EINLEITUNG UND STRUKTURALISTISCHES ERBE
Eine Untersuchung des Machtbegriffes und der Möglichkeiten von Widerstände und Handlungsfähigkeit ist nicht möglich, ohne einen Bezugsrahmen innerhalb des Werkes von Foucault zu skizzieren. Der Machtbegriff bei Foucaults ist eng verknüpft mit seiner Theorie bzw. Analytik von Diskursen und der Produktion von Wissen in spezifischen Arten und Weisen, die er in den 70er Jahren entworfen hat. Da das auf sechs Bücher ausgelegte Projekt „Sexualität und Wahrheit” mit seinem programmatischen Einleitungsband „Der Wille zum Wissen“ (WzW) ein Fragment blieb, wird das zuvor erschienene Werk „Überwachen und Strafen” (ÜuS) als wesentliche Grundlage dienen. Beiden Arbeiten liegt derselbe Machtbegriff zugrunde, der somit anhand beider Texte expliziert werden kann. (2.) Dabei sind gerade auch in kleineren Veröffentlichungen und Interviews oft dienliche Klarstellungen zu finden. In „Überwachen und Strafen‘ wird der Körper mit seinen Tätigkeiten, Gesten usw. thematisiert, die von einem komplexen Zusammenwirken von Macht und Wissen diszipliniert werden. Aus Wissen und Macht sind die Normierungsnetze geknüpft, die die moderne Gesellschaft durchziehen und den Machtbegriff tendentiell verschieben. (3.)
Daraus läßt sich eine Diskussion über die Möglichkeit von Handlungsmöglichkeit im Werke Foucaults ableiten. (4.) Unbedingte Voraussetzung dafür ist eine theoretische Einordnung seiner Philosophie. Vom französischen Strukturalismus nimmt Foucault den Diskursbegriff auf, der alle sprachlichen Äußerungsformen, wissenschaftliche wie alltagssprachliche umfaßt. Von diesen „( zumindest zeitweise) mit einem Wahrheitsgehalt aufgeladenen Diskursen” (WzW 8) zieht er Rückschlüsse auf die mit diesen korrelierenden Macht- und Wissenskonfigurationen. Wie im Strukturalismus ist auch bei Foucault das Individuum weder ein Produkt der Aufklärung noch das Subjekt autonomen Wirtschaftshandelns. Das Subjekt ist in der Theorie Foucaults in Wirklichkeit Objekt und Produkt einer Wissen/Macht- Beziehung. Der Mensch ist bereits „in sich das Resultat einer Unterwerfung”. (ÜuS 42)
Schließlich leugnet Foucault ebenfalls eine Zielgerichtetheit sozialer Prozesse, untersucht jedoch statt strukturaler Gleichförmigkeiten hauptsächlich Diskontinuitäten und Brüche. Statt einheitlicher Strukturen sind dezentralisierte und instabile Netzwerke von Machtbeziehungen Kennzeichen seiner Gesellschaftstheorie, insofern geht er also über den Strukturalismus hinaus...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und strukturalistisches Erbe
- Macht und Disziplin
- Der Machtbegriff in „Überwachen und Strafen” und „Der Wille zum Wissen”
- Die Disziplinen und die Disziplinarmacht
- „Direkte” Disziplinartechniken
- „ Begleitende” Disziplinartechniken
- Vom Wissen und der Norm
- Macht/Wissen-Komplex, das Individuum und die Wissenschaften
- Das Sexualitäts-Dispositiv
- Die spezifische Form der Normierungmacht
- Die Modifizierung des Machtbegriffs
- Gegenmacht?
- Die Möglichkeit des Widerstands
- Was tun?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit Foucaults Machtbegriff und den Möglichkeiten von Widerständen und Handlungsfähigkeit. Er beleuchtet die enge Verknüpfung des Machtbegriffs mit Foucaults Theorie von Diskursen und der Produktion von Wissen. Der Text analysiert den Machtbegriff anhand der Werke „Überwachen und Strafen“ und „Der Wille zum Wissen“, und erörtert die Bedeutung der Disziplinen und die Disziplinargesellschaft für die Ausübung von Macht.
- Foucaults Machtbegriff und seine Beziehung zu Diskursen und Wissensproduktion
- Die Rolle der Disziplinen in der modernen Gesellschaft
- Macht/Wissen-Komplex und die Unterwerfung des Körpers
- Die Möglichkeit von Widerstand und Handlungsfähigkeit im Kontext von Machtstrukturen
- Foucaults Kritik an der traditionellen Subjektkonzeption
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel gibt eine Einleitung in Foucaults Machtbegriff und beleuchtet dessen Kontext im Rahmen des Strukturalismus. Es untersucht die Bedeutung von Diskursen für die Produktion von Wissen und die Ausübung von Macht. Das zweite Kapitel widmet sich dem Machtbegriff in den Werken „Überwachen und Strafen“ und „Der Wille zum Wissen“. Hier wird der Machtbegriff als ein „strategisches Spiel“ vielfältiger Kräfteverhältnisse betrachtet, das den Körper durch Disziplinierungstechniken unterwirft.
Im dritten Kapitel werden die Macht/Wissen-Beziehungen näher untersucht und der Einfluss von Wissen auf die Ausübung von Macht erläutert. Der Text beleuchtet den Zusammenhang zwischen Macht, Wissen und der Entstehung der „Seele“ als Folge von Disziplinierungsmechanismen.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Möglichkeit von Gegenmacht und Widerständen in Foucaults Denken. Es wird die Frage aufgeworfen, wie sich in einem von Macht durchdrungenen System Widerstand und Handlungsfähigkeit entwickeln können.
Schlüsselwörter
Der Text fokussiert auf den Machtbegriff, die Disziplinen, Wissensproduktion, Macht/Wissen-Beziehungen, die „Seele“, das Individuum, Widerstand und Handlungsfähigkeit im Werk von Michel Foucault.
- Arbeit zitieren
- Dr. Jürgen Budde (Autor:in), 2000, FOUCAULT und die Begriffe Macht und Widerstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51336