS). Befragte aus kleineren territorialen Einheiten wurden bei der Ziehung und Aussteuerung disproportional berücksichtigt, um eine ausreichende Anzahl an Interviews aus diesen Regionen im Auswertungspool berücksichtigt zu haben. Nachfolgende Analysen beziehen sich ausschließlich auf diese Befragung.

In diesem Kapitel werden nach einer einleitenden Begriffsbestimmung und allgemeinen statistischen Angaben zu Alter und Geschlecht einige zentrale Variablen aus dem Datenpool deskriptiv ausgewertet und vor allem Unterschiede in der Wahrnehmung arbeitsbedingter gesundheitlicher Beschwerden auf ihren Zusammenhang mit Beschäftigungsvariablen untersucht. Weiters wird dargestellt, ob sich die Stärke der Belastungen nach Branchen unterscheidet. Eine Analyse der Faktoren zu den Arbeitsbelastungen mittels Varimax-Rotation beendet den empirischen Teil.

3.1. Begriffsbestimmung der angewendeten Methoden

3.1.1. Deskriptive Statistik

Eine deskriptive („beschreibende“) Statistik beschreibt einen Datensatz und deren Eigenschaften. Die deskriptive Statistik hat zum Ziel, die wesentlichen Eigenheiten eines Untersuchungsgegenstandes zusammenzufassen und in wenigen Maßzahlen bzw. Diagrammen klar und verständlich zu beschreiben (Ebermann, E. 2010).

3.1.2. Cronbachs Alpha

Cronbachs Alpha ist eine von mehreren Methoden zur Reliabilitätsbestimmung und damit eine Maßzahl für die interne Konsistenz. Es gibt das Ausmaß an, in dem Fragen einer Skala miteinander übereinstimmen und dasselbe Merkmal messen (Cortina, J., 1993, S. 98-104). Cronbachs Alpha kommt besonders häufig in der psychologischen Forschung zum Einsatz.

3.1.3. Varimax Rotation

Rotationsverfahren werden häufig für die Faktorenanalyse als Interpretationshilfe eingesetzt. Die Faktorenanalyse selbst führt zu einer Datenreduktion (Bortz, J. & Schuster, C., 2010).

Die Varimax Rotation zählt zu den orthogonalen Verfahren, welche einfache, gut interpretierbare Modelle erzeugen. Die Achsen werden hierbei derart rotiert, dass sich die Anzahl der Variablen mit hohen multiplen Faktorladungen reduziert (Fahrmeir, L. et al., 1999).

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Details

Title
Quantitative Datenanalyse (mit SPSS). Belastungen von Arbeitnehmern
College
University of Applied Sciences Riedlingen
Grade
2,0
Year
2019
Pages
49
Catalog Number
V510930
ISBN (eBook)
9783346091291
ISBN (Book)
9783346091307
Language
German
Notes
Auswertung eines vorgegebenen Datensatzes rund um Arbeitnehmerbelastungen mittels SPSS
Keywords
quantitative, datenanalyse, spss, belastungen, arbeitnehmern
Quote paper
Anonymous, 2019, Quantitative Datenanalyse (mit SPSS). Belastungen von Arbeitnehmern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/510930

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