Zunächst sollen mit einer begrifflichen Analyse die unterschiedlichen Formen und Ursachen der Staatenlosigkeit spezifiziert werden, um dann zu Arendts Begriff der Staatenlosigkeit zu kommen und ihn von dem Begriff der Minderheiten abzugrenzen. Im zweiten Kapitels soll anschließend das Phänomen der Staatenlosigkeit als ein Produkt einer nationalstaatlich organisierten Welt betrachtet werden.
Staaten bilden die institutionellen und gesetzlichen Strukturen eines begrenzten geografischen Territoriums. Gleichzeitig sind sie politische Gemeinschaften, die durch die Nation als Ideologie, die Individuen durch eine gemeinsame Geschichte, Sprache und Tradition verbindet, zusammengehalten werden. Der Nationalstaat als souveräne Machtinstanz hat das Recht, Grenzen zu überwachen und zu kontrollieren und durch Ein- und Ausreisebestimmungen, Einbürgerungs- und Migrationspolitik über die Auswahl der Mitglieder seiner Nation zu entscheiden. Dabei verleiht die Kategorie der Staatsbürgerschaft Menschen den Status als legale Personen und Zugehörige einer politischen Gemeinschaft. Individuen, denen dieser Status von Geburt an fehlt, sind absolut staatenlos, während die Aberkennung, der Entzug oder der Verlust zur relativen Staatenlosigkeit führt.
Staatenlosen fehlt der Zugang zu grundlegenden Menschenrechten, wie dem Recht auf politische Partizipation, Freiheit, Sicherheit und Selbstbestimmung. Damit befinden sich Staatenlose in einem rechtfreien Raum, am Rande, oder, wie Arendt argumentierte, gar außerhalb der Gesellschaft. Der Zugang zum legalen Arbeitsmarkt, zum Bildungs- und Gesundheitswesen,
sowie das Recht auf politische Teilhabe und freie Bewegung innerhalb und außerhalb von Grenzen, um nur einige Aspekte zu nennen, ist für Staatenlose stark eingeschränkt oder nicht gegeben. Denn diese Rechte setzen die Zugehörigkeit zu einem Staatswesen voraus, welche erst durch den Besitz von Identifikationsdokumenten, wie der Geburtsurkunde, einem Ausweis oder Reisepass als legal anerkannt wird. Dass dieses Recht für viele Menschen auch heute noch eine Forderung bleibt,
zeigen die realen Lebensbedingungen der Millionen Staatenlosen, die offiziell in keinem Land als Staatsangehörige anerkannt sind. Damit zeugen Staatenlose von einem Konflikt zwischen der Einhaltung universeller, internationaler Menschenrechte und der Wahrung staatlicher Souveränität, unter welcher Rechte in Form von partikularen Bürgerrechten vergeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Begriff der Staatenlosigkeit
- Staatsangehörigkeit vs. Staatsbürgerschaft
- De jure und de facto Staatenlosigkeit
- Staatenlosigkeit im 20. Jahrhundert
- Staatenlose und Minderheiten
- Das Dilemma der Menschenrechte im Konzept des Nationalstaats
- Das Recht, Rechte zu haben
- Völkerrecht, Staatsrecht, Menschenrechte
- Die In- und Exklusionspraktiken des Nationalstaats
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Hannah Arendts Begriff der Staatenlosigkeit im Kontext des 20. Jahrhunderts. Das Ziel ist es, die Entstehung und Bedeutung dieser Problematik im Spannungsfeld zwischen nationalstaatlicher Organisation und universellen Menschenrechten zu beleuchten.
- Die historische und rechtliche Entwicklung der Staatenlosigkeit
- Die Auswirkungen der Staatenlosigkeit auf die Menschenrechte
- Die Rolle des Nationalstaates in der Produktion und Reproduktion von Staatenlosigkeit
- Die Kritik an der Diskrepanz zwischen der Proklamation universeller Menschenrechte und der Realität der Staatenlosen
- Die Verbindung zwischen Staatenlosigkeit und dem Konzept der Minderheiten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Begriff der Staatenlosigkeit im Kontext des Nationalstaates vor und erläutert die Problematik der fehlenden Zugehörigkeit zu einem Staat.
Das zweite Kapitel analysiert den Begriff der Staatenlosigkeit und differenziert zwischen Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerschaft. Es behandelt verschiedene Formen und Ursachen der Staatenlosigkeit, darunter die Aberkennung oder der Entzug der Staatsbürgerschaft sowie die fehlende Registrierung bei der Geburt.
Schlüsselwörter
Staatenlosigkeit, Nationalstaat, Menschenrechte, Staatsbürgerschaft, Staatsangehörigkeit, Minderheiten, Hannah Arendt, Exklusion, Inklusion, Recht auf Rechte.
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- Anonym (Author), 2019, Der Begriff der Staatenlosigkeit nach Hannah Arendt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/516528