Gibt es eine Korrelation der Prävalenz von Malaria mit Wirtschaftswachstum?

Schwerpunkt Afrika und Tourismus


Bachelorarbeit, 2019

58 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Abbildungsverzeichnis

2 Tabellenverzeichnis

3 Abkürzungsverzeichnis

4 Einleitung und Motivation

5 Theorie
5.1 Malaria
5.1.1 Definition
5.1.2 Verbreitung in Afrika und Bekämpfung
5.2 Wirtschaftliche Situation in Malarialändern
5.2.1 Vergleich zu malariafreien Ländern
5.2.2 Korrelation mit Tourismus
5.2.3 Geschichtlicher Aspekt
5.2.4 Zur Betrachtung geeignete Länder

6 Armut und Malaria
6.1 Allgemeiner Zusammenhang
6.2 Mikroökonomische Auswirkungen der Malaria

7 Wirtschaftsfaktor Tourismus

8 Quantitative Untersuchung
8.1 Ländervergleich
8.2 Regressionsanalyse

9 Schlussteil/Fazit

10 Literaturverzeichnis

11 Anhang/Datensammlung

1 Abbildungsverzeichnis

Figure 1 Monatliche Anzahl von Malariafällen (2018)

Figure 2 Werbung für malariafreie Safaris

Figure 3 Vergleich Vor-Ort Ausgaben

Figure 4 Entwicklung von Tourismus in Malarialändern

Figure 5 Malariafälle und Touristenankünfte (2005-2015)

Figure 6 Finanzierungsquellen São Tomé und Príncipe zur Bekämpfung der Malaria

Figure 7 Touristenankünfte und Malariarate in São Tomé und Príncipe (2005-2015)

Figure 8 Aufteilung der Touristenankünfte in Afrika auf Gruppe 1, 2 und 3

2 Tabellenverzeichnis

Table 1 BIP pro Kopf Wachstum - vor und nach dem elimieren der Malaria in südeuropäischen Ländern Quelle: The Economic Burden of Malaria/Gallup and Sachs/Seite 90

Table 2 BIP pro Kopf Wachstum- vor und nach dem eliminieren der Malaria in Portugal

Table 3 Regression Stata: Malariarate und BIP pro Kopf auf Touristenankünfte

Table 4 Regression Stata: Logarithmierte Malariainfektionen auf logarithmierte Touristenankünfte

Table 5 Regression Stata Sao Tome und Principe: Malariarate und BIP pro Kopf auf Touristenankünfte. Quelle: Eigene Darstellung

Table 6 Gruppe 1: Malariarate, Fertilitätsrate, Touristenankünfte, BIP pro Kopf, Jugenarbeitslosigkeit und Identitätsnummer

Table 7 Gruppe 2: : Malariarate, Fertilitätsrate, Touristenankünfte, BIP pro Kopf, Jugenarbeitslosigkeit und Identitätsnummer

Table 8 Gruppe 3: : Malariarate, Fertilitätsrate, Touristenankünfte, BIP pro Kopf, Jugenarbeitslosigkeit und Identitätsnummer

Table 9 Regression Stata Afrika: Touristenankünfte, Fertilitätsrateund. BIP pro Kopf auf die Malariarate Quelle: Eigene Darstellung

Table 10 Regression Stata Weltweit: Malariarate auf BIP pro Kopf

Table 11 Regression Stata Weltweit: Malariarate auf Touristenankünfte

3 Abkürzungsverzeichnis

Allgemeine:

HDI: Human Development Index

IRS: Insektizid-Innenraumsprays

BIP: Bruttoinlandsprodukt pro Kopf

DDT: Dichlordiphenyltrichlorethan

Malariarate: Incidence of malaria (per 1000 people at risk)

HIV: Humane Immundefizienz-Virus

Stata Abkürzungen:

Mcl/Mlrc: Anzahl Malariafälle

Malariarate: Incidence of malaria (per 1000 people at risk)

Tourarr/ Trsma: Touristenankünfte

Gdpc: BIP pro Kopf in US$

Gdpcg: BIP pro Kopf Wachstum in Prozent

FR: Fertilitätsrate

Yunemp: Jugendarbeitslosigkeit in Prozent

Idd: Identitätsnummer der Länder

4 Einleitung und Motivation

In dieser Bachelorarbeit werden zwei Themenfelder kombiniert, die selten zusammen betrachtet werden. Auf der einen Seite steht die Volkswirtschaft und auf der anderen die Gesundheit einer Population. Der Einfluss von Infektionskrankheiten auf das Leben der Bevölkerung in den tropischen und subtropischen Ländern der Welt ist enorm. Als europäischer Tourist stellt sich die Frage nach der Prävention auf Reisen. Dies betrifft zum einen die nötigen Impfungen und zum anderen das Malariarisiko.

Touristen sind gegen manche Infektionskrankheiten allein deshalb geschützt, weil sie sich in einem hygienischen Umfeld aufhalten. So ist die Wahrscheinlichkeit, sich als durchschnittlicher Tourist in Epidemiegebieten mit Cholera zu infizieren, sehr gering. Folglich hat der finanzielle Hintergrund einen Einfluss auf den Schutz vor bestimmten Infektionskrankheiten. Andere Erreger hingegen sind mit hygienischen Maßnahmen allein nicht bekämpfbar und sind somit eine Gefahr für jeden Menschen in der Region, unabhängig von der Herkunft und finanziellen Faktoren. Das beste Beispiel für eine solche Infektionskrankheit sind die verschiedenen Plasmodium-Erreger, die die unterschiedlichen Arten von Malaria auslösen können. 219 Millionen Menschen infizierten sich im Jahr 2017 mit einem Malaria-Erreger – die große Mehrheit davon (circa 200 Millionen) auf dem afrikanischen Kontinent. (WHO World Malaria Report 2018) Eine derartige Konzentrierung einer so gefährlichen Krankheit auf einen einzigen Kontinent ist selten und deshalb wird der Fokus dieser Arbeit auf Afrika liegen. Bereits mehrfach wurde untersucht, warum Afrika dem Rest der Welt wirtschaftlich derart unterlegen ist. Von den 47 am wenigsten entwickelten Ländern gemäß Human Development Index (HDI) liegen 33 auf dem afrikanischen Kontinent. Unter den sehr hoch entwickelten Ländern befindet sich kein einziges afrikanisches Land (Human Development Data 1990-2017).1 Als Ursachen dafür wurden bereits viele Faktoren untersucht. Es wurden wirtschaftliche, politische, soziologische und historische Faktoren berücksichtigt. Die Frage, inwieweit bestimmte Krankheiten wie Malaria die Entwicklung eines Landes hemmen, kam unter den anderen Faktoren oft zu kurz.

Aus diesem Grund wird in dieser Bachelorarbeit untersucht werden, inwieweit eine Korrelation zwischen der Prävalenz von Malaria und Wirtschaftswachstum besteht.

Da dies eine relativ große Fragestellung ist, wird auf einen Wirtschaftszweig näher eingegangen.

Ein Wirtschaftszweig, der einerseits für ärmere Länder in den Tropen und Subtropen von Bedeutung ist und anderseits abhängig vom gesundheitlichen Risiko im Land ist, ist die Tourismusbranche. Folglich wird der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Tourismusbranche liegen.

5 Theorie

5.1 Malaria

5.1.1 Definition

Malaria ist eine Infektionskrankheit, die vor allem in den Tropen und Subtropen aller Kontinente mit Ausnahme von Australien vorkommt. 40% der Weltbevölkerung leben in Malaria-Endemiegebieten (WHO World Malaria Report 2018). Die weibliche Anopheles-Mücke fungiert als Vektor und überträgt durch ihren blutsaugenden Stich den jeweiligen Plasmodium-Parasiten. In Einzelfällen ist auch eine Übertragung durch Bluttransfusionen von einer Mutter an ihr Ungeborenes und durch benutzte Spritzen möglich. Von den rund 200 Plasmodium-Arten können fünf Erkrankungen beim Menschen hervorrufen.

Die weltweit verbreitetste und auch gefährlichste Art ist das Plasmodium falciparum, das die bekannte Malaria tropica auslöst und in jedem Malariagebiet existiert. Plasmodium vivax und Plasmodium ovale hingegen lösen die Malaria tertiana aus (Fieberschübe am ersten und dritten Tag). Ersteres kommt vor allem in Nordafrika, im Nahen Osten sowie in Pakistan, Indien, Nepal, Sri Lanka und Mittelamerikavor, während Letzteres vor allem in Westafrika auftritt.

Plasmodium malariae löst die Malaria quartana aus (Fieberschübe am ersten und vierten Tag) und ist die seltenste Form der Malaria-Erreger. Plasmodium knowlesi löst hingegen nur selten eine Erkrankung beim Menschen aus.

Die Parasiten gelangen über den Speichel der Mücke in die Blutbahn, wo sich der Erreger Richtung Leber fortbewegt. In den Leberzellen vermehren sich die Parasiten. Danach werden die Erythrozyten infiziert und die ersten messbaren klinischen Symptome treten auf.

Die Plasmodien vivax, ovale und malariae gehören zu den benignen (gutartigen) Formen der Malaria und befallen rund 2% der roten Blutkörperchen. Im Vergleich dazu werden bei der Malaria tropica 60% der Erythrozyten infiziert. Die Parasiten vermehren sich in diesen, bis sie zerplatzen, und befallen dann neue rote Blutkörperchen. Daraus folgt die Malariaerkrankung. Die Symptome beginnen mit einem allgemeinen Krankheitsgefühl, woran sich Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen anschließen, und auch Durchfall, Übelkeit und Erbrechen sind möglich. Die gutartigen Plasmodien können theoretisch auch von allein heilen. Dennoch ist eine medikamentöse Behandlung immer empfehlenswert, da auch Organschäden möglich sind, die in bestimmten Fällen zum Tod führen können. Die Malaria tropica verläuft in zwei von zehn Fällen unbehandelt tödlich. Eine frühzeitige medikamentöse Behandlung kann einen schweren Verlauf oft verhindern und eine schnelle Genesung sicherstellen. Während die Malaria tropica schnell erste Symptome hervorruft (nach 7–15 Tagen) und akut verläuft, treten bei Malaria tertiana und quartana die Symptome erst nach einer längeren Zeit auf (12–18 Tage bzw. 18–40 Tage), sind milder und bestehen im Normalfall aus drei bis zwanzig Fieberanfällen, die selbst noch Jahrzehnte später auftreten können (Netdoktor Malaria, 2018).2

5.1.2 Verbreitung in Afrika und Bekämpfung

Der schnelle Blick ins Internet scheint zu zeigen, dass der komplette afrikanische Kontinent malariaverseucht ist und nur der äußerste Norden sowie der äußerste Süden malariafrei sind. Doch so einfach ist es nicht. Nach Jeffrey Sachs ist vor allem die ‚First Nature Geography‘ dafür verantwortlich, dass bestimme Gebiete Malaria aufweisen und andere nicht. Andere Wissenschaftler machen vor allem die ‚Second Nature Geography‘ dafür verantwortlich. Für beide Thesen gibt es aussagekräftige Beispiele.

So hat die Verbreitung von Malaria vor allem mit den Umweltbedingungen zu tun. Gebiete über 1500m sind tendenziell malariafrei, da sie kühler sind. Die Ansteckungsgefahr sinkt, wenn die Temperatur unter 18 Grad fällt (Sachs and Malaney,2002 S.1). Großstädte wie Nairobi und Addis Abeba sind somit malariafreie Gebiete. Allgemein fällt auf, dass bei Ländern, die malariafreie Gebiete besitzen, auch die größten Städte in diesen Gebieten liegen. Dies ist nicht nur in Kenia und Äthiopien erkennbar, sondern zum Beispiel auch in Simbabwe. Die beiden größten Städte des Landes – Harare und Bulawayo – liegen beide im Hochland von Simbabwe und sind die ökonomischen Zentren des Landes. Der HDI berechnet einen Wert von 0,649 für Bulawayo und einen Wert von 0,622 für Harare. Im Vergleich zum HDI-Wert von 0,525 für das gesamte Land liegen beide Städte deutlich über diesem Wert.3 Darüber hinaus wurden beide Städte von europäischen Siedlern gegründet, für die eine malariaarme Region von besonderer Bedeutung war, da sie keinerlei Immunität gegen Malaria besaßen.(Acemoglu, 2002)

Das zeigt, dass die ‚First Nature Geography‘ die ‚Second Nature Geography‘ dahingehend beeinflusst, dass die Menschen ihre Siedlungen dementsprechend im Hochland aufgebaut haben. Zwar sind die Gründe dafür vielfältig, aber ein Zusammenhang mit dem niedrigen Malariarisiko kann dennoch gegeben sein. Durch die Höhenlage ist das Klima in den Gebieten kühler, was vor allem in den tropischen Regionen von vielen Menschen bevorzugt wird.

Ein weiterer Faktor ist die Jahreszeit. Das Malariarisiko variiert stark – abhängig davon, ob Regenzeit oder Trockenzeit ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Figure 1 Monatliche Anzahl von Malariafällen (2018)

Quelle: Malaria Surveillance Bullentin, National Malaria Cotrol Programmme Issue 5 July 2018

Figure 1 zeigt, wie unterschiedlich das Malariarisiko in den verschiedenen Monaten eines Jahres ist. Die große Trockenzeit in Tansania geht zum Beispiel von August bis Oktober. Wie in der Abbildung zu sehen ist, sind dies auch die Monate mit dem geringsten Malariarisiko.

Allerdings sind nicht nur die Umweltbedingungen ausschlaggebend dafür, ob Malaria in einer Region vorhanden ist oder nicht, sondern auch die ‚Second Nature Geography‘. Dieser bedeutende Faktor beschreibt die allgemeine Entwicklung der Region durch den Menschen in Bezug auf die Institutionen, die Lage der Siedlungen und die Infrastruktur. Die Institutionen können das Malariarisiko mittels verschiedener Maßnahmen drastisch senken. Zu diesen gehören das Verteilen von Moskitonetzen, das Beseitigen von Wasseransammlungen und der Einsatz von Insektizid-Innenraumsprays (IRS). Am häufigsten werden Pyrethroideals IRS genutzt. Allerdings werden die Mücken immer unempfindlicher gegen Pyrethroide und folglich sinkt der Erfolg dieser Maßnahme Stück für Stück.

Im Vergleich dazu ist Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) deutlich effektiver, aber aufgrund seiner hormonähnlichen und krebsfördernden Wirkung in den meisten westlichen Ländern bereits seit längerem verboten. Allerdings bedenken Wissenschaftler, dass der Einsatz von DDT je nach Fall in Anbetracht des erwarteten Nutzens zu erwägen ist, und sprechen sich deshalb nicht gegen ein vollständiges Verbot aus (HelenPearson, 2006).

Diese verschiedenen Maßnahmen haben dazu geführt und führen dazu, dass Länder wie Mauritius, Singapur und die Seychellen heute malariafrei sind und bleiben.

5.2 Wirtschaftliche Situation in Malarialändern

Malaria betrifft vor allem Länder zwischen dem nördlichen und südlichen Wendekreis.

Knapp die Hälfte aller weltweiten Malariafälle im Jahr 2017 traten in nur fünf Staaten auf. Dazu gehören Nigeria (25%), die Demokratische Republik Kongo (11%), Mosambik (5%), Indien (4 %) und Uganda (4%) (WHO World Malaria Report 2018). Alle genannten Länder außer Indien sind vollständige Malariagebiete, bis auf punktuelle Ausnahmen im Hochland. 12% der indischen Bevölkerung leben in Landesteilen mit einem hohen Malariarisiko (> 1 Fall pro 1000 Einwohner), während 81% in Gebieten mit niedrigem Malariarisiko (< 1 Fall pro 1000 Einwohner) und 7% in malariafreien Regionen leben (WHO, 2017). In der Provinz Odisha in Indien leben zwar nur 3% der indischen Bevölkerung, dennoch ist die Region für rund 27% der Malariafälle im Land verantwortlich (2013) (Pradhan, 2016). Vom Entwicklungsstand (HDI) her hat Odisha einen Wert von 0,597 und somit den 32. niedrigsten Wert von allen 36 Bundesstaaten (Global Data Lab)4. Dies unterstützt die Erkenntnisse aus Simbabwe, Äthiopien und Kenia, wo die ökonomischen Zentren des Landes allesamt in den malariafreien Gebieten liegen.

Es ist also anzunehmen, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Provinz mit dem jeweiligen Malariarisiko korreliert ist.

5.2.1 Vergleich zu malariafreien Ländern

Im Gegensatz zu den Malarialändern befinden sich die malariafreien Länder hauptsächlich nördlich des nördlichen Wendekreises und südlich des südlichen Wendekreises. In diesen Regionen befindet sich der Großteil der G20-Staaten und der OECD-Staaten.

So haben von den G20-Staaten nur Brasilien, Mexiko, Indien und Indonesien Malariagebiete.

Dabei ist aber zu beachten, dass die Malariagebiete in Indien, wie bereits beschrieben, zu den ärmsten Provinzen des Landes gehören. In Mexiko sind Malariaepidemien selten geworden und in den meisten Landesteilen herrscht nur ein geringes Malariarisiko. In Brasilien sind alle wirtschaftlichen Zentren, die sich außerhalb des Amazonasbeckens befinden, wie z.B. Rio de Janeiro oder Sao Paulo, malariafrei. In Indonesien wiederum ist die Provinz mit dem höchsten Malariarisiko Irian Jaya (West-Neuguinea) (WHO Malaria Länderreport Indonesien) .

Auch hier zeigt der Blick auf das provinzielle HDI-Niveau, dass Irian Jaya mit einem Wert von 0,595 am wenigsten entwickelt ist, was dem Entwicklungsniveau des Landes Ghana (0,592) entspricht. Im Vergleich dazu hat die Hauptstadtprovinz einen Wert von 0,771, was vergleichbar mit Mexiko (0,774) ist (Worldbank Data 2017).5

Um den wirtschaftlichen Erfolg von Ländern mit Malariagebieten mit denen malariafreier Länder zu vergleichen, gibt es viele unterschiedliche Herangehensweisen. Beispielsweise könnte das BIP-Wachstum herangezogen werden. Wird das durchschnittliche Wachstum aller komplett malariafreien Länder (131 Staaten) berechnet, so ergibt sich ein Wert von 2,727% für das Jahr 2017. Wird hingegen das durchschnittliche Wachstum der 86 Länder mit Malariarisiko berechnet, so resultiert daraus ein höherer Wert von 3,398%.6

Folglich könnte schlussgefolgert werden, dass die Wirtschaft in Ländern mit Malariarisiko stärker floriert als in malariafreien Ländern. Allerdings muss beachtet werden, dass die meisten Malarialänder Entwicklungsländer sind, die deutlich unkomplizierter ein hohes Wirtschaftswachstum erzielen können als entwickelte Staaten. Das liegt zum Beispiel an dem viel höheren Bevölkerungswachstum der Entwicklungsländer. Folglich eignet sich das BIP-Wachstum nicht, um die beiden Ländergruppen miteinander zu vergleichen. Um das verzerrende Bevölkerungswachstum zu eliminieren, wäre es vorteilhafter, das Pro-Kopf-Wachstum des BIP zu betrachten.

Das Solow-Modell zeigt aber auch, dass Entwicklungsländer schneller aufholen als Industriestaaten wachsen. In der Praxis kann das klassische Solow-Modell allerdings nicht die internationalen Einkommensunterschiede zwischen den Industriestaaten und der Dritten Welt erklären, wenn das Kapital als reines Sachkapital betrachtet wird(Gundlach, 2002). Sachkapital kann vergleichsweise einfach zwischen Ländern verschoben werden und so einen Aufholvorgang einleiten. Wird hingegen nicht nur das Sachkapital, sondern auch das Humankapital betrachtet, so ist erkennbar, dass der Aufholprozess komplizierter ist als gedacht. Investitionen in Humankapital rechnen sich nicht von heute auf morgen und somit werden Erträge aus den Investitionen, z.B. in Form von höheren Löhnen, erst nach einer Weile sichtbar. Wenn das Entwicklungsland ein Malarialand ist, wirkt sich das Malariarisiko negativ auf das Humankapital aus, was Investitionen in das Humankapital erschwert. Folglich verlangsamt das Malariarisiko den Aufholprozess der betroffenen Entwicklungsländer. Wie groß die Auswirkungen der Malaria auf das Humankapital sind wird in 6.2 detaillierter besprochen. Hinzu kommt, dass Humankapital sich nicht so einfach verschieben lässt wie Sachkapital. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Entwicklungsländer gab, die wirtschaftlich schnell aufgeholt haben. So hat sich das BIP von Südkorea beispielsweise zwischen 1997 und 2017 fast verdreifacht (Weltbank Datenbank). Das geschah aber erst nachdem die Malaria erfolgreich bekämpft worden war.

5.2.2 Korrelation mit Tourismus

Bei einer Google-Suche nach einem beliebigen tropischen Land erscheint unter den Suchvorschlägen schnell der Begriff ‚Malaria‘. In bekannten Reiseforen wie TripAdvisor erkunden sich viele Touristen über das jeweilige Malariarisiko. Die Angst vor Malaria ist allgegenwärtig und so entscheiden sich viele Touristen bevorzugt für ein malariafreies Land.

Wer zum Beispiel eine Safari machen möchte, muss sich zwangsläufig dem Thema Malaria stellen. Reiseagenturen werben deshalb auch gerne für Safaris in malariafreien Parks in Südafrika, Botswana oder Namibia (z.B. Travelbutlers).7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Figure 2 Werbung für malariafreie Safaris

Quelle: https://www.travelbutlers.com/south-africa/safari/malaria-free/

Allein die Tatsache, dass Reiseagenturen mit dem malariafreien Status Werbung machen, zeigt, wie bedeutend dieses Thema für viele Touristen ist. Vor allem Familien mit kleinen Kindern, schwangere Frauen und ältere Menschen bevorzugen malariafreie Gebiete, da die Nebenwirkungen der vorhandenen prophylaktischen Medikamente teils sehr stark sein können. Dieses Risiko wollen vor allem Eltern bei ihren Kindern nicht eingehen. Schwangere Frauen hingegen machen sich Sorgen um die Auswirkungen auf die Schwangerschaft und ältere Menschen haben vor allem Angst vor den Nebenwirkungen, da sie diese oft schlechter vertragen als jüngere Menschen. So können die Medikamente zum Beispiel Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerzen, Hautausschlag, Depressionen oder Schlafprobleme verursachen. Außerdem kann die Anzahl der roten Blutkörperchen im Blut sinken, was vor allem für ältere Menschen problematisch ist, da diese in vielen Fällen bereits einen niedrigeren Hämoglobinwert besitzen (Anämie).8

Der Tourismusmarkt zeigt also deutlich, dass es eine Nachfrage nach Reisen in malariafreie Gebiete gibt und dass Letztere einen Vorteil gegenüber Regionen mit Malaria bieten. Wie groß dieser Vorteil ist, wird sich noch zeigen.

5.2.3 Geschichtlicher Aspekt

Wenn das Thema Malaria aufkommt, denken die meisten Menschen direkt an Afrika und die tropischen Regionen. Schnell wird vergessen, dass Malaria auch im 20. Jahrhundert in Südeuropa einst ein Problem dargestellt hat.

Das Wort Malaria stammt von den beiden italienischen Begriffen mal und aria ab, die zusammengesetzt übersetzt ‚schlechte Luft‘ bedeuten. Die Verbindung zwischen Malariaerkrankungen und dem Erreger, der durch Mücken übertragen wird, war nicht immer klar. Die Ursache der Erkrankungen wurde in der verunreinigten Luft bei Sümpfen gesehen, die als Brutstätte für den Erreger dienten. Aus diesem Grund wurde die Krankheit auch oft ‚Sumpffieber‘ genannt. Schon im antiken römischen Reich gab es Gebiete, die aufgrund des hohes Malariarisikos komplett unbewohnt waren. Vor allem das Gebiet um die Pontinischen Sümpfe südöstlich von Rom war für sein hohes Malariarisiko bekannt. Das wussten nicht nur die Römer, sondern auch die Feinde, die das Gebiet aufgrund der Gefahr großzügig mieden. Wer es wie der Westgotenkönig Alarich versuchte das Gebiet zu durchqueren, infizierte sich oft auf dem Weg nach Rom mit Malaria und starb kurze Zeit später daran. In gewisser Weise kann also festgestellt werden, dass die Malaria im Umland von Rom die Stadt vor Feinden geschützt hat.

Auch im Mittelalter waren viele Gebiete Europas malariaverseucht. „So verstarben höchstwahrscheinlich vier deutsche Päpste zwischen 1046 und 1057 nacheinander an Malaria“ (Maier-Bode, 2018).

Malaria war aber kein rein südeuropäisches Problem, sondern kam in vielen Teilen Europas vor. So hatte selbst die Niederlande bis ins 18. Jahrhundert Gebiete mit Malariarisiko. In Deutschland kam es vereinzelt zu Malariaepidemien, in deren Rahmen sich zum Beispiel auch Friedrich Schiller infizierte. Da die Sümpfe als Quelle des Erregers gesehen wurden, wurden diese trockengelegt. Dies führte dazu, dass die Mückenanzahl sank und somit auch das Malariarisiko.

Der Militärarzt Alphonse Laveran entdeckte 1880 bei einem verstorbenen Malariapatienten die kleinen Parasiten im Blut. Den Zusammenhang mit der Mücke stellte der Arzt Ronald Ross her, wofür er 1902 den Nobelpreis bekam (Maier-Bode, 2018).

Durch die massive Bekämpfung der Anopheles-Vektoren ist es gelungen, Europa komplett malariafrei zu machen. In Griechenland, Spanien und Italien begann der Kampf gegen Malaria in den 1930er Jahren.

Das am stärksten betroffene Land in Europa war Griechenland, wo es im 19. und 20. Jahrhundert mehrere Malariaepidemien gab. Gebiete wie die Marathon­-Region, die eigentlich sehr fruchtbar sind und somit eine reichhaltige Lebensgrundlage bieten, waren aufgrund des hohen Malariarisikos unbewohnt.

In Südeuropa hat der Einsatz von DDT fulminante Ergebnisse erzielt. So wurden aus ein bis zwei Millionen Infektionen in den 1930er Jahren 5000 Fälle im Jahr 1951.

Italien meldete zum Vergleich über 300 000 Fälle und etwa 20 000 Tote pro Jahr in den 30er Jahren. Während Plasmodium falciparum schon in den 1940er ausgerottet wurde, war die Bekämpfung von Plasmodium vivax und Plasmodium malariae langwieriger.

(Gallup and Sachs 2001)

Mit den verfügbaren Daten haben Gallup und Sachs berechnet, inwieweit die Ausmerzung der Krankheit einen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung hatte.

Table 1 BIP pro Kopf Wachstum - vor und nach dem elimieren der Malaria in südeuropäischen Ländern Quelle: The Economic Burden of Malaria/Gallup and Sachs/Seite 90

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Ergebnis zeigt Tabelle 1. Es ist erkennbar, dass in allen drei Staaten Europas, in denen die Malaria am stärksten verbreitet war, das jährliche Wirtschaftswachstum im Durchschnitt niedriger war als in der Phase nach der Malaria-Ausrottung. Außerdem waren die Zuwächse deutlich größer als in Westeuropa zur selben Zeit.

Table 2 BIP pro Kopf Wachstum- vor und nach dem eliminieren der Malaria in Portugal

Quelle: The Economic Burden of Malaria/Gallup and Sachs/Seite 90

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein weiteres Beispiel ist Portugal, wo in den 1940er Jahren jedes Jahr über 100 000 Übertragungen stattfanden. Es dauerte bis zum Jahr 1958, die Malaria in Portugal zu besiegen. Das durchschnittliche Wachstum lag im Zeitraum vor der Malaria-Elimination (1953–1958) bei 3% und danach bei 5,3% (1958–1963) pro Jahr.

[...]


1 http://hdr.undp.org/en/data

2 https://www.netdoktor.de/krankheiten/malaria/

3 Subnational Human Development Index [Datensatz]. (o.D.). Abgerufen 01. Juni, 2019, von https://globaldatalab.org/shdi/s

4 https://globaldatalab.org/shdi/

5 http://hdr.undp.org/en/data

6 Siehe Datenverzeichnis

7 https://www.travelbutlers.com/south-africa/safari/malaria-free/

8 Packungsbeilage: Atovaquon/Proguanilhydrochlorid Glenmark 250 mg /100 mg Filmtabletten Atovaquon/Proguanilhydrochlorid

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Details

Titel
Gibt es eine Korrelation der Prävalenz von Malaria mit Wirtschaftswachstum?
Untertitel
Schwerpunkt Afrika und Tourismus
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Autor
Jahr
2019
Seiten
58
Katalognummer
V514719
ISBN (eBook)
9783346120885
ISBN (Buch)
9783346120892
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Malaria, Wirtschaftswachstum, Afrika Tourismus, Gesundheit
Arbeit zitieren
Carl Busch (Autor:in), 2019, Gibt es eine Korrelation der Prävalenz von Malaria mit Wirtschaftswachstum?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/514719

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