Informationen und Asylrecht. Das Transitzentrum Manching/ Ingolstadt und die Auswirkungen der dortigen Umstände auf den Informationszugang der Bewohner


Dossier / Travail de Séminaire, 2018

18 Pages, Note: 1,3

Anonyme


Extrait


Inhalt

2 Einleitung

3 Transitzentrum Manching/ Ingolstadt
3.1 Entstehung und Ziele des Transitzentrums
3.2 Bewertung von Funktion und Zielen des Transitzentrums durch verschiedene Akteure

4 Information der Asylantragsteller ab ihrer Ankunft in Deutschland
4.1 Relevanz der Information für Asylsuchende in Deutschland
4.2 Recht auf Information der Asylsuchenden in Deutschland

5 Zugang zu Information im Transitzentrum Manching/ Ingolstadt
5.1 Staatliche und nichtstaatliche Informationsmöglichkeiten
5.2 Mängel an Art von und Zugang zu Information im Transitzentrum Manching/ Ingolstadt

6 Fazit

7 Reflexion und Ausblick

8 Literaturverzeichnis

2 Einleitung

„Wir schaffen das.“ Diese Aussage Angela Merkels zählt wohl zu einer ihrer berühmtesten in Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, die seit circa 2015 Europa und damit auch Deutschland beschäftigt. Das Thema „Flüchtlinge und Asyl“ ist in Deutschland seit Jahren präsent, ist oft emotional belegt und wird kontrovers diskutiert. Aufgrund der hohen Relevanz und Aktualität des Themas wurde für das Studienfach Deutsch als Fremdsprache an der Ludwigs-Maximilians-Universität München im Wintersemester 2017/ 2018 ein entsprechendes Seminar angeboten. Im Seminar wurden Themen wie beispielsweise Asyl- und Flüchtlingsrecht, Asylverfahren und -politik sowie Rückkehr und Abschiebung behandelt. In Verbindung mit den letzten beiden Themen wurde im Seminar auch über sogenannte Transitzentren und die Situation der Bewohner in solchen Einrichtungen diskutiert. Auch in der Öffentlichkeit findet das Thema Transitzentren Aufmerksamkeit, oft aufgrund von problematischen Vorfällen. Die Meinungen über Transitzentren gehen deshalb auch stark auseinander. Während Bayerns Sozialministerin Emilia Müller die Zentren als „sehr effizient“ (Kraft, 2018) beschreibt, bezeichnet beispielsweise die Ärzteinitiative für Flüchtlingsrechte die Zustände in den Einrichtungen als „Gipfel der Menschenverachtung“ („Die Situation in den Lagern“, k. D.). Es stellt sich nun die Frage, was solche Transitzentren von anderen Asyleinrichtungen unterscheidet, welche Zustände dort herrschen und welche Folgen sich daraus für Asylsuchende ergeben.

Diese Hausarbeit soll sich im Speziellen mit dem Transitzentrum Manching/ Ingolstadt beschäftigen. Dieses ist eins von vier Transitzentren in Bayern, das eingerichtet wurde, um Asylanträge von Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kommen und somit eine geringe Bleibeperspektive haben, effizienter zu bearbeiten. Eine Beschleunigung soll durch Konzentration von Behörden vor Ort möglich gemacht werden. Ziel ist es, möglichst schnell Rückführungen beziehungsweise Abschiebungen vorzunehmen (Lüdecke, 2017). Menschenrechtsorganisationen kritisieren Vieles am Transitzentrum Manching/ Ingolstadt, in dieser Hausarbeit soll sich allerdings auf den Zugang zu Information im Transitzentrum konzentriert werden. Der Zugang zu Asylsozialberatung und Rechtsberatung im Zentrum wird oft als unzureichend kritisiert (Schindhelm & Betz, 2018), gleichzeitig verweist die oberbayerische Regierung auf ausreichende, vom Staatsministerium für Arbeit und Soziales geförderte Beratungseinrichtungen (Jedicke, 2018). Die Informationsmöglichkeiten im Transitzentrum werden also recht unterschiedlich bewertet, genau wie die Situation im Zentrum selbst. Die vorliegende Hausarbeit soll sich deshalb mit der Frage beschäftigen, wie sich die Situation im Transitzentrum Manching/ Ingolstadt auf den Zugang zu Information auswirkt. Hierzu sollen zunächst die Entstehung und Ziele der Einrichtung beschrieben, sowie die unterschiedlichen Bewertungen des Transitzentrums durch verschiedene Akteure dargestellt werden. Hier ist anzumerken, dass die Situation im Zentrum nicht in ihrer ganzen Breite behandelt werden, sondern sich vertiefend auf für die Fragestellung relevanten Aspekte konzentriert werden soll. Schwerpunkt bilden also Aspekte des Informationszugangs. Anschließend soll die Relevanz von Information für Asylantragsteller dargestellt und gesetzliche Vorgaben zum Recht auf Information untersucht werden. In Verbindung damit sollen Mängel an Art der Information und am Zugang zu Information im Transitzentrum Manching/ Ingolstadt festgestellt werden und abschließend ein Fazit gezogen werden.

Es zeigte sich, dass in der Einrichtung Manching/ Ingolstadt der Zugang zu nichtstaatlichen Beratungsstellen im Vergleich zu dem zu staatlichen Informationsmöglichkeiten erschwert ist. Nichtstaatliche Informationsstellen sind zwar faktisch auch zugänglich, in der Umsetzung ist es jedoch fraglich, inwieweit eine ausgeglichene Informationssituation für Asylsuchende in Manching/ Ingolstadt besteht, wie vereinbar diese Situation mit europäischem, humanitären und deutschem Recht ist und ob somit ein faires Asylverfahren gewährleistet ist.

3 Transitzentrum Manching/ Ingolstadt

3.1 Entstehung und Ziele des Transitzentrums

Die Max-Immelmann-Kaserne in Manching bei Ingolstadt in Bayern wurde am 01. September 2015 zur ersten gebündelten Ankunfts-und Rückführungseinrichtung (ARE). Vereinbart wurde dies von Bayerns Sozialministerin Emilia Müller, Innenminister Joachim Herrmann und Oberbayerns Regierungspräsident Christoph Hillenbrand zusammen mit Oberbürgermeister Dr. Christian Lösel, dem Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf und Manchings Bürgermeister Herbert Nerb. Vorgesehen war diese Einrichtung zunächst für Asylsuchende aus den Westbalkanstaaten („Max-Immelmann- Kaserne Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber vom Balkan“, 2015). Diese machten 2015 laut dem bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr 44, 6 Prozent aus, wobei deren Asylanträge zu 99 Prozent abgelehnt wurden. Aufgrund dieser ohnehin geringen Bleibeperspektive sollen Asylverfahren beschleunigt („Erstmals Rückführungen aus Aufnahmezentren Ingolstadt/ Manching“, 2015) und die abgelehnten Antragsteller schnellstmöglich und direkt aus der Einrichtung wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt werden („Max-Immelmann-Kaserne Ankunfts- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber vom Balkan“, 2015). Dies soll durch das Zusammenwirken mehrerer Behörden vor Ort gewährleistet werden: unter anderem sind dort das Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) und das Verwaltungsgericht vertreten („Erstmals Rückführungen aus Aufnahmezentren Ingolstadt/ Manching“, 2015). Außerdem befindet sich in Manching ein Flughafen, von dem aus abgelehnte Asylbewerber direkt aus der Einrichtung in ihre Heimat zurückgebracht werden können („Abschiebezentrum in Manching eröffnet“, 2015). Die Pressestelle des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr meldete am 08.09.2015, also bereits eine Woche nach Öffnung der Einrichtung, die erste Rückführung von 111 kosovarischen Asylbewerbern in ihr Heimatland („Erstmals Rückführungen aus Aufnahmezentren Ingolstadt/ Manching“, 2015). Solche schnellen und zahlreichen Rückführungen sollen für weitere potenzielle Antragsteller auch eine Abschreckungswirkung haben. Innenminister Herrmann sagte dazu, es solle „sich in den Ländern, die überhaupt keine Bleibeperspektive haben, das Bewusstsein breitmachen, dass es überhaupt keinen Sinn hat, nach Deutschland zu kommen“ („Abschiebezentrum in Manching eröffnet“, 2015).

Im März 2017 wurde das ARE Manching/ Ingolstadt in das Transitzentrum Manching/ Ingolstadt umgewandelt. Der Unterschied zwischen dem Transitzentrum und dem ARE Manching/ Ingolstadt besteht laut dem Flüchtlingsrat Bayern darin, dass das Transitzentrum nun auch für Asylsuchende aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote unter 50 Prozent vorgesehen ist. Hier beispielsweise um Menschen aus Äthiopien, Nigeria, Sierra Leone, Mali, Aserbaidschan und Afghanistan („Transitzentren & ARE: Die bayerischen Abschiebelager“, k. D.). Einer Antwort der Bundesregierung vom 07. Dezember 2017 auf eine Kleine Anfrage der Partei DIE LINKE ist zu entnehmen, dass die meisten Asylanträge in Manching/ Ingolstadt von Menschen aus Albanien, gefolgt von Menschen aus Serbien, Bosnien und Herzegowina und Mazedonien gestellt wurden („Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Niema Movassat, Kersten Steinke und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/110 2017).

3.2 Bewertung von Funktion und Zielen des Transitzentrums durch verschiedene Akteure

Um das Transitzentrum Manching/ Ingolstadt gab und gibt es heftige Diskussionen. Staatliche Akteure wie Innenminister Joachim Hermann betonen, dass eine solche Einrichtung dringend gebraucht werde, „um zu einer schnelleren Bearbeitung und Abwicklung der Asylverfahren für Antragsteller ohne Bleibeperspektive zu kommen“ („Abschiebelager für Balkan-Flüchtlinge kommen in die Region“, 2015). Auch der Arbeitskreis Arbeit und Soziales der CSU-Fraktion lobte das (damals noch ARE) Manching/ Ingolstadt:

„Die ARE Manching hat uns positiv beeindruckt: Die Menschen werden hier entgegen aller Vorwürfe menschenwürdig behandelt. Für die 160 Kinder im schulpflichtigen Alter wird Unterricht angeboten, und gerade werden neue Spielgeräte aufgebaut. Auch die kurzen Wege zwischen den Behörden bedeuten eine Erleichterung für die Asylbewerber. Die Asylbewerber werden außerdem umfassend auf eine bevorstehende Abschiebung vorbereitet. Wohl auch daher entscheiden sich rund zwei Drittel dann für eine freiwillige Ausreise“ („Spielgeräte und Schulunterricht“, k. D).

Die vom Arbeitskreis bereits angesprochenen Vorwürfe kommen vor allem vom Bayerischen Flüchtlingsrat, vom Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und von der Organisation Pro Asyl. So wirft der Bayerische Flüchtlingsrat den Verantwortlichen des Transitzentrums Untersagung von Hilfe, Ausschluss der Öffentlichkeit, mangelhafte Asylsozialberatung und die Einschränkung von ehrenamtlicher Hilfe vor. Außerdem kritisieren er unter anderem die medizinische Versorgung, die strenge Überwachung und Kontrolle durch Securitymitarbeiter, die Isolation von der Gesellschaft, die schwierige Situation für Kinder und den Druck, der den Bewohnern der Einrichtung von den Behörden gemacht wird, um sie zur freiwilligen Ausreise zu bewegen („Die Situation in den Lagern“, k. D.). So zählen zu den Aufgaben der zentralen Ausländerbehörde Oberbayern (ZAB), die auch eine Geschäftsstelle im Transitzentrum betreibt, die „Rückkehrberatung und Rückkehrförderung“ („Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern (ZAB) / Zentrale Passbeschaffung Bayern“, k. D.) sowie der „Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen“ (ebd., k. D.). Der Bayerische Flüchtlingsrat sieht in den vorherrschenden „[s]chäbigste[n], menschenunwürdige[n] Bedingungen“ den Versuch, die Bewohner zur freiwilligen Ausreise zu drängen („Transitzentren & ARE: Die bayerischen Abschiebelager“, k. D.). Das Bündnis 90/ DIE GRÜNEN forderte bereits am 19.10.2016 die Schließung des ARE. Agnes Krumwiede, Vorsitzende des Bezirksverbandes Oberbayern von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, bezeichnete die Zustände in Manching als „insgesamt menschenunwürdig und mutmaßlich (völker)rechtswidrig“ („PM: ARE in Manching/Ingolstadt in Gemeinschaftsunterkünfte umwandeln“, k. D.) Außerdem zweifelte sie die Gewährleistung von „Rahmenbedingungen für ein faires Asylverfahren“ (ebd., k. D.) an und wies auf den fehlenden „Nachweis einer rechtlichen Grundlage“ für die Unterbringungen ukrainischer Asylsuchender in einem solchen Transitzentrum (ebd., k. D.) hin. Die Organisation Pro Asyl kritisierte, dass eine Fairness im Asylverfahren „[i]soliert, ohne effektiven Zugang zu Beratungsstrukturen und Anwälten“ (Klapsa, 2017) nicht gewährleistet werden kann. Problematisch ist auch, dass die Kriminalität in und um das Transitzentrum seit 2015 stark gestiegen ist, was eine erhöhte Polizeipräsenz und mehr Personenkontrollen notwendig machte („Einsatzkonzept der Polizei rund um Transitzentrum Manching/Ingolstadt“, 2017).

4 Information der Asylantragsteller ab ihrer Ankunft in Deutschland

4.1 Relevanz der Information für Asylsuchende in Deutschland

Das Transitzentrum Manching/ Ingolstadt verfolgt also das umstrittene Ziel, die dort untergebrachten Asylsuchenden möglichst schnell in ihre Heimat zurückzuführen, indem ihre Asylverfahren beschleunigt bearbeitet werden sollen. Ziel der Asylantragsteller ist es dagegen, einen positiven Asylbescheid zu erhalten. Zusätzlich zu diesen Interessensgegensätzen existiert ein extremes Machtgefälle: Behörden, die für die Bearbeitung des Asylantrags verantwortlich sind, kennen alle rechtlichen Regelungen und Möglichkeiten sehr genau. Für Asylsuchende ist es dagegen sehr schwer, sich in deutschen Behörden und dem deutschen Rechtssystem zurechtzufinden. Erschwert wird ihnen diese Aufgabe außerdem durch fehlende Deutschkenntnisse und psychische und physische Belastungen der Flucht. Gleichzeitig sind allerdings die Anhörung und der Ausgang des Asylverfahrens für viele Antragsteller existentiell. Es ist also enorm wichtig, dass Asylsuchenden ihre Fluchtgründe angemessen vortragen können und ihre Rechte und Pflichten kennen. Da sie meist nicht selbst dazu in der Lage sind, sich ausreichend darüber zu informieren, sind sie auf Beratung angewiesen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) fordert deshalb unter anderem, „dass bundesweit alle Schutzsuchenden Zugang zu unentgeltlicher, unabhängiger Asylverfahrensberatung vor und während des Asylverfahrens bekommen [...]“ („Unabhängige Asylverfahrensberatung - ein Beitrag zur Verbesserung von Fairness, Qualität und Effizienz des Asylverfahrens“, 2017). Unter Berufung auf Ergebnisse des BAMF-Pilotprojekts Asylverfahrensberatung betont die BAGFW, dass sich der „Zugang zu unabhängiger, unentgeltlicher Asylverfahrensberatung [.] positiv auf Rechtsstaatlichkeit, Fairness, Qualität und Effizienz des Asylverfahrens [.]“ (ebd., 2017) auswirkt. Im Zusammenhang mit dem Transitzentrum Manching/ Ingolstadt scheint der Faktor Unabhängigkeit eine besondere Rolle zu spielen, da das Ziel dieser Einrichtung von vornherein ist, die Asylsuchenden möglichst schnell wieder in ihre Heimat zurückzubringen. Eine unabhängige Beratung über Rechte und Pflichten hat deshalb eine große Bedeutung. Inwieweit die Asylsuchenden ein Recht auf eine solche Beratung und auf Information im Allgemeinen haben, soll im nächsten Abschnitt erläutert werden.

[...]

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Informationen und Asylrecht. Das Transitzentrum Manching/ Ingolstadt und die Auswirkungen der dortigen Umstände auf den Informationszugang der Bewohner
Université
LMU Munich
Note
1,3
Année
2018
Pages
18
N° de catalogue
V513267
ISBN (ebook)
9783346111166
ISBN (Livre)
9783346111173
Langue
allemand
Mots clés
informationen, asylrecht, transitzentrum, manching/, ingolstadt, auswirkungen, umstände, informationszugang, bewohner
Citation du texte
Anonyme, 2018, Informationen und Asylrecht. Das Transitzentrum Manching/ Ingolstadt und die Auswirkungen der dortigen Umstände auf den Informationszugang der Bewohner, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/513267

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