Diese Arbeit untersucht anwaltliche Organisationsformen im In- und Ausland und deren jeweilige Stellung zum Verbot berufsfremder Kapitalbeteiligungen. Dabei geht sie der Frage nach, welche Auswirkungen sich überhaupt aus einem Wegfall dieses Verbotes ergeben würden. Es folgt eine Darstellung der Verankerung des Fremdbeteiligungsverbots im nationalen anwaltlichen Berufsrecht, welches am Maßstab des Grundgesetzes geprüft wird. Schließlich folgt eine abstrakte Darstellung des für die Beurteilung des Fremdbeteiligungsverbots einschlägigen Unionsrechts und letztlich eine Prüfung auch an dessen Maßstab.
Seit den Bastille-Beschlüssen ist es bereits zu umfangreichen Reformen des Berufsrechts gekommen. Nunmehr könnte ein zweiter Sturm auf die Bastille bevorstehen, allerdings wohl nicht aus Karlsruhe, sondern aus Luxemburg. Nach der Entscheidung des EuGH zum unionsrechtswidrigen Fremdbeteiligungsverbot am Gesellschaftskapital griechischer Optiker wurde erwartet, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis Fremdbeteiligungen auch an Anwaltsgesellschaften möglich würden. Als der EuGH in der DocMorris-Entscheidung das deutsche Fremdbeteiligungsverbot für Apotheken als unionsrechtskonform bestätigte, hielt man eine Trendumkehr in der Rechtsprechung des EuGH für möglich. Es wurde vertreten, dass diese Rechtsprechung auch uneingeschränkt auf die Anwaltschaft zu übertragen sei. Andere lehnten diese Übertragung ab und sahen neben Anlass zu neuer Hoffnung eher neuen Diskussionsbedarf. Es wird allerdings auch vertreten, dass die Apotheker-Entscheidung substanzlos sei und der EuGH die Freiheitsrechte auf dem Altar der Apothekerlobby geopfert hätte. Die Apotheker-Entscheidung sei unhaltbar.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Hauptteil
- I. Begrifflichkeiten
- 1. Fremdkapitalbeteiligung
- 2. Anwaltsfirma
- II. Anwaltliche Organisationsformen und Berufsausübung
- 1. Lage in Deutschland
- a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts
- b) Partnerschaftsgesellschaft
- c) Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung
- d) Rechtsanwalts-GmbH
- e) Rechtsanwalts-AG
- f) Ausländische Organisationsformen
- g) Sonstige Formen
- h) Zwischenergebnis
- 2. Lage im Ausland
- a) Australien
- b) England
- c) Sonstige Länder
- III. Folgen eines wegfallenden Fremdbeteiligungsverbots
- 1. Rechtsschutzversicherer
- 2. Konzernrechtsabteilungen / Syndikusanwälte
- IV. Nationales Berufsrecht und Fremdbeteiligungsverbot
- 1. Verbot inaktiver Sozietätszugehörigkeit
- 2. Verbot der Assoziierung mit Berufsfremden
- 3. Verbot des Eingehens von die Unabhängigkeit gefährdenden Bindungen
- 4. Anwendbarkeit vorstehender Grundsätze auf ausländische Kapitalgesellschaften
- 5. Ausweg Rechtsdienstleistungsgesetz?
- 6. Zwischenergebnis
- V. Nationales Berufsrecht und Fremdbeteiligungsverbot im Lichte des Grundgesetzes
- 1. Art. 12 Abs. 1 GG
- a) Schutzbereich
- b) Eingriff
- c) Rechtfertigung
- aa) Rechtsprechung
- bb) Literatur
- cc) Eigene Stellungnahme und Zwischenergebnis
- 2. Art. 14 GG
- a) Schutzbereich
- b) Eingriff
- c) Rechtfertigung
- d) Zwischenergebnis
- 3. Art. 3 Abs. 1 GG
- a) Schutzbereich
- b) Eingriff
- aa) Vergleich zwischen Freiberuflergruppen
- bb) Vergleich anwaltlicher Berufsausübungsgesellschaften
- c) Rechtfertigung
- aa) Rechtfertigung bzgl. Freiberuflergruppen
- bb) Rechtfertigung bzgl. Berufsausübungsgesellschaften
- d) Zwischenergebnis
- 4. Art. 9 Abs. 1 GG
- 5. Zwischenergebnis
- VI. Nationales Berufsrecht und Fremdbeteiligungsverbot im Lichte des Unionsrechts
- 1. Position der EU-Kommission
- 2. Grundlagen des Unionsrechts
- a) Primärrecht
- aa) Marktfreiheiten im Allgemeinen
- bb) Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV)
- cc) Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV)
- dd) Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV)
- ee) Zwischenergebnis
- b) Sekundärrecht
- aa) Rechtsanwaltsdienstleistungsrichtlinie 77/249/EWG
- bb) Anwaltsniederlassungsrichtlinie 98/5/EG
- cc) Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG
- dd) Verhältnis der Richtlinien zueinander
- ee) Zwischenergebnis
- c) Rechtsprechung des EuGH
- aa) Wouters
- bb) Griechische Optiker
- cc) DocMorris
- dd) Eigene Stellungnahme und Zwischenergebnis
- d) Kohärenzkontrolle
- 3. Anwendung des Unionsrechts auf nationales Berufsrecht
- a) Dienstleistungsfreiheit i.V.m. E-Commerce-Richtline - § 3 TMG
- b) Dienstleistungsfreiheit und anwaltliche Dienstleistungsrichtlinie
- c) Niederlassungsfreiheit
- aa) Diskriminierungsverbot
- bb) Zwingende Gründe des Allgemeinwohls
- cc) Geeignetheit
- dd) Erforderlichkeit
- ee) Zwischenergebnis
- d) Kapitalverkehrsfreiheit
- e) Kohärenzkontrolle
- aa) Kohärenz des Verbots inaktiver Sozietätszugehörigkeit
- bb) Kohärenz des Verbots der Assoziierung mit Berufsfremden
- cc) Kohärenz des Eingehens von die Unabhängigkeit gefährdenden Bindungen
- dd) Zwischenergebnis
- C. Zusammenfassung und Fazit
- Rechtliche Rahmenbedingungen für Fremdkapitalbeteiligungen an Anwaltsfirmen in Deutschland
- Analyse der Folgen eines Wegfalls des Fremdbeteiligungsverbots
- Bewertung des Verbots im Lichte des Grundgesetzes
- Bewertung des Verbots im Lichte des Unionsrechts
- Beurteilung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit befasst sich mit der Frage der Fremdkapitalbeteiligung an Anwaltsfirmen im deutschen und europäischen Rechtsrahmen. Die Arbeit analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Auswirkungen eines möglichen Wegfalls des Fremdbeteiligungsverbots auf die Rechtsanwaltschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Thematik der Fremdkapitalbeteiligung einführt und die Relevanz des Themas für die deutsche Rechtsanwaltschaft beleuchtet. Der Hauptteil setzt sich aus verschiedenen Kapiteln zusammen, die sich mit den Begrifflichkeiten, den Organisationsformen der Rechtsanwaltschaft und den rechtlichen Folgen eines wegfallenden Fremdbeteiligungsverbots befassen.
Das zweite Kapitel widmet sich den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Fremdkapitalbeteiligung in Deutschland und im Ausland, wobei insbesondere die verschiedenen Organisationsformen der Rechtsanwaltschaft im Fokus stehen.
Das dritte Kapitel untersucht die Auswirkungen eines wegfallenden Fremdbeteiligungsverbots auf die Rechtsanwaltschaft, wobei insbesondere die Interessen der Rechtsschutzversicherer und der Syndikusanwälte betrachtet werden.
Das vierte Kapitel analysiert das deutsche Berufsrecht und das Fremdbeteiligungsverbot im Lichte des Grundgesetzes, wobei insbesondere die Grundrechte der Berufsfreiheit, der Gleichheit und der Vereinigungsfreiheit beleuchtet werden.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit dem Fremdbeteiligungsverbot im Lichte des Unionsrechts, wobei die relevanten Richtlinien und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs analysiert werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Fremdkapitalbeteiligung, Anwaltsfirma, Rechtsanwaltsrecht, Berufsausübungsformen, Berufsfreiheit, Gleichheit, Vereinigungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Niederlassungsfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit, Grundgesetz, Unionsrecht und Europäischer Gerichtshof.
- Quote paper
- Florian Martin Genz (Author), 2015, Berufsfremde Kapitalbeteiligungen an der Anwaltsfirma, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/511455