Coba, Quintana Roo, Mexiko


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

37 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Forschungsgeschichte
1.1. Gegenstand der Arbeit
1.2. Bisherige Forschung

2. Übersicht über die Halbinsel Yucatán
2.1. Geomorphologie
2.2. Hydrologie
2.3. Klima

3. Übersicht über das Areal von Cobá
3.1. Einführung
3.2. Die Subzonen
3.3. Das Zentrum
3.4. Die Gruppen des Zentrums
3.4.1. Grupo Cobá
3.4.2. Grupo Chumuc Mul
3.4.3. Grupo Las Pinturas
3.4.4. Grupo Macanxoc
3.4.5. Grupo Nohoch Mul
3.5. Die suburbanen Zonen
3.5.1. Zone „perinuclear“
3.5.2. Zone „periférica“
3.5.3. Zone „complementaria“
3.6. Die Wasserversorgung

4. Die sakbeo’ob von Cobá
4.1. Typisierung
4.2. Das System der Straßen
4.3. Funktion
4.4. Bauweise

5. Geschichte von Cobá
5.1. Archäologie
5.2. Epigraphik
5.2.1. Selektierter Inschriftenkorpus
5.2.2. Interpretation
5.3. Zusammenfassung

6. Cobá als Zentrum der Maya-Kultur

7. Abbildungen

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Gegenstand der Arbeit

Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der klassischen Mayastadt Cobá, welche sich im mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo an der Grenze zu Yucatán befindet und deren heute obertägig sichtbare Architektur und skulptierte Monumente vor allem aus der Zeit der Spätklassik datieren.

Nach einem allgemeinen Überblick über die bisherige Erforschung der Stätte (Kapitel 1.2), soll, um Cobá in seiner Umgebung zu beschreiben, eine Übersicht über die natürlichen Bedingungen der Halbinsel Yucatán erfolgen (Kapitel 2). Dem schließt sich eine Beschreibung des weiteren urbanen Areals von Cobá an. Neben einer Darstellung des eigentlichen Zentrums (Kapitel 3.3) unter besonderer Berücksichtigung seiner verschiedenen Gebäudegruppen (Kapitel 3.4) soll hierbei auch ein Abriß der sogenannten suburbanen Zonen erfolgen (Kapitel 3.5). Neben den architektonischen Befunden wird auch auf die mit Gebäuden assoziierten Monumente eingegangen, die in einem anderen Kapitel noch einmal detailliert besprochen werden.

Darauf aufbauend und damit einhergehend soll eine kurze Geschichte der Stadt skizziert werden, soweit möglich sowohl eine Siedlungsgeschichte anhand archäologischer Daten (Kapitel 5.1) als auch dynastisch und politisch anhand der Epigraphik (Kapitel 5.2).

Die Schlußbetrachtung (Kapitel 6) versucht in einer Synposis anhand der zuvor dargestellten Aussagen die Position von Cobá im Netzwerk der anderen Mayastädte darzustellen und die Stadt zu charakterisieren.

1.2 Bisherige Forschung

Die erste Erwähnung von Cobá gibt Cogolludo in seinem Werk Yucatan o sea Historia de Esta Provincia (Tomo 1, Libro 2o, Cap. V). Die Spanier machen dort einen Halt auf einem Marsch, Cogolludo bemerkt: „Determinó el Adelantado salir de Cóni (Coni) para la provincia de Choáca (Chauac Ha) y llegó al pueblo de Cobá (Coba), que ahora está despoblado [...].“.

Die erste moderne Erwähnung von Cobá gibt John Loyd Stephens im Jahre 1842, als er vom örtlichen curador in Chemax über die Existenz der Stätte informiert wird, sich aber gegen einen Besuch entscheidet (Benavides 1981a: 15). Der erste Besucher in Cobá ist Juan Peón Contreras, der im Jahr 1882 dort einige Skizzen von den beiden großen Pyramiden La Iglesia (Grupo Cobá) und Nohoch Mul (Grupo Nohoch Mul) angefertigt hat.

Der deutsch-österreichische Forschungsreisende Teobert Maler suchte Cobá im Anfang September 1891 auf. Er gab in seinem Tagebuch eine Beschreibung des Zentrums und der Pyramide Nohoch Mul und fertigte einige Skizzen über die Gesamtanlage der Stätte sowie über besagte Pyramide an, von deren Tempel er eine Fotografie erstellte (Maler 1997: 221-222, Tafel 103).

Die erste detailliertere Schilderung von Cobá gibt Thomas Gann von einem Aufenthalt im Februar 1926 (Gann 1926: 103-128), der auch gleichzeitig der Beginn von sechs weiteren kleineren Expeditionen der Carnegie Institution ist. Gann beschreibt das Areal sowie einzelne größere und kleinere Strukturen, einige sakbeo’ob und Stelen. Darüber hinaus stellt er gewisse architektonische Gemeinsamkeiten mit Tulúm fest. Gann folgten darauf Forscher wie Eric Thompson, Sylvanus Morley oder Harry Pollock. Trotz der Kürze der Aufenthalte wurde eine große Sammlung von Daten zusammengetragen, die Thompson zusammen mit Pollock und Charlot 1932 veröffentlichte. 1933 konnte Alfonso Villa Rojas die Existenz eines sakbe zwischen Cobá und dem 100 km entfernten Yaxuná nachweisen.

Erst ab 1972 fand unter Federführung des Instituto Nacional de Antropología e Historia (INAH) der Vereinigten Mexikanischen Staaten eine groß angelegte Untersuchung statt. Ab 1974 begann man mit der Ausgrabung und Konsolidierung der großen Pyramiden und assoziierter Strukturen unter Leitung von Piedad Peniche, Antonio Benavides und Fernando Robles. Gleichzeitig kartierte das Coba Archaeological Mapping Project der National Geographic Society unter William Folan und George Stuart bis 1976 etwa 30 % der Gesamtfläche des urbanen Raumes und wies die Existenz eines weiteren sakbe nach Ixil nach. Benavides und Folan fertigten auch eine Neuaufnahme des Netzes der sakbeo’ob an.

Seit 1992 führt das INAH unter der Leitung von María José Con kleinere, partielle Grabungen im Bereich verschiedener Lokalitäten durch, etwa den Ballspielplätzen, der Grupo Las Pinturas oder einem Abschnitt von sakbe 1 (José Con & Martínez Muriel 2002: 39-41). Schließlich publizierten Ian Graham und Eric von Euw 1997 die Inschriften von Cobá im Corpus of Maya Hieroglyphic Inscriptions (CMHI). Diese Zusammenfassung der Forschungsgeschichte ist ebenso weitestgehend der Einleitung des CMHI entlehnt (1997: 5-8).

2. Übersicht über die Halbinsel Yucatán

2.1 Geomorphologie

Unter dieser Überschrift sollen die physischen Charakteristika der Halbinsel Yucatán (Karte 1) vorgestellt werden. Neben der Oberflächenstruktur der Halbinsel erfolgt eine Beschreibung der Böden und der Hydrographie. Der äußerste Süden, also der Petén und angrenzende Gebiete werden nicht besprochen. Die Präsentation erfolgt im wesentlichen nach Folan et. al. (1983: 21-48).

Die Halbinsel Yucatán ist eine Platte, welche sich von Süden nach Norden bis zum Ende des Tertiär[1] aus einer flachen See emporgehoben hat (Wilhelmy 1989: 73), dementsprechend sind die hauptsächlichen Gesteine Kalkstein, Mergel und Gips. Typische Karstmerkmale sind im äußersten Nordwesten demnach kaum vorhanden, aber beginnende Lösungshohlformen sind zu beobachten, die sich gegen Südosten zum typischen Dolinenkarst entwickeln. Zum Süden nach Campeche hin, beginnend mit der Puuc-Region, erhebt sich ein eozäner[2] Kuppenkarst mit Hügelkämmen bis Höhen von 100 m, der im Westen Campeches sehr bald in den Kegelkarst des Petén übergeht. Gegen Norden ist diese Region durch die Sierrita de Ticul abgegrenzt, wohl eine Bruchstufe oder ein altes Meereskliff mit Höhen bis 270 m. Der Osten der Halbinsel mit Cobá ist charakterisiert durch flache Kalksteinkämme und zahlreiche Senken und Schüsseldolinen, die Sümpfe und Seen bilden und in nördlich-südlich laufende Falten.

Die Böden der Region lassen sich in verschiedene Kategorien einordnen. Dies sind zum einen die Mollisolen, der geläufigste Typ. Sie bilden sich dort, wo kalkiges Ausgangsmaterial den Einflüssen der Erosion ausgesetzt ist. Im Nordwesten der Halbinsel Yucatán zeigt sich dieser Boden als sog. Terra Rossa. Hydromorphische Böden finden sich in permanent und temporär überfluteten Gegenden und dort, wo oberflächennahes Grundwasser die unteren Bodenschichten bewässert. Diese Böden finden sich im Osten und Zentrum von Quintana Roo. Der Nutzen dieser Böden ist aufgrund seiner hohen Azidität begrenzt. Für das Gebiet um Cobá charakteristisch sind dunkle, kalkige Lithosolen, rezente und chemisch sehr ähnliche Verwitterungsprodukte des anstehenden Felsens, der in der Regel nicht tiefer als 50 cm liegt. Große Vorkommen von saskab, feinem Mergel, sind in diesem Areal ebenfalls nicht selten. Alluviale Böden, reich an Mineralstoffen, finden sich als Produkte von Fließgewässern erst im äußersten Süden der Halbinsel.

2.2 Hydrologie

Das wichtigste Charakteristikum von Yucatán ist das überwiegende Fehlen von oberflächigen Fließgewässern aufgrund der hohen Permeabilität der Kalke bei einem gleichzeitig sehr ausgeprägten unterirdischem Karstgerinne (Wilhelmy 1989: 73f., 76). Im Norden ist der Río Lagartos die alleinige Ausnahme. Erst im mittleren Teil markieren der Río Champotón an der West- und der Río Hondo an der Ostküste den Übergang zu einem normal entwickelten Entwässerungsnetz. Die Wasserversorgung der Bevölkerung wurde überwiegend (und wird noch teilweise) gesichert durch cenotes, Einsturzdolinen in der Karstplatte und aguadas, natürliche Eintiefungen im Boden, die weitgehend permanent Wasser führen und dessen Aussickern in den porösen Kalkstein durch lehmige Verwitterungsschichten verhindert wird. Diese Reservoirs können auch künstlich angelegt worden sein. Kleinere Wasserquellen sind haltunes, kleine, temporär gefüllte Senken und ojos de agua, hydrostatische Süßwasserquellen in der offenen See entlang der Nordküste. Größere Seen, möglicherweise das Produkt einer Kette von eingestürzten cenotes oder Faltenbildung, finden sich im Norden v.a. in Quintana Roo. Auf die Wassernutzung von Cobá wird an anderer Stelle eingegangen.

2.3 Klima

Der Norden der yukatekischen Halbinsel ist gekennzeichnet durch ein wechselfeuchtes Klima. Die maximale Niederschlagsmenge fällt in den Monaten Juli bis August, die lange Trockenzeit dauert von November bis Mai. In der Gegend von Cobá liegt der jährliche Niederschlag bei 1500-2000 mm, konzentriert in den Monaten September bis November. Bis auf einige wenige Wochen in Februar und März ist permanent Regen vorhanden.

3. Übersicht über das Areal von Cobá

3.1 Einführung

Während große Teile des Terrains um Cobá sehr flach sind, zeigen sich einige geringe Erhöhungen, die als Basis für die Anlage von Gebäudegruppen genutzt wurden, eine durchaus übliche Praxis im gesamten Mayagebiet. Eine der größeren wurde als Baugrund für die Grupo Nohoch Mul gewählt. Niedere Anhöhen tragen einige der außen liegenden Gruppen, die am Ende eines sakbe liegen. Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Gebietes ist die Konzentration von vier permanenten Seen, die im Zentrum der Stadt liegen, es sind dies von West nach Ost die Lagos Cobá, Macanxoc, Sacalpuc und Yax Laguna. Um die Seen und isoliert im Süden des Zentrums, der sogenannten Sinacal, finden sich ausgedehnte Sumpfzonen (akalche). Dieser geographischen Gegebenheit verdankt Cobá auch seinen heutigen Namen: kob ja’ bedeutet in etwa „Verfaultes Wasser“.

Die Stätte (Abbildung 1) besteht aus über 20 benannten Gruppen, etwa die Hälfte davon liegt innerhalb des 1972 festgelegten Areals des archäologischen Parks. Über 40 interne sakbeo’ob verbinden das Zentrum untereinander und die äußeren Gruppen mit diesem. Die Länge der Dammstraßen schwankt zwischen 6 m und 6 km. Eine detaillierte Zusammenfassung hat Benavides 1981 vorgestellt, eine nähere Betrachtung wird hier an geeigneter Stelle gegeben. Nach Schätzungen (Benavides 1981a: 23) dehnte sich Cobá auf mindestens 70 qkm aus. Diese Zahl stützt sie sich im wesentlichen auf das Modell der Subzonen, welches Benavides (1981a: 24) angewandt hat, sowie auf die Ausdehnung des Straßennetzes (Benavides 1981b: 185f.). Trotzdem ist diese Zahl mit Vorsicht zu genießen. Auch wenn das Modell, auf welches im folgenden eingegangen wird, ein sinnvoller Ansatzpunkt ist, hat es doch mehr qualifizierenden als quantifizierenden Charakter für die Siedlungsstrukturen eines Ortes. Das Hauptproblem ist, neben einem stets vorhanden Fehlfaktor in Kartierungen, der offene Charakter von Mayastädten, wie ihn Grube in einer neueren Zusammenfassung (2000: 554) resümiert hat. Eindeutige Stadtgrenzen, wie etwa Mauern, lassen sich zumeist nicht feststellen. Die vom Zentrum abnehmende Verwendung von Steinbauten und die zunehmende Streuung von Gebäudegruppen läßt schließlich lediglich die Formulierung von Zonen zu, die sich um den eigentlichen Siedlungskern gruppieren. Die Anwendung eines Zonenmodells findet sich auch bei Untersuchungen über andere Mayastädte, vgl. etwa die Arbeit von Sharer (1988) über Quiriguá. Dort zum Teil diachronisch durchgeführte statistische Analysen über die Quantität und räumliche Verteilung von architektonischen Merkmalen als konstituierende Elemente für die Formulierung von Zonen sowie von skulptierten Monumenten und Artefakten (Prestigegütern) gibt es über Cobá allerdings nicht. Wie im folgenden weiter ausgeführt wird, ist jedoch die Gliederung für Cobá wesentlich feiner ausgeführt, nicht zuletzt aufgrund des ausgedehnten Straßennetzes. Schließlich bemerkt Grube noch, daß „intrasite causeways, such as those found at Caracol, Yaxha and Coba connect more than just ritual areas or elite groups and show that they must have been used to faciliate communication and integration of the urban area.“ (2000: 554). Dies macht die Satelliten von Cobá damit zu echten Vorstädten und nicht zu niedriger rangierenden Siedlungen.

Da demographische Schätzungen auf zahlreichen, unpräzise zu beantworteten Prämissen beruhen (vgl. Benavides 1981c: 219), sollen auch hier keine arithmetischen Überlegungen dazu erfolgen[3]. Solange es keine umfassende, alle Zonen berücksichtigende räumliche und diachron ausgerichtete Untersuchung zu Gebäudeplattformen und Wasserspeichern gibt, steht jedwede Schätzung auf einem äußerst unsicheren Fundament, das keiner kritischen Überprüfung standhält. Aufgrund der offensichtlich eingenommenen großen Ausdehnung des Siedlungsgebietes von Cobá und der zu erwartenden urbanen Aggregation und der somit hohen Bevölkerungsdichte wird die Zahl der dort lebenden Menschen im Vergleich zu anderen, kompakteren Mayastädten höher ausgefallen sein.

3.2 Die Subzonen

Benavides (1981a: 24) unterscheidet in der Anlage und der baulichen Konstruktion von Cobá vier Subzonen (Abbildung 2), die er als „nuclear, perinuclear, periférica y complementaria“ bezeichnet[4]. Mit der Bezeichnung „nuclear“ definiert er das eigentliche Stadtzentrum, die anderen drei werden von ihm unter dem Überbegriff „suburbios“ zusammengefaßt. Im Rahmen dieser Arbeit wird diese Einteilung beibehalten, da der offene Charakter von Mayastädten, wie einleitend gesagt, nur die Formulierung von Zonen zuläßt. Die Besprechung des sogenannten Zentrums soll den größten Teil einnehmen, während die suburbanen Zonen, da auch nur unzureichend untersucht, in einzelnen, kleinen Zusammenfassungen dargestellt werden. Das Zentrum und seine einzelnen Gebäudegruppen selbst werden mit den suburbanen Zonen über ein Netzwerk von Dammstraßen, den sakbeo’ob, verbunden.

An dieser Stelle soll noch eine Bemerkung zur hier verwendeten Nomenklatur gesetzt werden. Wie Graham und Von Euw (1997: 11) schon bemängelt haben, gibt es aufgrund der großen Anzahl von Untersuchungen verschiedener Institutionen wenig Einheit bei Bezeichnungen. In dieser Arbeit sollen diese gewählt werden, welche gewohnheitsmäßig verwendet werden, bzw. Standardwerken entstammen. Gruppen werden also mit den allgemeinen Namen (Benavides 1981a) statt mit Buchstaben (Thompson et. al. 1932) bezeichnet, die sakbeo’ob nach Benavides (1981b) und skulptierte Monumente nach Graham und von Euw (1997: 12, 14).

Die Einteilung der suburbanen Zonen richtet sich vornehmlich nach einem Kriterium (Benavides 1981a: 105-115), den Entfernungen der durch die Zonen repräsentierten Gebäudegruppen vom Zentrum bzw. von den Dammstraßen. Funktionale Aspekte spielen offenbar nur eine sekundäre Rolle. Wohnfunktion haben wohl offensichtlich alle Zonen besessen, es ließe sich lediglich eine Unterscheidung gemäß des sozialen Standes treffen. Eine vorwiegend subsistentielle Nutzung postuliert Benavides (1981a: 110-114) für die Zone „complementaria“, spezielle Untersuchungen hierüber haben aber bislang noch nicht stattgefunden. Die Beschreibung der einzelnen Zonen im folgenden soll über die funktionale Nutzung dieser Komplexe bzw. einzelner Strukturen genauer Auskunft geben.

Im Gegensatz zu der zonalen Einteilung von Benavides, die zumindest Größenrichtwerte vorschlägt, ist die von Ellen Kintz (resümiert in Folan et. al. 1983: 180) offensichtlich ausschließlich aufgrund einer impressionistischen Verfahrensweise entstanden. Sie teilt ein in das Zentrum, und eine zweigeteilte suburbane Zone. Die innere Zone ist charakterisiert durch ihre Nähe zum Zentrum sowie wenige administrative und zeremonielle Strukturen inmitten vieler Wohnbauten welche durch „numerous multipurpose linear, wall-like features“ verbunden sein sollen, während in der äußeren suburbanen Zone eine deutliche Ausdünnung dieser Merkmale festzustellen sei. Während hier funktionale Aspekte stärker betont werden, als dies offensichtlich bei Benavides der Fall ist, muß man doch einen einfachen survey als Methode für diese Art von Aussagen zurückweisen, da erst archäologische Arbeiten in Form einer Grabung genaue Daten über die Raumnutzung liefern.

3.3 Das Zentrum

Das Zentrum (Abbildung 3) selbst besteht nach Benavides (1981a: 25) aus vier Gruppen, es sind die Grupos Cobá, Chumuc Mul und Nohoch Mul, die sich in nordöstlicher Richtung oberhalb des Lago Macanxoc erstrecken und die Grupo Macanxoc südöstlich des Sees. Nördlich des Lago Macanxoc befindet sich eine ausgedehnte, erhöhte Fläche, die als „gran nivelación“ bezeichnet wird. Sie umfaßt große Teile des Zentrums, die Grupos Cobá, Chumuc Mul sowie Las Pinturas. Sowohl Benavides (1981a: 25) als auch Folan et al. 1983: 51) zählen Grupo Nohoch Mul noch mit dazu, auch wenn sie an anderer Stelle gegenteilig behaupten, daß besagte Gruppe auf einer eigenen Erhebung liegt. Zum Osten hin begrenzt wird die gran nivelación durch sakbe 8, zum Westen hin ist die Abgrenzung unregelmäßiger. Das Areal, das von diesem Zentrum bedeckt wird, liegt bei etwa 1,5 (Folan et. al. 1983: 51) bis 2 (Benavides 1981a: 24) qkm. Folan (Folan et. al. 1983: 51) setzt für das Zentrum drei prinzipielle Gruppen an, Grupo Macanxoc fällt aufgrund seiner leicht peripheren Lage in dieser Zusammenfassung heraus. Vom Zentrum aus erstrecken sich alle sakbeo’ob in die suburbanen Zonen. Grupo Cobá dient als Ausgangspunkt für sakbe 16 nach Ixil und Grupo Nohoch Mul für sakbe 1 nach Yaxuná. Die einzelnen Gruppen werden ausführlich in Kapitel 3.4 abgehandelt. Neben den großen architektonischen Komplexen, die überwiegend aus der Zeit der Späten Klassik datieren, sind während der Postklassik vereinzelte Wohneinheiten auf den plazas der Hauptgruppen errichtet worden (Benavides 1981c: 211).

Das Zentrum besitzt mehrere Funktionen. Im Gegensatz zu den anderen Zonen des Stadtgebietes von Cobá besitzt es den Charakter einer „öffentlichen Anlage“. Mit diesem modernen Begriff soll auf die Existenz von nicht dem Wohnzwecke dienenden Strukturen verwiesen werden. Hierzu zählen vornehmlich plazas und mit diesen konzeptionell verbundene repräsentative Bauten wie Ballspielplätze, Tempelpyramiden und den damit assoziierten Standorten von skulptierten Monumenten. Wie in anderen Mayastädten auch muß das Zentrum von Cobá ebenfalls einen Gebäudekomplex als Wohnstatt und administrativen Knotenpunkt der herrschenden Elite beherbergt haben. Eine solche Anlage, traditionell als „Palast“ oder teils als „Akropolis“ bezeichnet, ist für Cobá bislang noch nicht beschrieben worden. Die architekturelle Anordnung der Strukturen im Osten der Grupo Cobá zwischen La Iglesia und dem Ufer des Lago Macanxoc können jedoch Hinweis auf einen solchen Palast sein. Aufgrund der schlechten Forschungslage im Bereich der Grupo Chumuc Mul könnte diese als Lokalität ebenfalls in Frage kommen.

3.4 Die Gruppen des Zentrums

Im folgenden sollen die prinzipiellen architektonischen Gebäudegruppen des zuvor abgehandelten Zentrums im einzelnen beschrieben werden. Bestimmte Strukturen und Gebäudekomplexe besonderer Signifikanz sollen dabei besonders berücksichtigt werden[5]. Ebenso verdienen mit bestimmten Befunden assoziierte Funde, etwa skulptierte Monumente oder die Niederlegung von Opferdepots, eine nähere Beschreibung.

3.4.1 Grupo Cobá

Die Grupo Cobá (Gruppe B, Benavides 1981a: 30-54, Abbildung 4) liegt am nördlichen Seeufer des Lago Macanxoc. Die einzelnen Strukturen bilden grob ein Rechteck von 400 mal 200 Metern in ost-westlicher Richtung. Das Areal läßt sich in drei Bereiche unterteilen. Im Westen findet sich eine große plaza, die im Norden, Westen und Süden von großen Plattformen abgegrenzt wird, im Osten von einer Konglomeration von verschiedenen Gebäudetypen: Pyramidalbasen mit Tempelgebäuden, Plattformen, patio -gerichtete Wohneinheiten, Treppen sowie ein Ballspielplatz. – Fünf sakbeo’ob verbinden die Gruppe mit anderen Einheiten. Sakbe 16 führt nach Ixil, die sakbeo’ob 3 und 15 in die peripheren Satelliten San Pedro und Kitamná, sakbe 21 nach Pech Mul und sakbe 4 zur Gruppe Nohoch Mul.

Die größte Struktur innerhalb der Grupo Cobá ist die so genannte Pyramide La Iglesia (Struktur II, Benavides 1984a: 34-38). Über eine Treppe von fünf Stufen gelangt man von der großen plaza zu einem erhöhten patio, von dem eine Treppe den Zugang zu den Resten eines an der Spitze befindlichen Tempels ermöglicht, der einst ein Steindach getragen hat. Der Baukörper besteht aus neun Stufen mit gerundeten Ecken, die insgesamt eine Höhe von 24 Metern erreichen. Die ersten beiden Stufen werden im Westen fast vollständig vom patio überlagert. Auf Höhe der zweiten Stufe befinden sich zwei kleine Tempelgebäude zu beiden Seiten der Treppe. – Wie die archäologischen Untersuchungen gezeigt haben (Benavides 1984a: 36-38), kann man drei Konstruktionsphasen unterscheiden. Während der ersten Phase wurden auf dem Niveau des patio drei Gebäude errichtet, die ihn nach Westen offen ließen. Im Osten des patio findet sich das ursprüngliche Fundament der La Iglesia. Während der zweiten Phase wurde das zentrale Gebäude der patio -gerichteten Gruppe zu großen Teilen mit einer Treppe überbaut, die zur Spitze der Pyramide führte. In der letzten Konstruktionsphase wurde die Pyramide erneut überbaut, die Treppe wurde dabei verbreitert und bedeckte nun komplett das zentrale Gebäude des patio, ebenso wurden Teile der flankierenden Gebäude überdeckt. Die Erweiterung von La Iglesia führt auch zur Aufstockung auf neun Terrassen mit abgerundeten Ecken. Im patio wurden zwei kleine rechteckige Altarplattformen errichtet, ebenso eine U-förmige, die Stele 11 aufnahm. Der neue Tempel wurde mit einer Opfergabe eingeweiht (Benavides 1981a: 38, Fig. 11), die unter anderem Keramiken der Endklassik, davon ein Räuchergefäß, verschiedene teils inzisierte Kleinartefakte aus Jade, Jadeit, Serpentin und Muscheln. Besonders hervorzuheben ist eine kleine Jadefigur, die Gott K darstellt und wohl aus der Zeit der Spätklassik stammt und damit ein wiederverwendetes Stück ist. Nach der Einweihung des Tempels wurde dessen Inneres, das Stele 33 beherbergte, mehrmals durch Mauern verkleinert. – Zur Plattform des patio und dem nördlichen Gebäude führt die sogenannte Escalinta K’an vom Niveau der plaza hinauf, die aber anscheinend nicht mit einer Konstruktionsphase assoziiert werden kann (José Con 2000: 47). Die Treppe hat ihren Namen von insgesamt 15 in die Stufen reliefierten K’an-Hieroglyphen erhalten. An den Treppenwangen ist auf jeder Seite ein Affenkopf mit einem Zapfen in das Mauerwerk eingefügt.

Südlich von La Iglesia findet sich Struktur IV (Benavides 1981a: 48-54), eine Plattform von etwa 25 mal 30 Metern bei fünf Metern Höhe. Drei Merkmale im Befund sind besonders auffällig. Zum einen erfolgt der Zugang über eine fliegende Treppe von 18 Metern Breite, die mit einem falschen Gewölbe untertunnelt wurde. An der rückwärtigen Mauer des oben befindlichen Gebäudes finden sich Reste des einstigen Stucküberzugs, an dem noch gut erhaltene Reste von Bemalung auch in Form von Hieroglyphen zu finden sind (vgl. José Con & Martínez Muriel 2002: 37). Weiterhin hat das frühere Gebäude einen Dachkamm von etwa einem Meter Dicke getragen, der aus einer soliden Mauer bestand, die sich aus einer tragenden Wand über das Dach gezogen hat.

Das zweite wichtige Bauwerk der Grupo Cobá ist der Ballspielplatz (Struktur XVII, Benavides 1981a: 42-48, José Con 2000) im Norden der patio -Plattform von La Iglesia und der Escalinta K’an. Cobá ist die nordöstlichste Stadt, die über Ballspielplätze verfügt (José Con 2000: 28). Der Ballspielplatz wurde erst von 1996 bis 1998 archäologisch untersucht und konsolidiert. Das Spielfeld ist in nord-südlicher Richtung orientiert und an den Schmalseiten offen. Das Mauerwerk, das die seitliche Spielfeldbegrenzung bildet, ist in der Form eines talud ausgebildet und schließt oben mit einem Kranzgesims ab. Der talud geht aus von einer vertikalen Bankette, welche ebenfalls die nördliche und südliche Kante eines jeden Baukörpers umfaßt. Jeder Flügel des Ballspielplatzes ist in der Mitte mit einem steinernen Ring direkt unterhalb des Gesimses versehen. Vier Wandtafeln sind in die taludes eingebracht (vgl. José Con 2000: 42-43). Jeder Flügel bildet mit der spielfeldabgewandten Seite eine Plattform aus, die ein Gebäude getragen hat. Beide Plattformen sind über eine breite Treppe im Norden und eine schmale im Süden zu erreichen, die östliche zusätzlich über einen breiten Aufgang im Osten. Im Westen des Ballspielplatzes ist in postklassischen Zeiten eine niedrige Plattform angebaut worden, welche die Stelen 9 und 10 beherbergt. Die keramische Sequenz für Struktur XVII zeigt Material, welches vom Komplex Añejo[6] bis zu Phase Seco[7] reicht (José Con 2000: 31). Keramiken der Phase Añejo zeigen die bereits sehr frühe Anlage eines Ballspielplatzes in Cobá an, darüber hinaus bilden Scherben dieses Komplexes auch den größten Anteil an Keramik in diesem Bereich. Die Gebäude auf den Plattformen wurden während der Frühklassik errichtet. Auch wenn der Ballspielplatz selbst seit dem Ende der Klassik anscheinend nicht mehr benutzt wurde, erfüllten die Räumlichkeiten noch während der Postklassik einen Wohnzweck. – Im äußersten Süden des Spielfeldes fand sich ein Opferdepot (José Con 2000: 39) zwischen dem Stuckboden und dem darunterliegenden Fundament aus Bruchsteinen. Der Inhalt besteht aus verschiedenen Kleinfunden aus Jade, Jadeit, Grünstein, Obsidian, Pyrit, Muschelschalen und Schneckengehäusen (vgl. José Con & Martínez Muriel 2002: 39, 40) sowie zahlreichen Plättchen aus den gleichen Materialien, die wohl einst Bestandteile eines Mosaiks gewesen sind[8], dessen Unterlage vergangen ist.

3.4.2 Grupo Chumuc Mul

Diese Gruppe (Benavides 1981a: 94) ist die am wenigsten erforschte innerhalb des Zentrums von Cobá. Bis zum heutigen Tage haben dort weder Ausgrabungen noch Konsolidierungsarbeiten stattgefunden. Die Gruppe befindet sich zwischen den Grupos Cobá und Nohoch Mul. Mit beiden ist sie über sakbe 4 verbunden, über sakbe 2 mit der peripheren Ansiedlung Los Altares im Norden (siehe Kapitel 3.5.2). In einem Areal von etwa 200 mal 200 Metern finden sich eine große Ansammlung von Wohngebäuden mit Resten von steinernen Kraggewölben, die sich um vier große plazas gruppieren. Die Gebäude datieren wohl aus der Klassik und entsprechen in ihrem Baustil Bauten des Petén. Einige postklassische Konstruktionen sind dagegen im Stil der Ostküste[9] gehalten. Wie es bereits in Kapitel 3.3 angeklungen ist, hat es sich bei der Grupo Chumuc Mul wohl primär um eine elitäre Wohnanlage gehandelt, wenn sie nicht vielleicht sogar Sitz der herrschenden Linie von Cobá war.

3.4.3 Grupo Las Pinturas

Bei dieser Gruppe gibt es terminologische Unstimmigkeiten. Wurde sie von Thompson (Thompson et. al. 1932) ursprünglich als Gruppe D bezeichnet, so schlägt Benavides (1981a: 94-96) keine neue Benennung vor, jedoch kann man beispielsweise auf den Hinweistafeln vor Ort die Bezeichnung Grupo Las Pinturas finden, benannt nach der Hauptansammlung von Strukturen innerhalb dieser Gruppe. Die Grenzen der Gruppe werden gebildet durch die Grupo Nohoch Mul im Norden, die Grupo Cobá und das Ufer des Lago Macanxoc im Süden, sakbe 4 im Westen und Teile von sakbe 8 im Osten. Die diese Gruppe bildenden Strukturen vereinen sich zu lose verteilten Ansammlungen („conjuntos“). Die wichtigsten und bislang eingehender erforschten sind der bereits genannte Conjunto Las Pinturas und der Templo del Señor Thompson. Alle bislang erforschten Reste von Architektur stammen aus der „[...] letzten Siedlungsperiode der Stadt“ (Benavides 1981a: 96, Übers. des Verf.), womit wohl die Zeit der Spätklassik und Frühen Postklassik gemeint ist, da eine Reihe von skulptierten Stelen mit Strukturen assoziiert sind und sich gleichzeitig Bauten im Stil der Ostküste finden.

Der Conjunto Las Pinturas (Benavides 1981a: 96-100, Abbildung 5) besteht aus etwa zwanzig Strukturen, von denen bislang nur einige ausgegraben und konsolidiert worden sind. Die Hauptstruktur bildet eine pyramidale Plattform (Struktur I) mit fünf Stufen. Die bauliche Qualität weist auf ein relativ spätes Entstehungsdatum hin. Auf der Plattform befindet sich ein kleiner Tempel, dessen Türsturz Reste von Malereien aufweist. Sie sind ähnlich denen, die man in anderen postklassischen Gebäuden der Ostküste von Quintana Roo gefunden hat. Es handelt sich um rechteckige Felder und Kartuschen, die Hieroglyphen und Numerale beinhaltet haben (vgl. José Con & Martínez Muriel 2002: 37).

Die Treppe der Pyramide ist teilweise überbaut mit einem Sanktuar mit Kraggewölbe (Struktur II), in dessen Inneren man auf einer Bankette Stele 27 gefunden hat. Vor dieser Struktur fanden sich dreizehn kleine, quadratische Altäre. – Im Süden findet sich Struktur III, eine Plattform umrundet von einer niedrigen Mauer und zwei Reihen von je sieben Säulen. Auf der Plattform hat man zahlreiche Fragmente von figürlichen Räuchergefäßen gefunden, die ähnlich denen aus Tulúm, Mayapán und Cancún sind (Benavides 1981a: Fig. 44). – An anderen Bauten sind noch die Struktur IV zu erwähnen, mit der Stele 26 assoziiert ist, sowie Struktur V, welche die Gruppe nach Süden begrenzt. Eine kleine, U-förmige Plattform bildete den Standort für Stele 28.

Etwa siebzig Meter im Osten von Struktur I des Conjunto Las Pinturas befindet sich der Templo del Señor Thompson, eine kleine, fünfstufige Pyramide mit Sanktuar. Im Inneren fanden sich Reste von Opferdepots und anthropomorphen Räuchergefäßen.

3.4.4 Grupo Macanxoc

Diese Einheit (Gruppe A, Benavides 1981a: 80-94, Abbildung 6) ist durch sakbe 9 mit der gran nivelación im Westen verbunden. Die Gruppe befindet sich auf einer irregulären Plattform von etwa 250 mal 100 Metern, ihre Höhe schwankt zwischen einem und vier Metern, abhängig vom Bodenniveau. Allerdings hat diese Gruppe hinsichtlich der Archäologie weniger Beachtung erfahren als durch die Präsenz von acht skulptierten Stelen und acht undekorierten Altären.

Im Gegensatz zu den anderen untersuchten Gruppen Cobá und Nohoch Mul scheint die Anordnung von Strukturen innerhalb der Grupo Macanxoc keiner Orientierung zu folgen. Die Verteilung und die Charakteristika der Gebäude, zusammen mit ihrer Assoziation mit Stelen und Altären, daß die Gruppe als Schauplatz für verschiedene Zeremonien gedient hat. Benavides (1981a: 84) führt als Beispiel den Hauptzugang zur Gruppe an. Sakbe 9 mit 20 Metern Umfang bildet die breiteste Dammstraße in Cobá, ihr Endpunkt auf einem weitläufigen Platz führt direkt zu einer rechteckigen Plattform, auf der Stele 1 errichtet wurde, die, auf allen vier Seiten skulptiert, zwei Herrscherdarstellungen tragend und mit 313 Blöcken Text versehen, das imposanteste Monument im Korpus von Cobá bildet. Zum anderen hat man sehr wenige Gebäude mit Gewölben gefunden, deren kleine Räumlichkeiten nicht dem Wohnzweck gedient haben können. Gleichfalls fehlen Plattformen, die als Unterbauten für Wohnungen gedient haben, oder entsprechende Grundmauern.

An Strukturen seien vielleicht folgende erwähnt. Struktur II im Süden Gruppe ist eine pyramidale Plattform, zu deren Spitze eine Treppe führt. In einem Sanktuar unterhalb der Treppe wurde Stele 4 aufgefunden, zusammen mit einem Opferdepot bestehend aus verschiedenen Objekten mariner Herkunft und einigen Jadeit-Fragmenten. Die Qualität des Depots und die Zeitstellung der Keramik scheint darauf hinzudeuten, daß die Stele in postklassischer Zeit dort anscheinend rituell beerdigt[10] worden ist. – Struktur V im Osten der Gruppe ist eine aus mehreren Gebäuden bestehende, patio -gerichtete Ansammlung. Nähere Angaben sind der Literatur leider nicht zu entnehmen, jedoch fanden sich auf einer Plattform vor der Struktur Stele 6, auf der Treppe eines Seitengebäudes Stele 5 und auf einer Plattform im patio Stele 7.

3.4.5 Grupo Nohoch Mul

Die Grupo Nohoch Mul (Benavides 1981a: 54-80, Abbildung 7) befindet sich etwa einen Kilometer nordöstlich der Grupo Cobá und ist auf einer natürlichen Geländeerhebung errichtet worden. Sie bedeckt eine Fläche von etwa 400 mal 600 Metern. Mit Struktur I, der Pyramide Nohoch Mul, beherbergt die Gruppe das größte Gebäude in der gesamten archäologischen Zone. Zur Grupo Nohoch Mul gehören noch einige, etwas peripher liegende Strukturen, so die Pyramide Xaibé und einen Ballspielplatz im Süden des eigentlichen Kernes. Die Gruppe ist durch eine ganze Reihe von sakbeo’ob mit anderen Lokalitäten verbunden. Besonders wichtig ist sakbe 1 nach Yaxuná, mit sakbe 4 ist sie mit der Grupo Cobá verbunden. Die Wege 5, 6 und 8 verbinden sie mit den Satelliten Telcox, Chan Mul und Kucican.

[...]


[1] Tertiär: Geologische Periode, 65 bis 1,63 Mio. Jahre vor unserer Zeit.

[2] Eozän: Epoche innerhalb des Tertiär, 56,5 bis 35,4 Mio. Jahre vor unserer Zeit.

[3] Es sei aber auf die Angaben der Literatur verwiesen: Benavides 1981c: 219.

[4] Basierend auf einem älteren Modell, vgl. Benavides 1981c: 210-215.

[5] Die meisten in diesem Abschnitt dargestellten Befunde und Erkenntnisse basieren auf den vom INAH durchgeführten Untersuchungen der 1970er Jahre.

[6] Datiert aus der späten Präklassik und kann mit der Phase Chicanel parallel gesetzt werden, siehe auch Kapitel 5.1.

[7] Datiert aus der mittleren Postklassik bis zur Conquista.

[8] Für Objekte vergleichbarer Fabrikationstechnik vgl. etwa verschiedene Artefakte, die aus dem Cenote de Sacrificios in Chichén Itzá stammen (Coggins & Shane 1984: Figs. 113, 114,123, 125), die Türkisscheibe aus dem Tempel des Chacmool in Chichén Itzá (Sharer 1994: Fig. 7.14) oder das Fußbodenmosaik aus Grab 49 in Topoxté (Wurster 2000: Fig. 96).

[9] Eine nähere Beschreibung dieses Stils folgt in der Abhandlung über den Tempel der Pyramide Nohoch Mul in Kapitel 3.4.5.

[10] Die Praxis, auch skulptierte Monumente rituell zu bestatten ist nicht ungewöhnlich. Beispiele hierfür wären in Cobá noch Stele 29 (Tempel 2 der Pyramide Nohoch Mul) TIK St. 31 (Tempel 33-sub2) oder TIK St. 40 (Tempel 29). Leider findet sich in den Berichten über Stele 4 keine Erwähnung etwa über den Einsatz von saskab.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Coba, Quintana Roo, Mexiko
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
37
Katalognummer
V51756
ISBN (eBook)
9783638476409
ISBN (Buch)
9783656795148
Dateigröße
1389 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text
Schlagworte
Coba, Quintana, Mexiko
Arbeit zitieren
Sven Gronemeyer (Autor:in), 2003, Coba, Quintana Roo, Mexiko, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51756

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Coba, Quintana Roo, Mexiko



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden