Die Darstellung der NSDAP-Mitglieder in Paula Bubers "Muckensturm"

Im Vergleich mit geschichtswissenschaftlichen Werken der Vierziger- und Fünfzigerjahre


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

13 Seiten, Note: 2,0

Verena Binder (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 „Das tragikomische Spiel“ – die NSDAP in Muckensturm

2 Herangehensweise an die Fragestellung
2.1 Auswahl geeigneter geschichtswissenschaftlicher Werke
2.2 Für die Analyse geeignete Passagen in Muckensturm
2.3 Beispielanalyse: Die Darstellung der NSDAP in Kapitel 16 im Vergleich mit einem geschichtswissenschaftlichen Werk

3 Ausblick: Gründe für mögliche Unterschiede in der Darstellung der NSDAP

II Literaturverzeichnis

1 „Das tragikomische Spiel“ – die NSDAP in Muckensturm

[1] [2] Bei der Lektüre von Paula Bubers Roman Muckensturm fallen zahlreiche Passagen auf, in denen Mitglieder der NSDAP als naive und unnütze Dilettanten dargestellt werden.[3] Diese Sichtweise ist kein Einzelfall in der jüdischen Literatur aus der Zeit des Nationalsozialismus: Während des Hauptseminars „Chronikalisches Erzählen vom Bruch – Lion Feuchtwanger, Paula Buber, Gerson Stern“ habe ich diese Darstellung in ähnlicher Form auch in Sterns Die Waage der Welt[4] bemerkt.

Muckensturm gilt als „literarische Geschichtsschreibung“.[5] Johannes Waßmer hält fest:

Die referentiellen regionalen Beschreibungen des Ortes Muckensturm ordnen den Roman geographisch ein und bieten gemeinsam mit den Zeitangaben, etwa dem Datum des Reichstagsbrands, eine Lektüre unter dem Vorzeichen der Darstellung historischer Wirklichkeit an.[6]

Angesichts dieser Einschätzung stellt sich die Frage, inwiefern die in Muckensturm gewählte Darstellung der NSDAP und ihrer Mitglieder von Historikern unterstützt wird. Ein Vergleich mit geschichtswissenschaftlichen Werken aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren bietet sich an, um diese Fragestellung zu untersuchen. Die vorliegende Arbeit baut somit auf folgender These auf: In Muckensturm werden die NSDAP und deren Mitglieder dilettantischer, naiver und manipulierbarer dargestellt als in geschichtswissenschaftlichen Werken.

Diese Arbeit soll jedoch keine komplette vergleichende Analyse bieten, die zur Bestätigung oder Ablehnung der These führt. Stattdessen handelt es sich um eine Vorarbeit, die Überlegungen zur Herangehensweise an die Fragestellung, zur Literatursuche und zu geeigneten Passagen aus dem Roman enthält. Des Weiteren entwickle ich anhand eines kleinen Ausschnitts aus Muckensturm die Vorgehensweise bei der Analyse.

2 Herangehensweise an die Fragestellung

Muckensturm nimmt auf vielfältige Art und Weise Bezug auf die NSDAP und deren Mitglieder. Wichtig ist es daher, bei der Analyse zu unterscheiden, ob es in der untersuchten Passage um die NSDAP als Partei im Gesamten, um die „gesichtslose Masse“[7], um hochrangige Mitglieder oder um Adolf Hitler selbst geht. Möglicherweise lassen sich in der Darstellung Unterschiede feststellen. Interessant ist zudem der Blick darauf, ob es sich bei einem im Roman auftauchenden Parteimitglied um eine real existierende Person oder um eine literarische Figur handelt.

Des Weiteren gilt es vor Beginn der Analyse, zum Vergleich geeignete geschichtswissenschaftliche Werke sowie Passagen aus Muckensturm, in denen die NSDAP und/oder deren Mitglieder eine Rolle spielen, herauszusuchen. Meine Vorgehensweise dabei erläutere ich in den beiden folgenden Unterkapiteln.

2.1 Auswahl geeigneter geschichtswissenschaftlicher Werke

Die für die Analyse herangezogenen geschichtswissenschaftlichen Werke sollten in etwa zur selben Zeit wie der von 1938 bis 1940 niedergeschriebene und 1953 erschienene[8] Roman Muckensturm entstanden sein. Alle für diese Arbeit verwendeten geschichtswissenschaftlichen Werke müssen deshalb die Bedingung erfüllen, dass sie in den Vierziger- oder Fünfzigerjahren erschienen sind. Diese zeitliche Einschränkung ist deshalb notwendig, weil Geschichte ihre eigene Geschichte hat, das heißt sich Ansichten und Darstellungsweisen in der Geschichtswissenschaft im Laufe der Zeit angesichts neu hinzugekommener Ereignisse verändern. Des Weiteren haben die Historiker der Vierziger- und Fünfzigerjahre – ebenso wie Buber – zur Zeit des Nationalsozialismus selbst gelebt, während dies auf zahlreiche spätere Geschichtswissenschaftler nicht mehr zutrifft. Letztere forschen ohne den Einfluss von eigenen Erinnerungen an die NS-Zeit nur anhand von Quellen, was höchstwahrscheinlich die Art der Darstellung der NSDAP massiv beeinflusst. Zwischen den Historikern der Vierziger- und Fünfzigerjahre und Buber besteht hingegen eine gewisse Vergleichbarkeit, da sie alle die Zeit des Nationalsozialismus selbst miterlebt haben und somit eigene Erinnerungen daran haben, die eventuell in die jeweilige Darstellung eingeflossen sind.[9]

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Auswahl geeigneter geschichtswissenschaftlicher Werke ist, dass diese von deutschen Autoren stammen sollten. Dies ist unabdingbar, um die Vergleichbarkeit mit Muckensturm sicherzustellen. Bei einem ausländischen Historiker, der das nationalsozialistische Deutschland aus der Außensicht betrachtet, fällt die Darstellung der NSDAP und ihrer Mitglieder mit Sicherheit anders aus als bei einem deutschen Geschichtswissenschaftler, der das Leben in Deutschland unter dem Hitler-Regime selbst erlebt hat und den NS-Propaganda-Medien tagtäglich ausgesetzt war.

Für die vorliegende Vorarbeit habe ich drei geschichtswissenschaftliche Werke ausgewählt, die die Kriterien erfüllen. Dies ist erstens Portrait eines Menschheitsverbrechers. Nach den hinterlassenen Memoiren des ehemaligen Reichsministers Alfred Rosenberg von Serge Lang und Ernst von Schenck aus dem Jahr 1947.[10] Den Hauptteil des Buches nehmen Aufzeichnungen Rosenbergs ein. Diese sind für den Vergleich mit Muckensturm nicht relevant, weil es sich dabei nicht um die Darstellung von Historikern, sondern um die persönliche Sichtweise eines Nationalsozialisten handelt. Dazwischen kommentieren die Herausgeber jedoch Rosenbergs Ausführungen und fügen Fakten und Überleitungen hinzu, was sich für eine Analyse der Darstellung eignet. Das Werk konzentriert sich insbesondere auf hochrangige NSDAP-Mitglieder sowie auf Hitler.

Bei dem zweiten geschichtswissenschaftlichen Werk handelt es sich um das 1956 erschienene Deutsche Geschichte der jüngsten Vergangenheit. 1933-1945 von Hermann Mau und Helmut Krausnick.[11] Die Autoren schildern darin chronologisch den Ablauf der NS-Zeit von der Machtergreifung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Vorwort zu Muckensturm heißt es: „Die Zeit, in der das tragikomische Spiel dieses Romans vor sich geht, ist das Jahr der ‚Machtergreifung‘“[12]. Relevant für einen Vergleich sind also die ersten Kapitel des geschichtswissenschaftlichen Werks, die sich mit der Zeit befassen, die auch Muckensturm schildert.

[...]


[1] Paula Buber: Muckensturm. Ein Jahr im Leben einer kleinen Stadt [1953]. Henriette Herwig/Johannes Waßmer (Hrsg.). Berlin: LIT Verlag Hopf, 2008, S. 7.

[2] Ebd.

[3] Für Beispiele siehe Kapitel 2.2.

[4] Gerson Stern: Die Waage der Welt. Roman des Jahres 1932/33 [OT hebr.: Mozne ha-'olam, 1947]. Friedrich Voit/Günter Helmes (Hrsg.). Siegen: Böschen, 2007.

[5] Johannes Waßmer: „Worte haben ein langes Leben“ – Paula Bubers Roman „Muckensturm“. In: Krone, Wolfgang/Reichert, Thomas/Siegfried, Meike (Hrsg.): Dialog, Frieden, Menschlichkeit. Beiträge zum Denken Martin Bubers. Berlin: Verlag für Berlin-Brandenburg, 2011. S. 211-225, S. 217.

[6] Ebd., S. 220f.

[7] Buber, Muckensturm, S. 128.

[8] Vgl. ebd., S. 668f.

[9] Bei der 1938 nach Palästina emigrierten Buber trifft dies zumindest auf die in Muckensturm behandelte Frühphase der NS-Zeit zu, vgl. Buber, Muckensturm, S. 667.

[10] Serge Lang/Ernst von Schenck: Portrait eines Menschheitsverbrechers. Nach den hinterlassenen Memoiren des ehemaligen Reichsministers Alfred Rosenberg. St. Gallen: Zollikofer, 1947.

[11] Hermann Mau/Helmut Krausnick: Deutsche Geschichte der jüngsten Vergangenheit. 1933-1945. Tübingen u.a.: Wunderlich u.a., 1956.

[12] Buber, Muckensturm, S. 7.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Darstellung der NSDAP-Mitglieder in Paula Bubers "Muckensturm"
Untertitel
Im Vergleich mit geschichtswissenschaftlichen Werken der Vierziger- und Fünfzigerjahre
Hochschule
Universität Augsburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
13
Katalognummer
V512379
ISBN (eBook)
9783346093936
ISBN (Buch)
9783346093943
Sprache
Deutsch
Schlagworte
darstellung, nsdap-mitglieder, paula, bubers, muckensturm, vergleich, werken, vierziger-, fünfzigerjahre
Arbeit zitieren
Verena Binder (Autor:in), 2019, Die Darstellung der NSDAP-Mitglieder in Paula Bubers "Muckensturm", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512379

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