Erziehung wozu? Pädagogische Perspektiven im Werk Theodor W. Adornos


Texte Universitaire, 2019

22 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung: Erziehung – wozu?

2. Erziehung zur Mündigkeit

3. Erziehung zwischen Anpassung und Widerstand

4. Die Förderung der Erfahrungsfähigkeit

5. Schlussbetrachtung: Zur pädagogischen Nichtrezeption Adornos

6. Bibliographie

1. Einleitung: Erziehung – wozu?

Theodor W. Adorno gilt als einer der facettenreichsten, zugleich allerdings auch umstrittensten Denker des 20. Jahrhunderts. Mit seiner schonungslosen Kritik an den restaurativen Tendenzen der spätkapitalistischen Gesellschaft1 avancierte er nicht nur zum wichtigsten Theoretiker der Neuen Linken und der gesamten 68er-Generation, sondern aufgrund der hohen Resonanz, die seine Schriften vor allem unter Studenten fanden, wird er zudem auch als einer der wichtigsten Inspiratoren der studentischen Protestbewegung betrachtet.2 Während das umfangreiche Oeuvre Adornos jedoch vor allem in seinen geschichtsphilosophischen, erkenntnistheoretischen, musik- und literatursoziologischen, ästhetischen sowie gesellschaftskritischen Dimensionen bis in die Gegenwart nicht an Aktualität eingebüßt hat,3 sind gerade seine pädagogischen Ausführungen und Stellungnahmen bislang weitgehend unberücksichtigt geblieben.4 Ein bedeutsamer Grund für die Ausblendung pädagogischer Perspektiven liegt zwar durchaus darin, dass dieser Bereich seines Schaffen nur als peripher begriffen wurde,5 die eigentliche Ursache für die weitgehende „Nichtrezeption Adornos in der Pädagogik“6 besteht jedoch darin, dass in seinem Werk positive Perspektiven und praxisrelevante Handlungsoptionen vermisst werden.7 Denn Adorno steht in der Gegenwartsphilosophie wie kaum ein anderer für die bewusste Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Negativität: Er gilt als ein Prophet des Negativen und repräsentiert geradezu die Antithese des am Positiven ausgerichteten pädagogischen Blicks.8 Für die meisten Pädagogen schien Adornos Denken daher, wenn überhaupt, nur im Rahmen derjenigen Aspekte relevant, die letztlich doch noch einer positiven Wendung unterzogen werden konnten.9 Dieser selektive und instrumentelle Umgang mit Adorno in der Pädagogik verdeutlicht daher Thomas Fritzsche zufolge auch nicht nur nahezu modellhaft, wie unzureichend Pädagogen negative Denkformen erfassen und wie verständnislos sie oft mit ihnen umgehen,10 sondern widerspricht nicht zuletzt auch dem eigentlichen Impuls der Kritischen Theorie, nämlich falsche Harmonisierungen dort zu suggerieren, wo Widersprüche und Paradoxien in ihrer ganzen Radikalität auszuhalten sind.11 Er spricht deshalb auch von einem „Unverhältnis der Pädagogik zur Negativität“12 und kritisiert sowohl die eigentümliche, durch die Ausblendung von Gewalt und Leid erzeugte Lebensferne eines zur erzieherischen Norm erhobenen Positivismus wie auch das eng damit verbundene Abdrängen negativer Phänomene in die Bereiche der Sonder- und Konfliktpädagogik.13 Nicht nur wird das Positive Fritzsche zufolge umso eindringlicher beschworen, „je weniger es faktisch erkennbar ist“14, sondern die geradezu „unübersehbare Anhäufung von emphatischen Formeln und Begriffen, idyllisierenden Bildern und Vervollkommungsphantasien“15 bewirke durch ihre Diskrepanz zur Realität letztlich nicht viel weniger als „die gesellschaftliche Sprachlosigkeit, ja Bedeutungslosigkeit“16 der gesamten Disziplin.17

Gleichwohl wäre es ebenfalls unangemessen, Adorno nun in umgekehrter Absicht umstandslos für das Feld der Erziehungswissenschaften vereinnahmen zu wollen, da er seine pädagogischen Ausführungen weder systematisch ausformuliert noch gar als eigene Bildungstheorie deklariert hat.18 Seine pädagogischen Implikationen ziehen sich vielmehr durch das gesamte Werk und werden zum Teil auch in jenen Schriften deutlich, die sich nicht primär mit den Fragen von Erziehung und Bildung beschäftigen.19 Aus diesem Grund wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch nicht der Versuch einer kritischen Rekonstruktion der Auseinandersetzung Adornos mit pädagogischen Fragen und Problemen genommen. Stattdessen steht das 1966 im Hessischen Rundfunk ausgestrahlte, mit dem deutschen Bildungsforscher und Politiker Hellmut Becker geführte Gespräch Erziehung – wozu? 20 im Zentrum der Untersuchung, auf dessen Basis nach den Grundgedanken und den grundlegenden Zielen einer von Adorno proklamierten „Erziehung zur Mündigkeit“21 gefragt wird.22 Denn mit der hier bewusst offen formulierten Leitfrage ihres Gesprächs zielten Adorno und Becker nicht darauf ab, in grundsätzlicher Weise zu hinterfragen, ob Erziehung überhaupt noch nötig sei, sondern kritisch zu diskutieren, wohin Erziehung führen soll. Es wurde somit nach dem grundlegenden Ziel von Erziehung „in einem sehr prinzipiellen Sinn“23 gefragt. Das erscheint notwendig, da sowohl Adorno wie auch Becker konstatieren, dass die Begriffe Erziehung und Bildung in ihrer Gegenwart problematisch geworden seien und sich ihr Zweck nicht mehr von selbst verstehe.24 Gleichwohl wäre es ihnen zufolge allerdings ebenso verfehlt, die auf diese Weise entstandene Leerstelle von außen, etwa durch die Beschwörung neuer Leitbilder zu füllen.25 Denn gerade für Adorno erschöpft sich Erziehung weder in bloßer Wissensvermittlung noch ist sie als „Menschenformung“26 zu begreifen, weil man ihm zufolge nicht nur kein Recht hat, von außen her Menschen zu formen, sondern weil dies auch in einem eklatanten Widerspruch zur kantischen Idee eines autonomen und mündigen Menschen steht.27 Er verweist deshalb in der Nachfolge von Kant auf die zentrale Bedeutung einer um das Subjekt zentrierten Erziehung zur Mündigkeit, auf die letztlich jedes pädagogische Denken und Handeln unbedingt bezogen sein muss – eine Intention, die bis heute als eine zentrale Herausforderung bildungstheoretischer Reflexion und erzieherischen Handelns zu begreifen ist.28

2. Erziehung zur Mündigkeit

Der zentrale Ausgangspunkt von Adornos Überlegungen ist Immanuel Kants aus dem Jahre 1784 stammende Abhandlung Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?, in welcher sich Mündigkeit implizit aus dessen Definition von Unmündigkeit ergibt:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“29

Dieser Appell an Mündigkeit und Aufklärung erscheint Adorno gerade vor dem Hintergrund der Zerstörung der Demokratie im Dritten Reich und den nationalsozialistischen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg von außerordentlicher Aktualität,30 wobei er zwar einerseits betont, dass das Problem der Mündigkeit kein spezifisch deutsches, sondern ein internationales Problem ist, das weit über die Grenzen der politischen Systeme hinausreicht,31 eine Erziehung zur Mündigkeit für ihn jedoch andererseits primär in der Herstellung eines kritischen Bewusstseins besteht, das zugleich auch eminent politische Bedeutung hat.32 Denn da eine funktionierende Demokratie auf der Willensbildung eines jeden Einzelnen beruht, ist ihre Verwirklichung für Adorno nur in einer „Gesellschaft von Mündigen“33 denkbar, weshalb Erziehung die Menschen sowohl zur kritischen Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen wie auch zu einer selbstständigen und bewussten Entscheidungsfindung befähigen muss, die er zugleich auch als Quellen des Erkenntnisgewinns betrachtet.34 Erziehung zu Aufklärung und Mündigkeit ist damit für Adorno gleichbedeutend mit politischer Aufklärungsarbeit, die durch Bewusstmachung und kritischer Realitätsprüfung, aber auch durch die Verbreitung politischer Bildung die Ursachen und Zusammenhänge gesellschaftspolitischer Geschehnisse offenlegen und durch die Förderung eines demokratischen Bewusstseins langfristig zum Erhalt des Friedens beitragen soll.35 Denn ihm zufolge wird das System der politischen Demokratie in Deutschland zwar durchaus als ein funktionierendes System betrachtet, das Prosperität gestattet und fördert, die Demokratie hat sich allerdings nicht derart „eingebürgert, daß sie die Menschen wirklich als ihre eigene Sache erfahren, sich selbst als Subjekte der politischen Prozesse wissen. Sie wird als ein System unter anderen empfunden, […] nicht aber als identisch mit dem Volk selber, als Ausdruck seiner Mündigkeit.“36 Der Einzelne soll folglich nicht nur befähigt werden, die Stärken der Demokratie kraft seines Verstandes zu erkennen, zu wahren und zu fördern, sondern auch, ihren Schwächen und Problemen mit Aufmerksamkeit zu begegnen, negativen Tendenzen Einhalt zu gebieten sowie an möglichen Lösungsansätzen zu arbeiten.37

Damit ist allerdings nicht nur ein auf die Zukunft ausgerichtetes, sensibles Gespür für aktuelle Geschehnisse und Entwicklungen gemeint, sondern eine Erziehung zur Mündigkeit impliziert für Adorno notwendigerweise immer auch eine kritische Aufarbeitung der Vergangenheit, da er die Geschichte der Menschheit primär als eine Verstrickung in verborgene Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen begreift, die auch aus der Vergangenheit nachwirken.38 In seinen soziologischen und gesellschaftspolitischen Schriften widmet er sich dabei vor allem der Ära des Dritten Reiches, wobei er angesichts des mangelnden Bewusstseins historischer Kontinuität betont, dass „das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie“39 und das Scheitern einer angemessenen Aufarbeitung der Vergangenheit vor allem daraus resultieren, dass „die objektiven gesellschaftlichen Voraussetzungen fortbestehen, die den Faschismus zeitigten“40 und damit eine fortgesetzte gesellschaftliche „Schwächung des Ichs“41 bewirken. Denn die „ökonomische Ordnung und, nach ihrem Modell, weithin auch die ökonomische Organisation verhält nach wie vor die Majorität zur Abhängigkeit von Gegebenheiten, über die sie nichts vermag, und zur Unmündigkeit.“42 Den Menschen bleibt somit oft nichts anderes übrig, als sich den Gegebenheiten anzupassen und zu fügen, wenn sie in der Gesellschaft überleben wollen. Sie müssen eben jene autonome Subjektivität zurückstellen, an welche die Idee der Demokratie appelliert, und können sich paradoxerweise nur dann selbst erhalten, wenn sie auf ihr Selbst verzichten.43 Adorno spricht in diesem Kontext auch von der „Verdunkelung des Bewußtseins durch das Bestehende“44 oder dem „Verblendungszusammenhang“45, an dessen Erkenntnis der Mensch einerseits durch die Praktiken der Einrichtung des Lebens, andererseits aber auch durch das totalitäre Prinzip einer „aufgeblähte[n] Kulturindustrie“46 gehindert wird, die den Zwang zur Anpassung und damit zur Identifikation mit dem Bestehenden selbst (re-)produziert.47 Dieser ist letztlich unabhängig von der konkreten historischen Ausgestaltung der jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Machtkonzentration gegeben und wächst mit der Zahl der „funktionierenden“ Teilhaber. Adorno nimmt aus diesem Grund stets eine äußerst kritische Haltung gegenüber allen Formen kollektiver Zusammenschlüsse ein, da diese auf konsequente Weise die Ich-Schwäche und damit die Unmündigkeit des Menschen befördern: „Menschen, die blind in Kollektive sich einordnen, machen sich selber schon zu etwas wie Material, löschen sich als selbst bestimmte Wesen aus.“48

Unter Bezugnahme auf Kant konzentriert sich Adornos Konzept einer Erziehung zu Aufklärung und Mündigkeit, die zugleich auch als eine Erziehung zum Frieden verstanden werden kann, vor allem darauf, die Fähigkeit zu kritischer Reflexion, zu Selbstbestimmung und größtmöglicher Autonomie zu fördern, um der „Besinnungslosigkeit“49 der Gesellschaft entgegenzuarbeiten und Widerstand gegen all jene Ordnungen und etablierten Machtstrukturen zu ermöglichen, die die Unmündigkeit des Menschen befördern und das Inhumane und Barbarische heraufbeschwören. Das mündige und autonome Subjekt, das sich den widerstreitenden gesellschaftlichen Faktoren stellt und sich der Liquidierung des Individuums durch einen anonymen gesellschaftlichen Apparat widersetzt, ist das Hauptziel des pädagogischen Anliegens von Adorno und für ihn zugleich auch die „einzig wahrhafte Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz“.50 Die wichtigste Aufgabe und zugleich die „vordringlichste Frage aller Erziehung“51 liegt für ihn deshalb in der Entbarbarisierung, die er allerdings nicht nur auf die psychologische Disposition der Menschen bezieht,52 sondern auch auf die sie wesentlich ermöglichenden, objektiven Grundfaktoren, die in den gesellschaftlichen Systemen selbst liegen.53 Unter Barbarei versteht Adorno dabei nicht nur „das Äußerste: wahnhaftes Vorurteil, Unterdrückung, Völkermord und Folter“54, sondern auch „etwas ganz Einfaches, daß nämlich im Zustand der höchstentwickelten technischen Zivilisation die Menschen […] in ihrer überwältigenden Mehrheit nicht die Formung erfahren haben, die dem Begriff der Zivilisation entspricht“55 und dass sie darüber hinaus noch erfüllt sind von einem „primitiven […] Destruktionstrieb, der noch das Seine dazu beiträgt, die Gefahr zu steigern, daß diese ganze Zivilisation, wozu sie von sich aus schon tendiert, in die Luft geht.“56 Der Prozess der Entbarbarisierung schafft daher die elementare Grundvoraussetzung sowohl für das Überleben des einzelnen Menschen wie auch der gesamten Menschheit. Auch wenn an dieser Stelle nicht auf die psychologischen Ursachen der von Adorno kritisierten Barbarisierung eingegangen werden kann,57 so sei erwähnt, dass er auch in diesem Kontext nachdrücklich für eine „Wendung aufs Subjekt“58 plädiert, weil dadurch, dass die strukturellen Voraussetzungen barbarischer Ereignisse nur schwer zu verändern sind, alle Versuche, einer Wiederholung des Prinzips von Auschwitz entgegenzuarbeiten, notwendig auf die subjektive Seite abgedrängt werden.59 Entbarbarisierung impliziert dabei selbstverständlich vor allem die Abkehr von allen Formen physischer Gewalt, sie umfasst aber auch die Schaffung eines Bewusstseins für die subjektiven Mechanismen von Gewalterzeugung sowie die Aufklärung über die destruktiven Mechanismen der Gesellschaft, denen sich der Mensch als autonomes und mündiges Subjekt mit gestärktem Selbstbewusstsein entgegenstellen muss.60 Denn neben subjektiven Faktoren sieht Adorno eine weitere Ursache der Barbarei in einem Phänomen, das er als „das Scheitern der Kultur“61 bezeichnet; nämlich die Teilung von körperlicher und geistiger Arbeit sowie die „Klaustrophobie der Menschheit“62 in einer im Namen der Ordnung bis ins Absurde verwalteten Welt, die als immer weiter zurichtende und alles beherrschende Kulturindustrie ein Gefühl der Ausweglosigkeit evoziert und dadurch zugleich ein enormes irrationales Gewaltpotential gegen die Errungenschaften der modernen Zivilisation in sich birgt.63 Darin spiegelt sich nicht zuletzt auch eine radikale, von Adorno und Horkheimer in der Dialektik der Aufklärung ausgearbeitete Aufklärungskritik,64 die auf der Feststellung basiert, dass die Wirklichkeit in Widerspruch zum ursprünglichen Anspruch der Aufklärung und diese dadurch in ihr Gegenteil verkehrt worden sei.65 Für den vorliegenden Kontext ist diese Aufklärungskritik insofern bedeutsam, als dass auch und gerade die Unrechtserfahrungen des 20. Jahrhunderts von Horkheimer und Adorno nicht nur auf die Kluft zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit der Aufklärung zurückgeführt werden, sondern letztendlich sogar das Ergebnis einer restlos aufgeklärten Menschheit sind, da die größtmögliche Entfaltung von Vernunft und Rationalität in letzter Konsequenz – unterstützt durch die instrumentelle Verwertungsdynamik des Kapitalismus, der die Menschen rationalen Nützlichkeitserwägungen unterwirft und alle Lebensbereiche durchdringt –, auch zur Herrschaft von Menschen über Menschen geführt und dadurch zur absoluten Destruktivität, dem Krieg und der industriell organisierten, massenhaften Vernichtung von Menschen beigetragen hat.66 Denn die Aufklärung hat sich als ein Prozess der Rationalisierung vollzogen, dem selbst insofern ein irrationales Moment innewohnt, als dass er zugleich genau die Verblendung erzeugt, deren Überwindung er eigentlich verspricht. Adorno und Horkheimer sprechen deshalb auch von einer „Selbstzerstörung der Aufklärung“.67 Das bedeutet, dass der Rationalisierungsprozess für die Menschen nicht nur das emanzipatorische Potential entfaltet, ihre Lebens- und Weltdeutungen frei aus der eigenen Urteilsbildung zu erlangen, sondern dass aus ihm zugleich die gegenläufige Tendenz hervorgeht, dass die Menschen sich aus Bequemlichkeit von ihrer Eigenverantwortung zu befreien suchen, indem sie sich auf vermeintliche „Gewissheiten“ berufen, die ihnen den gewünschten Halt versprechen. Aus freien Stücken hält man somit einfache Antworten für wahr, weil sie einem die „Last“ persönlicher Urteilsbildung abnehmen Dies wird von Adorno auch als ein Sekuritätsdenken bezeichnet, das seine Zuspitzung im unkritischen Systemdenken und in der sozialen Kälte der „verwalteten“ und verwissenschaftlichten Welt findet.68 Der Prozess der Rationalisierung als eine Emanzipation von traditionalistischen Autoritäten schlägt folglich in sein Gegenteil um, weil das Sekuritätsdenken der Menschen neue Deutungsmächte produziert. Dadurch schlägt Erkenntnis in Verblendung und Freiheit in Herrschaft um, da man sich von abstrakten Lebens- und Weltdeutungen führen lässt, die ohne Not oder Zwang für begründeter gehalten werden, als sie tatsächlich sind.69

Horkheimer und Adorno beabsichtigen jedoch nicht, die Aufklärung als solche in Misskredit zu bringen, sondern sie sind bestrebt, mit ihrer Kritik die Grenzen der Aufklärung aufzuweisen und ihr dadurch erst zu ihrem eigentlichen Recht zu verhelfen.70 Ihre Aufklärungskritik richtet sich vor allem gegen die identitätsphilosophische Version der Aufklärung, die in der Nachfolge von Aristoteles und Kant auf der zugrundeliegenden Prämisse beruht, dass sich die Vernunft durch sich selbst und damit notwendigerweise verwirklicht, wenn diesem naturgemäßen Streben keine äußeren Blockaden entgegenstehen. Demgegenüber halten Horkheimer und Adorno das Projekt der Aufklärung nur dann für fortführbar, wenn die subjektiven Prozesse der Selbstreflexion und Selbstaufklärung mit einbezogen und gefördert werden, da sich ihnen zufolge die Vernunft auch unter den günstigsten äußeren Umständen nicht mit Notwendigkeit, sondern kontingenterweise verwirklicht.71 Der Vernunftverwirklichung günstige äußere Umstände wie etwa Rechtsgarantie, Wohlstand, Bildung und Sozialisation sind damit zwar notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen dafür, dass das Vernunftvermögen von Menschen auch tatsächlich ausgeübt wird und eine kritische Urteilsbildung stattfindet.72

In der Aufklärung als Emanzipation zur Selbstbestimmung besteht also eine Hauptaufgabe der Erziehung zur Mündigkeit, die für Adorno letztlich auch überhaupt nur denkbar und sinnvoll ist „als eine zu kritischer Selbstreflexion“.73 Er konstatiert zwar durchaus, dass eine Erziehung zu Aufklärung und Mündigkeit nicht alle Momente der Barbarisierung vollkommen aufzulösen vermag, dass sie aber sehr wohl dazu imstande ist, durch das nie abgeschlossene Aufzeigen und kritische Bewusstmachen des gesellschaftlichen Kräftespiels ein Klima zu schaffen, das dem Äußersten ungünstig ist, wodurch zumindest im Kleinen durchaus verhindert werden kann, „daß es Menschen gibt, die unten, eben als Knechte das tun, wodurch sie ihre eigene Knechtschaft verewigen und sich selbst entwürdigen“.74 Das ist die eigentliche, die zentrale Funktion von Aufklärung, auf die es Adorno in der Nachfolge Kants ankommt: durch den Kampf gegen die vom Menschen durch Bequemlichkeit und Mutlosigkeit selbst verschuldete Unmündigkeit sowie die Verbreitung eines kritischen Vernunftbegriffs zu verhindern, dass Menschen sich in obrigkeitshörige Lämmer verwandeln, denn „das Lämmchenhafte ist selber wahrscheinlich nur eine Form des Barbarischen, indem es nämlich bereit ist, das Abscheuliche mit anzusehen und im entscheidenden Augenblick sich zu ducken.“75 Von besonderer Relevanz ist zudem, dass es sich dabei um ein unabgeschlossenes, emanzipatorisches und dialektisches Prinzip handelt, da menschliches Denken und Handeln niemals in bloßer Unmittelbarkeit des Daseins aufgehen. Das faktisch Erreichte darf folglich niemals die letzte Instanz sein, sondern es muss stets ein kritisch-utopischer Überschuss bleiben, der die Mängel und Widersprüche und damit auch die bedrohte Unmündigkeit des Menschen fortwährend aufzeigt und beseitigt. Denn obwohl die Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen der bestehenden Gesellschaft diesem Prozess permanent entgegenstehen, hat nach Adorno jeder Mensch von Kind auf die Fähigkeit zu einem solchen kritischen Vernunftgebrauch – und damit auch zu Aufklärung und Mündigkeit.76

[...]


1 Adorno gilt neben Max Horkheimer und Herbert Marcuse als Hauptvertreter der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule. Deren Kern war eine ideologiekritische, vor allem von Georg W. F. Hegel, Karl Marx und Sigmund Freud inspirierte Analyse der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft und die Aufdeckung ihrer verborgenen Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen. Vgl. Wiggershaus 1987, S. 7 f.

2 Obwohl er die Kritik der Studenten grundsätzlich durchaus geteilt hat, lehnte Adorno im Unterschied zu Horkheimer und Marcuse die Bereitschaft zu jeglichem Gewalteinsatz entschieden ab. Zu seiner Reaktion auf die studentischen Revolten siehe im Detail auch Voigts 2010, S. 39-48.

3 Ausführlich behandelt in den unterschiedlichen Beiträgen des Sammelbandes Kohler/Müller-Doohm 2008. Vgl. darüber hinaus auch Wesche 2018, S. 205-208 sowie Bonß 2008.

4 Vgl. Paffrath 1992, S. 13 und Herrmann 1978, S. 1 und S. 5. Alfred Schäfer spricht sogar von einer „Nichtrezeption Adornos in der Pädagogik“, siehe Schäfer 2004, S. 129. Zwar ist das Selbstverständnis der Pädagogik als einer kritischen Erziehungswissenschaft, das sich Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre entfaltete, nicht ohne die Frankfurter Schule und die Impulse Adornos zu denken, aber der wesentliche Bezugspunkt sind bis heute insbesondere die Arbeiten von Jürgen Habermas geblieben. Vgl. Paffrath 1992, S. 151 ff. und Schäfer 2004, S. 7 f. Vgl. grundlegend auch Wulf/Wagner 1987. Gegenteilig verhält es sich jedoch mit der hier nicht näher thematisierten Bedeutung von Adornos musiktheoretischen Schriften für die Musikpädagogik, die bis heute von ungebrochener Aktualität geblieben sind.

5 Selbst die Forderung einer „Erziehung nach Auschwitz“ wurde letztlich von Adornos berühmten und großes Aufsehen erregenden Diktum überlagert, dass es barbarisch sei, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben. Vgl. Paffrath 1992, S. 13. Siehe grundsätzlich Adorno 1966b.

6 Schäfer 2004, S. 129.

7 Vgl. Schäfer 2004, S. 129 und Herrmann 1978, S. 5 und S. 7 f.

8 Vgl. Fritzsche 1996, S. 9 und S. 77.

9 Vgl. Fritzsche 1996, S. 10 sowie mit Detailanalysen S. 153-160. Die damit verbundene Entfremdung und selektive Indienstnahme Adornos kritisiert auch Paffrath 1992, S. 14.

10 Fritzsche 1996, S. 10.

11 Vgl. Paffrath 1992, S. 14.

12 So bereits im Titel seines Werks. Siehe Fritzsche 1996.

13 Vgl. Fritzsche 1996, S. 3 f. und S. 7 f.

14 Fritzsche 1996, S. 3.

15 Fritzsche 1996, S. 3 f.

16 Fritzsche 1996, S. 7.

17 Vgl. Fritzsche 1996, S. 3 f. und S. 7 f. In ähnlich kritischer Weise bemerkt auch Alfred Schäfer ironisch: „auch die immer wieder erhobenen Bedenken, ob man hinsichtlich pädagogischer Absichten von Wirkungen sprechen kann, die man ihnen eindeutig zurechnen kann […], hat wohl nur wenige davon abgehalten, technologische Hoffnungen hinsichtlich pädagogischer Möglichkeiten zu hegen. Dass es andere gesellschaftliche Einflüsse geben kann, dass selbst das ‚pädagogische Verhältnis‘ von Erzieher und Edukanden in Institutionen stattfindet, die […] die Einübung in gesellschaftliche Herrschaftsstrukturen faktisch absichern und legitimatorisch abstützen – das mag zwar sozialisationstheoretisch so gesehen werden, motiviert aber den wackeren Erzieher nur, dagegen anzugehen.“ – siehe Schäfer 2004, S. 10.

18 Vgl. Paffrath 1992, S. 14 und Hermann 1978, S. 7.

19 Fritz H. Paffrath zufolge zeichnen sich in der Auseinandersetzung Adornos mit pädagogischen Fragen allerdings insgesamt vier Schwerpunkte ab: eine Kritik traditioneller Erziehungspraxis, eine Kritik des institutionalisierten Erziehungswesens, eine Kritik an der Idee und Funktion von Erziehung und Bildung sowie eine Kritik pädagogischer Theorie, die sich insbesondere gegen die verschiedenen Konzeptionen einzelner Pädagogen richtet. Vgl. Paffrath 1992, S. 129 f. Siehe auch Hermann 1978, S. 2.

20 Adorno 1966a.

21 Adorno 1969a.

22 Zudem werden ergänzend auch die Aufsätze des von Gerd Kadelbach herausgegebenen Sammelbandes „Erziehung zur Mündigkeit“ herangezogen, die für ein tieferes Verständnis von zentraler Bedeutung sind. Vgl. Adorno 1959, Adorno 1962, Adorno 1965, Adorno 1966b, Adorno 1968, Adorno 1969a.

23 Adorno 1966a, S. 105.

24 Vgl. Adorno 1966a, S. 105 f.

25 Auf die Leitbilder-Debatte in der Pädagogik kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden. Vgl. diesbezüglich Bittner 1964. Hellmut Becker merkt im Gespräch mit Adorno allerdings mit Recht kritisch an, dass auch der Begriff des mündigen Menschen schnell selbst zu einem Leitbild erhoben werden kann. Vgl. Adorno 1966a, S. 107.

26 Adorno 1966a, S. 107.

27 Vgl. Adorno 1966a, S. 106 f.

28 Vgl. Paffrath 1992, S. 15 und S. 132. Siehe auch Steidl 2009, S. 398.

29 Kant 1784, S. 20 (Hervorhebung im Original). Vgl. auch Paffrath 1992, S. 132.

30 Adorno 1969a, S. 133. Die Machtergreifung Hitlers und der Einbruch des Faschismus waren für Adorno als Sohn eines jüdischen Weinhändlers die entscheidende Zäsur seines Lebens. Das Entsetzen über die Ereignisse blieben ihm trotz seiner Emigration in die USA Zeit stets gegenwärtig und das Trauma der NS-Zeit sowie die damit verbundenen Erfahrungen sind die Grundlage und das Motiv seines Schreibens, auch über pädagogische Zusammenhänge. Die bis dato ungekannten Formen der Gewalt und vor allem auch die Geschehnisse in Auschwitz repräsentierten für Adorno keine singuläre Entgleisung, sondern den traurigen Höhepunkt einer universellen Regression der Menschheit und die verpasste historische Chance, das gesellschaftliche Dasein auf Humanität und Autonomie zu gründen. Vgl. Paffrath 1992, S. 31 sowie Fritzsche 1996, S. 9 f. und S. 78 f.

31 Adorno 1969a, S. 138.

32 Adorno 1966a, S. 107 f.

33 Adorno 1966a, S. 107.

34 Denn gemäß dem grundlegenden aufklärerischen Impetus soll der Mensch folglich weder von einer unkritisch übernommenen Tradition ausgehend noch von einer wie auch immer gearteten Autorität auf die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse schließen, sondern vor allem aufgrund seiner eigenen, persönlichen Urteilsbildung. Vgl. auch Steidl 2009, S. 398 f.

35 Vgl. Adorno 1966a, S. 109, Steidl 2009, S. 399, Brose 1996, S. 139 f. Siehe auch Kadelbach 2013, S. 9.

36 Adorno 1959, S. 15.

37 Vgl. Steidl 2009, S. 399. Dies betont auch Hellmut Becker in seinem Gespräch mit Adorno. Vgl. Adorno 1966a, S. 109 f.

38 Vgl. Steidl 2009, S. 399.

39 Adorno 1959, S. 13.

40 Adorno 1959, S. 22.

41 Adorno 1959, S. 13.

42 Adorno 1959, S. 22.

43 Vgl. Adorno 1959, S. 22. Siehe auch Steidl 2009, S. 401.

44 Adorno 1966a, S. 108 f.

45 Adorno 1959, S. 22.

46 Adorno 1959, S. 22.

47 Vgl. Adorno 1959, S. 22 f.

48 Adorno 1966b, S. 97. Vgl. auch Steidl 2009, S. 402, die zugleich auch die anthropologischen und psychologische Konsequenzen analysiert, die für Adorno damit verbunden sind.

49 Adorno 1966b, S. 90.

50 Adorno 1966b, S. 93. Zugleich präzisiert Adorno jedoch, dass er das Beispiel Auschwitz nicht deshalb verwendet, weil sich das Problem der Barbarei nur in Deutschland stellt, dass aber „in Deutschland der furchtbarste Ausbruch von Barbarei seit Menschengedenken sich ereignet hat, und […] wir schließlich aus unserer eigenen lebendigen Erfahrung die deutschen Verhältnisse am besten kennen.“ Vgl. Adorno 1968, S. 121. Siehe auch Brose 1996, S. 140 f.

51 Adorno 1968, S. 120.

52 Adorno verweist diesbezüglich wiederholt auf die Bedeutsamkeit der psychoanalytischen Erkenntnisse Sigmund Freuds. Vgl. Adorno 1968, S. 122 und S. 128.

53 Vgl. Adorno 1968, S. 121.

54 Adorno 1965, S. 86.

55 Adorno 1968, S. 120.

56 Adorno 1968, S. 120.

57 Hier verweist Adorno erneut auf die psychoanalytischen Erkenntnisse Freuds, insbesondere aus dessen 1930 veröffentlichter Schrift Das Unbehagen der Kultur, und betont mit Nachdruck, dass diese ernsthaft zu rezipieren seien, „anstatt durch eine Art von Pseudo-Tiefe aus sechster Hand sich darum herumzudrücken.“ Vgl. Adorno 1968, S. 128.

58 Adorno 1966b, S. 90.

59 Adorno 1966b, S. 89.

60 Vgl. Steidl 2009, S. 405 ff.

61 Adorno 1968, S. 128.

62 Adorno 1966b, S. 90.

63 Adorno 1966b, S. 90.

64 Vgl. Horkheimer/Adorno 1947.

65 Diese kann im Kontext der vorliegenden Arbeit nicht weiterführend behandelt werden. Grundlegend setzt sich aber insbesondere Noh 2000 damit auseinander. Vgl. darüber hinaus auch die prägnante Zusammenfassung bei Wesche 2018, S. 21-34.

66 Der Begriff der Aufklärung wird von Adorno und Horkheimer dabei nicht nur einer bestimmten geistesgeschichtlichen Epoche zugeschrieben, sondern mit der Idee des menschlichen Fortschritts allgemein identifiziert. Vgl. Wesche 2018, S. 22 f. und S. 25 f. sowie Schweppenhäuser 2005, S. 42 f.

67 Horkheimer/Adorno 1947, S. 1 und S. 3.

68 Vgl. Wesche 2018, S. 27,

69 Vgl. Wesche 2018, S. 26 ff. Dies impliziert eine Verabsolutierung und Ideologisierung der Rationalitätsidee, die zu einem universell gültigen Maßstab erhoben wird und sich letztlich gegen den Menschen selbst wendet: Dieser begreift seine eigne Existenz und Lebensform nicht mehr im Sinne einer „guten Praxis“, sondern in den Termini des reibungslosen Funktionierens, wobei sich das Ziel des Funktionierens in eben diesem erschöpft und dadurch nicht ohne Folgen für die Art und Weise bleibt, wie der Mensch sich selbst und seine Mitmenschen denkt, erfährt und behandelt. Vgl. diesbezüglich auch Van Reijen 1987, S. 53-56.

70 Vgl. Wesche 2018, S. 31.

71 Das ist laut Adorno auch „durch keine erkenntnistheoretische Aufklärung weg[zu]argumentieren“. Vgl. Wesche 2018, S. 28-34, Zitat nach ebd., S. 31. Zudem wird hier in Anlehnung an Nietzsche auch betont, dass die formalistische Vernunft nicht notwendigerweise in einem engeren Zusammenhang mit der Moral als mit der Unmoral stehen müsse. Siehe dazu auch Homolka 2005, S. 93-96.

72 Wesche 2018, S. 30.

73 Adorno 1966b, S. 90. Ausführlich thematisiert bei Jepsen 2012.

74 Adorno 1966b, S. 104.

75 Adorno 1966b, S. 129. Siehe ferner auch Brose 1996, S. 142.

76 Vgl. Brose 1996, S. 141 ff.

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Erziehung wozu? Pädagogische Perspektiven im Werk Theodor W. Adornos
Université
University of Freiburg
Note
1,0
Auteur
Année
2019
Pages
22
N° de catalogue
V516613
ISBN (ebook)
9783346122032
ISBN (Livre)
9783346122049
Langue
allemand
Mots clés
erziehung, pädagogische, perspektiven, werk, theodor, adornos
Citation du texte
Sarah Laufs (Auteur), 2019, Erziehung wozu? Pädagogische Perspektiven im Werk Theodor W. Adornos, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/516613

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Titre: Erziehung wozu? Pädagogische Perspektiven im Werk Theodor W. Adornos



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