Das Inkrafttreten des Strafgesetzbuches im Jahre 1872 oder die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 1900 zeigen auf, dass Gesetze einer ständigen Anpassung unterliegen müssen. Ebenso können Neuentwürfe notwendig sein, um die bis dato unvorhersehbaren gesellschaftlichen oder technischen Entwicklungen in einen Gesetzesrahmen zu bringen. Aktuelle Beispiele hierfür sind die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union oder die Anpassungen des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr.
In deren Grundfassung von 1968 gilt das Paradigma, dass jedes Fahrzeug einen Fahrzeugführer benötigt, welcher die ständige Kontrolle über das zu bewegende Fahrzeug besitzt. Dies bleibt weiterhin die Grundhaltung, jedoch wurde der Einsatz von Fahrassistenzsystemen und automatisierten Fahrfunktionen 2016 durch die Bundesregierung zusätzlich erlaubt. Beispielhaft hierfür wäre eine Notbremsfunktion oder ein selbstständig lenkender Einpark-Assistent, welcher schon vor der Gesetzesänderung Serienreife erhielt. Die Bedingung der Neuregelung besagt außerdem, dass der Fahrzeugführer diese übersteuern bzw. abschalten kann, womit der Fahrer weiterhin die Verantwortung trägt.
Die zunehmenden technischen Entwicklungen werden aber auch diesen Rechtsrahmen bald zur Überarbeitung zwingen. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) testet beispielsweise Google bereits führerlose Fahrzeuge, welche aufgrund des Wiener Abkommens – und der damit zwingenden Eingriffsmöglichkeit – in Deutschland derzeitig keine Rechtssicherheit besitzen.
Da eine Serienreife selbstfahrender Autos bereits in den nächsten Jahren angestrebt wird, hat die aktuelle Bundesregierung eine Überprüfung der erst 2016 verabschiedeten Gesetze im Koalitionsvertrag verankert. Da sich die KI jedoch nicht nur auf Fahrzeuge, sondern die gesamte Robotik bezieht, sind weitreichendere Validierungen der aktuellen Gesetzeslage von Nöten. Insbesondere die Haftung sowie der Vertragsabschluss durch die Abgabe von Willenserklärungen auf Basis eigenständiger Entscheidungen von Maschinen könnten eine Regelungslücke aufweisen.
Ob die Entwicklungen der KI de lege lata rechtskonform sind oder wie dies durch Rechtsanalogien und -dogmatiken hergestellt werden könnte, ist ein Gegenstand der Arbeit. Der Fokus liegt jedoch auf der Fragestellung, wie die Einführung eines neuen Rechtssubjekts – die elektronische Person – Abhilfe schaffen könnte.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Stand der Technik im Bereich künstlicher Intelligenz
- 1. Definition und Einordnung der künstlichen Intelligenz
- 2. Arten der Ausprägung von künstlicher Intelligenz
- III. Aktuelle zivilrechtliche Herausforderungen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz
- 1. Abgabe von Willenserklärungen durch autonome Systeme
- 2. Haftung autonomer Systeme
- IV. Der Rechtsstatus einer elektronischen Person
- 1. Die elektronische Person als Rechtssubjekt zur Lösung der zivilrechtlichen Herausforderungen
- 2. Ausgestaltung der elektronischen Person
- 3. Kritische Betrachtung der elektronischen Person
- V. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit setzt sich mit dem Rechtsstatus einer „elektronischen Person“ (künstliche Intelligenz) auseinander. Sie analysiert die aktuellen zivilrechtlichen Herausforderungen, die durch den Einsatz von KI entstehen, und untersucht die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Einführung einer elektronischen Person als Rechtssubjekt. Dabei werden die unterschiedlichen Arten der KI, ihre Funktionsweise und ihre Auswirkungen auf die Rechtsordnung beleuchtet.
- Rechtliche Herausforderungen durch den Einsatz von KI
- Entwicklung und Gestaltung des Rechtsstatus einer elektronischen Person
- Abgrenzung von künstlicher Intelligenz und Mensch
- Haftung für Handlungen von KI-Systemen
- Mögliche Auswirkungen auf das Rechtssystem
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung thematisiert die Notwendigkeit einer Anpassung des Rechts an die rasante technologische Entwicklung und beleuchtet die Herausforderungen, die der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für das Rechtssystem mit sich bringt. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Stand der Technik im Bereich der KI, indem es Definitionen und Einordnungen der KI präsentiert sowie verschiedene Arten der Ausprägung von KI erläutert. Das dritte Kapitel behandelt die aktuellen zivilrechtlichen Herausforderungen, die durch den Einsatz von KI entstehen. Hierbei werden insbesondere die Abgabe von Willenserklärungen durch autonome Systeme und die Frage der Haftung für deren Handlungen beleuchtet. Das vierte Kapitel analysiert die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Einführung einer elektronischen Person als Rechtssubjekt, um die zivilrechtlichen Herausforderungen zu lösen, die durch KI entstehen. Es werden verschiedene Ansätze zur Ausgestaltung der elektronischen Person diskutiert und kritische Aspekte dieser Idee beleuchtet.
Schlüsselwörter
Künstliche Intelligenz, elektronische Person, Rechtssubjekt, zivilrechtliche Herausforderungen, Haftung, autonome Systeme, Willenserklärung, Robotik, Rechtsordnung, Digitalisierung.
- Quote paper
- Stephan Brendle (Author), 2019, Der Rechtsstatus einer "elektronischen Person" (künstliche Intelligenz), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512601