Die Geschichte der DDR ist auf den ersten Blick abgeschlossen, aber was ist in der Geschichte schon endgültig abgeschlossen? Vergangene Erfahrungen haben uns geprägt, bei wiederholten in uns Gewohnheiten eingerichtet und aus dieser eingebrannten Ausrichtung heraus filtern wir das Gegenwärtige, lassen es nicht in uns hinein, weisen es ab. Wir halten die erste Version über Tathergänge in der Regel für die richtigen, es ist das Hänschen, das lernt, weitere Versionen werden automatisch als sekundär falsch abgetan, Hans lernt es ja nicht mehr. Als ob man nichts Falsches lernen könnte.
Die Erfahrungen mit der DDR gehören zu den ambivalenten Fällen in unserem Leben. Mit der Ambivalenz können wir uns aber nicht begnügen, es gilt Position zu beziehen. Die DDR war keine Fehlgeburt, aber in ihrer Pubertät waren gravierende, irreparable Fehler begangen worden, die sich auf ihre Lebensdauer auswirkte und die im Folgenden aufzuzeigen sind. Wer sich mit der Entwicklungsgeschichte der DDR auseinandersetzt, wird selbstkritisch einräumen müssen, dass man im Nachhinein immer schlauer ist. Jeder muss sich die Frage stellen, wie er selbst in den konkreten Situationen des Zerfalls gehandelt und wie er dazu beigetragen hätte, den sozialdemokratischen Sumpf trocken zu legen, in dem der sogenannte real existierende deutsche Sozialismus schließlich versank.
Das ist natürlich nicht nur eine Frage der Vergangenheit, sondern eine der Gegenwart. Die Notwendigkeit der Zerschlagung des Sozialdemokratismus in allen seinen perversen Spielarten ist die erste Lehre aus dem SED-parteiinitiierten Zerfall der DDR. Der Kampf gegen die proletarische Gironde ist das politische Gebot der Stunde.
Inhaltsverzeichnis
- Die DDR: Ein ambivalent vergangenes Kapitel
- Stalinstadt/Eisenhüttenstadt: Ein Symbol des Wandels
- Der Fall Stalin und die ökonomischen Hintergründe
- Die DDR und der Weg zum Kommunismus: Fehlentscheidungen und Ideologie
- Die künstliche Geburt der DDR und ihre Folgen
- Die Enteignungen und der Volkswille
- Die SED und die Volksmassen: Ein schwieriges Verhältnis
- Die Konterrevolution und der Keim der Revision
- Die Warenproduktion und die Restauration des Kapitalismus
- Die drei Eigentumsformen und der verdeckte Klassenkampf
- Das "Stück Vendée" im Untergrund der DDR und der Weg zur Wiedervereinigung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Wechselverhältnis zwischen Ökonomie und Ideologie in der DDR von 1949 bis 1990. Sie beleuchtet die Entstehung, Entwicklung und den Untergang der DDR, analysiert die Rolle der SED und deren Umgang mit dem Stalinismus, sowie die ökonomischen Ursachen des Scheiterns des real existierenden Sozialismus in der DDR.
- Das Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ideologie in der DDR
- Die Rolle Stalins und seine Degradierung in der DDR
- Die künstliche Entstehung und die innere Widersprüchlichkeit der DDR
- Der schleichende Prozess der Restauration des Kapitalismus
- Der verdeckte Klassenkampf und die Rolle der nichtkommunistischen Parteien
Zusammenfassung der Kapitel
Die DDR: Ein ambivalent vergangenes Kapitel: Der Text beginnt mit einer Reflexion über die ambivalenten Erfahrungen mit der DDR und die Notwendigkeit, deren Geschichte kritisch zu untersuchen. Er stellt die Frage nach der eigenen Verantwortung im Kontext des Zerfalls und betont die Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem „sozialdemokratischen Sumpf“, in dem der „real existierende Sozialismus“ versank. Die Notwendigkeit, den Sozialdemokratismus zu zerschlagen, wird als eine zentrale Lehre aus dem SED-initiierten Zerfall der DDR hervorgehoben.
Stalinstadt/Eisenhüttenstadt: Ein Symbol des Wandels: Die Umbenennung von Stalinstadt in Eisenhüttenstadt wird als oberflächliche, aber dennoch symbolträchtige Erscheinung betrachtet. Der Autor analysiert den überraschenden Erfolg des Klerus beim Kirchenbau in Eisenhüttenstadt, der im Gegensatz zu den Plänen der Partei stand, und stellt dies als einen Vorbote des späteren Wandels dar. Der Text vergleicht die Situation mit dem Konflikt zwischen Don Camillo und Peppone und betont den Unterschied zwischen der Haltung der Partei gegenüber Religion in Stalinstadt und Eisenhüttenstadt.
Der Fall Stalin und die ökonomischen Hintergründe: Die Degradierung Stalins in der DDR wird im Kontext seines 70. Geburtstages und der späteren Kritik an seiner Person analysiert. Der Autor betont den Unterschied zwischen der anfänglichen Verehrung Stalins und seiner späteren Degradierung durch Ulbricht, wobei er die zeitliche Nähe zum XX. Parteitag in Moskau hervorhebt. Die Frage nach den ökonomischen Hintergründen dieser Veränderungen wird als zentral für das Verständnis des politischen Prozesses gestellt.
Die DDR und der Weg zum Kommunismus: Fehlentscheidungen und Ideologie: Der Text analysiert Ulbrichts These von der eigenständigen Übergangsperiode zum Kommunismus und deren spätere Widerlegung. Die mangelnde Anwendung der Dialektik von Revolution und Konterrevolution auf die Entwicklung der DDR wird kritisiert. Die innere Haltlosigkeit der DDR wird im Kontext der deutschen Geschichte und der fehlenden genuinen revolutionären Entstehung des Staates diskutiert.
Die künstliche Geburt der DDR und ihre Folgen: Die Entstehung der DDR wird als künstlicher Prozess dargestellt, der nicht aus dem Willen des Volkes, sondern aus den Konsequenzen des Zweiten Weltkriegs und der Besatzungspolitik resultierte. Der Text hebt die Rolle der „Gruppe Ulbricht“ hervor und kritisiert deren fehlende Verbundenheit mit der deutschen Bevölkerung und deren künstliche Annäherung an den Kommunismus. Der Mangel an genuiner revolutionärer Basis wird als Ursache für die späteren Probleme des Staates betrachtet.
Die Enteignungen und der Volkswille: Die Enteignungen von Produktionsmitteln werden analysiert. Der Text stellt die hohe Zustimmung der Bevölkerung zu Enteignungen im Volksentscheid von 1946 heraus und kritisiert die mangelnde Entschlossenheit der SED bei der Umsetzung dieser Politik. Die These, dass die Volksmassen offener für radikale Veränderungen waren als die SED, wird präsentiert.
Die SED und die Volksmassen: Ein schwieriges Verhältnis: Der Text analysiert das problematische Verhältnis zwischen der SED und den Volksmassen. Die „Gruppe Ulbricht“ wird als Repräsentant der bolschewistischen Revolution in Deutschland betrachtet, der jedoch den Kontakt zu den wirklichen Bedürfnissen der Bevölkerung verlor. Die Folgen dieser Distanzierung werden im Kontext der Konterrevolution und dem Scheitern des real existierenden Sozialismus erläutert.
Die Konterrevolution und der Keim der Revision: Der Text verknüpft die deutsche Geschichte der Konterrevolutionen mit der Entwicklung der DDR. Die These, dass der Keim der späteren revisionistischen Entartung bereits am Tag der Befreiung vom Faschismus gelegt wurde, wird diskutiert. Die Bedeutung des Bauernkriegs von 1525 wird im Zusammenhang mit den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der DDR hervorgehoben.
Die Warenproduktion und die Restauration des Kapitalismus: Der Text analysiert den schleichenden Prozess der Restauration des Kapitalismus in der DDR. Das Jahr 1956 wird als ein wichtiger Wendepunkt genannt, der Prozess wird aber als komplexer und langfristiger Wandel beschrieben. Die Auflösung der Maschinen-Traktor-Stationen in der Sowjetunion wird als ein relevantes Beispiel für diesen Prozess angeführt.
Die drei Eigentumsformen und der verdeckte Klassenkampf: Der Text analysiert die drei ökonomischen Eigentumsformen in der DDR (Staats-, Genossenschafts- und Privateigentum). Die geringe Bedeutung des Privateigentums wird betrachtet und die fehlende Bewältigung des Klassenkampfes wird kritisiert. Die Existenz von nichtkommunistischen Parteien und deren Rolle im verdeckten Klassenkampf wird erörtert.
Das "Stück Vendée" im Untergrund der DDR und der Weg zur Wiedervereinigung: Der Text beschreibt den verborgenen Widerstand gegen das Regime und die Rolle der Opposition im Kontext der Wiedervereinigung. Die Modrow- und die de Maizière-Regierung werden als unterschiedliche Phasen des Übergangs dargestellt. Die kritische Betrachtung der politischen Kultur und die These von der Selbstaufhebung der Regierung werden im Kontext des Übergangs zur kapitalistischen Ordnung analysiert.
Schlüsselwörter
DDR, Ökonomie, Ideologie, SED, Stalin, Kommunismus, Konterrevolution, Klassenkampf, Warenproduktion, Kapitalismus, Wiedervereinigung, Volksentscheid, Ulbricht, Revisionismus.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur DDR-Analyse
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das komplexe Wechselspiel zwischen ökonomischen Gegebenheiten und ideologischen Prinzipien in der DDR von 1949 bis 1990. Sie beleuchtet die Entstehung, Entwicklung und den Fall der DDR, untersucht die Rolle der SED und ihren Umgang mit dem Stalinismus sowie die ökonomischen Ursachen des Scheiterns des real existierenden Sozialismus in der DDR.
Welche Themen werden im Detail behandelt?
Die Analyse umfasst ein breites Spektrum an Themen, darunter die künstliche Entstehung der DDR und ihre inneren Widersprüche, das Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ideologie, die Rolle Stalins und seine spätere Degradierung, den schleichenden Prozess der Restauration des Kapitalismus, den verdeckten Klassenkampf und die Rolle nichtkommunistischer Parteien, sowie die Entwicklung der Warenproduktion und die Bedeutung der drei Eigentumsformen (Staats-, Genossenschafts- und Privateigentum).
Welche Kapitel beinhaltet die Arbeit und worum geht es darin?
Die Arbeit ist in mehrere Kapitel gegliedert, die jeweils einen Aspekt der DDR-Geschichte und -Entwicklung beleuchten. Es werden unter anderem die ambivalenten Erfahrungen mit der DDR, Stalinstadt/Eisenhüttenstadt als Symbol des Wandels, der Fall Stalins und seine ökonomischen Hintergründe, die Fehlentscheidungen und Ideologie im Weg zum Kommunismus, die Enteignungen und der Volkswille, das schwierige Verhältnis zwischen SED und Volksmassen, die Konterrevolution und der Keim der Revision, sowie der Widerstand gegen das Regime und der Weg zur Wiedervereinigung analysiert.
Welche Rolle spielt Stalin in der Analyse?
Die Degradierung Stalins in der DDR wird im Kontext seines 70. Geburtstages und der späteren Kritik an seiner Person analysiert. Die Arbeit untersucht die ökonomischen Hintergründe dieser Veränderungen und den Unterschied zwischen der anfänglichen Verehrung und der späteren Ablehnung Stalins durch die SED-Führung.
Wie wird die Entstehung der DDR dargestellt?
Die Entstehung der DDR wird als ein künstlicher Prozess dargestellt, der nicht aus dem Willen des Volkes, sondern aus den Konsequenzen des Zweiten Weltkriegs und der Besatzungspolitik resultierte. Die Rolle der „Gruppe Ulbricht“ und deren fehlende Verbundenheit mit der Bevölkerung werden kritisch beleuchtet.
Welche Bedeutung hat der Klassenkampf in dieser Analyse?
Der Klassenkampf spielt eine zentrale Rolle in der Analyse. Die Arbeit untersucht den verdeckten Klassenkampf und die Rolle der nichtkommunistischen Parteien. Die fehlende Bewältigung des Klassenkampfes und die geringe Bedeutung des Privateigentums werden als kritische Faktoren für das Scheitern des real existierenden Sozialismus hervorgehoben.
Wie wird der Weg zur Wiedervereinigung beschrieben?
Der Weg zur Wiedervereinigung wird im Kontext des verborgenen Widerstands gegen das Regime und der Rolle der Opposition analysiert. Die Modrow- und die de Maizière-Regierung werden als unterschiedliche Phasen des Übergangs dargestellt. Die Selbstaufhebung der Regierung und der Übergang zur kapitalistischen Ordnung werden kritisch betrachtet.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für das Verständnis der Arbeit?
Schlüsselbegriffe sind DDR, Ökonomie, Ideologie, SED, Stalin, Kommunismus, Konterrevolution, Klassenkampf, Warenproduktion, Kapitalismus, Wiedervereinigung, Volksentscheid, Ulbricht und Revisionismus.
- Citation du texte
- Heinz Ahlreip (Auteur), 2019, Zur Frage der Entwicklung der DDR und der KPD, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512099