Ziel der Arbeit ist es, den Transformationsprozess vom traditionell ausgerichteten produzierenden Unternehmen im Investitionsgüterbereich zum Lösungsanbieter mit all seinen wesentlichen Aspekten zu erfassen, zu analysieren und in einem mehrdimensionalen Reifegradmodell abzubilden.
Einer zunehmenden Vergleichbarkeit von technischen Produkten und standardisierten Dienstleistungen versuchen produzierende Unternehmen mit dem Wandel zum Lösungsanbieter entgegen zu wirken. Im Zentrum dieses Wandels stehen Kundenlösungen als gezielte, aufeinander abgestimmte Integration von Sach- und Dienstleistungen zu kundenindividuellen und maßgeschneiderten Problemlösungen, deren kundenseitig wahrgenommener Wert, den Wert der Leistungsbestandteile übersteigt.
Der Wandel vom produktorientierten Unternehmen zum Lösungsanbieter macht den schrittweisen Auf- und Ausbau zusätzlicher Kompetenzen erforderlich. Reifegradmodelle beschreiben diesen Veränderungsprozess und können Unternehmen helfen, den Wandel erfolgreich zu bewältigen. Mit Unzulänglichkeiten behaftete vorhandene Modelle und die Forderung nach einem holistischen Reifegradmodell stellen den Anstoß dieser Arbeit dar.
Zunächst wird eine umfangreiche Literaturanalyse durchgeführt, um theoretische Grundlagen zu Veränderungsprozessen in Organisationen, sowie Merkmale und Kompetenzen eines erfolgreichen Lösungsanbieters zu erarbeiten. Daraus gehen sechs Gestaltungsdimensionen hervor, die den Erfolg eines Lösungsanbieters potentiell beeinflussen können. Der empirische Teil der Arbeit baut darauf auf und umfasst die Durchführung einer internetbasierten Umfrage im Rahmen einer Marktstudie.
Aus den empirisch gewonnenen Daten geht mittels multivariater Analysemethoden (Clusteranalyse) ein mehrdimensionales, hierarchisch aufgebautes Reifegradmodell hervor, das die Entwicklung vom produzierenden Unternehmen hin zum Lösungsanbieter aufzeigt. Dieses Modell ermöglicht es produzierenden Unternehmen den Wandel zum Lösungsanbieter in seiner Gänze zu verstehen, ihre Ist-Situation festzustellen und Maßnahmen zur Zielerreichung (Soll-Zustand) abzuleiten.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung in das Thema
1.1 Gegenwärtige Marktentwicklung und Ausgangssituation
1.2 Herausforderungen für Lösungsanbieter
2 Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise
2.1 Problemstellung der Arbeit
2.2 Forschungsziel der Arbeit
2.3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit
3 Theoretische Grundlagen und Methoden
3.1 Grundlagen hybrider Leistungsbündel
3.1.1 Bündelbestandteile Sachleistung und Dienstleistung
3.1.2 Begriffsverständnis hybrides Produkt
3.2 Veränderungsprozesse in Organisationen
3.2.1 Theorien zur Erklärung von Veränderungsprozessen
3.2.2 (Reifegrad-) Modelle zur Beschreibung von Veränderungsprozessen
3.3 Ressourcen, Kompetenzen und Eigenschaften eines Lösungsanbieters
3.3.1 Management
3.3.2 Organisation
3.3.3 Prozesse
3.3.4 IT-Systeme und Technologien
3.3.5 Kundenorientierung und -integration
3.3.6 Markt
3.4 Methodische Grundlagen der Datenerhebung und Datenanalyse
3.4.1 Methoden der Datenerhebung
3.4.2 Frageformulierung und Fragebogenentwicklung
3.4.3 Datenaufbereitung und Datenanalyse
4 Empirische Untersuchungen und Datenanalyse
4.1 Planung und Vorbereitung der empirischen Erhebung
4.1.1 Fragebogenentwicklung
4.1.2 Bereitstellung organisatorischer Erhebungsrahmen
4.2 Durchführung der Datenerhebung
4.3 Vorgehen zur Datenanalyse
4.3.1 Statistische und allgemeine Angaben
4.3.2 Inhaltlicher Teil (SPSS)
4.4 Ergebnisse der empirischen Erhebung
4.4.1 Involvierte Unternehmen und Teilnehmer
4.4.2 (Selbst-) Einschätzung der Unternehmen
5 Lösungsansatz
5.1 Modellierung des Wandels zum Lösungsanbieter
5.1.1 Reifegradmodell-Architektur und Aufbau
5.1.2 Management
5.1.3 Organisation
5.1.4 Prozesse
5.1.5 IT-Systeme und Technologien
5.1.6 Kundenorientierung und -integration
5.1.7 Markt
5.2 Entwicklungsstufen zum Lösungsanbieter
6 Konklusion
6.1 Vorgehensweise und Ergebnisse
6.2 Wissenschaftliche Erkenntnisse
6.3 Ausblick
Anhang
Anhang A: Projektplan Masterarbeit
Anhang B: Fragebogen (inkl. Fragecodierung und quantitativer Merkmalsausprägungen)
Anhang C: SPSS-Auszug zur hierarchischen Clusteranalyse
Anhang D: SPSS-Auszug zur partitionierenden Clusteranalyse
Literaturverzeichnis
Kurzfassung
Einer zunehmenden Vergleichbarkeit von technischen Produkten und standardisierten Dienstleistungen versuchen produzierende Unternehmen mit dem Wandel zum Lösungsanbieter entgegen zu wirken. Im Zentrum dieses Wandels stehen Kundenlösungen als gezielte, aufeinander abgestimmte Integration von Sach- und Dienstleistungen zu kundenindividuellen und maßgeschneiderten Problemlösungen, deren kundenseitig wahrgenommener Wert, den Wert der Leistungsbestandteile übersteigt.
Der Wandel vom produktorientierten Unternehmen zum Lösungsanbieter macht den schrittweisen Auf- und Ausbau zusätzlicher Kompetenzen erforderlich. Reifegradmodelle beschreiben diesen Veränderungsprozess und können Unternehmen helfen, den Wandel erfolgreich zu bewältigen. Mit Unzulänglichkeiten behaftete vorhandene Modelle und die Forderung nach einem holistischen Reifegradmodell stellen den Anstoß dieser Arbeit dar. Ziel der Arbeit ist es daher, den Transformationsprozess vom traditionell ausgerichteten produzierenden Unternehmen im Investitionsgüterbereich zum Lösungsanbieter mit all seinen wesentlichen Aspekten zu erfassen, zu analysieren und in einem mehrdimensionalen Reifegradmodell abzubilden.
Zunächst wird eine umfangreiche Literaturanalyse durchgeführt, um theoretische Grundlagen zu Veränderungsprozessen in Organisationen sowie Merkmale und Kompetenzen eines erfolgreichen Lösungsanbieters zu erarbeiten. Daraus gehen sechs Gestaltungsdimensionen hervor, die den Erfolg eines Lösungsanbieters potentiell beeinflussen können. Der empirische Teil der Arbeit baut darauf auf und umfasst die Durchführung einer internetbasierten Umfrage im Rahmen einer Marktstudie.
Aus den empirisch gewonnenen Daten geht mittels multivariater Analysemethoden (Clusteranalyse) ein mehrdimensionales, hierarchisch aufgebautes Reifegradmodell hervor, das die Entwicklung vom produzierenden Unternehmen hin zum Lösungsanbieter aufzeigt. Dieses Modell ermöglicht es produzierenden Unternehmen den Wandel zum Lösungsanbieter in seiner Gänze zu verstehen, ihre Ist-Situation fest zu stellen und Maßnahmen zur Zielerreichung (Soll-Zustand) abzuleiten.
In zukünftigen Forschungsvorhaben soll dieses Modell in den einzelnen Gestaltungsdimensionen weiter detailliert und um bisher vernachlässigte Aspekte erweitert werden.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: Aufbau und Struktur der Arbeit
Abbildung 3.1: Leistungstypologische Abgrenzung
Abbildung 3.2: Strukturierung hybrider Produkte
Abbildung 3.3: Prozesstheorien zur Entwicklung von Unternehmen
Abbildung 3.4: Reifegradmodell Architekturen
Abbildung 3.5: Reifegradstufen bestehender Modelle
Abbildung 3.6: Gleichberechtigter Planungsmodus für Sach- und Dienstleistungen
Abbildung 3.7: Front-/ Back-End Organisation beim Lösungsanbieter
Abbildung 3.8: Organisationsformen der Erbringung hybrider Produkte
Abbildung 3.9: Generischer Wertschöpfungsprozess für hybride Produkte
Abbildung 3.10: Einflussfaktoren für die Gestaltung von Vermarktungsteams
Abbildung 3.11. Merkmale der Komplexität hybrider Produkte
Abbildung 3.12: Erweiterung des PLM-Ansatzes zum Management hybrider Produkte
Abbildung 3.13: Grad der Integration in die Wertschöpfungsdomäne des Kunden
Abbildung 3.14: Fit2Solve Quick-Check nach R-W-W-Logik
Abbildung 3.15: Ausgewählte Methoden der Datenerhebung
Abbildung 3.16: Beispiel für eine numerische Skala zur Charakterisierung von Leistungen
Abbildung 3.17: Überblick über ausgewählte Clusterverfahren
Abbildung 3.18: Beispielhaftes Dendrogramm für das Ward-Verfahren
Abbildung 3.19: Gütediagramm mit Elbow-Kriterium zur Bestimmung der Clusteranzahl
Abbildung 4.1: Inhaltsübersicht und Aufbau des Fragebogens
Abbildung 4.2: Vorgehen zur Datenauswertung und -analyse
Abbildung 4.3: Branchenverteilung der Studie
Abbildung 4.4: Größenklassen der befragten Unternehmen
Abbildung 4.5: Position in der Lieferkette
Abbildung 4.6: Fertigungstyp der befragten Unternehmen
Abbildung 4.7: Funktionsbereich der Studienteilnehmer
Abbildung 4.8: Funktionslevel der Studienteilnehmer
Abbildung 4.9: Selbsteinschätzung als Lösungsanbieter
Abbildung 4.10: Aktuelle Bedeutung des Lösungsmarktes
Abbildung 4.11: Zukünftige Relevanz von Kundenlösungen
Abbildung 4.12: Jährliche Wachstumsraten im Markt für Kundenlösungen
Abbildung 4.13: Zufriedenheit mit dem gegenwärtigen Lösungsportfolio
Abbildung 4.14: Organisatorische Verankerung Dienstleistungsgeschäft
Abbildung 4.15: Vorgehensstandards zur Entwicklung von Sach-/ Dienstleistungen
Abbildung 5.1: Aufbau und Architektur des mehrdimensionalen Reifegradmodells
Abbildung 5.2: Positionierung innerhalb der Gestaltungsdimension Management
Abbildung 5.3: Positionierung innerhalb der Gestaltungsdimension Organisation
Abbildung 5.4: Positionierung innerhalb der Gestaltungsdimension Prozesse
Abbildung 5.5: Positionierung innerhalb der Gestaltungsdimension IT-Systeme
Abbildung 5.6: Positionierung innerhalb der Gestaltungsdimension Kunde
Abbildung 5.7: Positionierung innerhalb der Gestaltungsdimension Markt
Abbildung 5.8: Reifegradstufe 1 - Spannweite der Merkmalsausprägungen
Abbildung 5.9: Reifegradstufe 2 - Spannweite der Merkmalsausprägungen
Abbildung 5.10: Reifegradstufe 3 - Spannweite der Merkmalsausprägungen
Abbildung 5.11: Reifegradstufe 4 - Spannweite der Merkmalsausprägungen
Abbildung 5.12: Reifegradstufe 5 - Spannweite der Merkmalsausprägungen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3.1: Gegenüberstellung von Sach- und Dienstleistung
Tabelle 3.2: Veränderungsmaßnahmen und strategische Implikationen
Tabelle 3.3: Beispiel einer Datenmatrix
1 Einführung in das Thema
Unternehmen sind heutzutage mehr denn je sich ständig ändernden Umweltfaktoren ausgesetzt. Dieses dynamische und komplexer werdende Umfeld findet seine Ursachen in den unterschiedlichsten Entwicklungen. Die zunehmende Globalisierung oder Liberalisierung der Märkte stellen beispielhafte Ursachen dar. Zur Sicherung einer wettbewerbsfähigen Marktposition gewinnt dabei die gezielte Integration von Sach- und Dienstleistungen zu hybriden Produkten zunehmend an Bedeutung (Abschnitt 1.1). Mit dem damit verbundenen Wandel vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter gehen diverse Veränderungen und Herausforderungen (Abschnitt 1.2) für die Unternehmen einher.
1.1 Gegenwärtige Marktentwicklung und Ausgangssituation
Zunehmender Wettbewerbsdruck, insbesondere durch Niedriglohnländer und die Homogenisierung der Märkte, stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen (Homburg, Faßnacht, & Günther, 2002; Günther, 2001). Einerseits verliert die Differenzierung über technische Produkteigenschaften aufgrund der wachsenden Vergleichbarkeit von Produktfunktionalitäten, Qualität und Preis zunehmend an Gewicht, andererseits ist der Ausbau des Dienstleistungsangebots mit Schwierigkeiten verbunden. Beispielsweise lassen sich hierfür die geringe Zahlungsbereitschaft der Kunden oder die vergleichsweise hohen Fixkosten im Servicegeschäft aufführen (Lorenz-Meyer, 2004; Sturm, Mütze-Niewöhner, Gärtner, Schreiber, & Werkle, 2009; Spath & Demuß, 2006, S. 464).
Ein isoliertes Angebot an Sach- oder Dienstleistungen kann daher heute steigende Kundenanforderungen meist immer weniger erfüllen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist somit nachhaltig nicht gesichert (Bonnemeier, Ilh, & Reichwald, 2007, S. 2).
Die Vermarktung hybrider Produkte, das heißt die Kombination aus Sach- und Dienstleistungen, welche am Markt als integrierte Leistungsbündel zur Bewältigung kundenspezifischer Probleme angeboten werden, gewinnt zunehmend an Bedeutung (Böhmann & Krcmar, 2007, S. 241; Schmitz, 2008, S. 666; Backhaus, 2010, S. 4ff.). Unternehmen wie General Electric, Rolls Royce, IBM, UPS oder Nokia profilieren sich bereits mit hybriden Produkten nachweislich erfolgreich im Wettbewerb (Backhaus, 2010, S. 4; Davies, Brady, & Hobday, 2006).
Der Weg zum Anbieter hybrider Produkte erlaubt den Unternehmen eine Individualisierung ihrer Angebote, eine Stärkung der Kundenbeziehungen und Kundenbindung, die Möglichkeit einer verbesserten Differenzierung im Wettbewerb, eine Sammlung von Anwendungs-Knowhow und letztlich eine Steigerung von Umsatz und Gewinnmarge (Burianek, Ihl, Bonnemeier, & Reichwald, 2007, S. 2; Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 528; Burger, Bittel, Awad, Stanev, & Ovtchaorva, 2010). Auf der Kundenseite ergeben sich die Vorteile einer schnellen Inbetriebnahme, ein optimaler Betrieb der Maschinen, rechtzeitige Produktivitätssteigerungen durch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Hersteller, eine verbesserte Kostentransparenz über den kompletten Produktlebenszyklus, eine Konzentration auf die Kernkompetenzen sowie letztlich ein Mehrwert durch kundenindividuelle Angebote (Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 528; Mont, 2002, S. 240). Fasst man diese vielfältigen Motive zusammen, lässt sich feststellen, dass mit dem Angebot von hybriden Produkten kunden- und wettbewerbsbezogene Ziele verfolgt werden, die die wirtschaftliche Situation von Anbieter und Kunde verbessern sollen.
Die aufgeführten Wettbewerbsvorteile und Unternehmensbeispiele unterstreichen einerseits deutlich das strategische Wettbewerbspotential hybrider Produkte, andererseits belegen empirische Studien aus der Unternehmenspraxis, dass die erhoffte Realisierung vielfach nicht gelingt (Johansson, Krishnamurthi, & Schlissberg, 2003; Neu & Brown, 2005; Oliva & Kallenberg, 2003). Diese Problematik soll nun im nächsten Abschnitt näher betrachtet werden.
1.2 Herausforderungen für Lösungsanbieter
Der Wandel vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter erfordert ein tiefgreifendes, holistisches Umdenken, um notwendige technische, organisatorische und personelle Voraussetzungen zu schaffen. Nach Miller et al. wird dabei die Verbindung von Kompetenzen zur Entwicklung und Implementierung kundenspezifischer, komplexer Problemlösungen mit den Kompetenzen für die Entwicklung und Erstellung wiederholbarer, skalierbarer Sach- bzw. Dienstleistungen zum zentralen Erfolgsfaktor (Miller, Hope, Eisenstat, Foote, & Galbraith, 2002, S. 9).
Um die Potentiale eines Lösungsanbieters strategisch nutzen zu können, müssen Wertschöpfungsprozesse neugestaltet, entsprechende Organisationsstrukturen und geeignete Managementmethoden etabliert werden (Becker & Pöppelbuß, 2010, S. 110). Hybride Produkte sind nicht mehr von einer isolierten, sondern vielmehr von einer integrierten und sich gegenseitig determinierenden Planung, Entwicklung, Erbringung und Nutzung von Sach- und Dienstleistungsanteilen gekennzeichnet. Die Grenzen zwischen Sachleistungs- und Dienstleistungsgeschäft verschmelzen zunehmend (Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 529).
Vor allem für die stark sachleistungsorientierte Investitionsgüterindustrie ist diesbezüglich eine Systematisierung und Professionalisierung des Dienstleistungsgeschäftes notwendig (Backhaus, 2010, S. 49). Dies bringt einen Übergang vom Produktdenken hin zum Systemdenken mit sich, welches weitere Lebenszyklusphasen außerhalb der traditionellen Käufer/ Verkäufer-Beziehung miteinschließt. Beispiele hierfür sind Instandhaltung, Rücknahme, Wiederverwendung, Modernisierung oder Wiederaufarbeitung (Manzini, 2001). Um kundenindividuelle Problemlösungen bereitstellen zu können, muss der Kunde von Anfang an in die Prozesse der Leistungserbringung eingebunden werden. Hierfür sind entsprechende strukturelle Änderungen der Unternehmensorganisation notwendig, welche eine Transformation der Kundenbedürfnisse von der Produkt- zur Nutzenorientierung ermöglichen (Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 530).
Vor dem Hintergrund der identifizierten Potentiale einerseits und den Herausforderungen hybrider Produkte andererseits resultiert ein zukünftiger Handlungsbedarf in diesem Forschungsbereich. Ausgehend davon soll im nächsten Kapitel dieser Handlungsbedarf näher konkretisiert und ein fundiertes Vorgehen zu dessen Bewältigung erarbeitet werden.
2 Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise
Die vorangegangene Einführung bietet einen Einblick in die Ursachen und Hintergründe der zunehmenden Bedeutung hybrider Produkte. Diese Entwicklung bringt mit ihren Herausforderungen eine ganzheitliche Neuausrichtung für produzierende Unternehmen mit sich. Daraus ergibt sich der Bedarf an unterstützenden Instrumenten, welche diesen Wandel fokussieren. Um Klarheit über die notwendige Unterstützung der Transformation vom produzierenden Investitionsgüterhersteller zum Lösungsanbieter zu erlangen, soll in diesem Kapitel zunächst die Problemstellung (Abschnitt 2.1) und daraus resultierend das Ziel der vorliegenden Masterarbeit (Abschnitt 2.2) abgeleitet werden. Anschließend werden die Struktur und Methodik zur Lösung der Problemstellung sowie der Inhalt der Arbeit definiert (Abschnitt 2.3).
2.1 Problemstellung der Arbeit
Mehr und mehr Industrieunternehmen versuchen sich durch die Integration von Sach- und Dienstleistungen zu Kundenlösungen vom Wettbewerb zu differenzieren (Rai & Sambamurthy, 2006). Der Wandel vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter bedingt einen schrittweisen Auf- bzw. Ausbau zusätzlicher Kompetenzen. Jeder Schritt auf dem Weg zum Lösungsanbieter ist jeweils durch spezifische Herausforderungen und Erfolgsfaktoren gekennzeichnet. Voraussetzung für das Erreichen der jeweils nächsten Stufe ist das Beherrschen der vorherigen Stufe (Müller, 1998; Susman, Warren, & Ding, 2011). Nach empirischen Untersuchungen von Sturm et al. steht die hohe Bedeutung von individuellen Kundenlösungen außer Frage, der Zufriedenheitsgrad der Unternehmen mit dem eigenen Lösungsportfolio ist hingegen relativ gering (Sturm, Bading, & Schuber, 2007, S. 18f.). Diese Feststellung lässt sich auch im Rahmen der durchgeführten Marktstudie (siehe Kapitel 4, Abschnitt 4.4) bestätigen. Um diese Lücke zu schließen ist es für zukünftige Lösungsanbieter unerlässlich, systematisch ihre Ist-Situation fest zu stellen, daraus Veränderungsmaßnahmen abzuleiten, zu priorisieren und deren Umsetzungsfortschritt einer Kontrolle zu unterziehen. Um diese Aufgaben auf dem Weg zum Lösungsanbieter zu bewältigen, stellen Reifegradmodelle wichtige unterstützende Instrumente dar (Becker, Knackstedt, & Pöppelbuß, 2010, S. 2109).
Reifegradmodelle repräsentieren einen antizipierten, erwünschten oder typischen Evolutionspfad für eine Klasse von Objekten. Es wird angenommen, dass bestimmte Muster in der Entwicklung von Objekten existieren. Diese Muster werden als voneinander abgegrenzte, einzelne Evolutionsstufen bzw. Reifegrade beschrieben (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 297; Gottschalk, 2009). Das Thema „Management von Kundenlösungen“ ist so facettenreich, dass sechs bestehende einschlägige Reifegradmodelle als deutsche Forschungsergebnisse ausschließlich bestimmte Teilprobleme der Unternehmensveränderung zum Lösungsanbieter fokussieren (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009; Sturm, Bading, & Schuber, 2007, S. 38ff.).
Ein Handlungsbedarf ergibt sich aus der Forderung nach einem holistischen Reifegradmodell und den vor allem von Becker et al. festgestellten Unzulänglichkeiten vorhandener Reifegradmodelle. Darin wird eine Differenzierung der dargestellten Entwicklungsstufen anhand von Dimensionen stark vernachlässigt. Es findet keine ganzheitliche d. h. die zentralen Bereiche eines Unternehmens umfassende und ausgeglichene Betrachtung der Reife einer Organisation beim Wandel zum Lösungsanbieter statt (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 301). Zudem fokussieren die betrachteten Modelle den Dienstleistungsbereich und missachten die verbleibende Bedeutung der Herstellung hochwertiger Sachleistungen (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 305). Ein weiteres Defizit der vorhandenen sechs Modelle stellt das Anstreben eines einzelnen, für alle Unternehmen idealen Zustands an. Vielmehr kann es unter Berücksichtigung der Marktgegebenheiten für Unternehmen durchaus wirtschaftlich sein, nicht den höchsten Reifegrad anzustreben (Becker, Knackstedt, & Pöppelbuß, 2010, S. 120). Bestehende Modelle beschreiben größtenteils sinnvolle Aktivitäten und geben selten Vorschläge, welche konkreten Verfahren und Instrumente in der jeweiligen Entwicklungsstufe zu empfehlen sind (Becker, Knackstedt, & Pöppelbuß, 2010, S. 2117f.). Außerdem sollten die einzelnen Prozessschritte der Modellkonstruktion für eine weitere inhaltliche Konsolidierung und Ergänzung ausführlich dokumentiert werden (Becker, Knackstedt, & Pöppelbuß, 2010, S. 2118f.).
Ausgehend von der dargelegten Problemstellung wird nachfolgend das Ziel der Arbeit definiert.
2.2 Forschungsziel der Arbeit
Die vorangegangene Identifikation eines Handlungsbedarfs stellt den Anstoß dieser Arbeit dar. Daraus ergibt sich die Forderung nach unterstützenden Instrumenten für den Wandel vom produzierenden Unternehmen hin zum Lösungsanbieter.
Ziel dieser Arbeit ist es, den Transformationsprozess vom traditionell ausgerichteten produzierenden Unternehmen im Investitionsgüterbereich zum Lösungsanbieter mit all seinen wesentlichen Aspekten zu erfassen, zu analysieren und in einem mehrdimensionalen Reifegradmodell abzubilden.
Um in den jeweiligen Dimensionen eine fundierte Betrachtung zu erhalten, sollen vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse analysiert, konsolidiert und den betrachteten Dimensionen zugeordnet werden. Im Rahmen der Arbeit soll eine Marktstudie erstellt und deren Durchführung begleitet werden, welche die aktuelle Situation produzierender Unternehmen erfasst und Rückschlüsse auf den zukünftigen Handlungsbedarf zieht. Um den Wandel in seiner Gänze verstehen zu können, sollen in der Studie Gesichtspunkte zur Strategie des Unternehmens, dessen Prozessen und Systemen sowie dessen Ausrichtung auf Markt und Kunde betrachtet werden. Grundlage des Reifegradmodells bildet die Erstellung eines Fragenkatalogs sowie die Begleitung und Auswertung der tatsächlichen Umfrage. Mit dem angestrebten Reifegradmodell soll es möglich sein, die Komplexität der Veränderungsprozesse auf dem Weg zum erfolgreichen Lösungsanbieter zu verstehen, handhabbar zu machen sowie praktische Handlungsempfehlungen zu geben. Für das Reifegradmodell sollen eine adäquate Architektur, relevante Dimensionen und deren angebrachte Anzahl gewählt werden.
Die Studie richtet sich an alle Industriegüterunternehmen, die an einer wirtschaftlichkeitsorientierten Vermarktung hybrider Produkte interessiert sind.
Da zu den Merkmalen und Kompetenzen eines erfolgreichen Lösungsanbieters in der Literatur bisweilen noch kein zusammenhängendes Konzept existiert (Sturm, Bading, & Schuber, 2007, S. 14), werden im Hinblick auf Umfang und Komplexität der vorliegenden Masterarbeit die zentralen Bereiche d. h. die wesentlichen Gestaltungsdimensionen eines Lösungsanbieters betrachtet.
Da nun die Problemstellung und daraus abgeleitet die Zielsetzung der Arbeit definiert worden sind, ist zu bestimmen, wie bei der Lösung der Problemstellung vorgegangen werden soll. Darauf soll im nächsten Abschnitt eingegangen werden.
2.3 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit
Die eingeschlagene Vorgehensweise, welche sich in fünf inhaltlich aufeinander aufbauende Kapitel gliedert, bildet die Struktur der vorliegenden Arbeit ab. In diesem Zusammenhang werden auch ausgewählte Methoden und Datenquellen zur Lösung der Problemstellung vorgestellt. Der Aufbau und Inhalt der Arbeit ist in Abbildung 2.1 grafisch zusammengefasst. Auf der rechten Seite der Abbildung sind zudem die angestrebten Ergebnisse der jeweiligen Kapitel der Arbeit dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Aufbau und Struktur der Arbeit
In Kapitel 1 wurde ein Überblick über die sich verändernden Entwicklungen im Markt für Investitionsgüter gegeben. Anhand von Unternehmensbeispielen konnten die Potentiale von hybriden Produkten für die Hersteller und Anbieter sowie für deren Kunden herausgestellt werden. Anschließend erfolgte eine Darlegung möglicher Herausforderungen auf dem Weg zum Lösungsanbieter. Diese Situationsanalyse bediente sich aktueller Fachliteratur.
Kapitel 2 hat die Erarbeitung der dieser Arbeit zugrundeliegenden Problemstellung sowie die daraus resultierende Zielsetzung der vorliegenden Arbeit zum Gegenstand. Das Ziel der Arbeit erklärt sich aus den in der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur sowie in der unternehmerischen Praxis festgestellten Defiziten von vorhandenen Reifegradmodellen zur Abbildung und Unterstützung der Transformation vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter. Ferner werden in diesem Kapitel die wissenschaftliche Vorgehensweise und die darin angewandte Methodik zur Zielerreichung vorgestellt.
In Kapitel 3 werden die theoretischen Grundlagen für eine fundierte Betrachtung von hybriden Produkten und deren Charakteristika geschaffen. Um den Wandel vom produktorientierten Unternehmen hin zum Lösungsanbieter und damit einen Veränderungsprozess eins Unternehmens zu verstehen, ist zunächst der grundlegende Rahmen einer solchen Unternehmensentwicklung zu erarbeiten. Anschließend werden mögliche Modelle zur Beschreibung derartiger Veränderungsprozesse analysiert. Den Hauptteil dieses Kapitels bildet die Erarbeitung von Ressourcen, Kompetenzen und Strukturen, über die ein erfolgreicher und nachhaltiger Lösungsanbieter verfügen sollte. Zudem sollen Eigenschaften erarbeitet werden, die einen erfolgreichen Lösungsanbieter auszeichnen. Abschließend werden in diesem Kapitel erforderliche Grundlagen zur Datenerhebung und der anschließenden Datenanalyse vermittelt. Das Vorgehen in diesem Kapitel erfolgt anhand einer umfassenden Sichtung und Auswertung einschlägiger, aktuell vorhandener Literatur.
In Kapitel 4 wird eine empirische Untersuchung zur Erhebung und Definition möglicher Entwicklungsstufen auf dem Weg vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter durchgeführt. Um eine entsprechend der Zielsetzung geforderte mehrdimensionale Betrachtungsweise einzunehmen, bedient sich dieses Vorgehen der in den theoretischen Grundlagen erarbeiteten Ressourcen, Kompetenzen und Eigenschaften eines Lösungsanbieters. Die Planung und Vorbereitung der empirischen Erhebung, die anschließende Durchführung sowie das eingeschlagene Vorgehen zur Datenanalyse und -auswertung werden in diesem Kapitel nachvollziehbar dokumentiert. Zudem soll in diesem Kapitel die Datengrundlage, d. h. die dem Reifegradmodell zugrunde liegenden Objekte in Form einer deskriptiven Analyse beschrieben werden.
In Kapitel 5 soll ein mehrdimensionales Reifegradmodell aus den gewonnenen Daten abgeleitet werden, welches die Entwicklung vom produzierenden Unternehmen hin zum Lösungsanbieter aufzeigt. Grundlage hierfür bildet die mittels Methoden der empirischen Sozialforschung unter Kapitel 4 erhobene Datenbasis. Daraus wird unter Verwendung multivariater Analyseverfahren ein mehrdimensionales, hierarchisch aufgebautes Reifegradmodell entwickelt. Den Abschluss dieses Kapitels bildet eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Reifegradstufen auf dem Weg zum Lösungsanbieter.
Im schließenden Kapitel 6 werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst, auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie abschließend auf den zukünftigen Forschungsbedarf eingegangen.
3 Theoretische Grundlagen und Methoden
Nachdem die Problemstellung und das Ziel der Arbeit im vorherigen Kapitel 2 definiert wurden, bedient sich dieses Kapitel entsprechend der erarbeiteten Vorgehensweise, einer umfassenden Literaturrecherche. Dabei werden theoretische Grundlagen und wissenschaftliche Methoden zur Erarbeitung eines mehrdimensionalen Reifegradmodells für den Wandel vom Produkthersteller zum Lösungsanbieter vorgestellt.
Die Struktur in diesem Kapitel umfasst die folgenden Aspekte der Lösungsfindung: Zunächst werden die theoretischen Grundlagen für eine fundierte Betrachtung von hybriden Produkten (Abschnitt 3.1) und Veränderungsprozessen in Organisationen (Abschnitt 3.2) erarbeitet. Anschließend werden im Hauptteil dieses Kapitels Eigenschaften in den Bereichen Management, Organisation, Prozesse, IT-Systemlandschaft sowie die Aspekte Markt und Kunde eines Lösungsanbieters betrachtet (Abschnitt 3.3). Abschließend werden in diesem Kapitel erforderliche Grundlagen zur Datenerhebung und Datenanalyse (Abschnitt 3.4) vermittelt.
3.1 Grundlagen hybrider Leistungsbündel
Die gezielte Kombination von Sach- und Dienstleistungen zu einem integrierten Leistungsbündel wird als hybrides Produkt bzw. Kundenlösung bezeichnet (Kersten, Zink, & Kern, 2006, S. 190; Korell & Ganz, 2000, S. 154; Spath & Demuß, 2006, S. 476ff.). Um ein eingehendes Begriffsverständnis für die weitere Arbeit zu erhalten sollen zunächst die Bündelbestandteile Sach- und Dienstleistung (Abschnitt 3.1.1), anschließend die Terminologie hybrides Produkt (Abschnitt 3.1.2) näher betrachtet werden.
3.1.1 Bündelbestandteile Sachleistung und Dienstleistung
In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Versuche unternommen, eine wissenschaftlich fundierte Abgrenzung zwischen den Begriffen Sach- und Dienstleistung vorzunehmen. Bis heute gibt es allerdings innerhalb des Schrifttums keine eindeutige Trennung zwischen den beiden Leistungstypen1 (Kleinaltenkamp, 2001, S. 40).
In der Literatur werden insbesondere zwei konstituierende Merkmale von Dienstleistungen herausgestellt und anhand dieser eine Abgrenzung zu Sachleistungen unternommen: Immaterialität und Integrativität. Unter Immaterialität wird in diesem Zusammenhang die Nichtgreifbarkeit bzw. Intangibilität des Ergebnisses eines Dienstleistungsprozesses verstanden (Fließ, 2009, S. 9; Backhaus, 2010, S. 51). Bei Sachleistungen handelt es sich hingegen um weitgehend materielle und lagerfähige Leistungen. Immaterielle Leistungen sind indessen häufig nicht lagerfähig, so dass Erbringung und Konsum zeitlich zusammenfallen (Uno-actu-Prinzip). Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für immaterielle Leistungen, welche auf Information oder Koordination zielen (z. B. Beratung, Überwachung und Analyse) ist die Verfügbarkeit der Leistung zu den erforderlichen Zeiten und in den erforderlichen Sprachen. Allerdings entfallen bei immateriellen Leistungen die oftmals sehr komplexen Logistikketten, welche bei materiellen Leistungen die Herstellungsprozesse erst ermöglichen (Böhmann & Krcmar, 2007, S. 243; Backhaus, 2010, S. 51ff.).
Neben der Immaterialität stellt die Integrativität, das heißt die Mitwirkung des Kunden - auch als externer Faktor bezeichnet - im Leistungserstellungsprozess ein weiteres, wesentliches Merkmal von Dienstleistungen dar. Die Integrativität kann insofern problematisch werden, da der Dienstleistungsanbieter bei der Erbringung bzw. Erstellung einer Dienstleistung auf die Kooperation des Nachfragers zwingend angewiesen ist. Ein direkter Kontakt zwischen Dienstleistungsanbieter und Dienstleistungsnachfrager ist daher grundsätzlich erforderlich (Engelhardt, Kleinaltenkamp, & Reckenfelderbäumer, 1993, S. 403ff.; Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 529; Backhaus, 2010, S. 51ff.; Pastowski, 2004, S. 72ff.).
Tabelle 3.1 zeigt eine zusammenfassende Gegenüberstellung der Leistungstypen Sach- und Dienstleistung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3.1: Gegenüberstellung von Sach- und Dienstleistung
(in Anlehnung an (Hartel, 2004, S. 19; Klostermann, 2008, S. 11))
Aufgrund der aufgeführten Charakteristika unterscheiden sich auch Entwicklungs- und Produktionsprozesse für materielle Leistungsergebnisse von solchen, die auf immaterielle Leistungsergebnisse abzielen.
Da nun die Bündelbestandteile Sach- und Dienstleistung näher erörtert wurden, sollen im nächsten Abschnitt hybride Produkte als kombiniertes Leistungsangebot eingeordnet und durch die Darstellung von grundsätzlichen Merkmalen näher charakterisiert werden.
3.1.2 Begriffsverständnis hybrides Produkt
Abhängig vom Integrationsgrad (Integration des externen Faktors in den Leistungserstellungsprozess) und vom Immaterialitätsgrad des Leistungsergebnisses entwickelten Engelhardt et al. eine Leistungstypologie mit vier unterschiedlichen Grundtypen (siehe Abbildung 3.1): standardisierte Sach- bzw. Dienstleistungen sowie kundenindividuelle Sach- bzw. Dienstleistungen. Darin wird auch die mangelnde Trennschärfe durch den linearen Übergang zwischen den Gegenpolen autonomer und integrativer bzw. materieller und immaterieller Leistungen verdeutlicht (Engelhardt, Kleinaltenkamp, & Reckenfelderbäumer, 1993, S. 416ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Leistungstypologische Abgrenzung
(in Anlehnung an (Engelhardt, Kleinaltenkamp, & Reckenfelderbäumer, 1993, S. 417; Burianek, Ihl, Bonnemeier, & Reichwald, 2007, S. 4)
Als gemischte Leistungsbündel lassen sich hybride Produkte in dieses Kontinuum der leistungstypologischen Abgrenzung einordnen. Der Zusatz „hybrid“ drückt dabei die konstatierte Möglichkeit der Substitution von Sach- und Dienstleistungsbestandteilen innerhalb eines hybriden Produktes aus (Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 529).
Auf Basis des heutigen Forschungsstandes werden hybride Produkte anhand dreier zentraler Merkmale definiert und von einem einfachen Verbund aus Sach- und Dienstleistungen unterschieden durch: (1) eine Kombination von Sach- und Dienstleistungen, (2) welche auf die individuellen Bedürfnisse eines Kunden ausgerichtet sind, sowie (3) eine aufeinander abgestimmte, integrierte Verzahnung von Sach- und Dienstleistungen (Kersten, Zink, & Kern, 2006, S. 192; Johansson, Krishnamurthi, & Schlissberg, 2003; Sawhney, 2006; Tuli, Kohli, & Bharadwaj, 2007; Spath & Demuß, 2006, S. 476ff.). In der deutschsprachigen Literatur werden diesem Begriffsverständnis entsprechende hybride Produkte auch als Kundenlösungen2 bezeichnet (Böhmann & Krcmar, 2007).
Auf Basis dieser Definition können die wesentlichen Aspekte Integration und Individualisierung eines hybriden Produktes abgeleitet werden. Innerhalb der Integration wird weiterhin zwischen den beiden fundamentalen Ebenen der technischen und marketingbezogenen Integration unterschieden. Die technische Integration bezeichnet die gezielte funktionale Verknüpfung der Leistungsbestandteile sowie die optimale Gestaltung der zwischen ihnen bestehenden Schnittstellen (Burianek, Ihl, Bonnemeier, & Reichwald, 2007, S. 16; Kersten, Zink, & Kern, 2006, S. 194). Die marketingbezogene Dimension der Integration zielt auf die Vermarktung der einzelnen Leistungsbestandteile als Komplettlösung ab. Für den Kunden bringt dies den Vorteil einer Betreuung aus einer Hand und der daraus resultierenden Entlastung hinsichtlich Beschaffung, Auswahl, Nutzung und Weiterverwendung der Kundenlösung (Schmitz, 2008, S. 670; Sawhney, 2006, S. 369). Durch die Integration soll der kundenseitig wahrgenommene Wert hybrider Produkte die Summe der Werte der einzelnen Leistungsbestandteile übersteigen (Sawhney, 2006; Böhmann & Krcmar, 2007). Abschließend lässt sich hierzu feststellen: Umso höher das Integrationsniveau auf der technischen und marketingbezogenen Ebene ist, umso höher ist das Potential zur Wettbewerbsdifferenzierung (Krishnamurthy, Johansson, & Schlissberg, 2003, S. 3).
Ein weiterer wesentlicher Aspekt hybrider Produkte ist die Individualisierung der Leistungen. Daraus folgt, dass hybride Produkte auf kundenindividuelle Probleme zugeschnitten sind.
Der Kunde erwirbt demzufolge nicht ein beliebig zusammengestelltes Bündel aus Sach- und Dienstleistungen, sondern ein auf seine Nutzungsanforderungen abgestimmtes, zuverlässiges Gesamtsystem (Böhmann & Krcmar, 2007, S. 244; Johansson, Krishnamurthi, & Schlissberg, 2003).
Ein hybrides Produkt kann sich aus hybriden Leistungsmodulen (HLM), reinen Dienstleistungsmodulen (DLM) und reinen Sachleistungsmodulen (SLM) zusammensetzen. Je nach Leistungsangebot zeichnet sich ein hybrides Produkt durch eine unterschiedliche Anzahl an Elementen und Beziehungen aus (Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 530). Exemplarisch ist hierzu die Strukturierung eines beliebigen hybriden Produktes in Abbildung 3.2 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.2: Strukturierung hybrider Produkte
(in Anlehnung an (Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 530))
Den Ausgangspunkt der Leistungserbringung bei hybriden Produkten stellt im Sinne der Individualisierung der Kunde mit seinen spezifischen Bedürfnissen dar (Burianek, Ihl, Bonnemeier, & Reichwald, 2007, S. 5). Infolgedessen sind die Erscheinungsformen hybrider Produkte in der Praxis sehr heterogen. So reicht das Spektrum hybrider Produkte vom Verkauf einer Anlage inklusive Installation und Wartung über den Nutzungsverkauf mit Verfügbarkeitsgarantien hin zum Betrieb der Anlage inklusive der Verantwortung für Leistungsprozesse. Burianek et al. sprechen in diesem Zusammenhang auch von funktions-, nutzungs- und ergebnisorientierten Geschäftsmodellen (Burianek, Ihl, Bonnemeier, & Reichwald, 2007, S. 4ff.; Kersten, Zink, & Kern, 2006, S. 193; Meier, Uhlmann, & Kortmann, 2005, S. 531).
In diesem Abschnitt wurden grundlegende Merkmale und Charakteristika hybrider Produkte aufgezeigt. Dadurch ist ein näheres Verständnis dieser Begriffsterminologie gegeben. Bevor allerdings ein Unternehmen dem aufgezeigten Begriffsverständnis entsprechende hybride Produkte entwickeln und erbringen kann, müssen diese gewisse Veränderungsprozesse durchlaufen. Darauf soll im nächsten Abschnitt näher eingegangen werden.
3.2 Veränderungsprozesse in Organisationen
Der Wandel von einem reinen Produzenten zum Lösungsanbieter bedingt eine ganzheitliche Neuausrichtung von Unternehmen. Modelle, welche diesen Wandel beschreiben, können hierfür als unterstützende Instrumente dienen. Den grundlegenden Rahmen für diese Modelle bilden allgemeingültige Theorien zur Beschreibung von Veränderungsprozessen (Abschnitt 3.2.1). Darauf aufbauend wird zunächst allgemein, anschließend spezifisch auf Modelle zur Beschreibung der Transformation zum Lösungsanbieter eingegangen (Abschnitt 3.2.2).
3.2.1 Theorien zur Erklärung von Veränderungsprozessen
Die Entwicklung und Veränderung einer Organisation stellt einen fortlaufenden Veränderungsprozess dar, der sich aus einer Folge von Ereignissen zusammensetzt. Van de Ven und Poole präsentieren vier idealtypische Theorien, um Veränderungsprozesse in Unternehmen zu erklären: die lebenszyklusorientierte, die teleologische, die dialektische und die evolutionäre Sicht auf Veränderungsprozesse. Diese Theorien lassen sich maßgebend anhand der Abfolge und dem kausalen Zusammenhang der Ereignisse eines Veränderungsprozesses unterscheiden (Van den Ven & Poole, 1995).
Bei der Lebenszyklustheorie folgt der Verlauf von Veränderungsereignissen in sequentiell aufeinander folgenden Phasen, die untereinander in Zusammenhang stehen. Jede Phase gilt als erforderliche Voraussetzung für die nachfolgenden Entwicklungsstufen. Veränderung wird innerhalb dieser Theorie als immanent gesehen. Das bedeutet, dass die sich verändernde Einheit von Anfang an eine eigene Logik und Vorgaben besitzt, die ihren Veränderungsprozess steuert (Friedli, 2006, S. 44ff.).
Bei der teleologischen Sichtweise richten sich die Entwicklung der sich verändernden Einheit und damit die Veränderungsprozesse an einem angestrebten Ziel- oder Endzustand aus. Um diesen zu erreichen kann es unterschiedliche, als gleichwertig anzusehende Wege geben. Im Gegensatz zur Lebenszyklustheorie ist der Veränderungsprozess nicht immanent vorgegeben.
Die dialektische Sicht geht hingegen davon aus, dass sich ein Unternehmen in einer pluralistischen Welt mit gegensätzlichen Ereignissen, Kräften und Wertvorstellungen befindet. Stabilität ergibt sich dabei aus einem Gleichgewicht der Kräfte. Veränderungen entstehen, wenn konträre Ereignisse, Kräfte oder Werte ausreichend Gewicht haben um den Status quo zu verändern.
Bei der evolutionären Theorie werden Veränderungsprozesse aus der Sichtweise der Populationen von Einheiten wie bspw. Unternehmen betrachtet. Analog zur Evolution aus der Biologie ergibt sich der Wandel durch einen Zyklus aus Variation, Selektion und Erhaltung (Van den Ven & Poole, 1995).
Jede Theorie bildet eine in sich konsistente Sicht, deren Anwendbarkeit sich anhand der Kriterien der betrachteten Einheit und dem Modus der Veränderung kategorisieren lässt. Das erste Kriterium beschreibt, ob Veränderungsprozesse für eine oder mehrere Einheiten gelten. Der Modus der Veränderung gibt hingegen an, ob der Ablauf von Veränderungsprozessen a priori vorgegeben d. h. immanent ist (präskriptiv) oder ob sich dieser erst im Zeitablauf durch ein Fortschreiten ergibt. In Abbildung 3.3 sind die grundlegenden Theorien zur Erklärung von Veränderungsprozessen anhand der Kriterien, betrachtete Einheit und Modus der Veränderung eingeordnet (Van den Ven & Poole, 1995).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.3: Prozesstheorien zur Entwicklung von Unternehmen
(Van den Ven & Poole, 1995)
Da nun grundlegende Typen von Veränderungsprozessen betrachtet wurden, soll im nächsten Abschnitt der Wandel zum Lösungsanbieter diesbezüglich kategorisiert werden. Dadurch wird es ermöglicht die diesem Wandel zu Grunde liegende theoretische Sichtweise zu explizieren (Becker & Pöppelbuß, 2010, S. 112).
3.2.2 (Reifegrad-) Modelle zur Beschreibung von Veränderungsprozessen
Modelle zur Beschreibung von Veränderungsprozessen modellieren bspw. Transformationspfade oder -prozesse und weisen unterschiedliche Charakteristika auf (Beyer, 2007; Ahlert, von Wangenheim, Kawohl, & Zimmer, 2008). Als wesentliche Modelle, die Unternehmen zur Bewältigung von Veränderungsprozessen nutzen können unterscheiden Kolk und Mauser einerseits Stufen- bzw. Reifegradmodelle sowie andererseits Typologien (Kolk & Mauser, 2002).
Eine Typologie umfasst mehrere verschiedene, konzeptionell hergeleitete Idealtypen bestimmter Einheiten. Jeder Idealtyp weist eine bestimmte Kombination von potentiell erfolgsversprechenden Attributen aus. Je näher ein Unternehmen nun einem Idealtyp kommt, desto besser wird es durch die Typologie beschrieben. Im Kontext des Wandels zum Lösungsanbieter setzen Typologien grundsätzlich nicht voraus, dass die Fähigkeit Kundenlösungen anzubieten im Zeitablauf steigt. Vielmehr kann es mehr als eine erfolgreiche Strategie geben (Kolk & Mauser, 2002).
Das Konzept der Reifegradmodelle kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und hat sich zunehmend auf andere Bereiche wie die Produktentwicklung (McGrath, 1996) oder die Entwicklung von Lieferantenbeziehungen (Macbeth & Ferguson, 1994) übertragen (Becker, Knackstedt, & Pöppelbuß, 2010). Die große Verbreitung von Reifegradmodellen ist nicht zuletzt durch den empirisch belegten positiven Einfluss auf Kosten, Termineinhaltung, Produktivität, Qualität und Kundenzufriedenheit bspw. im Bereich des Software Engineering durch einen Bericht des Software Engineering Institutes (SEI) zurück zu führen (Gibson, Goldenson, & Kost, 2006).
Reifegradmodelle repräsentieren einen antizipierten, erwünschten oder typischen Evolutionspfad für eine Klasse von Objekten. Dabei wird die Annahme getroffen, dass bestimmte Muster in der Entwicklung von Objekten existieren. Diese Muster werden als voneinander abgegrenzte, einzelne Evolutionsstufen bzw. Reifegrade beschrieben (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 297; Gottschalk, 2009). Reifegradmodelle verfügen üblicherweise über drei bis sechs Stufen, denen jeweils eine Bezeichnung zugeordnet wird. Zwei Stufen bilden mit einem initialen bzw. niedrigsten sowie einem höchsten Reifegrad zwei Extrempunkte ab. Innerhalb jedes Reifegrades werden die betrachteten Objekte anhand unterschiedlicher Dimensionen wie bspw. im Falle von Organisationen in Prozesse oder Personal weiter differenziert. Jedem Reifegrad sind eine oder mehrere universelle Anforderungen zugeordnet. Das Erfüllen der jeweiligen Anforderungen setzt spezifische Fähigkeiten einer Organisation voraus und ist Grundlage, um die nächste Stufe zu erreichen (Fraser, Moultrie, & Gregory, 2002, S. 244ff.; Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 295ff.).
Reifegradmodelle sind evaluierende, vergleichende Instrumente zur Verbesserung bestimmter Ausgangssituationen. Mit Hilfe eines solchen Modells kann anhand einer Auswahl von Anforderungen bzw. Kriterien festgestellt werden, wo sich eine Entität aktuell im Prozess befindet (Ist-Situation), um anschließend abzuleiten welche weiteren Maßnahmen zur Zielerreichung (Soll-Zustand) notwendig sind. Hierzu werden Modelle unterschieden bei denen Aktivitäten mit unterschiedlichen Reifegraden bewertet werden oder jene, bei denen eine kumulierte Anzahl Aktivitäten erfüllt sein muss um eine bestimmte Stufe zu erreichen (Fraser, Moultrie, & Gregory, 2002, S. 246; Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 295ff.).
Die Entwicklung eines Reifegradmodells ist nach Ahlemann et al. zumeist ein konsensorientierter Prozess an dem eine Vielzahl von Subjekten beteiligt sind (Ahlemann, Schroeder, & Teuteberg, 2005). Die Definition der Architektur eines Reifegradmodells stellt hierbei einen zentralen Gestaltungsparameter dar. Abbildung 3.4 zeigt hierzu unterschiedliche Architekturen zur Konstruktion von Reifegradmodellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.4: Reifegradmodell Architekturen
(Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 297)
Mit der Architektur eines Reifegradmodells werden die Dimensionen, die Gestaltungsparameter sowie deren Beziehungen und Abhängigkeiten untereinander definiert. So werden bei eindimensionalen Modellen die betrachteten Objekte lediglich anhand einer Dimension eingestuft. Bei vielen Modellen erfolgt jedoch die Differenzierung anhand mehrerer Dimensionen, die nebeneinander und/ oder hierarchisch angeordnet sein können (de Bruin, Rosemann, Freeze, & Kulkarni, 2005).
Theoretische Einordnung von Reifegradmodellen und Typologien
Wird der Versuch unternommen, Reifegradmodelle und Typologien in die vorgestellten grundlegenden Theorien zur Beschreibung von Veränderungsprozessen (siehe Abschnitt 3.2.1) einzuordnen, so basieren Reifegradmodelle nach Becker und Pöppelbuß grundlegend auf dem Lebenszykluskonzept. Typologien präsentieren hingegen insbesondere die teleologische Sichtweise. Da beide Arten von Modellen eine Kategorisierung einzelner Einheiten anhand Entwicklungsstufen oder Idealtypen zum Ziel haben, trifft die dialektische oder auch evolutionäre Theorie nicht zu (Becker & Pöppelbuß, 2010, S. 117). Lee und Kim sehen Reifegradmodelle als Vereinigung der lebenszyklusorientierten und teleologischen Sichtweise. In der Regel ist die Anwendung eines Reifegradmodells mit einer unternehmensspezifischen Zieldefinition, einer Reflektion der Fortschritte sowie eventuellen Zielanpassungen verbunden. Zudem können Reifegradmodelle nur in geringem Maße Auskunft geben, welche Maßnahmen notwendig sind, um die nächsthöhere Stufe zu erreichen. Daraus ergibt sich aus Sicht der Teleologie der Freiraum einen wünschenswerten Zustand (z. B. die höchste Reife) auf verschiedenen Wegen zu erreichen (Lee & Kim, 2001).
Reifegradmodelle zur Steuerung des Transformationsprozesses
Nach Pöppelbuß et al. lassen sich sechs einschlägige Modelle identifizieren, welche die Transformation vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter in aufeinanderfolgenden Evolutionsstufen abbilden. Grundsätzlich unterscheiden sich diese Modelle hinsichtlich der betrachteten Aspekte der Unternehmensveränderung sowie in Bezug auf die Bezeichnung und Anzahl der betrachten Evolutionsstufen (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009, S. 298).
Nachfolgend ein tabellarischer Vergleich der Entwicklungsstufen einschlägiger Reifegradmodelle3.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.5: Reifegradstufen bestehender Modelle
(Becker, Knackstedt, & Pöppelbuß, 2010, S. 2114)
Beyer definiert auf Basis von ressourcen- und kompetenzbasierten Überlegungen ein Erklärungsmodell für eine nachhaltige Professionalisierung des industriellen Servicegeschäftes. Diese servicegetriebene Unternehmenstransformation wird anhand der Gestaltungsparameter Leistungsprogramm, Führungsverhalten, Strategieformulierung, und Organisationsgestaltung beschrieben (Beyer, 2007, S. 214ff.). Hildenbrand et al. betrachten die Transformation des strategischen Dienstleitungsmanagements produzierender Unternehmen vom reinen Produktverkäufer hin zu einem produzierenden Dienstleister. Jede der insgesamt fünf Stufen spiegelt dabei einen unterschiedlichen Grad der Dienstleistungsorientierung wieder (Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 73ff.). Olivia und Kallenberg illustrieren einen vierstufigen Übergangsprozess von einem Produkthersteller zu einem Serviceanbieter. Der Fokus liegt hierbei auf daraus resultierenden organisatorischen sowie prozessbezogenen Veränderungen seitens des Produzenten (Oliva & Kallenberg, 2003, S. 164ff.). Spath und Demuß identifizieren in ihrem Reifemodell fünf Angebotstypen industrieller Dienstleistungen, mit welchen produzierende Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus ihr Sachleistungsangebot prinzipiell erweitern können (Spath & Demuß, 2006, S. 464ff.). Müller beschreibt anhand von vier Stufen insbesondere die Kommerzialisierung von industriellen Dienstleistungen. Mittels vordefinierter Kriterien und zugehörigen Ausprägungen erfolgt eine Zuordnung zu den Vermarktungssituationen von Dienstleistungen als Accessoire hin zur Ansiedlung von Dienstleistungen als Kerngeschäft einer rechtlich selbständigen Einheit (Müller, 1998). Nägele und Vossen definieren fünf unterschiedliche Stufen der Kundenintegration in die Entwicklung von neuen Dienstleistungen. Mit zunehmender Reife nimmt dabei die Intensität der Interaktion mit dem Kunden kontinuierlich zu (Nägele & Vossen, 2006, S. 535ff.).
Mit der abschließenden inhaltlichen Beschreibung bestehender Modelle zur Abbildung der Transformation zum Lösungsanbieter konnte ein eingehendes Verständnis über diesen Veränderungsprozess sowie zugrunde liegende Theorien erarbeitet werden. Im nächsten Schritt sollen nun entsprechend der definierten Vorgehensweise (Kapitel 2, Abschnitt 2.3) Ressourcen, Kompetenzen und Strukturen eines erfolgreichen Lösungsanbieters systematisch erarbeitet werden. Zudem sollen Eigenschaften erarbeitet werden, die einen erfolgreichen Lösungsanbieter auszeichnen.
3.3 Ressourcen, Kompetenzen und Eigenschaften eines Lösungsanbieters
Der Wandel vom produzierenden Unternehmen zum erfolgreichen Lösungsanbieter wirkt sich in erheblichem Maße auf die Planung, Entwicklung, Erbringung und Nutzung des Leistungsangebotes aus und bedingt in allen Bereichen des Lebenszyklus die Erforschung neuer Handlungsfelder. Voraussetzung, um als Lösungsanbieter erfolgreich zu agieren, ist hierbei die Fähigkeit, dauerhaft kundenspezifische Bündel aus Sach- und Dienstleistungen zu entwickeln und zu erbringen. Hierzu sind signifikante Veränderungen notwendig, die zahlreiche Funktionen, Abläufe, Bereiche und personelle Aspekte betreffen und mittels kurzfristiger Maßnahmen nicht zu erreichen sind (Baines, et al., 2007).
Zu den Merkmalen und Kompetenzen eines erfolgreichen Lösungsanbieters existiert in der Literatur bisweilen noch kein zusammenhängendes Konzept (Sturm, Bading, & Schuber, 2007, S. 14). Es existieren lediglich partiell Ansätze, die verschiedene Themenfelder fokussieren. Auf Basis konzeptioneller Überlegungen und einer umfassenden Literaturanalyse konnten daraus sechs Gestaltungsdimensionen identifiziert werden, die den Erfolg eines Lösungsanbieters potentiell beeinflussen können. Bei einer systematischen Analyse dieser Dimensionen können grundsätzlich drei Ebenen unterschieden werden: die Strategieebene, die operative sowie die Marktebene. Der Strategieebene können entsprechend den Inhalten die Gestaltungsdimensionen Management (Unterabschnitt 3.3.1) und Organisation (Unterabschnitt 3.3.2), der operativen Ebene die Dimensionen Prozesse (Unterabschnitt 3.3.3) sowie IT-Systeme und Technologien (Unterabschnitt 3.3.4) zugeordnet werden. Auf der Marktebene sind schließlich die Gestaltungsdimensionen Kundenorientierung und -integration (Unterabschnitt 3.3.5) und die Marktbetrachtung (Unterabschnitt 3.3.6) angesiedelt. Diese Gestaltungsdimensionen sollen nun nachfolgend systematisch und auf Grundlage des aktuellen Forschungsstandes analysiert werden.
3.3.1 Management
Den übergeordneten Rahmen der Merkmale und Fähigkeiten eines Lösungsanbieters bilden auf der Strategieebene die Gestaltungsdimensionen Management und Organisation. Lösungsanbieter verknüpfen zielgerichtet ihre Sach- und Dienstleistungen – welche auch außerhalb ihres Kerngeschäftes liegen – zu kundenspezifischen Lösungen. Dies hat zur Folge, dass innerhalb der Gestaltungsdimension Management neben der strategischen Ausrichtung (a) auch das Leistungsportfolio (b) sowie die Bepreisung der Leistungen (c) auf neue Marktgegebenheiten auszurichten sind.
a) Strategische Ausrichtung Lösungsanbieter
Unter Strategien werden im Kontext der Unternehmensführung „Wege zur Zielerreichung“ (Dillerup & Stoi, 2008, S. 121) verstanden. Diese sind nach Dillerup und Stoi zwischen der normativen und operativen Ebene der Unternehmensführung eingebettet. Gegenstand der normativen Unternehmensführung ist die Festlegung des Selbstverständnisses eines Unternehmens (Dillerup & Stoi, 2008, S. 121). Das Selbstverständnis eines Lösungsanbieters sollte sich in der Vision niederschlagen, sich zukünftig über individuelle und maßgeschneiderte Kundenlösungen und nicht durch einzigartige, innovative Produkteigenschaften vom Wettbewerb zu differenzieren (Sturm, et al., 2009, S. 35ff.; Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 79). So strebt bspw. die ProMinent Dosiertechnik GmbH vom reinen Komponentenanbieter für Dosierpumpen eine Existenz als Problemlöser für Fördertechnik an (Kiermaier, 2004, S. 18). Analog zu diesem Praxisbeispiel haben sich viele Unternehmen als Lösungsanbieter am Markt positioniert, ohne jedoch dessen Bedeutung und die Konsequenzen daraus zu hinterfragen. Neben einem dem Lösungsanbieter entsprechenden Selbstverständnis ist daher die strategische Ausrichtung auf Kundenlösungen erforderlich (Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 74f.).
Vor allem für produzierende Unternehmen muss das Ziel sein, Dienstleistungen als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie in die Innovations- und Wertschöpfungsprozesse des Unternehmens zu implementieren (Sturm, et al., 2009, S. 5). Abbildung 3.6 zeigt mit Planungsmodus 2 eine entsprechende Implementierung beim Lösungsanbieter. Planungsmodus 1 hingegen fokussiert den Produktbereich bei klassischen Produzenten von dem die Planung des Dienstleistungsbereichs abgeleitet wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.6: Gleichberechtigter Planungsmodus für Sach- und Dienstleistungen
(Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 20)
Sach- und Dienstleistungen sind in allen Bereichen gleichberechtigt zu behandeln. Inwieweit Kundenbedürfnisse durch Sach- oder Dienstleistungskomponenten erfüllt werden sollen, sollte grundsätzlich zweitrangig und entsprechend dem Begriffsverständnis hybrider Produkte (siehe Unterabschnitt 3.1.2) nicht a priori vorgegeben sein (Thomas, Walter, & Loos, 2008, S. 209f.). Gleichzeitig darf die strategische Ausrichtung als Lösungsanbieter nicht mit dem Wegfall des klassischen Produktgeschäftes mit Sachgütern gleichgesetzt werden (Niepel, 2005, S. 54).
Nach Peschl zielt die Unternehmensstrategie eines Lösungsanbieters auf ein nachhaltiges Wachstum durch die gezielte Kombination von Sach- und Dienstleistungen ab. Dieses Wachstum findet seine Grundlage in signifikanten Umsatzsteigerungen bei einer vergleichsweise höheren Rentabilität zum klassischen Produktgeschäft (Peschl, 2010, S. 105ff.). Voraussetzung für ein Wachstum durch Kundenlösungen ist eine eindeutig formulierte Wachstumsstrategie basierend auf einer Markt- und Wettbewerbsanalyse sowie einem Leistungsportfolio, welches die Bedürfnisse der jeweiligen Kundensegmente bestmöglich befriedigt. Hierzu muss die Rolle und das Verständnis von hybriden Produkten im Unternehmen geklärt und in der Unternehmensstrategie verankert werden (Sturm, et al., 2009, S. 92; Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 75). Das Verhältnis zum Kunden beispielsweise ist für viele produzierende Unternehmen durch eine beziehungsorientierte und nicht weiterhin von einer transaktionsorientierten Sichtweise geprägt (Oliva & Kallenberg, 2003, S. 168). Hildenbrand et al. veranschaulichen in
Tabelle 3.2 Veränderungsmaßnahmen und oftmals vernachlässigte Implikationen des Wandels zum Lösungsanbieter für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens. Auf diese strategischen Implikationen soll im Kontext der entsprechenden Gestaltungsdimension näher eingegangen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3.2: Veränderungsmaßnahmen und strategische Implikationen
(Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 78)
Da nun die Kernaspekte der strategischen Ausrichtung eines Lösungsanbieters betrachtet wurden, sollen nun die Auswirkungen auf das Leistungsportfolio eines Unternehmens erarbeitet werden.
b) Portfoliogestaltung Lösungsanbieter
Per Definition ist das Erbringen von maßgeschneiderten Kundenlösungen Gegenstand eines Lösungsanbieters. Darin enthalten sind auch solche Dienstleistungen, die ein hohes Maß an Kompetenz erfordern und für den Anbieter erhöhte Risiken mit sich bringen. Beispielsweise gehören hierzu Betreibermodelle oder Prozessberatung und -optimierung (Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 9). Das Leistungsportfolio eines Lösungsanbieters zeichnet sich grundsätzlich nicht durch seine Breite, sondern vielmehr durch ein auf den Unternehmens- und Wettbewerbskontext sowie auf Kundenbedürfnisse abgestimmten Leistungsumfang aus (Peschl, 2010, S. 129). Sach- und Dienstleistungen sind darin sorgfältig und gezielt aufeinander abzustimmen, um so dem Kunden das Gefühl zu geben, dass seine Bedürfnisse bestmöglich befriedigt werden (Schuh, Friedli, & Speth, 2000; Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 22). Entsprechend der strategischen Ausrichtung eines Lösungsanbieters ist die Trennung zwischen Dienstleistungs- und Sachleistungsportfolio überwiegend aufgehoben (Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 9).
Bezieht der Kunde ein hybrides Produkt von einem Lösungsanbieter, erhält dieser ein abgestimmtes Bündel aus Teilleistungen in der Regel ohne Wahlmöglichkeiten im Sinne der Angebotsform des „Pure Bundling“ (Huber & Kopsch, 2000). Diese fehlenden Wahlmöglichkeiten empfindet der Kunde aufgrund der systematischen Abstimmung der Teilleistungen und der daraus resultierenden Steigerung des wahrgenommenen Kundenwertes (siehe Unterabschnitt 3.1.2) im Idealfall nicht als negativ (Böhmann & Krcmar, 2007; Johansson, Krishnamurthi, & Schlissberg, 2003).
Die Problematik, der sich das Leistungsportfolio eines Lösungsanbieters gegenübersieht, ist der Trade-off zwischen Skalenerträgen d. h. Standardisierung vs. Individualisierung. Einerseits sind standardisierte Leistungen leicht und kostengünstig zu reproduzieren, anderseits treffen diese, individuelle Kundenbedürfnisse nur in geringem Maße und bieten daher auch nur eine begrenzte Möglichkeit zur Differenzierung im Wettbewerb. Eine reine Individualisierung von Kundenlösungen resultiert in höheren Kosten und einer im Verhältnis zum geschaffenen Kundenwert nicht kostendeckenden Gewinnmarge (Johansson, Krishnamurthi, & Schlissberg, 2003, S. 121; Burger, Bittel, Awad, Stanev, & Ovtchaorva, 2010, S. 3). Unternehmen begegnen diesem Problem, indem sie ein vordefiniertes, modulares Leistungsportfolio mit Teillösungen mit der Möglichkeit der kundenindividuellen Anpassung konzipieren. Ansätze zur Bestimmung der optimalen Granularität der individuellen Teillösungen stehen allerdings noch aus (Burger, Bittel, Awad, Stanev, & Ovtchaorva, 2010, S. 3).
Das größte Nutzenpotential eines modularen Leistungsportfolios liegt in der Möglichkeit verschiedene Leistungsangebote zu entwickeln und zu konfigurieren. Einzelne Module können unabhängig wiederverwendet, verändert und zu neuen kombiniert werden. Darüberhinaus ermöglicht eine Modularisierung die Teilstandardisierung von Leistungen sowie um Abläufe und Informationen in der Entwicklung zu strukturieren (Sanchez & Mahoney, 1996; Baldwin & Clark, 2000). Nach Sturm et al. generiert nur ein modulares, erweiterbares Leistungsportfolio kontinuierlich neue kundenindividuelle Lösungen (Sturm, Bading, & Schuber, 2007, S. 14ff.).
c) Bepreisung und Mehrwert
Nach den vorangegangenen Erkenntnissen zeichnet sich das Leistungsportfolio eines Lösungsanbieters dadurch aus, dass der Mehrwert der Kombination von Sach- und Dienstleistungen klar erkennbar ist. Für diese nutzenstiftende Kombination ist der Kunde bereit, einen höheren Preis als für die einzelnen Komponenten zu bezahlen (Sturm, et al., 2009, S. 32; Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 13). Um diese erhöhte Zahlungsbereitschaft abzugreifen und entsprechende Gewinne daraus zu generieren, sollte eine renditefokussierte Perspektive auf Kundenlösungen eingenommen werden. Zunächst erfordert das eine Transparenz über die Kosten der einzelnen Leistungsbestandteile die bspw. im Rahmen einer prozessorientierten Kalkulation zu ermitteln sind (Sturm, et al., 2009, S. 255; Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 13). Entsprechende Instrumente zur Kosten- und Erlöskontrolle müssen hierfür bei Sach- und Dienstleistungen gleichermaßen installiert sein (Sturm, Bading, & Schuber, 2007, S. 18ff.). Hildenbrand et al. empfiehlt hierzu ein Controlling-System mit quantitativen, qualitativen und finanziellen Kennzahlen aufzubauen, um eine möglichst hohe Kostentransparenz und entsprechende Kostenträger auszuwählen (Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 91).
Um die Kosten der individuellen Leistungen auszugleichen, muss der daraus resultierende Mehrwert für den Kunden klar kommuniziert werden, um aktiv am Markt entsprechende Preise durchzusetzen (Belz C., 2002, S. 206). Das Ziel für Lösungsanbieter muss es demnach sein, die höheren Kosten der individuellen Leistungen durch innovative Preismodelle wie das Value-based-Pricing auszugleichen (Gebauer & Friedli, 2005, S. 70). Dieses Vorgehen stützt sich nach Oliva und Kallenberg auf den bereits festgestellten Übergang von transaktions- zu beziehungsbasierten Kundenbeziehungen. Leistungen werden dann anstatt bei einzelner Erbringung über einen Festpreis für bestimmte Leistungen innerhalb einer vereinbarten Periode im Rahmen von Service Level Agreements (SLAs) verrechnet. In diesem Falle übernimmt der Anbieter das Risiko möglicher Störungen und Ausfälle. Die Bepreisung der Leistungen orientiert sich hierbei an der zugesicherten Verfügbarkeit, der garantierten Reaktionszeit im Störungsfall und/ oder in selteneren Fällen an geeigneten Leistungsindikatoren. Für Lösungsanbieter macht dies den Aufbau einer Wissensbasis über potentielle Fehlermöglichkeiten und -quellen erforderlich, welche gleichzeitig für die Entwicklung neuer Kundenlösungen genutzt werden kann (Oliva & Kallenberg, 2003, S. 168f.; Schuh, Friedli, & Gebauer, 2004; Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 14f.).
Zusammenfassend sind laut Niepel insbesondere die Bepreisungsstrategien des Pure Bundling, des Mixed Bundling und des Integrated Bundling für Lösungsanbieter zu wählen, da sich hier der Preis am gesamt entstehenden Nutzen und am Kunden und nicht zu sehr an den Einzelleistungen orientiert (Niepel, 2005, S. 164; Doster & Roegner, 2000, S. 54). Beim Pure Bundling werden Teilleistungen als Paket angeboten und über einen Komplettpreis verrechnet (Niepel, 2005, S. 164). Das Mixed Bundling sieht unterschiedliche Kombinationen von Einzelleistungen über einen Preisbaukasten vor, um unterschiedliche Kundentypen anzusprechen (Meffert & Bruhn, 2003, S. 544). Nur den Nutzen aus einem Leistungsbündel kauft der Kunde bei der Angebotsform des Integrated Bundling (Reinecke, 2004, S. 334ff.).
Mit abschließender Betrachtung des Gestaltungsparameters Bepreisung und Mehrwert ist die Gestaltungsdimension Management abgeschlossen. Nachfolgend soll nun auf Gestaltungsdimension Organisation eingegangen werden.
3.3.2 Organisation
Die zweite Gestaltungsdimension auf der strategischen Ebene bilden adäquate organisatorische Konzepte.
Die strategische Neuausrichtung vom produktorientieren Investitionsgüterhersteller zum kundenorientierten Lösungsanbieter erfordert tiefgreifende organisatorische Veränderungen (Nippa, Wienhold, & Piezonka, 2007, S. 1). Neben formellen Organisationsstrukturen (a) wie sie bspw. in Organigrammen beschrieben sind, müssen informelle Strukturen und Unternehmenskultur (b), individuelle Aspekte (c) sowie adäquate Strukturen für Unternehmens- und Kooperationsnetzwerke (d) geschaffen werden. Diese Gestaltungsparameter sollen nachfolgend analysiert werden. Generell lässt sich hierzu feststellen, dass in Bezug auf die Ausgestaltung der Organisation eines Lösungsanbieters eine Wissenslücke besteht (Ahlert, Kawohl, & Schefer, 2009).
a) Formelle Organisation
Für produzierende Unternehmen, die einen Wandel zum Lösungsanbieter anstreben, stellt die Art und Weise der organisatorischen Verankerung des Dienstleistungsgeschäftes eine zentrale Fragestellung innerhalb der formellen Organisation dar (Beyer, 2007, S. 282ff.; Backhaus, et al., 2010, S. 43ff.). Hierzu sehen Backhaus et al. grundsätzlich zwei Möglichkeiten: (1) die organisatorische Verankerung in einer eigenständigen, eigenverantwortlichen Geschäftseinheit oder (2) die Integration von Dienstleistungsaktivitäten in die bestehende Organisation (Backhaus, et al., 2010, S. 43ff.). Der wesentliche Vorteil einer separaten Organisation liegt in einer klaren, transparenten und effizienten Regelung von Verantwortlichkeiten. Dadurch erhält das Dienstleistungsgeschäft einen eigenen Fokus, welcher die Dienstleistungsmentalität im Unternehmen fördert (Backhaus, et al., 2010, S. 43f.; Oliva & Kallenberg, 2003, S. 166ff.). Auf der anderen Seite steht eine organisatorische Trennung von Sach- und Dienstleistungsgeschäft dem Gedanken der gezielten und abgestimmten Integration von Sach- und Dienstleistungen im Sinne hybrider Produkte entgegen (Backhaus & Weddeling, 2007; Lorenz-Meyer, 2004, S. 88). Horváth et al. fordern im Vertriebsbereich bspw. beide getrennte Vertriebsfunktionen zu einem gemeinsamen Lösungsvertrieb zusammen zu legen. Gleichzeitig sollten umsatzbasierte Anreizsysteme zugunsten mehrerer Bemessungskriterien aufgegeben werden (Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 12f.). Neben einer eigenständigen oder separaten Organisation von Dienstleistungen sehen Oliva und Kallenberg im Aufbau von globalen Servicenetzwerken mit entsprechenden Kooperationen eine dritte bzw. ergänzende organisatorische Gestaltungsmöglichkeit (Oliva & Kallenberg, 2003, S. 167f.). Ein weiteres, mit der organisatorischen Verankerung des Dienstleistungsgeschäftes interagierendes Gestaltungsfeld stellt eine stärkere Prozessorientierung dar. Prozessorientierte Organisationsstrukturen richten sich an den wertschöpfenden Aktivitäten aus, unterstützen eine aktive Kundenintegration und fördern den Gedanken des „One face to the customer“ (Schuh, Friedli, & Gebauer, 2004, S. 35; Speth, 2001, S. 58ff). Einzelne Wertschöpfungsaktivitäten aus unterschiedlichen Funktionen wie Produktion, Marketing und Verkauf werden in Form von durchgängigen Prozessen zusammengefasst. Als organisatorischen Lösungsansatz empfehlen verschiedene Autoren die Aufteilung des Wertschöpfungsprozesses in Bestandteile mit und ohne Kundenkontakt (Galbraith, 2002, S. 194ff.; Ahlert, Kawohl, & Schefer, 2009, S. 29ff.; Speth, 2001, S. 62).
Solche Prozesse und Tätigkeiten, die in Kooperation mit dem Kunden ablaufen und daher für diesen auch sichtbar sind, werden in sog. Front-End Einheiten verankert. Dessen Aufgabe ist es, die Beziehungen zum Kunden systematisch zu pflegen und Lösungen an deren Bedürfnisse auszurichten. Dies kann bspw. in Form eines Key Account Managements realisiert werden (Galbraith, 2002, S. 194ff.; Sturm, et al., 2009, S. 46f.). Zur Umsetzung von kundenindividuellen Bedürfnissen sind neben Front-End Einheiten desweiteren Back-End Einheiten erforderlich. Diese Einheiten versorgen die am Kunden agierenden Lösungseinheiten mit entsprechenden Technologien, Produkt-Plattformen und ServiceModulen. Durch modulare Angebote schaffen diese die notwendige Flexibilität gegenüber den Anfragen aus den Front-End Einheiten und fokussieren gemeinsam neue Entwicklungen. Back-End Einheiten kümmern sich ferner um die Bereitstellung und Integration von Sach- und Dienstleistungen externer Partner (Foote, Galbraith, Hope, & Miller, 2001, S. 89; Davies, Brady, & Hobday, 2006, S. 44). Abbildung 3.7 zeigt eine schematische Front-/ Back-End Organisation beim Lösungsanbieter.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.7: Front-/ Back-End Organisation beim Lösungsanbieter
(Galbraith, 2002; Sturm, et al., 2009, S. 47)
Nach Galbraith nimmt die Verlinkung und Kooperation zwischen Front- und Back-End Einheiten eine erfolgskritische Stellung ein (Galbraith, 2002, S. 200f.). Beide Einheiten verfügen gewöhnlicherweise über abweichende Ziele, Anreizsysteme, hierarchische Strukturen und Mitarbeiterprofile. Mit der Etablierung eines „Strategic Center“ sollen daraus resultierende Interessenskonflikte zwischen Front- und Back-End Einheiten ausgeglichen werden (Böhmann & Krcmar, 2007, S. 251ff.).
b) Informelle Organisation und Unternehmenskultur
Neben der bewusst gestalteten formellen Organisation übt die informelle Organisation parallel Einfluss auf Arbeitsabläufe und -beziehungen aus. Im Kontext der Erbringung hybrider Produkte wird dies nochmals dadurch unterstrichen, dass vor allem der Dienstleistungsbereich durch hohe Selbstbestimmung, Kreativität sowie Kontingenz und weniger stark durch Regelungen und Routinen gekennzeichnet ist (Rainfurth, 2003).
Prägende Elemente der informellen Organisation sind persönliche Kommunikation und Beziehungen, Führungsstil, Machtstrukturen sowie geteilte Werte und Normen. Diese und weitere Elemente werden gemeinhin unter dem Begriff der Unternehmenskultur subsummiert (Sturm, et al., 2009, S. 500f.). Darunter ist die „Gesamtheit der im Laufe der Zeit entstandenen und zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksamen Wertvorstellungen, Verhaltensvorschriften (Normen), Überzeugungen und Einstellungen zu verstehen“ (Vahs, 2007, S. 125).
Die Unternehmenskultur eines Lösungsanbieters zeichnet sich durch ein stark ausgeprägtes Servicedenken aus. Der Kunde wird mit seinen Problemstellungen in den Mittelpunkt aller Geschäftsaktivitäten gestellt. Vor allem für stark produktorientierte Hersteller geht dies mit einer kulturellen Transformation einher. Management und Mitarbeiter müssen lernen Dienstleistungen wert zu schätzen, wie man diese verkauft und anschließend auch in Rechnung stellt. Für einen Vertriebsingenieur scheint es bspw. schwer zu sein, nach dem Verkauf einer millionenschweren Anlage anschließend Vertragsabschlüsse über Reinigungsarbeiten in Höhe von $10,000 zu forcieren (Oliva & Kallenberg, 2003, S. 161ff.; Beyer, 2007, S. 306ff.). Jeder Mitarbeiter muss dementsprechend ein Bewusstsein für Kundenlösungen und deren Chancen entwickeln sowie bereit sein, sich individuell in jeden Kunden hinein zu denken und sich auf ihn ein zu lassen (Sturm, et al., 2009, S. 121ff.). Voraussetzung hierfür ist die Anpassungsfähigkeit und Bereitschaft zur Veränderung in allen Unternehmensbereichen. Die Unternehmenskultur als wertsteigernder und essentieller Faktor muss hierzu in einem langwierigen und vielschichtigen Prozess kontinuierlich gepflegt und angepasst werden (Baumbach, 1998, S. 3).
c) Individuelle Dimension und Mitarbeiterqualifikation
Neben formellen und informellen organisatorischen Strukturen werden individuelle Kompetenzen der Mitarbeiter als wesentlicher Erfolgsfaktor des Lösungsgeschäfts angesehen. Hierzu sind neue Kompetenzprofile der Beschäftigten, die an der Entwicklung und Erbringung von Lösungen beteiligt sind, erforderlich (Sturm, et al., 2009, S. 52f.). Die notwendigen Kompetenzen der Mitarbeiter unterteilen Hildenbrand et. al in eine sogenannte Tech-Dimension und eine Touch-Dimension. Die Tech-Dimension bezieht sich auf fachspezifische Anforderungen, die sich inhaltlich aus der zu erbringenden Lösung ergeben. Hierzu zählen bspw. Fachwissen, systematisch-methodisches Vorgehen, Markt- und Projektmanagement-Kenntnisse. Diese Kompetenzdimension eines Mitarbeiters wird durch seine Ausbildung und gesammelte Erfahrung manifestiert. So führt die erhöhte Komplexität hybrider Produkte bspw. dazu, dass Vertriebsmitarbeiter fundierte Kenntnisse über das eigene Leistungsportfolio wie auch über das von Kooperationspartner haben müssen (Nippa, Wienhold, & Piezonka, 2007, S. 6).
Die Touch-Dimension bezieht sich auf die interaktionsspezifische, menschlich soziale Seite der Leistungserbringung gegenüber dem Kunden (Hildenbrand, Gebauer, & Fleisch, 2006, S. 88ff.; Sturm, et al., 2009, S. 48). Die mit dem Wandel vom produzierenden Unternehmen zum Lösungsanbieter einhergehende Erhöhung der Dienstleistungsorientierung sowie die stärkere Integration des Kunden führen zu einer tendenziell zunehmenden Bedeutung der Touch-Dimension (Schuh, Friedli, & Gebauer, 2004). So ist bspw. durch die Abhängigkeit der zu verrichtenden Arbeit vom Kunden eine höhere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter gefordert, da der Arbeitstag erst mit der Lösung des Kundenproblems beendet ist (Rainfurth, 2003, S. 155). Darüberhinaus sind nach empirischen Studien von Sturm et al. neben der Kommunikations- und Dialogfähigkeit besonders eine Beratungs- und Problemlösungsfähigkeit der Mitarbeiter von Belangen (Sturm, et al., 2009, S. 58).
Um festzustellen, ob das Personal eines Unternehmens über die entsprechenden Qualifikationen für das Lösungsgeschäft verfügt eignet es sich, vorab ein SollKompetenzprofil zu entwickeln. Anschließend kann in einem Abgleich von Soll- und IstProfilen eine Bilanz der Kompetenzen aufgestellt und ggf. vorhandene Defizite aufgeklärt werden. Hierzu existiert eine Vielzahl von Kompetenzmessverfahren und Hilfstools4 (Sturm, et al., 2009, S. 172). Um die anschließende Transformation der Mitarbeiter vom Produktverkäufer zum Problemlöser zu steuern, eignet sich die Etablierung entsprechender Entlohnungs- und Anreizsysteme (Beyer, 2007, S. 310ff.).
d) Kooperationen und Netzwerke
Ganzheitliche Problemlösungen, wie es Kundenlösungen darstellen, führen dazu, dass sich die Anforderungen an die Kompetenzen eines Lösungsanbieters durch wechselnde Problemstellungen des Kunden kontinuierlich ändern. Die Kernkompetenzen des eigenen Unternehmens werden dadurch zwangsläufig überschritten. Aus diesem Grund nimmt die Nutzung von Kooperationsnetzwerken für Lösungsanbieter eine besondere Bedeutung ein (Miller, Hope, Eisenstat, Foote, & Galbraith, 2002). Auch dem Spannungsfeld zwischen Individualisierung und der wirtschaftlich notwendigen Begrenzung des Lösungsportfolios (siehe Unterabschnitt 3.3.1 – Gestaltungsparameter Portfoliogestaltung) kann mit externen Partnern entgegengewirkt werden (Horváth, Gamm, Gille, Schwab, & Seiter, 2010, S. 17). In diesem Zusammenhang sollen an dieser Stelle geeignete Organisationsformen zur Gestaltung und Erbringung von hybriden Produkten betrachtet werden. Diese reichen von der gemeinsamen Erstellung bzw. Erbringung innerhalb eines Unternehmens bis zum Aufbau kooperativer, flexibler Wertschöpfungsnetzwerke bestehend aus einer Vielzahl von Produzenten und Dienstleistern (siehe Abbildung 3.8) (Becker, Beverungen, & Knackstedt, 2008, S. 22ff.).
[...]
1 Einen exemplarischen Überblick über die Abgrenzungsversuche in der Literatur liefert (Kleinaltenkamp, 2001, S. 32ff.; Engelhardt, Kleinaltenkamp, & Reckenfelderbäumer, 1993, S. 398ff.).
2 Die Termini Kundenlösung und hybrides Produkt werden im Folgenden synonym verwendet.
3 Eine detaillierte inhaltliche Diskussion der sechs Modelle wird in (Pöppelbuß, Knackstedt, & Becker, 2009) vorgenommen.
4 Kompetenzmessverfahren und entsprechende Hilfstools werden in (Erpenbeck & von Rosenstiel, 2007) besprochen.
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