Bei dieser Masterarbeit geht es darum, den Professionalisierungsprozess des bildenden Künstlers Kurt Schwitters im Bereich der Typographie zu verdeutlichen. Inwieweit kann der Avantgarde-Künstler Kurt Schwitters in das Berufsfeld des Typographen eingeordnet werden? Diese Leitfrage soll in der vorliegenden Arbeit beantwortet werden. Der Zeitraum von 1923 bis 1933 wird betrachtet, da Kurt Schwitters sich in dieser Zeit intensiv mit Typographie befasst hat. Die Jahreszahl 1933 steht symbolisch für die Machtergreifung der Nationalsozialisten, deren Einfluss schon Jahre davor spürbar war und dazu führte, dass der Wirkungskreis des Künstlers und seiner Kollegen zunehmend eingeschränkt wurde.
Ausschlaggebend für die Idee zu dieser Arbeit war zunächst die Beobachtung, dass es wenige detaillierte Abhandlungen über die typographischen Arbeiten von Kurt Schwitters gibt. Resultierend aus der These, dass Typographie ein Handwerk ist, das früher den Schriftsetzern und Buchdruckern vorbehalten war und seit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert von Künstlern entdeckt und professionalisiert wurde, stellt sich die Frage, ob ihre typographischen Arbeiten als Kunst zu werten, oder ob sie den handwerklichen Maßstäben der Typographen unterzuordnen sind. Ziel der Arbeit ist es, das typographische Werk von Schwitters in den Kontext der Neuen Typographie zu stellen. Es gilt zu untersuchen, inwieweit die typographische Tätigkeit von Schwitters oder den anderen Künstlern, die sich mit Neuer Typographie befasst haben, in das Berufsbild des Gebrauchsgrafikers einzuordnen ist.
Als Methode wird die typographische Analyse der drucktechnischen Werke von Kurt Schwitters gewählt. Exemplarisch wurden seine MERZ-Hefte untersucht, deren Gestaltung in vier Phasen zu unterteilen sind und den Weg zur Professionalisierung des Künstlers auf dem Gebiet der Typographie markieren. Die Untersuchung folgt der Maxime, den Umschlag und zwei Seiten jedes einzelnen Heftes zu beschreiben, die relevanten Inhalte zu nennen und am Ende eine Gegenüberstellung von Aussagen aus Lehrbüchern der Zeit zu realisieren. Weiterhin wird eine markante Schrift analysiert, die Kurt Schwitters in den späteren Jahren für seine Auftragsarbeiten benutzt hatte und für unterschiedliche Produkte einsetzte. Beide Aspekte dienen dazu, den Dualismus von Künstlern und Fachleuten zu verdeutlichen und eine Grundlage zu späteren Fachdiskussion über die Neue Typographie vorzubereiten.
INHALT
Einleitung
1 Forschungsstand
2 Kunstund Werbegestaltung
3 Kurt Schwitters und Werbegestaltung
3.1 RingneuerWerbegestalter
3.2 Vorträge über Gestaltung
4 MERZ-Typographie
4.1 Eigenproduktionen
4.1.1 DadaistischePhase
4.1.2 Erste konstruktivistische Phase
4.1.3 ExperimentellePhase
4.1.4 Zweite konstruktivistische Phase
4.2 Geometrische Schrift in den Auftragsarbeiten
4.2.1 Dammerstocksiedlung
4.2.2 Städtische Bühnen Hannover
5 Neue Typographie
5.1 Die Grotesk-Schrift
5.2 Die Asymmetrie
6 Rezeption der Neuen Typographie
6.1 Avantgarde
6.2 Gebrauchsgraphiker
6.3 Werbefachleute
6.4 Buchdrucker
Resumé
Bibliographie
Archive
Abbildungsnachweise
Anhang
EINLEITUNG
Bei dieser Masterarbeit geht es darum, den Professionalisierungsprozess des bildenden Künstlers Kurt Schwitters im Bereich der Typographie zu verdeutlichen. Die leitende Frage lautet: Inwieweit kann der Avantgarde-Künstler Kurt Schwitters in das Berufsfeld des Typographen eingeordnet werden? Der Zeitraum von 1923 bis 1933 wird betrachtet, da Kurt Schwitters sich in dieser Zeit intensiv mit Typographie befasst hat. Die Jahreszahl 1933 steht symbolisch für die Machtergreifung der Nationalsozialisten, deren Einfluss schon Jahre davor spürbar war und dazu führte, dass der Wirkungskreis des Künstlers und seiner Kollegen zunehmend eingeschränkt wurde.
Ausschlaggebend für die Idee zu dieser Arbeit war zunächst die Beobachtung, dass es wenige detaillierte Abhandlungen über die typographischen Arbeiten von Kurt Schwitters gibt. Resultierend aus der These, dass Typographie1 ein Handwerk ist, das früher den Schriftsetzern und Buchdruckern vorbehalten war und seit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert von Künstlern2 entdeckt und professionalisiert wurde, stellt sich die Frage, ob ihre typographischen Arbeiten als Kunst zu werten, oder ob sie den handwerklichen Maßstäben der Typographen unterzuordnen sind. Ziel der Arbeit ist es, das typographische Werkvon Schwitters in den Kontext der Neuen Typographie3 zu stellen. Es gilt zu untersuchen, inwieweit die typographische Tätigkeit von Schwitters oder den anderen Künstlern, die sich mit Neuer Typographie befasst haben, in das Berufsbild des Gebrauchsgrafikers einzuordnen ist.
Als Methode wird die typographische Analyse der drucktechnischen Werke von Kurt Schwitters gewählt. Exemplarisch wurden seine MERZ-Hefte untersucht, deren Gestaltung in vier Phasen zu unterteilen sind und den Weg zur Professionalisierung des Künstlers auf dem Gebiet der Typographie markieren. Dabei galt es, zu beachten, welche Schriften er benutzt hat, wie er mit dem Satzspiegel und leerer Fläche umging sowie welche Formate und Farben er wählte. Der Fokus der Schrift-Analyse wird auf der Benennung der Grotesk-Schriften4 liegen, da diese eine besondere Rolle innerhalb der Neuen Typographie spielen. Die Untersuchung folgt der Maxime, den Umschlag und zwei Seiten jedes einzelnen Heftes zu beschreiben, die relevanten Inhalte zu nennen und am Ende eine Gegenüberstellung von Aussagen aus Lehrbüchern der Zeit zu realisieren. Hierzu wurden maßgeblich drei Lehrbücher ausgewählt: Das Lehrbuch von Alexander Waldow aus dem Jahre 1915, das Lehrbuch von Friedrich Bauer von 1920 und von August Müller von 1927. Weiterhin wird eine markante Schrift analysiert, die Kurt Schwitters in den späteren Jahren für seine Auftragsarbeiten benutzt hatte und für unterschiedliche Produkte einsetzte. Beide Aspekte dienen dazu, den Dualismus von Künstlern und Fachleuten zu verdeutlichen und eine Grundlage zu späteren Fachdiskussion über die Neue Typographie vorzubereiten. Schwitters' gestaltete Werke stehen stellvertretend für die Werke der neuen Gestaltungsrichtung, die im zeitgenössischen Diskurs teilweise scharf kritisiert wurde. Zur Analyse wurde eine Auswahl kontemporärer Fachpublikationen getroffen, und daraus wurden jeweils zwei relevante Beispiele detaillierter untersucht, um die unterschiedliche Einschätzung der Neuen Typographie darzustellen.
1 FORSCHUNGSSTAND
Über das Leben und Werk von Kurt Schwitters sind ausreichend viele Publikationen erschienen, und das Kurt-Schwitters-Archiv im Sprengel Museum Hannover arbeitet kontinuierlich daran, bestehende Lücken zu schließen. Die erste wichtige Präsentation seiner Arbeiten war die Monografie von Werner Schmalenbach, die 1967 verfasst wurde, wobei die Typographie noch unter „Künstlerische Randgebiete" fällt. Schwitters' theoretische Schriften über Typographie sind in dem fünften Band von Friedhelm Lachs „Manifeste und kritische Prosa" zu finden, der jedoch nicht den wissenschaftlichen Standards genügt. 2014 erschienen die „Sammelkladden" mit allen frühen Texten von 1919 bis 1923, der erste Band einer auf neun Bände ausgerichteten Gesamtedition.5 Eine Auswahl seiner Briefe wurde unter dem Titel „Wir spielen, bis uns der Tod abholt" von Ernst Nündel zusammengestellt.
Im Schwitters-Almanach 1985 wurden erste Schritte für die Erforschung der typographischen Werke Schwitters' initiiert.6 1987 brachte Carola Schelle einen Werkkatalog über die typographischen Arbeiten heraus, der im Rahmen der Ausstellung „Der Typograph Kurt Schwitters" in der Stadtbibliothek Hannover erstellt wurde. Die ersten umfangreichen Darstellungen über das typographische Werk von Schwitters und des „Rings neuer Werbegestalter"7, dessen Vorsitzender er war, wurde 1990 in drei Katalogen publiziert: der Ausstellungskatalog „Kurt Schwitters - Typographie und Werbegestaltung", ein allgemeiner Überblick über den Ring neuer Werbegestalter 1928-1933 und über die letzte Ausstellung in Amsterdam von 1931.8 Der Katalog der Ausstellung „Gefesselter Blick" aus dem Jahre 1930 wurde von Heinz Rasch 1996 wieder aufgelegt. Er umfasst 25 Monografien der Protagonisten der neuen Werbegestaltung. Der Vortrag von Victor Malsy im Jahre 1992 umreißt ihre Arbeiten und theoretischen Ansätze. Das verzweigte Beziehungsgeflecht des Künstlers zu Künstlerfreunden und Sammlern beleuchtete die Ausstellung von 2006 „Merzgebiete - Kurt Schwitters und seine Freunde" im Katalog mit einem Artikel über seine gestalterischen Arbeiten von Anna Müller-Härlin. 2011 gingen Gwendolen Webster und Roger Cardinal ebenfalls auf diese näher ein. 2014 erschien ein Aufsatz von Adrian Sudhalter über „Merz, Kommerz and the Merzwerbezentrale".9 Im gleichen Jahr schrieb Robin Fuller über Schwitters „Systemschrift" und berücksichtigte die Details seiner Schriftgestaltung. Und 2015 fasste Jan-Hendrik Steffan in seinem Aufsatz den aktuellen Forschungsstand zum Thema „Schwitters' werbegestalterische Arbeiten“ zusammen und erwähnt hierbei den Artikel von Adrian Sudhalter aus dem Jahr 2014.10
Eine Analyse seines literarischen Werks in Verbindung mit der Typographie der Avantgarde bietet die Publikation von Susanne Wehde aus dem Jahre 2000. Trotz ausführlicher Untersuchung der druckgraphischen Werke und ihrer Regeln bezeichnet die Autorin Schwitters als Typographen, ohne diese Bezeichnung einer kritischen Analyse zu unterziehen. Zum Thema „Visuelle Zeichensysteme der Avantgarde" führt Daniela Stöppel 2014 eine dezidierte Untersuchung zur Zeichenentwicklung der Avantgarde-Künstler durch.
Aktuelle Publikationen, die sich allgemein mit der Neuen Typographie befassen, sind im Ausstellungskatalog „Alles neu!" veröffentlicht, wobei zwei Autoren Klaus Klemp und Julia Meer eine ähnliche Einschätzung der Neuen Typographie aufweisen. Sie führen die Thesen des Buches von Julia Meer aus dem Jahre 2014 fort, das die bisherige Rezeption der Neuen Typographie infrage stellt. Die Autorin stellt fest, dass die Impulse der abstrakten Künstler nach dem ersten Weltkrieg in der bisherigen Rezeption als entscheidender angesehen werden, als sie faktisch sind. Sie seien nicht, wie bisher angenommen, die Vorbereiter der Entwicklung gewesen, sondern sogar Nachzügler.11 Dies gilt insbesondere für die These, dass die Fachleute die Neue Typographie schon antizipiert hatten, bevor die Avantgarde sie propagierte.
Die Publikation „FUTURA" im Rahmen der Ausstellung im Gutenberg Museum Mainz 2016 bietet eine zusammenhängende Analyse der Schriftentwicklung der 1920er Jahre. Ihre Herausgeberinnen haben bereits 2012 die Publikation „Texte zur Typographie" veröffentlicht, mit zahlreichen zeitgenössischen Aussagen über die Typographie.
2 KUNST UND WERBEGESTALTUNG
Die Frage, ob Typographie oder Reklame12 Kunst seien, ist eine häufig gestellte Frage in den 1920er Jahren und wird bis in die heutige Zeit von den Werbefachleuten diskutiert. Sie fordern die Aufhebung der Trennung von Kunst und Werbung, weil in beiden Bereichen schöpferisch gestaltet werde.13 Damals wie heute steht die Werbegestaltung in einem engen Verhältnis zu dem Diskurs über Ästhetik der industriellen Warenwelt, ihrem Design und der kaufinteressierten Zielgruppe.14 Das Wesen der Kunst war in den frühen 1920er Jahren noch nicht mit der Rezeption der Werbung vereinbar: „Echte Kunst will keinem Herrn dienen, sondern nur um ihrer selbst willen da sein."15 Kurt Schwitters (Abb. 1) formulierte die These, dass Typographie unter Umständen Kunst sein könne, im Jahre 1924 und stieg damit in den Diskurs um einen prozessualen Kunstbegriff ein, der die Frage „ Was ist Kunst?" in die Frage: „ Wer hält was, warum und mit welchen Konsequenzen für Kunst?" umwandelte.16 Kurt Schwitters sah eine Verwandtschaft zwischen den Tätigkeitsbereichen des Werbegestalters und des Künstlers:
„Die Tätigkeit des Werbegestalters beim Schaffen ist verwandt der Tätigkeit des Künstlers, wenn er gestaltet, bloß ist ihm ein bestimmtes Ziel gegeben, während der Künstler frei und ohne Ziel schafft. [...] notwendig ist das Feingefühl, das die einzelne Schrift, Schriftmassen und Zwischenräume sicher gegeneinander auswerten kann. Nur der Künstler besitzt dieses durch Übung verfeinerte Gefühl."17
Mit ihm gibt es eine Reihe von Künstlern, die sich seit dem 19. Jahrhundert mit Schriftgestaltung und typographischer Gestaltung befasst haben und von der Fachwelt18 skeptisch betrachtet wurden. Die Buchdrucker beriefen sich auf Erfahrungen von Jahrhunderten. Ihre Regeln bestimmten Details, wie das gute Ausschließen19 derZeilen, die Berechnung des optimalen Satzspiegels oder die Erfahrungswerte der maximalen Lesbarkeit.20 Demgegenüber standen die avantgardistischen Bewegungen der Zeit mit ihren selbstbestimmten Maximen und Manifesten21. Henry van de Velde schrieb dazu „Der Künstler ist in seinem innersten Wesen glühender Individualist. Instinktiv mißtraut er jedem, der eine Regel predigt."22
Seit dem Kubismus erfuhr die Durchdringung von Schrift, Literatur und Kunst eine neue Ausrichtung.23 Die Tendenz zur Elementarisierung in Literatur und Bildkünsten wurde 1902 mit dem Futurismus und Filippo Tommaso Marinetti ins Leben gerufen. Er propagierte die Auflösung der überkommenen grammatikalischen und syntaktischen Sprachstrukturen. Eine wichtige Voraussetzung für die Typographie des Futurismus war das Buch „Un coup de dés jamais n'abolira le hasard" des Dichters Stéphane Mallarmé von 1897, der die gewohnten Textfelder für Gedichte veränderte und eine Texthierarchisie- rung durch Versalien einführte. Marinetti wandte sich in seinem Manifest gegen die „dekorative und preziöse Ästhetik" von Mallarmé. 1913 schrieb er über die Revolution des Buchdrucks:
„ Wir werden auf ein und derselben Seite drei oder vier verschiedene Druckschwärzen verwenden und wenn nötig auch zwanzig verschiedene Typen. Beispiel: Kursivdruck für eine Reihe von ähnlichen oder raschen Empfindungen, Fettdruck für heftige Klangmalereien."24
Für ihn war die lineare Lesbarkeit unnötig. Er hob die Syntax bewusst auf und gruppierte das typographische Material, wie Buchstaben, Zahlen und Signets, frei im Raum.25 Der futuristische Gedanke wurde in den Dada-Druckerzeugnissen in der Zeit von 1916 bis 1919 aufgegriffen. Die Dadaisten gestalteten ihre Gedichte mit einer Mischung von unterschiedlichen Schriften, Schriftgrößen und -schnitten und setzten Texte senkrecht und diagonal. „Elemente medialer Alltagskultur" wurden in Collagen und Fotomontagen verarbeitet und eine ironische Brechung von Text und Bild forciert.26 „Das Buch sollte schreien, das Buch sollte zertrümmern und das ruhige Einmaleins der klassisch gewordenen Automatik endgültig zerstören"27 (Abb. 2) (Abb. 3) (Abb. 4).
„Formzerlegung oder Formzertrümmerung" sind Begriffe, die häufig mit den Strömungen des Kubismus, Futurismus, Dada28 und Konstruktivismus29 in Verbindung gebracht werden. Die Zerlegung oder Elementarisierung wurde in der konstruktivistischen Anschauung mit systematischem Neuaufbau in Verbindung gebracht und nicht mit Zerstörung.30
Dieser „Elementarismus" entwickelte sich aus Erkenntnissen der Sprach- und Naturwissenschaften.31 Vor allem die Sprachwissenschaft demonstrierte Anfang des 20. Jahrhunderts den Aufbau der Sprache als logisches Zeichensystem und analysierte die natürlichen Sprachen bis auf die phonetische Ebene. Einen großen Einfluss hatte hierbei die Publikation des Sprachforschers Walter Porstmann, „Sprache und Schrift", der in seiner linguistischen Analyse im Jahr 1920 die „Zerlegung der Sprache" weiterführte. Die Worte werden in formale Grundelemente zerlegt und von den semantischen Verknüpfungen befreit.32 Er regte zudem den Diskurs um die Kleinschreibung an und forderte ein phonetisch orientiertes Alphabet.33
3 KURT SCHWITTERS UND WERBEGESTALTUNG
Zwischen der radikalen Regellosigkeit der Künstler und den Regeln oder Prinzipien der typographischen Fachwelt liegt das Spannungsfeld, in dem die typographischen Arbeiten des Künstlers Kurt Schwitters zu betrachten sind. Dieser war in den 1920er Jahren neben der Typographie in vielen Bereichen der bildenden Kunst tätig, vor allem in Assemblage und Collagen, in abstrakter sowie gegenständlicher Malerei und Skulptur, in Gebieten der angewandten Kunst wie Vortragskunst und Performance, in der Literatur sowie der Musik. Sein Schaffen ist dem einen individuellen Konzept „ MERZ" gewidmet. Das Wort MERZ34 hatte Kurt Schwitters in eine seiner Collagen eingefügt. Es handelte sich dabei um einen Ausschnitt aus dem Schriftzug „Kommerz- und Privatbank". Zunächst nannte Kurt Schwitters nur dieses Werk „MERZ-Bild", später verwendete er die Bezeichnung für alle seine künstlerischen Äußerungen, darunter „MERZ-Dichtungen" oder der „MERZ-Bau" und ab 1924 auch die „MERZ-Werbezentrale". Seine Collagen und Montagebilder entstanden aus dem Material der Straße, wie Papier- und Stoffresten, Drahtstücken und schließlich Fragmenten aus Drucksachen, wie Wortsplittern, Zahlen und Buchstaben35 (Abb. 5) (Abb. 6).
Die vielfältigen Aktivitäten von Kurt Schwitters entsprachen seinem Ideal eines „MERZGesamtweltbildes", in dem alle Künste in der MERZ-Gestaltung vereint werden.36 MERZ gibt Bedeutendem und Banalem die gleiche Wertigkeit: „MERZ will nicht bauen, MERZ will umbauen." MERZ bemüht sich um Vermittlung und Synthese: „Die Aufgabe von MERZ in der Welt ist.- Gegensätze ausgleichen und Schwerpunkte verteilen."37
Seit 1918 vollzog seine Kunst eine abrupte Wende vom kubistisch orientierten Frühwerk zum dadaistisch beeinflussten Werk. Im Jahre 1919 begann Schwitters, sich mit Schrift auseinanderzusetzen.38 In dieser Zeit stellte er in der Berliner Sturm-Galerie Herwarth Waldens aus.39 Von der dadaistischen Bewegung inspiriert, schrieb der Künstler Gedichte, die er bei seinen „MERZ-Abenden"40 vortrug. Seine Prosa- und Gedichtsammlung „Anna Blume" machte ihn seit 1919 weit über die Grenzen Hannovers bekannt (Abb. 2). Hans Richter41 beschrieb einen Auftritt von Schwitters und charakterisierte ihn: „Der ganze Mann ist ein Abenteuer, in dem sich herausstellt, wie unvereinbar gewalttätiger Schöpfergeist mit dem Spießertum der Zeit ist."42 Damals galt er als Bürgerschreck, als „enfant terrible" der Stadt Hannover.43 Schwitters erwähnte in einem Brief an Carola Giedion-Welcker, dass er in Hannover „ Till Eulenspiegel"44 oder „Schnauze Bautze" genannt werde.45 Käte Steinitz schrieb später über ihn:
„Inzwischen betrachten die Hannoveraner Kurt als verrücktes Originalgenie, wenn er lang und hager, keineswegs elegant gekleidet, nachdenklich in den Straßen Hannovers allerhand seltsames Zeug sammelte und oft von seinem Fahrrad abstieg, um einen weggeworfenen bunten Zettel aufzuheben."46
Die spannende Frage in diesem Zusammenhang betrifft die geänderte Wahrnehmung des Künstlers in der Öffentlichkeit, die sich im Laufe der Jahre vom Bürgerschreck zu einem Universalgenie verändert, das später für verantwortungsvolle Aufgaben wie die Drucksachengestaltung der Stadt Hannover herangezogen wird. Doch zunächst stellt sich die Frage, welche Bedeutung die Typographie für Schwitters Werk hatte. Nicht nur aus Existenzgründen wandte er sich der typographischen Gestaltung zu. Es geschah aus dem Bedürfnis heraus, die Typographie als visuelles Mitteilungsmittel zu nutzen.47 Im Sinne des Gesamtkunstwerks sah er die typographische Gestaltung als wesentlichen Bestandteil „seines künstlerischen Erlebens".48
Der Künstler gründete 1923 die Zeitschrift MERZ , ein Sammelwerk für avantgardistische Kunst, in einer Zeit, als Deutschland am Rande eines Bürgerkrieges stand und die Inflation explodierte.49 Für MERZ war Schwitters Herausgeber, Redakteur, Autor und Vertriebsleiter, warb für andere Zeitschriften und stellte MERZ als Publikationsorgan mit internationalen Beziehungen dar.50 Die Künstlerinnen, die er zur Mitarbeit einlud, waren bekannte Persönlichkeiten, die dabei halfen den Bekanntheitsgrad der Zeitschrift in der Kunstwelt zu erhöhen.51 Ein Teil der Auflage diente als Tauschobjekt, als Gegenwert für andere Drucksachen oder Arbeiten von Kollegen sowie für Dinge des täglichen Bedarfs.52 Seine MERZ-Hefte waren ein defizitäres Unternehmen.53 Die Material- und Druckkosten konnten nicht von den Abonnentengeldern gedeckt werden. Und es kann behauptet werden, dass Schwitters' Talente außerhalb von Buchhaltung sowie Kosten- und Leistungsrechnung lagen.54
Aus der Anfangszeit seiner typographischen Gestaltung sind zwei Entwürfe erhalten, an denen das Niveau des typographischen Vokabulars des Künstlers abzulesen ist55 (Abb. 7) (Abb. 8). Der Titel des Werbezettels „ERSTER MERZABEND" aus dem Jahre 1923 ist in Versalien gesetzt, darunter mittig „ von KURT SCHWITTERS". Nach einer Zwischenüberschrift erscheint der Fließtext und darunter Text mit Versalien als Auszeichnung. Auffällig ist der Weißraum auf der linken Seite und das dunkle Quadrat in dessen unterem Bereich. Als Druckangaben wurde u. a. hinzugefügt: „Alle Schrift rot nur grosse Buchstaben. Alles dieselbe lateinische Type."
Der zweite Entwurf ist für ein Plakat mit dem Titel „PROGRAMM" für den Merzabend in Braunschweig. Titel und die Liste der Programmpunkte sind in Versalien gesetzt. Das einzige gestalterische Element des Plakats ist der Buchstabe <G> von Programm, der ungefähr die doppelte Größe der anderen Buchstaben hat und als Bindeglied zwischen zwei Wortteilen fungiert.56 Da es sich bei dem Entwurf um eine grobe Skizze handelt, kann vermutet werden, dass der Künstler die exakte Gestaltung und die Bestimmung der Schrifttypen den Setzern überlassen hat. Vier Jahre später konnte er schon genaue Angaben zu typographischen Maßen machen. Nach dem Besuch der Bauerschen Schriftgießerei im Jahre 1927 gab er bezüglich der Verwirklichung seiner opto-phone- tischen Schrift die Größe der Schriften in „Doppelcicero" und „Nonpareille" an.57
1924 gründete Schwitters die Ein-Mann-Agentur MERZ-Werbezentrale (Abb. 5). Bis 1933 hatte die MERZ-Werbezentrale zahlreiche Aufträge für Institutionen und Firmen inner- und außerhalb Hannovers.58 1926 schrieb der Künstler seine Ideen zu einer Kundenansprache in sein Hamburger Notizbuch:
„Wollen Sie nicht bald damit beginnen, Ihre Reklame der Neuzeit entsprechend umzugestalten? [...] Bedienen Sie sich der wirkungsvollen Reklame, die Ihnen die Merz-Werbe liefert, und Sie werden Erfolg haben."59
Die Werbetätigkeiten brachten ihm erstmals in seinem Leben höhere Einnahmen, sodass er Routinearbeiten sowie Übersetzungen delegieren konnte.60 Vielfach war Schwitters als Texter, Ausstatter und Werber verantwortlich und verwandte viel Zeit auf seine gestalterische Arbeit.61 Bei den Auftragsarbeiten, die außerhalb von MERZ entstanden sind, ist eine große Variationsbreite zu beobachten. Mit wenigen Ausnahmen hat er Akzidenzien62 gesetzt, seien es Broschüren, Kataloge, Werbeblätter, Einladungskarten oder Formulare. Die Liste der genannten Druckereien, lässt nicht darauf schließen, dass er bei einer Druckerei besondere Konditionen hatte und sie deswegen bevorzugte.63 1929 wurden ihm alle graphischen Arbeiten für die Ausstellung „Die Dammerstocksiedlung" in Karlsruhe übertragen. Und er wurde mit der Gestaltung einiger amtlicher Drucksachen der Stadt Karlsruhe beauftragt.64 Im selben Jahr begann er seine Tätigkeit als typographischer Berater65 für die Stadtverwaltung in Hannover, mit dem Auftrag, sämtliche Drucksachen und Formblätter der Stadt zu gestalten.66 Zusätzlich bekam er Aufträge der Städtischen Bühnen und für die Hannoverschen Verkehrsbetriebe.67 1 9 30 entstanden die Kataloge „Die billige, gute Wohnung" und die Werbeblätter „Celler Volksmöbel".68 1932 gestaltete der Künstler ein „Kleines Lineaturen-Stundenbuch" für eine Papierfabrik und „ Das typisierte Eigenheim"69 (Abb. 9) (Abb. 10).
Schon früh hat Kurt Schwitters ein gestalterisches Interesse an der Architektur entwickelt.70 Um 1920 hatte er mit der Umgestaltung einzelner Räume seines Wohnhauses zum MERZ-Bau71 begonnen.72 In den Folgejahren schrieb er Architekturkritiken, wie 1927 zur Stuttgarter Weißenhofsiedlung.73 Schwitters sah Architekten als mögliche Auftraggeber für seine graphischen Arbeiten und hatte ein System für Mitarbeiter im städtischen Wohnungsbau entwickelt, das sich auf andere Bauaufgaben übertragen ließ. Für das Buch mit der Bezeichnung „KLEB" stellte Schwitters Worte, Buchstaben und Ziffern zusammen, die auf durchsichtigem gummierten Papier ausgeschnitten, kombiniert und beklebt werden konnten74 (Abb. 11). Auch hatte er erste Entwürfe für ein Signet des „CIAM" gemacht, das jedoch nicht realisiert wurde.75 Zur Akquise neuer Aufträge stellte er sich eine Präsentationsmappe mit repräsentativen Beispielen zusammen.76
Schwitters hat sich seit 1930 zunehmend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.77 Hugo Bartning hat ihn aufgefordert, die Gestaltung der Abteilung für Innenarchitektur der Bauausstellung Berlin 1931 zu übernehmen.78 Die führende Persönlichkeit der Neuen Typographie, Jan Tschichold79, hatte Schwitters in dieser Zeit einen Lehrauftrag an der Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker angeboten, Tschichold wurde jedoch 1933 von seinem Posten wegen seiner „bolschewistischen" Typographie inhaftiert.80 Schwitters verarbeitete seine typographischen Erzeugnisse immer häufiger in seinen Merz-Collagen81 (Abb. 12). Das Kunstleben in Hannover, das früher von der Präsenz internationaler Künstler geprägt war, wurde zusehends eingeschränkt.82 Kurt Schwitters war nicht mehr auf öffentliche Auftritte angewiesen, da sein Einkommen durch seine Tätigkeit als typographischer Gestalter und Berater bei diversen Behörden Hannovers gesichert war.83 Vertraglich war er bis 1934 an die Stadtverwaltung Hannover gebunden und übte seine Tätigkeit nachweislich noch bis Oktober 1934 aus.84 1933 erging eine Order, dass sämtliche Drucksachen von Futura85 auf Fraktur86 umzustellen sind. Da er unter Vertrag stand, waren diese Änderungen der Schriften vermutlich seine Hauptaufgabe.87 1937 siedelte Schwitters nach Norwegen um. Bis zu seiner Flucht nach England im Jahr 1940 wohnte er in Lysaker. In Ambleside /England starb er 1948. In der Zeit seiner Emigration schuf er Porträts und Landschaftsbilder für Touristen und machte zwei Versuche, seinen MERZ-Bau wieder aufleben zu lassen.88 Von typographischen Arbeiten nach seiner Emigration ist nach dem heutigen Forschungsstand nichts bekannt.
3.1 RINGNEUERWERBEGESTALTER
Der Austausch mit Künstlerfreunden war eine wichtige Quelle, um die Professionalisierung des Künstlers voranzutreiben. Viele von ihnen setzten sich mit Gestaltungsfragen auseinander und erstrebten einen Zusatzverdienst neben den künstlerischen Einnahmen.89 Als begnadeter Netzwerker gründete Schwitters 1928 den Ring neuer Werbegestalter. Die Idee eines Zusammenschlusses hatte er schon 1927 entwickelt.90 Der Ring wurde als enger Freundeskreis beschlossen und weitete seine Tätigkeiten in den Jahren 1928-1931 aus. Kurt Schwitters regte Aktivitäten an, stellte Kontakte her, vermittelte Artikel und Ausstellungen und hielt den Ring mittels Rundbriefen zusammen.91 Neben Kurt Schwitters waren acht Gründungsmitglieder zu verzeichnen: Friedrich Vordemberge-Gil- dewart92, Georg Trump93, Max Burchartz94, Robert Michel95, Willi Baumeister96, Walter Dexel97, Jan Tschichold und Cesar Domela-Nieuwenhuis98. Später folgten weitere Mitglieder, wobei die genaue Anzahl nicht zu ermitteln ist.99 Außer seinem Freund Jan Tschichold und Georg Trump hatten die anderen Künstler keine typographische, sondern eine freie künstlerisch-akademische Ausbildung. Die von Schwitters angeregte Zusammenarbeit mit dem Bauhaus100 scheiterte.
„Meine Stellung ist aus meinem Briefe ans Bauhaus ersichtlich, in dem ich anbot, dass wir uns als getrennte Organisationen gegenseitig unterstützten. Dazu habe ich zufällig Hannes Maier getroffen, der mir sagte, über dieses Angebot hätte der Meisterrat nur gelacht. [...] Also ist darüber entschieden, dass wir nicht offiziell das Bauhaus an unserem Ringe teilnehmen lassen..."101
Die Künstler des Rings sahen Ausstellungen als geeignete Plattform für ihre typographischen Werke, die üblicherweise nur in gedruckten Medien publiziert wurden und organisierten insgesamt 22 Ausstellungen in Europa.102 Als Unterstützung ihrer Tätigkeiten dienten die Einrichtung eines Lichtbilderarchivs, die Beauftragung eine Ausschnittdienstes und die Kooperation mit der Zeitschrift „ Das Neue Frankfurt".103 Auf ein einheitliches Signet konnten sich die Künstler nicht einigen. Daher existierten verschiedene Varianten, die individuell genutzt wurden104 (Abb. 13).
Einige Mitglieder des Rings erhielten Lehraufträge für Gestaltung. Willi Baumeister105 war Lehrer für die Werbegrafikklasse in Frankfurt.106 Max Burchartz war seit 1926 Leiter der Fachklasse für Werbegrafik und Fotografie an den Essener Folkwangschulen, und Walter Dexel war Lehrer für Gebrauchsgrafik in Magdeburg sowie freiberuflicher Berater für Reklamegestaltung in Frankfurt.107 Als Ausstellungsleiter im Kunstverein Jena organisierte Dexel Ausstellungen über Typographie, wie „Neue Reklame" 1927 und „Neue Wege der Photographie" 1928.108 Die Publikation „Gefesselter Blick"109 nach der gleichnamigen Ausstellung in Stuttgart gab den Ring-Mitgliedern die Möglichkeit ihre Arbeit als Typographen zu präsentieren. Aufgrund der individuellen Künstlerpersönlichkeiten sind die Beiträge nicht einheitlich gestaltet, insbesondere was die propagierte Kleinschreibung betrifft110 (Abb. 14).
1931 war der Höhepunkt der Aktivitäten des Rings. Eine Kooperation mit der Bauer- schen Schriftgießerei und eine Veröffentlichung wurden durchdacht, indes nicht realisiert.111 Die Amsterdamer Ausstellung 1931 war die letzte öffentliche Ausstellung des Rings. Das politische Klima und die Schwierigkeiten, neue Aufträge zu finden, machten sich immer deutlicher bemerkbar. Der Ring hörte auf, zu existieren, obwohl er nie offiziell aufgelöst wurde.112 Schwitters schrieb an Tschichold: „ Ich glaube, unser Ring besteht nicht mehr, denn kein Mensch antwortet, kein Mensch schickt Material."113 In der Rückschau kann der Ring als reiner Zweckverband von Individualisten gesehen werden. Die Versuche, eine gemeinsame Publikation zu erstellen, scheiterten ebenso wie der Ansatz, ein einheitliches Erscheinungsbild zu entwerfen.
3.2 VORTRÄGE ÜBER GESTALTUNG
Ab 1928, seit der Ring neuer Werbegestalter öffentlich agierte, können wir davon ausgehen, dass Schwitters verstärkt Vorträge über Typographie gehalten haben muss.114 Die Vortragskunst war ein wichtiger Bestandteil seines Kunstschaffens. Die Technik des Vortragens hatte er sich in der Zeit um 1918/1919 angeeignet, als er Privatunterricht bei Rudolf Blümner nahm, und vermutlich den Themen entsprechend modifiziert.115 Seit Anfang der 1920erJahre lud Kurt Schwitters zu MERZ-Abenden ein oder hielt Vorträge über variierende Themen116 (Abb. 15). Um 1928 war die Auseinandersetzung mit der opto-phonetischen Schrift relevant. Seine Vorschläge für die Titel möglicher Vorträge waren: „Neue Schriftprobleme" oder „Die Schrift der Zukunft", oder „Verkehrsschrift".117 Im August 1927 schrieb László Moholy-Nagy, dass Schwitters einen Vortrag am Bauhaus über seine Systemschrift gehalten habe, die er für eine „außerordentlich geistreiche und ernste Arbeit" halte118
In Schwitters' Nachlass befinden sich Dokumente über einen Vortrag mit dem Titel: „Gestaltung in der Typographie". Das Material umfasst ein handschriftliches Manuskript in Gabelsberger Kurzschrift.119 Anhand der Beispiele in den Vorträgen kann der Zeitraum der Vorträge nach 1929 festgelegt werden.120 Es kann als gesichert gelten, dass Schwitters mehrere Vorträge dieser Art gehalten haben muss, da der beträchtliche Kostenaufwand der Dia-Herstellung auf mehrmaligen Gebrauch schließen lässt.121 Im „Klimschen Druckereianzeiger" wurde von einem Lichtbildvortrag Schwitters' über „Gestaltung in Typographie und Schrift" am 11. Juni 1929 berichtet. Ähnliche Vorträge muss er in München, Stuttgart und Karlsruhe gehalten haben.122 In dem Vortrag wies er darauf hin, dass die Neue Typographiekeine Methode sei, sondern eine Gesinnung, die durch Studium des Lebens als Ganzes erlernt werden könne.123 Für Vorträge in Frankfurt und Hannover existieren Vortragsmanuskripte, die jedoch nur Stichworte enthalten, sodass auf seine schriftlichen Äußerungen über Typographie zurückgegriffen werden muss. Anhand der Reihenfolge der Dias kann auf die Argumentation des Künstlers geschlossen werden. In seiner Genealogie der Neuen Typographie sah er ihre Entwicklung von der Malerei ausgehend. Er schuf Querverbindungen von abstrakter Kunst zu Architektur und Typographie.124 Wie Jan Tschichold war Schwitters ebenfalls der Meinung, dass ein Zusammenhang zwischen der modernen Kunst und der Typographie bestehe, sie sich dennoch durch ihren Zweck unterscheiden.125
„Ich möchte durchaus nicht, daß etwa die Typographie oder die Architektur als Anwendung der abstrakten Kunst aufgefaßt würden, denn das sind sie nicht. Man kann nicht eine freie, zwecklose Gestaltung anwenden auf eine Zweckform. Typographie und Architektur sind Parallelerscheinungen mit der abstrakten Kunst."126
Den Anfang des Vortrags bilden abstrakte Kompositionen von befreundeten Künstlern und ihm selbst.127 Es folgen Beispiele neuer Architektur.128 Danach kommen u. a. Fotomontagen, um später Beispiele von Werbung folgen zu lassen, die hauptsächlich von Mitgliedern des Rings neuer Werbegestalter entworfen wurden. Den Übergang von Architektur zur Typographie markieren die Beispiele einer Fassadengestaltung oder Schriftgestaltungen von großflächigen Werbeträgern, wie Walter Dexels „Lichtsäule" oder Robert Michels „Persil-Werbung".129 Zum Schluss zeigt Schwitters Drucksachen der Stadt Hannover, die er mit den Kompositionen von Piet Mondrian vergleicht, und erläutert seine Systemschrift.
1932 formulierte er sein grundsätzliches Interesse an einem Vortrag über Typographie und schlug das Thema „Gestaltung des Gesamtkomplexes der Drucksachen einer Behörde (Hannover) nach System" vor.130 Seit seiner Zeit in Norwegen bemühte er sich um Vorträge, die hingegen im Wesentlichen sein altes Programm zum Inhalt hatten.131 Die 16-seitige Broschüre: „Die neue Gestaltung in der Typographie" bildete die theoretische Grundlage seines Vortrages und wurde vermutlich als Begleitheft für seine Vorträge konzipiert, um sie wie seine MERZ-Hefte auslegen und verkaufen zu können. Das handliche Heftchen mit den Maßen 14,8 x 10,7 cm ist rot und wurde schwarz auf hellem Papier gedruckt sowie einheitlich in der Schrift Futura gesetzt. Die erste Seite listet die einzelnen werblichen Drucksachen auf und ordnet sie in einem Balkendiagramm den Prinzipien der Orientierung und Werbung zu, wobei die gleichlangen roten Balken die tendenzielle Orientierung innerhalb der Prinzipien zeigen. Auf Fortsetzungen angelegt, erscheint am äußeren Rand auf jeder Seite das Buchstabenkürzel F1, da es das erste Heft der Serie <F> ist.132 Schwitters verwendete auf der zweiten und dritten Seite kurze senkrechte Balken, die Begriffen zugeordnet sind und verband sie inhaltlich assoziativ miteinander. Damit wird der Eindruck, eines logischen Systems vermittelt, was auf dem zweiten Blick hingegen nicht als solches nachzuvollziehen ist133
(Abb. 16) (Abb. 17) (Abb. 18) (Abb. 19) (Abb. 20).
Der Künstler erklärt darin, dass Gestaltung die logische, bewusste Gliederung der „TextForm" und der „Bild-Form" darstellt und einem System folgt.134 Das Ziel aller Typographie sei es, „Beziehungen zu schaffen". Dabei unterstütze die „Bild-Form" die „Text-Form, weil die Sprache als Werkzeug unvollkommen sei. Die Ordnung wird durch die Prinzipien der „Orientierung" und der „Werbung" repräsentiert, wobei die Orientierung eine Vielheit voraussetzt und die Werbung die Einheit anstrebt.135 Das Prinzip der Orientierung ist graphisch durch quadratische Elemente gekennzeichnet, die wie in einem Baukastensystem ineinandergreifen und eine ruhige, ausgeglichene Ordnung darstellen. Das Prinzip der Werbung hingegen platziert die typographischen Bausteine in beliebige Formen und Richtungen, sodass ein bewegter Eindruck entsteht, der als „aggressiv-wer- bend" aufgefasst werden kann.136 Die geeignete Schrift für beide Prinzipien ist die Futura, deren Charakter als „konstruktiv, klar, elegant, leicht lesbar und geistreich" bezeichnet wird.137 Die letzte Seite zeigt die Thesen von El Lissitzky138, dem führenden Wegbereiter der Neuen Typographie, auf dessen Thesen sich Schwitters mehrfach bezogen hat.139 Die besprochene Broschüre kann als Manifestation und Ergebnis seines Professionalisierungsprozesses in der typographischen Gestaltung gesehen werden. Anhand seiner Argumentation in den Vorträgen ist allerdings zu erkennen, dass er seine Theorie in der Genealogie der Avantgarde entwickelt hat und sein Schaffen aus der künstlerischen Gestaltung ableitete. Es gilt nun, anhand der typographischen Details zu untersuchen, wie der Prozess verlief.
4 MERZ-TYPOGRAPHIE
Zur typographische Analyse der Eigenproduktionen von Schwitters wurden die MERZHefte und seine „Geometrische Schrift" ausgewählt, die seit 1927 in seinem Werk auftauchte und im Vergleich zu anderen gezeichneten Schriften der Avantgarde zu sehen ist. Die auswählten Arbeiten werden beschrieben, in einen zeitlichen Kontext integriert und den typographischen Regeln der Fachbücher gegenübergestellt. Um die Analyse in Hinblick auf das Werk von Kurt Schwitters nachvollziehen zu können, wird eine allgemeine Einführung in die Grundbegriffe und Ausprägungen der Typographie vorangestellt. Susanne Wehde bezeichnet Typographie in weitem Sinne als „die Gesamtheit visueller Kommunikation mit Schrift als der äußeren Form von Sprache im Druck."140 Zu den Kenntnissen der Typographie gehören sowohl die „Grundlagen der drucktechnischen Schriftvervielfältigung als auch die visuell-formale Gestaltung von Drucksachen". In heutiger Zeit geht es um die „visuelle Gestaltung eines Druckwerks", wobei der „Entwurf der Schrifttypen, ihre Auswahl für die Drucklegung, Bestimmung des Satzspiegels und die Prinzipien der Schriftkomposition" gemeint sind. Ältere Definitionen beziehen sich auf die technisch-handwerklichen Aspekte, wie „Stempelschnitt141, Schriftguss (Herstellung der Lettern), Satz (Herstellung von Druckformen), Einfärben, Abdruck (Herstellung der Druckbögen)".142
Die Grundaufgabe der Typographie, so formuliert es Albert Kapr 1980, ist das Ordnen im Sinne der Aussage. Sie muss den Text so aufbereiten, dass er leicht und schnell erfassbar ist. Das Hervorheben des Wesentlichen, die Auszeichnungen und das Ordnen sind damals wie heute die grundsätzlichen Herausforderungen der Typographie.143 Eine Definition aus dem Jahr 1929 ist dem Buch „Grundregeln der Buchtypographie" von Stanley Morison zu entnehmen:
„Typographie kann umschrieben werden als die Kunst, das Satzmaterial in Übereinstimmung mit einem bestimmten Zweck richtig zu gliedern, also die Typen anzuordnen und die Zwischenräume so zu bestimmen, daß dem Leser das Verständnis des Textes im Höchstmaß erleichtert wird."144
Das typographische Zeichenmaterial lässt sich in zwei Gruppen aufteilen: bildtragende Typen und Blindmaterial. Innerhalb der bildtragenden Typen lassen sich die alphabetischen Lettern und die nichtalphabetischen Drucktypen wie Ideogramme, Ziffern, Satzzeichen, Linien oder Sonderzeichen sowie typographisches Schmuckmaterial unterscheiden.145 Zum Buchschmuck der 1920er Jahre gehören neben Zier-Initialen auch Einzel- bzw. Reihen- und Flächenornamente oder Vignetten aus bildlichem typographischen Schmuck146 (Abb. 21) (Abb.22) (Abb.23).
Als Ornamente werden Schmuckformen jeder Art gesehen.147 Initialen am Anfang der Seite waren damals Standard und können in unverzierte und verzierte unterschieden werden.148 Des Weiteren gibt es Linienornamente, die den Abschluss einer Linie bilden oder in Eck- bzw. Mittelverzierungen übergehen.149 Linien wurden nach Bildformen150, Kegelstärken und Stellung des Bildes am Körper unterschieden. Wenn die zeitgenössischen Lehrbücher von Linien sprechen, sind durchaus ornamentierte Linien gemeint und nicht die geraden, schwarzen Linien der Neuen Typographen.151
Das Weiß einer Drucksache wird durch das Blindmaterial bestimmt, wobei zwischen Binnenflächen und Außenflächen unterschieden wird, die als „Punzen" und „Fleisch" bezeichnet werden. Die unbedruckten Flächen sind Letternkegel, die selbst kein Bild tragen.152 Das nicht druckbare Blindmaterial wurde mit der Zeit differenzierter, was die textgliedernden, kompositorischen Gestaltungspielräume von Typographie erweiterte.153 Der Schriftbestand wird nach Schriftfamilien, Schriftarten und Schriftschnitten unterteilt. Der Schriftschnitt wird nach Schriftstärke, Schriftweite, Schriftlage und Schriftgröße154 eingeordnet und in einer Schriftgarnitur dargestellt.155 Die Schriften selbst werden heute in Schriftgruppen nach der DIN-Regel 16518 eingeteilt und gliedern sich in die Gruppen der Antiqua-Schriften156, Antiqua-Varianten, den Schreibschriften, den Handschriften, gebrochenen Schriften und fremden Schriften.157 Es wird zwischen Brotschriften158 für den Fließtext, Titelschriften für den Titel und Überschriften, Anzeigen- oder Werbeschriften, Akzidenz- und Zierschriften unterschieden, wobei viele Schriften nach den graphischen Künstlern benannt werden.159
Der Handsatz galt 1920 immer noch als ein wichtiger Garant für ein wirklich gutes Buch, weil die Schriftsatzmaschinen nach Maßgabe der Buchdrucker keine befriedigenden Ergebnisse lieferten.160 In typographischen Lehrbüchern wird auf Schriftgrade und ihre typographische Maßeinheit in Punkt oder Cicero Bezug genommen, sowie auf ihre Verwendung, z. B. für Fußnoten oder Lexika.161 Die Arten von Schriften sind nach dem „Charakter", nach dem „Schnitt" und nach der „ Art der Verwendung" zu unterscheiden.162 Die Wahl der Schrift und die Ausführung des Satzes sollte nach Maßgabe der Schriftsetzer keine rein künstlerische Aufgabe sein, sondern anderen Überlegungen folgen, wie dem Charakter der Schrift, ihrer Größe und ihrer satztechnische Behandlung.163 Ihre Zeichenwirkung basiert auf einer konnotativen Codierung typographischer Gestaltungsmerkmale, die eine wichtige Entscheidungsgrundlage zur Wahl einer Schrift bildet, und wird mit entsprechenden Adjektiven versehen.164 Die Semantisierung der Typographie ist vergleichbar mit der der abstrakten Malerei. Schriften werden sinnliche Eigenschaften zugeschrieben, woraus charakterologische Bewertungen abgeleitet werden.165
Die Frage nach dem Verhältnis von sprachlichem Inhalt und typographischer Form, in dem die Schrift durch ihren Charakter und ihre Anmutung dem Inhalt und seiner Funktion entsprechen sollte, galt früher nicht in diesem Maße, weil die Schriftarten und Schriftschnitte geringer ausgeprägt waren. Das änderte sich, als um 1900 der Schriftbestand vervielfältigt wurde.166 Das zentrale Leitprinzip für typographische Erzeugnisse war seit jeher das Lesbarkeitspostulat.167 Das Wortbild bestimmt die Lesbarkeit des Textes, wobei es darum geht, die Letterntypen mit ihren spezifischen Ober- und Unterlängen mit geeigneter Abstandsregelung zwischen den Buchstaben und den Zeilen sowie Absätzen zu bestimmen.168 Das Satzbild ergibt sich aus Papierformat, Satzspiegel und Satzart. Die wichtigste Regel für den Satzspiegel oder Druckspiegel besagt, dass zwei gegenüberliegende Seiten den Eindruck einer Zusammengehörigkeit hervorrufen sollten.169 Eine entscheidende Größe war bis in die 1920er Jahre hinein, der „Goldene Schnitt" und später das Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführte DIN-Format als Proportionssystem170 (Abb. 24).
In den untersuchten Lehrbüchern für Schriftsetzer und Buchdrucker aus den Jahren 1913 bis 1927 sind keine gravierenden Unterschiede in den typographischen Regeln zu entdecken. Das frühe Lehrbuch vertritt eine tendenziell fortschrittliche Auffassung und lässt den Setzern einen gewissen Freiraum, während das spätere Lehrbuch klare Anweisungen gibt, die zu befolgen seien. Die analysierten Lehrbücher beziehen sich zu großen Teilen auf die Anforderungen des Buchdrucks und haben detaillierte Regeln zum Setzen des Titels und der Elemente des Satzspiegels. Zur Gestaltung der Flächen und der Gruppierung der Textblöcke innerhalb des Dokuments werden nur vage Anweisungen gegeben, die nach persönlichen Erfahrungswerten gehandhabt werden können und einen breiten Interpretationsspielraum lassen. Eine Tatsache ist, dass der symmetrische „mittigzentrierte" Satz und die Maxime des „Goldenen Schnitts"171 zum typographischen Standard gehörten. Eine besondere Rolle in der Auseinandersetzung mit der Neuen Typographie sind die Maßgaben von Schönheit, Klarheit und Zweckmäßigkeit, die von beiden Seiten postuliert und unterschiedlich interpretiert wurden.
4.1 EIGENPRODUKTIONEN
In der folgenden Analyse wird es darum gehen, die MERZ-Hefte typographisch zu untersuchen, die Gestaltung in Beziehung zum Inhalt zu betrachten und diese Eindrücke mit den typographischen Regeln der Lehrbücher der Zeit zu konfrontieren. Die mehrsprachigen MERZ-Hefte erschienen in unregelmäßigen Abständen von 1923 bis 1932. Ihre Nummern wurden von 1 bis 24 gezählt und größtenteils von Schwitters gestaltet. Vorher hatte er die zeichnerische Gestaltung der „Silbergäule" im Paul Steegemann Verlag seines Gedichtes „Anna Blume" übernommen. Auch die Publikation seines Freundes Christof Spengemann172, „Memoiren Anna Blumes in Bleie" im Jahre 1 922, wird er vermutlich mitgestaltet haben, weil einige Passagen Ähnlichkeiten mit der Gestaltung der MERZ-Hefte aufweisen. Auch hier wird das Satzgefüge aufgehoben und werden Zeilen schräg oder senkrecht gestellt (Abb. 25).
4.1.1 DADAISTISCHEPHASE
Die Anfänge seiner Herausgeberschaft können als dadaistische Phase bezeichnet werden, weil die ersten MERZ-Hefte in ihrer freien typographischen Gestaltung denen der dadaistischen173 Publikationen ähnelten. Die Hefte 1, 2, 4 und 6 sind im annähernd gleichen Format von 22,2 x 14 cm174 gestaltet und folgen im Titel einer ähnlichen Aufteilung.175 Die Abbildungen bestanden anfangs meist aus Strichätzungen nach Zeichnungen oder Collagen. Später verwendete er auch Photographien als Vorlagen.176 Uber die Auflagenhöhe existieren nur in Einzelfällen gesicherte Informationen (Abb. 26) (Abb.27) (Abb.28) (Abb.29).
Der Zeitschriftenname MERZ ist aus schmalen Buchstaben gestaltet, die balkenartig zusammengesetzt wurden, wobei der mittlere Arm des <E> nach schräg oben versetzt ist und Bogen sowie Bein des Buchstabens <R> wie aus geometrischen Elementen gruppiert wirken.177 Vermutlich hat der Künstler die Buchstaben selbst entwickelt, weil die letzten drei Buchstaben ungewöhnlich schmal laufen. Die Wortmarke178 MERZ wird Schwitters als Klischee179 hergestellt haben, denn sie bleibt bei allen Publikationen in Größe und Ausmaßen gleich. Diese Herangehensweise, Buchstaben zu modifizieren, wird er später mehrfach wiederholen. Uber dem Zeitschriftennamen sind ein Slogan, sowie Inhaltsangaben zu lesen. Die Inhaltsangaben der folgenden MERZ-Umschläge wurden in verschiedenen Grotesk-Schriften, teilweise in Versalien, teilweise gesperrt gesetzt und mit zwei fetten schwarzen Linien hervorgehoben. Links unter dem Zeitschriftennamen taucht die Titelnummer auf, die in zwei Fällen aus dem Typensatz einer Antiqua und bei Heft 4 und 6 aus dem Typensatz einer Grotesk gewählt wurde. Unter der Nummer folgt der Titel der Ausgabe und zusätzliche graphische Elemente werden mit Schriften kombiniert, wobei die ersten Titel in Antiqua, die folgenden in Grotesk gesetzt sind.
MERZ 1 erschien im Januar 1923 und ist Holland-DADA gewidmet. Zu dieser Zeit war Schwitters mit seinem Freund Theo van Doesburg180 und anderen Künstlern in Holland auf einer „Dada-Tournee". Die beiden Künstler kannten sich seit 1921 und gestalteten Dada-Abende zusammen, wobei sie ihre Publikationen in den Pausen verkauften.181 In Deutschland übernahm Schwitters den Vertrieb der Zeitschrift „ De Stijl".182 Gedruckt wurden die ersten beiden MERZ-Hefte in Weimar, wohin van Doesburg seinen Redaktionsitz ab 1921/1922 verlegt hatte. Dort veranstaltete er in seinem Atelier einen „ De Stijl-Kurs", an dem viele spätere Mitglieder des Rings neuer Werbegestalter teilgenommen haben.183
Auf dem Umschlag ist ein schwarzes Quadrat zu sehen, über dem die Bezeichnung „DADA", eingefügt in ein schwarzes Kreuz, die Assoziation einer Windmühle zulässt. Der Herausgebervermerk mit Datum des Erscheinens erscheint in spationierten Versalien neben einer nach oben weisenden, zeigenden Hand184, die in den ersten beiden Ausgaben identisch ist, in den folgenden dagegen ersetzt wurde. Der Schrifttyp bleibt in den folgenden Heften gleich, einzig in Heft 6 erscheint der Name des Herausgebers nicht in Versalien. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die graphische Aufteilung und die Wortmarke MERZ einheitlich sind, die Schriften des Titels und des Inhalts allerdings wechseln (Abb. 26) (Abb.30) (Abb.31).
Im Innenteil des ersten MERZ-Heftes hat der Text einen vordergründig einheitlichen Satzspiegel. Die Zeilenbreite bleibt gleich, nur auf manchen Seiten wird ein Textabschnitt verschoben, oder eine Grafik außerhalb des Satzspiegels platziert. Der Fließtext ist in Antiqua mit ausreichendem Durchschuss gesetzt, wobei einzelne Wörter in schmaler Akzidenz-Grotesk gestaltet sind als die Überschriften, die fast einheitlich in fetter Akzidenz-Grotesk auftreten und teilweise mit breiten Balken korrespondieren.185 In Heft 1 treten jeweils eine fette und normal-geschnittene Antiqua und eine fette und schmale Akzidenz-Grotesk auf, mit variierenden Größen für den Fließtext, eine dritte schmale Grotesk-Schrift für den Schriftzug „PRIJSVRAAG" und differierende Bildüberschriften.186 Als Gestaltungsmittel werden ein schwarzes kleines Quadrat, die Abbildung einer Kuh, fette Balken sowie größere Quadrate und Rechtecke mit Textinhalt genutzt. Die Paginierung ist auf jeder Seite unterschiedlich, die Größe der Buchstaben variiert, der Schrifttyp bliebt dagegen bis auf Seite 2 derselbe.187
In MERZ 2 <i> brachte der Künstler ein pazifistisches „Manifest Proletkunst" heraus, dessen Unterzeichner die Rolle des Künstlers als Erneuerers bekräftigten, der ohne politische Dogmen oder künstlerische Bewertungen auskommt.188 Im April 1923 erschienen stellte es Schwitters' „i-Kunst" vor, der Idee folgend, dass Material und Kunstwerk identisch waren.189 Der Umschlag zeigt den Buchstaben <i>, aus verschieden dicken Balken zusammengesetzt und ein auf ähnliche Weise konstruiertes Segelboot.
Der Satzspiegel wird auf einigen Seiten verbreitert. Die Variation in der Paginierung190 ist ähnlich der des ersten MERZ-Heftes. Im Fließtext sind einzelne Buchstaben in fetter Antiqua oder fetter Grotesk hervorgehoben.191 Als Gestaltungsmittel werden fette und breite Balken genutzt, die auf Seite 19 ein Quadrat optisch markieren. Das „Unsittliche Gedicht" ist um 90 Grad gedreht und in Akzidenz-Grotesk gesetzt. Auf Seite 21 wird rechts neben der Komposition von Theo van Doesburg eine schmale Spalte von 1 7 Anschlägen genutzt.192 Dazwischen sind die Buchstaben <x>, <y>, <z> untereinander platziert, und als unterer Abschluss dient der um 45 Grad gedrehte Schriftzug „Kurt Schwitters" in Versalien mit unterlegtem Balken, auf den eine Hand weist. Diese Seite weist acht Schrifttypen und Schriftschnitte auf (Abb. 27 (Abb.32) (Abb.33). Neben den Balken tauchen häufig die zeigende Hand und auf den weiteren Seiten dünne unterschiedlich lange Pfeile, sowie Objekte auf, die aus geometrischen Figuren zusammengesetzt sind. MERZ 3 ist die „MERZ MAPPE" mit sechs Lithographien „ auf den Stein gemerzt" und wurde zwischen April und Juli 1923 herausgebracht. Sie ist in 50 nicht nummerierten Exemplaren erschienen, hatte die Maße 56,9 x 45,2 cm und bestand aus Einzelblättern193 (Abb. 34) (Abb.35) (Abb.36) (Abb.37). Der Umschlag besteht aus blaugrauem Karton, wie die vorangegangenen MERZ-Hefte. Die Wortmarke MERZ bleibt unverändert und ist wie die gesamten Schriftbereiche, in Schwarz gedruckt. Rechts nach unten versetzt ist die Zahl <3> in der Schrift Block zu sehen und links daneben die Bezeichnung MERZ-MAPPE „Erste Mappe des Merzverlages" mit Adresszeile ebenfalls in der Block in unterschiedlichen Schriftgrößen und Buchstabenabständen. Darunter wurde auf der ganzen Breite ein dickes weißes Papierstück geklebt. Schräg rechts versetzt haftet ein weißes Quadrat und darunter die Bezeichnung des Inhalts „6 Lithos" mit einem geometrisch konstruierten <L>, dessen waagerechter Strich die folgenden vier Buchstaben unterstreicht, die in einer klassizistischen Antiqua gesetzt worden sind. Unter der Zahl <6>, ebenso in klassizistischer Antiqua, erscheint rechtsbündig der Künstlername und die Jahreszahl in Venus-Grotesk. Oberhalb des Quadrates sind eine Biene, ein Schmetterling und schräg darüber ein Herz, von einem Pfeil durchbohrt, zu sehen. Im Innentitel, der einen rosa Fond zeigt, stechen ein rotes Quadrat und ein kleineres Rechteck hervor. Die Schrift der Zahl <6> sowie das <L> bleiben gleich, jedoch ist der Wortteil <ithos> in Block, wobei der Grundstrich des <h> durch eine Unterlänge erweitert wurde. Für den Künstlernamen wurde eine Venus-Grotesk gewählt, wobei der Anfangsbuchstabe des Vornamens als Kleinbuchstabe und das <S> in Versalien, beide in klassizistischer Antiqua gesetzt wurden. Das untere Rechteck zeigt den Schriftzug „ Mappe" wiederum in Block und zwei unterschiedlich breite Linien. Insgesamt sind Schriftmischungen von fünf Schrifttypen und fünfzehn Schriftgrößen zu beobachten, wobei einzelne Buchstaben konstruiert oder verändert wurden.
Die Lithographien sind einfarbig in unterschiedlichen Farben gedruckt und folgen der Idee des Kubismus, wobei der Buchstabe nicht gelesen werden muss, sondern durch seine Flächenwerte wahrgenommen wird.194 Auffallend sind die farblich abgestimmten waagerecht und senkrecht angeordneten Flächenwerte sowie die vereinzelt auftretenden Buchstaben, die als Kompositionselemente dienen.195 Das Material hat der Künstler wahrscheinlich dem Abfall der Druckerei Mölling entnommen.196
„Mollings hatten nämlich einen Abfallkeller. Alles verdruckte Papier der lithographischen Anstalt wurde zu einer Falltür gefegt und fiel ein- bis zweimal am Tage in den besagten Keller. Der Keller war eine Fundgrube für Kurt Schwitters. Wenn er zum Nachhausefahren nicht da war, konnte man ihn sicher in dem Abfallkeller finden. Er kauerte am Boden und sortierte Mengen verdruckter Bogen, halbfertiger Bogen im ersten Zustand des Fünffarbendrucks. Auch der zweite Zustand war noch zu gebrauchen."197
[...]
1 Entsprechend der zeitgenössischen Schreibweise wird der Begriff „Typographie" und „Photographie" mit <ph> geschrieben.
2 Der überwiegende Teil der hier behandelten Personen ist männlich, deshalb wird in dieser Masterarbeit die männliche Form benutzt. Die weiblichen Personen werden explizit genannt. Sollten sie in einer Gruppe unter männlichen Protagonisten genannt werden, ist diese Gruppe mit * markiert.
3 Der Begriff bezeichnet die neue Gestaltungsweise, die Anfang der 1920er Jahre als „elementare Typographie" von der künstlerischen Avantgarde propagiert wurde.
4 Kapr/Schiller 1980, 97. Die serifenlose-Linear-Antiqua, auch Grotesk genannt, entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts für die Werbung.
5 Schwitters 2014, XXI-XXII.
6 Das Schwitters Almanach wurde in 10 Bänden von 1982 bis 1991 herausgegeben.
7 Die Schreibweise „Ring neuer Werbegestalter" wurde dem Logo von Kurt Schwitters aus dem Jahre 1929 entnommen.
8 In dieser Reihe erschien weiterhin eine Darstellung der typographischen Arbeiten des Malers und Grafikers Friedrich Vordemberge-Gildewart.
9 Der Aufsatz erschien im Katalog der Ausstellung „KURT SCHWITTERS. Avant-Garde and Advertising" in der Fundación Juan March in Mallorca.
10 Steffan 2015, 27. Weiterhin bezieht er seine Argumente auf einen Artikel-Entwurf von Gerd Fleischmann aus dem Jahre 2015.
11 Meer 2015, 22.
12 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff „Reklame" aus den zeitgenössischen Quellen teilweise übernommen, gleichwohl eine negative Konnotation zu berücksichtigen ist.
13 Meffert 2001, 12.
14 Schug 2004, 114.
15 Hösel 1920, 299.
16 Stark 1997, 243-244. Schwitters 1924_1,91. Thesen über Typographie 1 „Typographie kann unter Umständen Kunst sein".
17 Schwitters 1928_1, 266.
18 Der Begriff bezeichnet eine Gruppe von Fachleuten, die sich im Bereich der Gebrauchsgrafik und des Buchdruckes und des Reklamewesens bewegten. Ihre Berufsbezeichnungen waren in der Zeit zwischen 1924 bis 1933 noch nicht eindeutig definiert.
19 Bauer 1920, 59. Heilmayer 1915, 71. Ausschließen bewirkt, dass die: Zeile mit einem Wort am Ende abschließt. Dies geschieht, indem die Wortzwischenräume in der ganzen Zeile verändert werden.
20 Kapr/Schiller 1980, 380.
21 Leroy 1997, 279. Das Wort „Manifest" stammt vom italienischen „Manifesto". Es meint zunächst ein Plakat, das selbst der Hand entstammt, die das Plakat hält, um es anzuschlagen oder zu lesen. „Das Manifest agiert also durch seine Gewalttätigkeit wie eine Hand, die den ,öffentlichen Geschmack ohrfeigt'".
22 Kapr/Schiller 1980, 380.
23 Schneider 2011,201.
24 Lailach 2010, 105. Lang 1990, 9.
25 Lailach 2014, 192. Schneider 2011,202-203. Marinettis „Manifesto tecnico della literatura futurista" entstand 1912 und wurde im gleichen Jahr in der Zeitschrift „Der Sturm" gedruckt.
26 Schneider 2011,204.
27 Doesburg 1929, 568.
28 Spencer 1970, 23. „Die Dadaisten protestierten gegen alles Veraltete, Verdummte und Verfaulte, was zum ersten Weltkrieg geführt hatte". Ihre Wegbereiter waren: Hans Arp, Hugo Ball und Tristan Tzara.
29 Lang 1990, 35. Der Konstruktivismus entwickelte sich in Russland. Es wurden Ordnungsprinzipien der Klarheit und Harmonie mit streng geometrischen Strukturen entwickelt. Der Konstruktivismus ist von zwei Stilrichtungen geprägt: dem russischen Konstruktivismus (Kasmir Malewitsch, Alexander Rodtschenko, El Lissitzky) und dem holländischen Neoplastizismus (Piet Mondrian, Theo van Doesburg).
30 Stöppel 2014, 44.
31 Stöppel 2014, 43. In den Naturwissenschaften begann die Zergliederung in kleine Einheiten, bis hin zur Atomisierung. Beispielesind: Charles Darwins Evolutionstheorie, die Entwicklung des Periodensystems in der Chemie und die Spektralanalyse von Helmholtz.
32 Stöppel 2014,42.
33 Stöppel 2014, 89. Porstmann 1920, 32.
34 Schwitters Merz 6, 57. „ Das Wort entstand organisch beim Merzen des Bildes, nicht zufällig, denn beim künstlerischen Werten ist nichts zufälig, was konsequent ist." Fichter 2014, 7. Das Wort „Ausmerze" wurde von den Nationalsozialisten missbraucht. Die heutige negative Konnotation war nicht im Sinne des Künstlers, der „merzen" als kreative Handlung innerhalb seiner Kunstäußerung verstanden hat.
35 Schwitters 1930, 88. „ Aus Sparsamkeit nahm ich dazu was ich fand, denn wir waren ein verarmtes Land. Man kann auch mit Müllabfällen schreien, und das tat ich, indem ich sie zusammenleimte und nagelte."
36 Giedion-Welcker 1956, 287.
37 Franz 2009, 10,11. Schwitters 1923, 11.
38 Fichter 2014, 7.
39 Fichter 2014, 7-8. Schmalenbach 1967, 42. Giedion-Welcker 1956, 278.
40 Schmalenbach 1967, 58. Die MERZ-Abende oder MERZ-Matineen veranstaltete der Künstler in regelmäßigen Abständen von zwei bis vier Wochen in Hannover und anderen Städten.
41 Lang 1990, 54. Hans Richter war Maler, Filmkünstler und Herausgeber der Zeitschrift „G- Material zur elementaren Gestaltung".
42 Richter 1924, 57.
43 Schwitters 2014, 510. Lissitzky-Küppers 1967, 23. Franz 2009, 11.
44 KSA Sprengel Museum. Schwitters, Kurt: Till-Eulenspiegel-Gedicht. Typoskript, Inv. Nr. que 06840349. „Wissen Sie, ich heiße Kurt Schwitters, das ist manchen Leuten, die das nicht greifen können, ein Begriff geworden, so wie Till Eulenspiegel."
45 Giedion-Welcker 1973, 506-507. In dem Brief an Carola Giedion-Welker vom 19.8.1947 schreibt Schwitters, woher die Bezeichnung „Schnauze-Bautze" rühre. Es geht auf das Gedicht von Kurt Schwitters zurück: „Meine süsse Puppe, Mir ist alle schnuppe, Wenn ich meine Schnauze Auf die deine bauze."
46 Steinitz 1963, 115.
47 Vordemberge-Gildewart 1959, 95.
48 Steffan 2015, 27. Sudhalter 2014, 23. Schmalenbach 1967, 186. Elderfield 1985, 31.
49 Siebenbrodt / Schöbe 2009, 18. Im Oktober gab es kommunistische Aufstände in Hamburg, Sachsen und Thüringen. Von der Vring 1965, 265. Die Arbeitslosigkeit wuchs, die Preise verzehnfachten sich im Juli 1923. Fischer/Füssel 2007, 36, 43, 48. Im Oktober 1923 war das Preisniveau 1: 700 Mrd. Ab dem 15. November stabilisierte sich die Mark durch die Einführung der Rentenmark.
50 Nündel 1992, 79. Die Zeitschriften, mit denen Schwitters kooperiert hat, waren: De Stijl, Mecano, Der Sturm, G, MA, L'Aurora, Blok, Ca Ira, S.4 N, Zenit, Le Futurisme, Contimporanul, Proverb, Inicial, Manomètre, Interventions, 7 Arts, Disk, Broom, Uj Kultura, Der Einzige, Frühlicht, Das neue Rußland, The little Review, Lucifer, Die Scheibe, Neue Kultur-Korrespondenz, Noi, Het Overzicht, La Vie des Lettres, die Zone, Der Zweemann, Zwrotnica, Die Premiere.
51 Zu den Künstlerinnen gehörten: Piet Mondrian, Hannah Höch, Hans Arp und El Lissitzky u. v. a.
52 Nündel 1992, 80. Brief von Kurt Schwitters an Otto Rolfs 1924: „Ich schlage vor, den Wert teilweise oder auch ganz in Wirtschaftssachen zu verrechnen".
53 Jaschke 1991, 18. Brief an Olga Schönbeck, 1 7.5.1925. „Merz ist ein Deficit". Nündel 1985, 88. Briefvon Kurt Schwitters an Theo van Doesburg 5.9.1924. „ Sag einmal, wie kann Stijl bestehen? Merz hat immer Defizit. Wie kann man gut drucken ohne Defizit?"
54 Haldenwanger 1990, 20. KSA Sprengel Museum. Brief von Kurt Schwitters an das Finanzamt 10.4.1922. que 068399558, T, 064. „Durch eigenes Versehen, indem ich meinen Umsatz an der Stelle angegeben habe, wo Einkommen angegeben werden mußte, bin ich in meinem Einkommenssteuerbescheid mit ganzem Umsatz versteuert worden."
55 KSA Sprengel Museum. Brief von KS an Unbekannt (Erster Merzabend, Braunschweig)
vor 23.11.1923. Blatt II; Obj ID 26784. Verbleib unbekannt.
56 KSA Sprengel Museum. Teil 2. Obj ID 57583. Brief an Unbekannt. Blatt III. Plakatentwurf 1. Merzabend 1923.
57 Schwitters 1927, 315. Nündel 1985, 127. Brief an Helma Schwitters 14.8.1927. Schwitters schreibt an seine Frau, dass er an einer Schrift arbeite und durch den Besuch der Bauerschen Schriftgießerei viel gelernt hätte. Er benutzt Fachvokabular und gibt die Größen der Schriften in typographischen Maßen an; Doppelcicero = 24 Punkt und Nonpareille = 6 Punkt.
58 Broos 1990, 7. Schelle 1987, 6. Schwitters gestaltete Plakate für die Druckfarbenfabrik Günther Wagner (Pelikan), die Keksfabrik Bahlsen, die Druckereien Hahn und Schröer, die Geschäftsbücherfabrik Edler & Krische u. v. m.
59 Schelle 1987, 36.
60 Schwitters, E 1990, 10. Sein Sohn Ernst Schwitters schreibt, dass er im Alter von 12-14 Jahren Korrekturen gelesen und teilweise Entwürfe gemacht hat. Ernst Schwitters zufolge war das System seines Vaters so logisch und klar und ihm so geläufig, dass er nicht in Gefahr lief „ aus der Reihe zu tanzen". Nündel 1985, 95. In einem Brief an Theo van Doesburg, erwähnt Schwitters, dass er mit Frl. Rösler dessen Texte übersetzen wird. Nündel 1985, 104. Brief an Katherine S. Dreier 16.9.1926. Schwitters berichtet von Margit von Plato, mit der er schon für die Bienert-Werke gearbeitet hat. „indem ich entwerfe und Margit ausführt"
61 Nündel 1992, 92, 98. 1928 gestaltete der Künstler die Kataloge „Zinnoberfestschrift" und die Festschrift zum „Fest der Technik". Nündel 1985, 100-101. Brief an Theo und Nelly van Doesburg 21.1.1926. „ Man muss jetzt hart arbeiten in Deutschland. Ich versuche es mit Reklame [...] Ich brauche viel Zeit für Reklame. Und meine Arbeit nimmt so zu".
62 Meer 2014, 279. Als Akzidenzien werden Drucksachen bezeichnet, die einen geringen Umfang haben und von kurzer Lebensdauer sind. Dies können Prospekte, Broschüren, Briefbögen, Visitenkarten oder Einladungen sein. Heilmayer 1915, 144. „Unter Akzidenz (Zufalls-, Gelegenheits-) Arbeiten werden alle Drucksachen verstanden, die weder zu den Büchern noch zu den Zeitungen zählen. Dazu gehören Gesellschaftsdrucksachen, geschäftliche, behördliche Drucksachen, Reklamedrucksachen, Urkunden und Wertpapiere. “
63 KSA Sprengel Museum. Abgesehen von den ersten MERZ-Heften, die in Weimar gedruckt wurden, vergab er Aufträge an Druckereien in Hannover und Karlsruhe. Die Druckereien in Hannover sind: C.L.Schrader, Dietsch & Brückner, A. Madsack Co (Hann Allgem. Zeitung), A. Molling & Comp, Basse und Geisel, Buchdruckerei H. Osterwald, Buchdruckerei Willy Hahn, Buchdruckerei zur Alten Universität, Willy Hahn, Wüsten & Co, Edler & Krische, Gebrüder Jänicke, Gohmannsche Buchdruckerei, W. & S Löwenthal, Wilhelm Schröer. In Karlsruhe druckte er bei C.F. Müller und A. Braun & Co.
64 Nündel 1992, 92-93. Schelle 1987, 59. Wie umfangreich der Auftrag gewesen ist, kann nicht beurteilt werden. „bisher konnte kein Hinweis auf einen Gestaltungsauftrag in den Karlsruher Archivakten gefunden werden".
65 Behrmann 1926, 388-389. Bei der Tätigkeit des Beraters steht die entwerfende Tätigkeit im Vordergrund. Er schreibt Texte und liefert zeichnerische Entwürfe. Vor allen Dingen liegen die Aufgaben darin, den Werbeplan zu erfüllen, die Werbemittel zu wählen und die Distribution zu organisieren.
66 Vordemberge-Gildewart 1959, 95. Valstar 1987, 199. Sein Gehalt betrug 75 RM im Monat. Die Stadt Hannover hatte sich wie die Städte Karlsruhe und Frankfurt als Vorreiter eines modernen Erscheinungsbildes hervorgetan.
67 Müller-Härlin 2006, 143.
68 Marzona 1985, 28.
69 Schmalenbach 1967, 190.
70 Franzen 1997, 124. Ab 1919 hatte Schwitters zwei Semester Architektur an der Technischen Hochschule Hannover studiert. Lach 1981,95-96. 1922 hat er seinen ersten Artikel zur Architektur unter dem Titel „Schloß und Kathedrale mit Hofbrunnen" geschrieben. Dort fordert er die „merzliche Verwendung von Architektur für neue Gestaltung", indem er für die Vewendung jedes beliebigen Materials plädiert.
71 Schmalenbach 1967, 134. Den Merzbau in Hannover betrachtete Schwitters als sein „ Lebenswerk". Uber Jahre hinweg gestaltete er die Raumplastik, die sukzessive auf weitere Räume ausgedehnt wurde.
72 Franzen 1997, 125.
73 Schwitters 1927_4. Franzen 1997, 128. Im Jahre 1929 erschien zudem ein Artikel mit dem Titel: „Urteile eines Laien über neue Architektur".
74 Nündel 1992, 94. Ludwig 2016, 150. KSA Sprengel Museum. Kurt Schwitters an Sigfried Giedion 27.5.1931 ID 28736 ETH Zürich. „ In einiger Zeit, vielleicht 4 Wochen, kommt ein Buch heraus, das ich erfunden und zusammengestellt habe: [...] Es sollen etwa 40 Bücher für andere Bauaufgaben folgen. Dann fürMöbel usw. Dann kommen Detailzeichnungen und auch normierte Teilzeichnungen selbst. Ich glaube, dass es für Architekten wichtig werden wird . Patente sind überall angemeldet, denn es soll auch in anderen Sprachen herauskommen."
75 Schelle 1987, 55. Rattemeyer 1990_1, 1 70-1 71. Für den CIAM „Les Congres internationaux d'architecture moderne" entwarf Schwitters ein Signet und das Informationsblatt über die Statuten. Das Signet fand auf der Frankfurter Tagung keine Zustimmung.
76 KSA Sprengel Museum. Dazu gehören „Das lose-Blatt-Buch" für die Druckerei Edler und Krische, „Hahn Werbedruck" mit Silberparallelogramm, das Werbeblatt „Weise und Söhne: 6 Punkte bilden die Vorzüge" und diverse städtische Drucksachen.
77 Cardinal/Webster 2011, 139. Schelle 1987, 65. Brief von Helma Schwitters an Bodo Rasch, 5.4.1933. „ die fortschrittlichen Arbeiten meines Mannes müssen bei der augenblicklichen Zeit im Verborgenen blühen. [...] Wir stellen nur noch naturalistische Bilder aus."
78 Giedion-Welcker 1973, 504. Briefvon Kurt Schwitters an Carola Giedion-Welcker 15.1.1930. Er schreibt, dass die erste Besprechung zur Gestaltung der Abteilung B der Bauausstellung Ende Januar erfolgen sollte. Das Vorhaben konnte jedoch nicht realisiert werden.
79 Klemp 2016_1,35. Klemke 1977, 11-13, 16. Tschichold studierte an der Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. Ab 1923 war er typographischer Entwerfer an der Leipziger Buchdruckerei Fischer und Wittig. Burke 2016, 204. Im Juni 1926 fing Tschichold seine Stelle als leitender Tutor für Schriftschreiben und Schriftsatz an der Meisterschule München an. Purvis 2008, 63. Nach dem zweiten Weltkrieg verwarf er die Prinzipien der Neuen Typographie.
80 Cardinal/Webster 2011, 138.
81 Cardinal/Webster 2011, 139.
82 Elderfield 1985, 125. Vordemberge-Gildewart 2013, 10. Herausragende Ausstellungen wurden in der Kestner-Gesellschaft und der Galerie von Garvens realisiert. Giedion-Welcker 1973, 504. Brief von Kurt Schwitters an Carola Giedion-Welcker 15.1.1930. „ Es gab einmal einen Garvens, der ist so gut wie mittellos, es gab einen Walden, der ist so gut wie pleite und auch andere sind schon längst pleite".
83 Schwitters 1930_2, 116.
84 Schwitters / Bergmann-Michel 1988,49. Briefan Robert und Ella Bergmann-Michel, 21.10.1934. „Meine Situation ist nun so, daß ich nach wie vor bei der Stadt die Drucksachen bearbeite. Aber für die Industrie fast nichts mehr zu arbeiten habe."
85 Heine 1990, 92. Die Futura ist eine Grotesk-Schrift, die für alle Drucksachen der Stadt Hannover seit 1929 verwendet wurde.
86 Wehde 2000, 216, Morison 1928, 14. Unter dem Namen Fraktur fallen die gebrochenen Schriften, auch gotische oder deutsche Schriften genannt. Diese haben sich seit dem 16. Jahrhundert aus der gotischen Minuskelschrift des 10. Jahrhunderts entwickelt.
87 Steffan 2015, 32. Hein 1990, 96. Die Aufforderung zur Umstellung auf Fraktur erfolgte am 14. Juni 1933.
88 Freudenthal 1990, 13.
89 Steffen 2015, 27.
90 Nündel 1992, 89-90. Anfangs firmierten sie sich unter dem Namen „radikale Reklamegestalter". Die ersten Treffen fanden auf der Schmelzmühle bei Eppstein im Taunus statt. Dort lebten Robert Michel und Ella Michel-Bergmann, bei denen sich Schwitters in den Folgejahren mehrmals zurückzog.
91 Rattemeyer 1990, 6. Müller-Härlin 2006, 149. KSA Sprengel Museum. Insgesamt sind 14 Rundschreiben im Kurt-Schwitters-Archiv einzusehen. Die Rundschreiben stammen vom Getty Research Institute for the History of Arts and Humanities, Los Angeles.
92 Vordemberge-Gildewart 2013, 11-13, Zieglgänsberger 2013, 19, 23. Der Künstler war Mitglied der „Gruppe K" in Hannover und wurde 1925 in die Gruppe „ De Stijl" als letztes offizielles Mitglied aufgenommen. Seit 1927 und 1928 gehörte er den Gruppen „ die abstrakten Hannover" und dem Ring neuer Werbegestalter an.
93 Burke 2016_2. 211. Trump lehrte an der Kunstgewerbeschule Bielefeld. Nach 1929 war er als Lehrer an der Münchner Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker tätig.
94 Kleine 2008, 114. Breuer 2007, 10. Zeising 2007, 14,17-18. Burchartz 1930, 26. Burchartz lebte nach dem Ende des ersten Weltkriegs in Hannover. Seit 1926 war er Leiter der Fachklasse für Werbegraphik und Photographie an der Essener Handwerker und Kunstgewerbeschule (Folkwangschulen Essen). Er gab seine Tätigkeit als freier Maler auf und gründete später in Bochum das Büro „ Werbe-Bau". 1931 wurde BurchartzMitglied des Werkbundes.
95 Säuberlich 1998, 57. Robert Michel studierte mit Ella Bergmann-Michel an der „Großherzoglich Sächsischen Hochschule für Bildenden Kunst" in Weimar. Seit 1919 arbeiteten sie freischaffend als freie und angewandte Künstler.
96 Spielmann 1989, 37-39. Willi Baumeister war Maler und Gebrauchsgrafiker. Er entwarf 1927 sämtliche Drucksachen für die Stuttgarter Weißenhofsiedlung und gestaltete ab 1930 die Zeitschrift „Das neue Frankfurt".
97 Nündel 1985, 20. Eisele/Naegele 2016, 71. Als promovierter Kunsthistoriker leitete Walter Dexel von 1916 bis 1928 den Jenaer Kunstverein. Der Graphiker und Maler wurde vom Hochbauamt Frankfurt als „Berater für Reklamegestaltung im Stadtbild" berufen. Malsy 1992, 7. Ab Ende 1928 unterrichtete er Gebrauchsgrafik und Kulturgeschichte an der Kunstgewerbe- und Handwerksschule Magdeburg.
98 Valstar 1987, 207. Cesar Domela-Nieuwenhuis betrieb in den 20er Jahren sein „Reklame-Atelier" in Berlin.
99 Kleine 2008, 127. Broos 1990, 7. Im Mai desselben Jahres folgten: Hans Leistikow, Adolf Meyer (Ehrenmitglied) und Paul Schuitema. Piet Zwartwar als erstes Auslandsmitglied seit 1929 dabei.
100 Nündel 1992, 69. Schmalenbach 1967, 52. Schwitters war mit vielen Bauhausmeistern befreundet. Mit Paul Klee und Johannes Molzahn hatte er 1919 im Sturm ausgestellt. In der Reihe der Bauhausbücher wurde ein Schwitters-Band angekündigt, der nicht realisiert wurde.
101 KSA Sprengel Museum. Brief von Kurt Schwitters an den Ring neuerWerbegestalter, Rundschreiben 14.+ 16.6.1928. Rattemeyer 1990, 115. Mitteilung 19, „Sommerfrischenbotschaft". Schwitters schlägt in dem Brief vor, dass Joost Schmidt, der Leiter der Werkstatt für Reklame, Typographie und Schrift am Bauhaus, sich offiziell als Mitglied des Rings anmelden könne.
102 Meer 2015, 270. Insgesamt stellte der Ring neuer Werbegestalter an 22 Orten aus, u.a. in Wiesbaden, Köln, Berlin, Rotterdam, Amsterdam, Lodz und Stockholm.
103 Broos 1990, 8. KSA Sprengel Museum, Rundschreiben vom 24.6.1928. ID 41602. „Dexel und Michel haben beim Neuen Frankfurt erreicht, dass es unser Publikationsorgan werden will und Berichte, Rundschreiben und Ringnachrichten aufnimmt.". N.N. 1928, 74. „Das neue Frankfurt" berichtete über die Gründung des Rings und über die geplante erste Ausstellung in Köln.
104 Lottner 1991,9-10. Müller-Härlin 2006, 151. Es existierten die Wortmarke „NWG" von Georg Trump, die Jan Tschichold in Kleinbuchstaben gestaltete. Später führte Kurt Schwitters einen Kreis mit dem vollen Namen ein.
105 Klemp 2016_1,32. Baumeister trat im Sommersemester 1928 die Stelle von Paul Renner in Frankfurt an.
106 Wichert 1929, 352.
107 Neumann 1963, 36. Valstar 1987, 269. Paul Schuitema und Piet Zwart lehrten zudem ab 1930 an den Akademien in Den Haag und Rotterdam.
108 Vahl 1990, 28-29.
109 Nachtigäller 2014, 98. Gedruckt wurde die hochwertige Broschüre auf dickem, glänzend beschichtetem Papier. Als Blickfang diente die erste Halb-Seite mit einem roten Fond. Das zweifarbig gedruckte Werk war rückseitig mit schwarzem Leinen und vorderseitig mit einem Acrylglas-Deckel gebunden.
110 Nachtigäller 2014, 95. Einige Künstler bevorzugen die Kleinschreibung.
111 Rattemeyer 1990, 129. Mitgliederbrief am Muttertag 1931. Jedes der Mitglieder sollte eine oder mehrere Seiten gestalten. Danach sollten Seiten „ zum Lobe der Futura" folgen.
112 Müller-Härlin 2006, 151.
113 KSA Sprengel Museum, 28.3.31 Postkarte von Kurt Schwitters an Jan Tschichold. Obj ID 31125.
114 KSA Sprengel Museum. KS an Ring Rundschreiben 24. + 10. 1928. ID 41612. „Nun werde ich in absehbarer Zeit selbst mehrere Vorträge über Typographie halten und bitte daher, mir die Fotos bald zu senden."
115 Schwitters 2014, 994. Rudolf Blümner wurde als Rezitator und Schöpfer der expressionistischen Vortragskunst gewürdigt. Schwitters setzte sich mit seiner Kunsttheorie auseinander und nahm Privatunterricht bei ihm, bevor er sich als Vortragskünstler betätigte.
116 Bauhaus-Archiv. Briefvon Schwitters an Gropius. 7.1.25. BHA_GS19_Mp666_01_003r.jpg.
Er erwähnt einen beabsichtigten Märchenvortrag in Weimar.
117 KSA Sprengel Museum. Brief von Kurt Schwitters an Hans und Lily Hildebrandt 27.7.1928. ID 23211. „ Ich sende ihnen gleichzeitig einige Reklamearbeiten mit und bitte Sie dieselben im graphischen Klub bei der nächsten passenden Gelegenheit vorzubeugen, und mir nach Möglichkeit für diesen Herbst einen Abend zu vermitteln. Honorarforderung 100 Mk."
118 Moholy-Nagy 1927, 1538.
119 Schelle 1990; 108, 111. Stark 1987, 7, 10. Das Material umfasste etwa 80 Motive auf 100 Glasdias und drei maschinengeschriebene Listen der Reihenfolgen. Zwei Seiten der maschinell geschriebenen Aufstellung trägt das Datum 9.6.29 und verzeichnet 58 Werke. Das dritte Verzeichnis ist auf den 13.2.30 datiert mit dem Zusatz AAV (Akademischer Architekten-Verein) Hannover.
120 Stark 1987, 10. Die Datierung kann vorgenommen werden, weil sich städtische Drucksachen der Stadt Hannover unter den Beispielen befinden, für die der Künstler erst 1929 angefangen hatte zu arbeiten. Die Bezahlung für Vorträge wird zwischen 90 und 120 Mark betragen haben.
121 Stark 1987, 10. Brief an Christof Spengemann 12.6.1929. Schwitters stellt Spengemann in Aussicht, in Leipzig, München, Stuttgart und Frankfurt gleichwertige Vorträge halten zu können. Schelle 1990, 108-111. Als gesichert gilt, dass der Künstler in Berlin, Stuttgart am 8.11. 1929 vor den Mitgliedern des Graphischen Klubs, am 13. 2 1930 in Hannover vor der Akademischen Architektenverein und am 3. 4.1930 an der Kunstschule Frankfurt Vorträge über Gestaltung gehalten hat.
122 KSA Sprengel Museum. Brief an Sigfried Giedion 18.10.1929. Privatbesitz. ID 32704. „ Am 6.11. halte ich über Gestaltung in Druck und Schrift einen Vortrag in München, mit zahlreichen Lichtbildern, der am 8.11. in Stuttgart und an einem noch unbestimmten Termin in Karlsruhe wiederholt wird. Können Sie mir kurz vorher oder hinterher in Zürich einen gleichen Vortrag verschaffen?" Giedion-Welcker 1973, 504. Kurt Schwitters an Carola Giedion-Welcker 15.1.1930 „ Ich habe jetzt einige Vorträge gehalten in München bei Renner, in Stuttgart und in Holz-minden bei Klopfer."
123 N.N. 1929_1, Inlandsberichte, 1204. Der Vortrag fand im Buchdruckerhaus in Berlin statt.
124 Stark 1987, 13.
125 Kleine 2008, 111. Tschichold 1930, 88. „Der Unterschied zwischen Malerei und Typographie ist also nur, daß in der Malerei die Elemente freier Wahl anheimgestellt sind und das entstehende Gebilde keine praktischen Zwecke verfolgt."
126 Schwitters 1930_2, 116.
127 Schelle 1990, 112-113. Zu den Werken gehören Konstruktionen von László Moholy-Nagy und Bilder Piet Mondrians.
128 Schelle 1990, 112-113. Darunter waren z.B. das Haus Schröder von Gerrit Rietveld oder das Landhaus aus Backstein von Mies van der Rohe.
129 Schelle 1990, 114-115.
130 Stark 1987, 24. Zitat aus einem Brief von Schwitters an Bodo Rasch. 11.8.1932.
131 Giedion-Welcker 1973, 505. Kurt Schwitters an Carola Giedion-Welcker 18.7.1938. Zum Programm gehörte: Auguste Bolte, Memoiren Anna Blumes in Blei oder ausgewählte Grotesken.
132 Schwitters 1930, 16. Auf der letzten Seite erklärt Schwitters, dass noch andere Hefte der Serie <F> folgen werden, die sich mit der Druckgestaltung verschiedener Spezialgebiete befassen werden.
133 Schwitters 1930, 2. Die Zuordnung der Begriffe untereinander kann bestenfalls assoziativ erfasst werden.
134 Schwitters 1930, 3.
135 Schwitters 1930, 4, 8-9.
136 Schwitters 1930, 10-11; 14-15. Als Beispiele für das Prinzip der Orientierung wird der Briefkopf für das Fürsorgeamt Karlsruhe gezeigt. Die Werbung ist durch die Wort-Bildmarke der Firma Weise Söhne und durch ein Plakat für die Ausstellung „Margarete Naumann" repräsentiert.
137 Schwitters 1930, 13. Die Präsentation ist einer Anzeige gleichzusetzen. Das legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um Werbung der Bauerschen Schriftgießerei handelt, welche die Futura herausgebracht hat.
138 Lissitzky-Küppers 1967, 20-21. Kapr/Schiller 1980, 234. El Lissitzky hatte von 1922 bis 1925 in Hannover gelebt und sich mit Typographie befasst, als er an der Zeitschrift „VESC" und dem amerikanischen Magazin „Broom" arbeitete. Eines seiner bedeutendsten Werke war das Märchenbuch der „Geschichte von den zwei Quadraten" von 1920, die er aus elementarem Satzmaterial illustrierte.
139 Schwitters 1930, 4, 16. Die „Topographie der Typographie" von El Lissitzky erwähnt unter Punkt 4, dass die „Gestaltung des Buchraums durch das Material des Satzes nach den Gesetzen dertypographischen Mechanik", den „Zug- und Druckspannungen" des Inhalts entsprechen muss.
140 Wehde 2000, 3. Im printfernen multimedialen Bereich von TV, Video, CD-Rom und EDV wird der Begriff selten angewendet. Hier wird von Graphikdesign gesprochen.
141 Bauer 1920, 303. Stempel ist das in Stahl gravierte Original der Type.
142 Wehde 2000, 3.
143 Kapr/Schiller 1980, 182.
144 Morison 1929, 6.
145 Heilmayer 1915, 6. Wehde 2000, 99-101.
146 Wehde 2000, 102, Heilmayer 1915, 1 79.
147 Heilmayer 1915, 37. Dabei werden körperliche und flächige Ornamente unterschieden, sowie menschlichen, tierischen, vegetabilischen und abstrakten oder geometrischen.
148 Heilmayer 1915, 38. Die verzierten geschlossenen sind in einem quadratischen oder rechteckigen Ornament eingebettet. Das verzierte offene Initial läuft nach außen hin frei aus. Die Größen der Initialen richten sich nach dem Schriftbild.
149 Heilmayer1915, 38-39. Bauer 1920_1,246-249.
150 Heilmayer 1915, 36. Mit Bildformen sind gemeint: Punktierte, feine oder stumpffeine Linien. Sie werden auf den Schriftkegel (der rechteckige Körper des Letters im Bleisatz) bezogen.
151 Kapr/Schiller 1980, 118.
152 Wehde 2000, 103.
153 Wehde 2000, 105-106.
154 Heilmayer 1915, 61. Sie richtet sich nach dem Format des Buches. Eine Zeile sollte 50 bis 60 Buchstaben enthalten, entsprechend sollte die Schriftgröße angepasst werden.
155 Kapr/Schiller 1980, 106. Eine Schriftgarnitur umfasst die Alphabete der Groß- und Kleinbuchstaben, den Ziffern und Punkturen, insgesamt etwa 120 Zeichen. Für jeden Schriftschnitt gibt es eine Garnitur, z.B. für kursiv, halbfett etc. Alle Garnituren eines Schriftcharakters werden Schriftfamilie genannt.
156 Wehde 2000, 216. Antiqua-Schriften werden auch Lateinschriften genannt, weil sie aus den Versalien der antiken lateinischen Steininschriften und den im 10./11. Jahrhundert in Italien entstandenen humanistischen Minuskeln entwickelt wurden.
157 Kapr/Schiller 1980, 97. Die Grotesk gehört zu den Antiqua-Schriften und wird als serifenlose Linear-Antiqua klassifiziert.
158 Kapr/Schiller 1980, 106. Diese Bezeichnung wird fürTextschriften benutzt, weil mit ihnen früher das tägliche Brot verdient wurde. Bauer 1920, 54-55. Der Autor empfiehlt den Druckereien, einen festen Stamm an Brotschriften zu besitzen, und sie nach Bedarf durch Nachguss aufzufrischen. Von Zeit zu Zeit sollte der Bestand durch „gute Neuschöpfungen" erweitert werden.
159 Müller 1927, 87. Bauer 1920_1,45. Heilmayer 1915, 35. Heilmayer schreibt, dass die Künstler seit der Jahrhundertwende „tatkräftig" an der Neugestaltung der Schriften mitgearbeitet hätten.
160 Bauer 1920, 59. Zeh 1922. Die maschinelle Satzherstellung wurde 1884 mit der „ Linotype" realisiert. Später tauchten die Maschinen „Typograph" und „Monoline" auf. Für den Zeitungssatz war die „Linotype" geeigneter, für den Werksatz hingegen wurde der „Typograph" bevorzugt. Kurz vor dem ersten Weltkrieg kamen die „Intertype" und der „Linograph" auf den Markt, die 1922 noch nicht für den deutschen Markt zur Verfügung standen
161 Wehde 2000, 97. Heilmayer 1915, 17. Die verschiedenen Kegelgrößen heißen „Grade". Alle Grade einer bestimmten Schrift wird als „Schriftgarnitur" bezeichnet.
162 Heilmayer 1915, 1 7. Zur Schrift gehören alle Satzzeichen und Ziffern, ebenso Ligaturen (zusammengegossene Typen, wie „ fl", „ ft").
163 Bauer 1920, 51.
164 Wehde 2000, 149. Das Psychogramm einer Schrift kann als warm, mild gegen kühl, frisch oder konservativ, zurückhaltend gegen modern und auffällig u. v. a. gedeutet werden.
165 Wehde 2000, 151. Die sinnlichen Eigenschaften können als stark bewegt oder ruhig bezeichnet werden. Daraus leiten sich die Charakteristiken wie aufgeregt oder ernst ab.
166 Wehde 2000, 145, 148.
167 Wehde 2000, 147.
168 Wehde 2000, 109-111. Kapr/Schiller 1980, 14, 166. Der vergrößerte Abstand zwischen den Zeilen heißt „Durchschuss". Ein weiter Durchschuss fördert die Lesbarkeit und verhindert ein Ablenken der Augen durch die Nachbarzeilen. Bei einem Schriftgrad von 9 bis10 p ist ein Durchschuss von 2 p anzuvisieren, um eine optimale Lesbarkeit zu garantieren.
169 Heilmayer 1915, 39. Müller 1927, 168-170. Dabei sollten die äußeren Ränder breiter sein, als die inneren. Oben sollten die Kolumnen aus optischen Gründen etwas höher stehen
170 Wehde 2000, 111-112. Die Satzart unterscheidet zwischen mittelachsialen Satz, Blocksatz und Flattersatz.
171 Wehde 2000, 114. Der Goldene Schnitt ist eine Proportionsregel, die das Verhältnis einer Strecke regelt, die in zwei ungleiche Teile geteilt ist. Dabei steht die kleine Strecke zur größeren im gleichen Verhältnis wie die größere zur gesamten Strecke. In Zahlen ausgedrückt entspricht das dem Verhältnis 3:5, 5:8 oder 8:13.
172 Nündel 1992, 39. Der langjährige Freund war Werbefachmann und Schriftsteller. Als Werbeleiter und Kunstkritiker gab er zwischen 1919 bis 1920 die Zeitschrift „Der Zweemann" heraus.
173 Herzfelde 1920, 34. Zur Einführung der Ersten Internationalen Dada-Messe Berlin 1920schrieb Herzfelde: „ An sich ist jedes Erzeugnis dadaistisch, das unbeeinflußt, unbekümmert um öffentliche Instanzen und Wertbegriffe hergestellt wird."
174 Rattemeyer 1990_1, 120-123. Die Maße variieren geringfügig: zwischen 22,2 bis 23 cm hoch und 14 bis 14, 7 cm breit.
175 Rattemeyer 1990_1, 120-121. Die Zeitschrift hat 16 Seiten, die mit Drahtheftung zusammengehalten werden. Der Umschlag ist auf graubraunem stärkerem Papier gedruckt und die Innenseiten auf gelblichen dünnen Papier (außer MERZ 4 auf rötlichem dünnen Papier). Die Druckerei von MERZ 1 und 2 wird mit Dietsch & Brückner in Weimar angegeben.
176 Schmalenbach 1967, 188.
177 Es liegt nahe, dass die Schwingung des R-Bogens, wie in dem „Herausgeber-Schriftzug" nicht zu der erwünschten elementaren Wirkung gepasst hat.
178 Böhringer 2008, 385. Eine Wortmarke „basiert auf einem Schriftzug, der oft eigens für die Wortmarke geschaffen wurde. Aber auch Schriften, die für jedermann verfügbar sind, werden für die Wortmarkengestaltung genutzt".
179 Bauer 1920, 288. Klischee ist der plastische Abdruck einer Druckform, die Nachbildung eines Originals.
180 Nündel 1992, 68. Schneider 2011,212-213. Hoffmann 2008, 65. Lang 1990, 42. Theo van Doesburg ist einer der Pseudonyme von Christian Emil Marie Küpper. Er verfasste Dada-Gedichte unter dem Namen I.K.Bonset und benutzte zudem das Pseudonym Aldo Camini. Leering 1990, 26. Giedion-Welcker 1956, 282. Nündel 1992, 68. 1920 verbreitete Doesburg die Ideen des Stijl in Vortragsreisen durch Deutschland. 1922 organisierte er den Kongress von Dadaisten und Konstruktivisten in Weimar, bei dem Kurt Schwitters, El Lissitzky, Laszlo Moholy-Nagy, Max Burchartz u. a. zusammenkamen.
181 Schwitters 2014, 276, 282, 431. Op de Coul 1983. 145-149. In dem Brief von Kurt Schwitters an Doesburg schreibt er über seine Ideen für die geplante Tournee durch Holland „ Wenn wirZeitzum Proben hätten, so könnten wir ja etwas gemeinsam machen, vielleicht einen Sketch in fünf Sprachen, bei dem keiner den anderen versteht."
182 KSA Sprengel Museum. Brief von Kurt Schwitters an Theo van Doesburg 23.09.1925. ID 27348. Schwitters ist für den Vertrieb und Abonnentenwerbung in Deutschland zuständig. „Ich bekomme für den Versand und Einziehen der Abonnentengelder 10 % b./ Versandspesen und alles für Stijl verauslagte sowie Auslagen fürSTijl (Verpackungen, Briefumschläge)."
183 Hoffmann 2008, 65. Rattemeyer 1990_1, 120. Zeising 2007, 16. Im April 1921 soll van Doesburg seinen Wohnsitz nach Weimar verlegt haben und veranstaltete von März bis Juli den Kurs, an dem Max Burchartz, Werner Graeff, Walter Dexel und andere teilnahmen.
184 Leroy 1997, 279. Die zeigende Hand steht für das Manifest, dass wie eine Hand „den öffentlichen Geschmack" ohrfeigt, oder wie es die russischen Futuristen forderten „ zum Faustschlag ausholt".
185 Einzig der Schriftzug „DADA" auf Seite 4 ist in Antiqua gestaltet. Auch die querlaufende Schrift ist eine andere Grotesk-Schrifttype.
186 Manche Bildunterschriften sind fett und unterstrichen, wie auf Seite 1 und manche in Versalien in Grotesk, wie auf Seite 10 oder 13, 14.
187 Die Seitenzahlen sind aus dem Antiqua-Schriftensatz entnommen. Einzig auf Seite 2 wurde eine fette Kursiv-Variante genutzt.
188 Cardinal/Webster 2011, 132. Die Unterzeichner waren: Kurt Schwitters, Hans Arp, Tristan Tzara und Theo von Doesburg.
189 Cardinal/Webster 2011, 134. Spitzenpfeil 1912, 9. Der Buchstabe <i> wurde den Schülern mit der Beschreibung „rauf-runter-rauf und ein Pünktchen drauf" beigebracht, worauf Schwitters Bezug nimmt.
190 Die Merz-Hefte folgen einer fortlaufenden Paginierung.
191 Größtenteils wird das kleine <i> hervorgehoben, aber auch Buchstaben wie das <d>, <h>, <b> oder <f> sowie ganze Wörter wie „ich" oder „ mein".
192 Heilmayer 1915, 61. Eine Zeile sollte 50 bis 60 Buchstaben / Anschläge enthalten, um gut lesbar zu sein.
193 Rattemeyer 1990_1, 122. Aus der Zählung de Mappe als MERZ 3 kann geschlossen werden, dass die Mappe zwischen April und Juli 1923 herausgegeben wurde.
194 Kapr/Schiller 1980, 224.
195 Rattemeyer 1990_1, 122. Die Farben sind: Rot, Braun, Blau, Hellgrau und Dunkelgrau. Der Druckvermerk „A. Mölling" befindet sich auf der Lithographie mit blauen Flächenanteilen.
196 Cardinal/Webster 2011, 134. Schmalenbach 1967, 155. Schwitters hat offenbar frisch gedruckte Papiere benutzt, die er in druckfähigen Zustand auf den Litho-Stein abklatschte, um sie dann wieder auf Papier zu drucken. Eine Arbeitsweise, dievon allen anderen bekannten lithographischen Erzeugnissen abweicht.
197 Steinitz 1963, 71.
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