Urs Widmers "IM KONGO" - ein exotischer Roman?


Trabajo, 2003

16 Páginas, Calificación: gut, 2,0


Extracto


Inhalt

1. Einleitung

2. Was ist ein exotischer Roman?

3. Der Wald als literarischer Raum

4. Das Spiel mit der Leseerwartung

5. „Im Kongo“ als Konstrukt
5.1 inhaltliche Spiegelungen
5.2 strukturelle Parallelen

6. Schlussbemerkung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Urs Widmers 1996 erschienener Roman „Im Kongo“ ist eine Meisterleistung, mit der es dem „Schweizer Weltautor“[1], wie er in der Zeitung „Welt“ genannt wird, gelungen ist, sich in die Nachfolge von Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt zu stellen. Widmer begibt sich mit diesem Werk, wie seine Vorgänger es bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert getan haben, in die nationalsozialistische Vergangenheit. Allerdings geht Widmer noch einen Schritt weiter und greift ein bisher in der Literatur wenig behandeltes Thema, vielleicht sogar ein Tabuthema, auf: Die Rolle seiner Heimat während der Zeit des Nationalsozialismus. Der Schweizer zeichnet ein Bild, in dem Schuld, Ahnungslosigkeit und Geheimnisse vor einem exotischen Hintergrund eng miteinander verflochten werden. Zwei Zeitebenen, die Schweiz der neunziger Jahre und die des NS-Regimes, werden vernetzt und ergeben ein postmodernes Werk, das sowohl in der Schweiz sowie im „Herzen der Finsternis“, im afrikanischen Urwald, spielt.

Die vorliegende Hausarbeit mit dem Thema „Im Kongo – ein exotischer Roman?“ beschäftigt sich zunächst mit der Eingrenzung und Definition des Begriffs „exotischer Roman“. Danach wird gezeigt, in wieweit Urs Widmer den Wald als literarischen Raum konstruiert und mit dem Leser und dessen spezifischer Erwartung an den Text spielt. Hierbei werden die klassischen Klischees der Westeuropäer über das exotische Afrika aufgegriffen und dargestellt. Im letzten Teil der Arbeit wird der Konstruktcharakter des Romans anhand von inhaltlichen Spiegelungen und Parallelen dargelegt. Abschließend wird versucht, mögliche Interpretationen noch einmal darzustellen und die in dem Titel gestellte Frage unter Berücksichtigung der vorher herausgearbeiteten Erkenntnisse zu beantworten.

2. Was ist ein exotischer Roman?

Der Begriff „Exotismus“ beschreibt die Sehnsucht der Europäer nach „Glück in entlegenen Paradiesen und unbeschädigter Idylle“[2]. Das griechische Wort „exotikos“, von dem sich der Begriff ableitet, bedeutet „ausländisch“ und „fremdartig“[3].

In der Literatur entwickelten sich seit dem Barock mit seinen heroisch-galanten Romanen und der deutschen Romantik ein immer stärker werdendes Interesse an den Kolonien. Besonders in der Romantik begannen sich die Menschen immer mehr für den Orient zu interessieren, was zahlreiche Indienstudien belegen. Ein weiteres gutes Beispiel für das wachsende Interesse an fremdländischer Kunst und Kultur ist die Pariser Weltausstellung von 1889.

Die deutschen Wurzeln des Exotismus sind jedoch nicht nur literarisch, sondern auch politisch: Ins junge Deutschland, zwischen Revolutionen und Restauration, trat der exotische Roman als eine Verkörperung der damaligen Gesellschaftsflucht[4] ein . Beispiele hierfür sind die literarischen Werke von Karl May und Hermann Hesse. Auch im Vormärz lassen sich bereits Anklänge des exotischen Romans erkennen , in historischen Romanen, sozialen Zeitromanen und Orientierungsbüchern für Auswanderer. Die Funktionen der damaligen exotischen Romane und Texte sind sehr unterschiedlich: Sie reichen von der Idealisierung des „edlen Wilden“ in der Literatur des 16. Jahrhunderts, der sein natürlich-naives Dasein in einer der eigenen Kultur entgegengestellten, idealisierten Natur fristet bis hin zur klischeehaften Darstellung impressionistischer Naturschilderungen zur Anregung der Leserfantasie[5]. Gemeinsam haben alle Werke die gesellschafts- und kulturkritische Stimmung[6] der aus dem Überdruss an der europäischen Kultur resultiert[7].

Bis heute hat sich am literarischen Exotismus nicht viel geändert: Immer noch werden „fremdartige Landschaften, Kulturen und Sitten“[8] beschrieben in teilweise bemüht realistischer Weise, teils aber auch mit bewusst oder unbewusst aufgegriffenen Klischees. Namen, Orte und Ausdrücke klingen fremdländisch. Doch das Bemühen um rührende Naivität, das besonders gegen Ende der idealistischen Strömung so bezeichnend war, hat nachgelassen. Vielmehr bemühen sich die Autoren heutiger historischer Romane, keinen „kolonialen“ Blickwinkel in ihren Werken einzunehmen. Das heißt, sie versuchen, Klischees und Vorurteile zu umgehen. Doch gelingt ihnen das nicht immer, was auch nicht verwundert, da der Schatten des Kolonialismus immer noch nicht ganz verblasst ist und sowohl in Europa als auch in den ehemaligen Kolonien weiterbesteht. Eine Folge davon ist, dass das Unvermögen beider einstmals in den Kolonialismus verwickelter Parteien ihre Vergangenheit so darzustellen, wie sie war, ohne dabei auf gängige Stereotypen zurückzugreifen weiterbesteht.

3. Der Wald als literarischer Raum

Das Waldmotiv ist zentral in Urs Widmers Roman. Bereits in den ersten Seiten des Romans wird der Züricher Wald als Kindheitsparadies beschrieben und auch als „ewiger Wald“[9], der umherirrende Kinder in Bäume verwandelt. In diesem Wald ist der junge Kuno „Häuptling“[10], hier kann er sich in einen Giganten verwandeln (vgl. Widmer 10) und die Waldbewohner, Gnome und Zwerge, bringen ihm Geschenke dar. Diese fantastischen Geschehnisse im Züricher Wald, die dem Leser zunächst wie eine Eskapade der kindlichen Vorstellungskraft vorkommt, werden gegen Ende des Buches, als Kuno nach Afrika geht, Realität. Hier wird er zum „Held(en)“[11]. Es handelt sich bei diesem Romananfang also um einen Anfang klassischer Art, bei dem die Geschehnisse indirekt vorweggenommen werden.

Doch Kunos fantastischer Wald der Kindheit schrumpft bald zusammen, verliert an Dimension und Anziehungskraft, je älter er wird. Kuno ist nicht mehr länger „Held“ und „Häuptling“[12]. Vielmehr beschwert sich der alternde Krankenpfleger darüber, dass er kein Schicksal habe: „Ich habe nie etwas erlebt, und ich werde nie etwas erleben“[13]. In wieweit Kuno mit dem Schicksal seiner Mitmenschen verbunden ist, erfährt er erst viel später.

Widmer spielt mit dem Waldmotiv. Er benutzt es um einen exotischen Raum darzustellen: Hier gelten andere Gesetze, denn Raum und Zeitdimensionen werden außer Kraft gesetzt[14]:

[...]


[1] Widmer, Urs: Im Kongo. Zürich 1996, Klappentext.

[2] Buck, Theo und Steinbach, Dietrich (Hrsg.): Literaturwissenschaft – Gesellschaftswissenschaft. Materialien und Untersuchungen zur Literatursoziologie. Stuttgart 1975, S. 5.

[3] Wilpert, Gero von (Hrsg.): Sachwörterbuch der Literatur. 5. verbesserte und erweiterte Auflage. Stuttgart 1969, S. 244f.

[4] Buck, Theo und Steinbach, Dietrich (Hrsg.): Literaturwissenschaft – Gesellschaftswissenschaft. Materialien und Untersuchungen zur Literatursoziologie. Stuttgart 1975, S. 6f.

[5] Schweikle, Günther und Irmgard (Hrsg.): Metzler Literaturlexikon. Begriffe und Definitionen. 2. Auflage. Stuttgart 1990, S. 144.

[6] Wilpert, Gero von (Hrsg.): Sachwörterbuch der Literatur. 5. verbesserte und erweiterte Auflage. Stuttgart 1969, S. 244f.

[7] Vgl. Habicht, Werner (Hrsg:): Der Literaturbrockhaus. Mannheim 1988, S. 636.

[8] Schweikle, Günther und Irmgard (Hrsg.): Metzler Literaturlexikon. Begriffe und Definitionen. 2. Auflage. Stuttgart 1990, S. 144.

[9] Widmer, Urs: Im Kongo. Zürich 1996, S. 10.

[10] AaO.

[11] Ebd. S. 1.

[12] Ebd. S. 10f.

[13] Ebd. S. 16.

[14] Vgl. Förster, Nikolaus: Die Wiederkehr des Erzählens: deutschsprachige Prosa der 80er und 90er. Darmstadt 1999, S. 77.

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
Urs Widmers "IM KONGO" - ein exotischer Roman?
Universidad
University College Dublin
Calificación
gut, 2,0
Autor
Año
2003
Páginas
16
No. de catálogo
V51479
ISBN (Ebook)
9783638474375
ISBN (Libro)
9783656797418
Tamaño de fichero
472 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Widmers, KONGO, Roman
Citar trabajo
Kristina Müller (Autor), 2003, Urs Widmers "IM KONGO" - ein exotischer Roman?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51479

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