Einleitung
Seit nunmehr 37 Jahren bilden unsere türkischen Mitmenschen die größte Gruppe der ausländischen Wohnbevölkerung Deutschlands. Das Statistische Bundesamt verzeichnet im Jahr 2004 insgesamt 6,72 Millionen Ausländer, wovon 1,76 Millionen die türkische Staatsangehörigkeit besitzen.1 Der Anteil der Türken an der Gesamtbevölkerungszahl der Ausländer beträgt circa 25 Prozent. Hinzukommt, dass mehr als 600 000 von ihnen bereits in Deutschland geboren wurden. Über diese größte Minderheit ist in der deutschen Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Stereotype und Vorurteile bestimmen die allgemeine Meinung über ‚die‛ Türken. Frauen und Mädchen werden meist als unterdrückte, unselbständige Opfer und Männer als autoritäre Patriarchen gesehen. Dieses von Vorurteilen und Klischees geprägte Bild, wird häufig verallgemeinert und auf die gesamte Migrantenbevölkerung projiziert.
Auch in der wissenschaftlichen Literatur werden Migranten türkischer Herkunft oft als homogene Gruppierung behandelt. Beobachtete Tendenzen werden nicht selten sowohl von deutschen als auch von türkischen Autoren vorschnell generalisiert und der gesamten Bevölkerung zugeschrieben. Zitate aus dem Koran sollen auf die Unterdrückung der Frau und die dominante Rolle des Mannes verweisen. Die Norm- und Wertvorstellungen, die Struktur und die Erziehung türkischer Familien werden mit dem Islam begründet und als traditionell, altmodisch und rückständig abgestempelt.
Gerade in letzter Zeit ist die Diskussion über ‚die‛ Türken in Deutschland neu entfacht. Grund dafür ist nicht nur der geplante Beitritt der Türkei zur Europäischen Union.
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1 Vgl. http://www.destatis.de/basis/d/bevoe/bevoetab10.php
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Zielsetzung
- 1.3 Begründung und Darstellung der Methode
- 1.4 Begriffsbestimmungen
- 2 Zum theoretischen Bezugsrahmen
- 2.1 Grundlegendes zur Sozialisation
- 2.1.1 Primäre und sekundäre Sozialisation
- 2.1.2.1 Primäre Sozialisation
- 2.1.2.2 Sekundäre Sozialisation
- 2.1.3 Familie als Sozialisationsinstanz
- 2.2 Migrantenkinder
- 2.2.1 Grundlegendes zu Migrantenkindern
- 2.2.2 Sozialisation von Migrantenkindern
- 2.2.2.1 Überlegungen Schrader/Nikles/Grieses
- 2.2.2.2 Überlegungen Boos-Nünnings
- 2.2.2.3 Überlegungen Neumanns
- 2.3 Geschlechtsspezifische Migrationsforschung
- 2.3.1 Migrantinnen in der Forschung
- 2.3.2 Migrantinnen türkischer Herkunft in der Forschung
- 2.3.3 Sozialisation von Mädchen türkischer Herkunft
- 2.4 Zwischenzusammenfassung
- 3 Familienformen und Auswirkungen auf die Sozialisation von Mädchen
- 3.1 Familienformen
- 3.1.1 Familienformen in der Türkei
- 3.1.2 Familienformen in der Migration
- 3.2 Auswirkungen auf die Sozialisation von Mädchen
- 3.2.1 Kernfamilien ohne verwandtschaftliche Bindung
- 3.2.2 Kernfamilien mit verwandtschaftlicher Bindung
- 3.2.3 Isolation und psychische Erkrankungen
- 3.3 Zwischenzusammenfassung
- 4 Familienstrukturen und Auswirkungen auf die Sozialisation von Mädchen
- 4.1 Familienstrukturen
- 4.1.1 Die traditionelle autoritär-patriarchalische Familienstruktur
- 4.1.2 Familienstrukturen in der Türkei
- 4.1.3 Familienstrukturen in der Migration
- 4.1.4 Faktoren, die infolge der Migration auf Familien einwirken
- 4.1.4.1 Sozialrechtlicher Status
- 4.1.4.2 Familienfragmentierung
- 4.1.4.3 Heterogener Verlauf des Migrationsprozesses
- 4.2 Auswirkungen auf die Sozialisation von Mädchen
- 4.2.1 Auswirkungen des sozialrechtlichen Status
- 4.2.2 Auswirkungen der Familienfragmentierung
- 4.2.3 Auswirkungen des heterogenen Verlaufs des Migrationsprozesses
- 4.3 Zwischenzusammenfassung
- 5 Erziehung und Auswirkungen auf die Sozialisation von Mädchen
- 5.1 Erziehung in der Türkei
- 5.1.1 Zentrale Werte der türkischen Kultur
- 5.1.2 Erziehungsverhalten in der Türkei
- 5.2 Erziehung in der Migration
- 5.2.1 Diskurs zu Erziehung in der Migration
- 5.2.2 Ältere Untersuchungen zu Erziehung in der Migration
- 5.2.2.1 Untersuchung Holtbrügges
- 5.2.2.2 Untersuchung Renners
- 5.2.2.3 Untersuchung Schrader/Nikles/Grieses
- 5.2.2.4 Untersuchung Neumanns
- 5.2.3 Neuere Untersuchungen zu Erziehung in der Migration
- 5.2.3.1 Untersuchung Alamdar-Niemanns
- 5.2.3.2 Untersuchung Merkens
- 5.2.3.3 Untersuchung Topraks
- 5.3 Auswirkungen auf die Sozialisation von Mädchen
- 5.3.1 Bewertung der elterlichen Erziehung
- 5.3.2 Einschränkung der Freiheit von Mädchen
- 5.3.2.1 Bewahrung zentraler Werte
- 5.3.2.2 Religiöse Rückbesinnung
- 5.3.2.3 Reaktionen und Auswirkungen
- 5.4 Zwischenzusammenfassung
- 6 Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit befasst sich mit der Sozialisation von Migrantenkindern türkischer Herkunft, insbesondere von Mädchen. Ziel ist es, die Herausforderungen und Besonderheiten der Sozialisation in einem migrationsbedingten Kontext zu analysieren, wobei der Fokus auf die Rolle von Familienformen, Familienstrukturen und Erziehung liegt.
- Sozialisation von Migrantenkindern türkischer Herkunft
- Einfluss von Familienformen und Familienstrukturen
- Geschlechtsspezifische Aspekte der Sozialisation
- Rolle von Erziehung in der Türkei und in der Migration
- Bedeutung kultureller Werte und Traditionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problemstellung, die Zielsetzung und die gewählte Methode beleuchtet. Kapitel 2 führt in das theoretische Konzept der Sozialisation ein, wobei die Bedeutung der Familie als primäre Sozialisationsinstanz hervorgehoben wird. Anschließend werden die Besonderheiten der Sozialisation von Migrantenkindern beleuchtet, wobei verschiedene Forschungsansätze und Theorien diskutiert werden.
Kapitel 3 untersucht den Einfluss von Familienformen auf die Sozialisation von Mädchen türkischer Herkunft. Es werden sowohl Familienformen in der Türkei als auch in der Migration betrachtet, wobei die Auswirkungen auf die Sozialisation der Mädchen analysiert werden. Kapitel 4 widmet sich dem Einfluss von Familienstrukturen auf die Sozialisation. Hierbei werden die traditionelle türkische Familienstruktur, die veränderten Strukturen in der Migration sowie die Faktoren, die den Migrationsprozess beeinflussen, betrachtet.
Im Mittelpunkt von Kapitel 5 steht die Bedeutung von Erziehung für die Sozialisation von Mädchen türkischer Herkunft. Die Arbeit untersucht sowohl die traditionellen Erziehungswerte und -praktiken in der Türkei als auch die Veränderungen im Kontext der Migration. Es werden verschiedene Forschungsarbeiten zum Thema Erziehung in der Migration beleuchtet, wobei der Fokus auf die Auswirkungen auf die Sozialisation der Mädchen liegt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Migrantenkindern, Sozialisation, Familie, Familienformen, Familienstrukturen, Erziehung, türkische Kultur, Geschlechtsspezifische Aspekte, Migration, Interkulturelle Kommunikation und Integrations Prozesse.
- Quote paper
- Magister Artium Nicole Boldt (Author), 2005, Zur Sozialisation von Migrantenkindern türkischer Herkunft unter besonderer Berücksichtigung von Mädchen - Eine Literaturarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51309