Wer darf was in der Notfallmedizin? Recht und Vorbehaltsaufgaben der berufsgrupplichen Heilkundler im Vergleich


Hausarbeit, 2018

26 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungen

1 Einführung
1.1 Begriffserklärung
1.1.1 Ärztliche Tätigkeit
1.1.2 Pflegerische Tätigkeit
1.1.3 Notfall, medizinisch

2 Delegation und Substitution
2.1 Delegation
2.2 Substitution
2.3 Juristische Lage
2.4 Häufig delegierte Maßnahmen

3 Gesundheits- und Krankenpflege

4 Notfallsanitäter

5 Heilpraktiker

6 Ärzte

7 Fachqualifikationen
7.1 Advanced Nursing Practice
7.2 Fachpflege Anästhesie- und Intensivmedizin
7.3 Fachpflege Notfallmedizin

8 Ausblick

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 - Vergleichende Übersicht über die verschiedenen Berufsgruppen

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Seit vielen Jahren gibt es in Deutschland im Gesundheitsbereich zahlreiche verschiedene Professionen und Berufe mit unterschiedlichen Aufgaben, Fachbereichen und Kompetenzen. Der Gesetzgeber hat versucht, und versucht noch immer, diese einzelnen Bereiche voneinander zu unterscheiden und für diese Rechte und Pflichten, Aufgaben- und Kompetenzbereiche zu definieren. Dabei kommt es zwischen den einzelnen Bereichen zu Überschneidungen und auch Unklarheiten, gerade dort, wo mehrere Berufe unterschiedlicher Qualifikationen zusammenarbeiten.

In dieser Arbeit soll der Bereiche der Notfallmedizin, also die Notaufnahme und der Rettungsdienst, besonders betrachtet und auf seine rechtlichen Strukturen hin aufgeschlüsselt werden. In diesem Zusammenhang soll ebenfalls erörtert werden, welche rechtlichen Rahmenbedingungen vorhanden sind, um eine Delegation oder gar die Substitution ärztlicher Maßnahmen auf nicht-ärztliches Personal zu übertragen, beziehungsweise welche Bedingungen noch dafür geschaffen und erprobt werden müssen.

Wie Dreier et al in ihrem Journal von 2012 beschreiben, besteht in Deutschland ein zunehmender Versorgungsbedarf an medizinischen und pflegerischen Leistungen, der jedoch mit dem aktuellen Stand der Versorgungsstrukturen nicht gedeckt werden kann. Eine Möglichkeit der Verbesserung, sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht, wäre es, der Pflege erweiterte Kompetenzen einzuräumen und sie so mehr in den gesamten Versorgungsprozess zu integrieren. Weiter beschreiben Dreier et al, dass es laut Blum und Löffert im ambulanten Versorgungsbereich rund 3.600 nicht besetzte ärztliche Stellen existieren und in den Kliniken sogar 6.000 Stellen offen bleiben werden.

In anderen Ländern, wie im angelsächsischen und im angloamerikanischen Raum, Skandinavien und den Niederlanden, werden Aufgaben aus diesen Bereichen wegen des gleichen Mangels an Ärzten schon seit Längerem von spezialisierten Pflegekräften übernommen beziehungsweise unterstützt. Ein solches System wäre für Deutschland durchaus denkbar und ist auch schon in Teilen in der Planungs- und Erprobungsphase. Doch bis sich Konzepte wie Advanced Nursing Practice oder Nurse Practitioner bei uns etablieren und durchsetzen werden ist es noch ein langer Weg.

Diese Arbeit soll einen Schritt dazu beitragen und die aktuell vorhandenen Möglichkeiten der verschiedenen Berufsgruppen erläutern, vergleichen und die nötigen Änderungen beleuchten und erörtern.

1.1 Begriffserklärung

Hinleitend dazu, sollen einige Begriffe genauer betrachtet und erläutert werden.

1.1.1 Ärztliche Tätigkeit

„Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheit, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“ (§1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz)

Das Tätigkeitsfeld des Arztes wird noch immer über diese Definition beschrieben und stammt aus dem Jahre 1939. Danach gibt es auch keine Tätigkeit in der Medizin, die nicht als ärztliche Aufgabe zu werten wäre. Diese weitgefasste Umschreibung der ärztlichen Aufgaben bietet ein so breites Spektrum, dass die Delegation von Maßnahmen unausweichlich ist. (vgl. Großkopf/ Klein,2012, S.219)

Gesondert hiervon zu betrachten sind Vorbehaltsaufgaben, die per Definition nur von einem Arzt durchgeführt werden dürfen und somit nicht delegierbar sind. Hierzu zählen Transfusion, Arzneimittelverordnung, Aufklärung und Diagnosestellung, welche über Gesetze wie das Transfusions- und Transplantationsgesetz, das Arzneimittelgesetz und die Strahlenschutzverordnung geregelt sind.

1.1.2 Pflegerische Tätigkeit

Der Gesetzgeber hat im Berufsgesetz lediglich die Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpfleger/in nach Artikel 74 Absatz 1 Nr. 19 Grundgesetz geschützt. Es war und ist zu Teilen immer noch nicht definiert, was pflegerische Tätigkeiten sind, da es bis zur Einführung des neuen Pflegeberufsgesetzes keine Vorbehaltsaufgaben gab. Es wird zwischen Grund- und Behandlungspflege unterschieden, wobei der Übergang zwischen ärztlich delegierten Maßnahmen und Behandlungspflege fließend ist. (vgl Großkopf/Klein, 2012, S.221f)

Erst das neue Pflegeberufsgesetz legt Vorbehaltsaufgaben für staatlich examinierte Pflegekräfte fest.

„Die pflegerischen Aufgaben im Sinne des Absatzes 1 umfassen

1. die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfsnach § 5 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,
2. die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses nach § 5 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b sowie
3. die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege nach § 5 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe d.“

(§4 Abs.2 Gesetz über die Pflegeberufe)

Tätigkeiten wie Grund- und Behandlungspflege sind damit weiterhin delegierbar und nicht fest definiert. Maßnahmen der Behandlungspflege, die ärztlich angeordnet wurden und somit an eine Fachpflegeperson delegiert wurden, können nicht weiter delegiert werden, da so die Anordnungsverantwortung nicht mehr gegeben wäre. (vgl. Großkopf/Klein, 2012, S. 214)

1.1.3 Notfall, medizinisch

In der Medizin wird ein Notfall als Situation beschrieben, bei der ohne sofortiges Eingreifen es zu schweren bleibenden Schäden kommen kann oder die zum Tod führen kann. Hierbei kommt es zu massiven Einschränkungen der Lebensfunktionen wie Atmung, Bewusstsein und Herz-Kreislauf-Aktivität.

In der Sozialgesetzgebung gilt jede Situation der akuten Bedrohung für die Gesundheit als Notfall. Kann der Patient nicht innerhalb des zeitlich notwendigen Rahmens behandelt werden um Schäden von ihm abzuwenden oder zu lindern, darf er von einem Nicht-Arzt behandelt werden.

(vgl. Nicolay, Antwerpes, 2007)

2 Delegation und Substitution

2.1 Delegation

Im medizinisch-juristischen Sinne gibt es keine Definition von Delegation.

Delegation bedeutet in der Medizin die Übertragung einer heilkundlichen Tätigkeit auf nichtärztliches Personal, in diesem Fall eine Pflegekraft oder einen Notfallsanitäter. Nicht jede Maßnahme kann delegiert werden und es sind dabei Richtlinien und Gesetze einzuhalten. Bei einer Delegation muss es immer zu einer Anordnung durch den Arzt kommen, in dessen Verantwortung letzten Endes diese Maßnahme bleibt. Es kann nur die Durchführung und die damit verbundene Verantwortung übertragen werden. Die Delegation ist von der reinen Assistenz zu unterscheiden. (vgl. wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, 2016, S.12f)

Als Erweiterung der Einzelfalldelegation kann auch eine generelle Delegation stattfinden. Hierbei wird eine Maßnahme von einem Arzt für bestimmte Fallkonstellationen oder Situationen an eine fachkundige Kraft übertragen und muss nicht jedes Mal neu angeordnet und überprüft werden. Die rechtlichen Grundlagen bleiben in beiden Fällen die gleichen und der Arzt bleibt Leistungserbringer im Sinne des Behandlungsvertrages.

2.2 Substitution

Der Begriff der Substitution im medizinischen Handlungsbereich ist ebenfalls nicht juristisch geregelt.

Bei der Substitution soll die selbständige und vor allem eigenverantwortliche Ausübung von Heilkunde an Nicht-Ärzte übertragen werden. Der G-BA legte im Rahmen des Modellvorhabens einen Katalog ärztlicher Leistungen fest, die „auf Berufsangehörige der Kranken- und Altenpflege zur selbständigen Ausübung von Heilkunde übertragen werden können“, sofern sie entsprechend qualifiziert sind. (vgl. Beneker, 2013)

Substitution unterscheidet sich zur Delegation dadurch, dass nicht nur die Durchführungsverantwortung, sondern auch die Anordnungsverantwortung beim nichtärztlichen Personal liegt. Eine Maßnahme wird folglich nicht mehr nach ärztlicher Anordnung, sondern den Arzt ersetzend (substituierend) durchgeführt und somit auch vollumfänglich verantwortet. (vgl. wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, 2016, S.14)

2.3 Juristische Lage

Juristisch betrachtet ist zwischen verschiedenen Verantwortungsbereichen zu unterscheiden. Ist eine Maßnahme über eine Delegation angeordnet, so liegt die Anordnungs- bzw. Führungsverantwortung für den Arzt und die Durchführungsverantwortung und das Remonstrationsrecht bei der ausführende Fachperson, egal ob pflegerischer oder rettungsdienstlicher Mitarbeiter. Der Arzt hat sich zu vergewissern, dass die beauftragte Person die Maßnahme sach- und fachgerecht beherrscht sowie dass die Maßnahme überhaupt delegierbar ist. Die ausführende Fachkraft muss ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten korrekt einschätzen können und ggf. die Übernahme der Maßnahme dem Arzt gegenüber ablehnen. Die Gesamtverantwortung bleibt beim Arzt. (vgl. Großkopf, Klein, 2012, S. 214f) Bei der Substitution wird auch die Anordnungsverantwortung mit an den Durchführenden übergeben, so dass die Maßnahme eigenständig und eigenverantwortlich durchgeführt wird. Hierfür gibt es jedoch noch keinen festen gesetzlichen Rahmen, da dies bisher nur im Rahmen von Modellvorhaben möglich ist.

Grundsätzlich dürfen ärztliche Tätigkeiten laut § 63 Absatz 3c SGB V auch nach einer Prüfung durch die zuständigen Behörden von einem Arzt an einer entsprechenden (Hoch)Schule unterrichtet und geprüft werden, so dass die Pflegefachkraft nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung diese Maßnahme eigenverantwortlich durchführen darf.

Insbesondere im Hinblick auf die Akademisierung der Pflege und damit auch die Erweiterung der Fachweiterbildungen auf dem akademischen Sektor, stellt dies eine Möglichkeit zur Fach- und Kompetenzentwicklung für fachweitergebildete Kräfte dar. Gerade im Bereich der Notfallpflege, aber auch Anästhesie- und Intensivmedizin könnte damit der rechtlichen Grauzone „generelle Delegation“ entgegengewirkt werden. Hierbei kann im Falle einer Klage immer wieder fallabhängig zu juristisch unterschiedlichen Ergebnissen kommen, da nicht nur die Qualität der Durchführung geprüft werden muss, sondern auf Grund der Überwachungspflicht des Anordnenden auch die Qualifikation der Fachkraft und die Richtigkeit der Anordnung. Auch für den Rettungsdienst wären solche Aus- und Weiterbildungskonzepte denkbar.

Ein weiterer Ansatz um Substitution umzusetzen ist das HeilPrG, das grundsätzlich eine Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten zulässt ohne als Arzt bestallt zu sein.

2.4 Häufig delegierte Maßnahmen

In vielen Kliniken sind auf Grund der Arbeitsabläufe und des Personalmangels generelle Delegationen schon Alltag. Über entsprechende Verfahrensanweisungen sind diese für die Mitarbeiter juristisch geregelt und abgesichert. Über eine geregelte Ausbildung, wie das Modellvorhaben nach §63.3c SGB V es vorsieht, könnten diese Aufgaben als Substitution mit den Kassen abgerechnet werden. (vgl. Koeppe, 2012)

Gerade im Bereich der Notaufnahme finden viele Maßnahmen statt, die einfach zu delegieren sind oder durch tägliche Routine von der Pflege sicher beherrscht werden, die dies tagtäglich durchführen. Hier sind zu nennen: Blutentnahme, Anlage von Venenverweilkanülen, Anlage von Gipsverbänden oder Gipsschienen, Infusionstherapie, Schmerzmittelgabe nach Standards, Anlage von Magensonden oder transurethralen Blasenkathetern, sekundäre Wundversorgung oder Versorgung mit Hilfsmitteln.

Im Rettungsdienst gibt es je nach Landkreis und äLRD Maßnahmenkataloge, die nach Überprüfung durch den zuständigen Arzt umgesetzt werden. Es wäre denkbar, genau diese Maßnahmen von generellen Delegationen in Substitutionen umzuwandeln.

3 Gesundheits- und Krankenpflege

Über das Krankenpflegegesetz und die dazugehörige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ist definiert, was ein Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger in der Ausbildung zu lernen hat, was seine Rechte und Pflichten sind und in welchen Bereichen er eingesetzt werden kann.

Die Ausbildung dauert in Vollzeitform 3 Jahre, in Teilzeitform maximal 5 Jahre. Die Ausbildungsziele werden in Abschnitt 2 §3 des KrPfG geregelt, bzw. im Abschnitt 2 §5 des neuen Pflegeberufsgesetzes.

Im Bereich der Notfallversorgung heißt es, dass ein Gesundheits- und Krankenpfleger alle notwendigen Maßnahmen einleiten muss und durchführen darf, um das Leben des Patienten zu retten oder schwerwiegende Schäden abzuwenden. Dies darf die Pflegekraft jedoch nur so lange, bis ein Arzt anwesend ist. In einer Klinik ist dies quasi immer der Fall, weshalb es keinen rechtfertigenden Notstand im Sinne des §34 StGB gibt. So beschreiben Großkopf und Klein, dass die Gefahr darin besteht, dass ein „über die allemeinen Lebensrisiken hinausgehender Schadenseintritt auf Grund konkreter Umstände “ (Zitat: Großkopf/Klein, 2012, S. 64) wahrscheinlich ist und sofort Abhilfe geschaffen werden muss, da sonst diese Gefahr jederzeit in Schaden umschlagen kann.

Im Rahmen von Delegation können ärztliche Tätigkeiten an Pflegepersonal übertragen werden, wobei die rechtlichen Bestimmungen zu beachten und einzuhalten sind. In vielen Kliniken gibt es auch generelle Delegationen um Abläufe zu vereinfachen und Personal zu sparen. Bei beiden Formen der Delegation liegt die Gesamtverantwortung weiterhin beim Arzt und nicht bei der Pflegekraft.

Das Modellvorhaben nach §63.3c SGB V sieht vor, dass auch Nicht-Ärzte heilkundliche Tätigkeiten eigenverantwortlich umsetzen können sollen. So sieht das neue Pflegeberufsgesetz vor, dass folgende Krankheitsbilder betreut oder Maßnahmen von der Pflege durchgeführt werden, jeweils nach Diagnosestellung durch den Arzt:

- Diabetes Mellitus Typ1 und Typ 2
- Wundmanagement bei chronischen Wunden
- (V.a.) Demenz (nicht palliativ)
- (V.a.) Hypertonus (ohne Schwangerschaft)
- Infusionstherapie/Injektionen
- Stomatherapie
- Tracheostomatherapie
- Anlage und Versorgung Magensonde
- Legen und Überwachen eines transurethralen Blasenkatheters
- Versorgung und Wechsel eines suprapubischen Blasenkatheters
- Ernährung/Ausscheidung
- Schmerztherapie/-management
- Patientenmanagement, Case Management, Überleitungsmanagement
- Psychosoziale Versorgung

In Bezug auf die Notfallversorgung sieht das Krankenpflegegesetz nur einen Erste-Hilfe-Kurs von 16 Stunden vor. Zwar sollen weitere Notfallmaßnahmen in der Theorie mit ihren Krankheitsbildern unterrichtet und erlernt werden, jedoch reicht dies nicht aus, um eine adäquate Notvollversorgung zu erlernen und umsetzen zu können.

Eine Fachweiterbildung Notfallpflege ist seit 01.01.2017 durch die DKG zertifiziert und empfohlen. Die inhaltlich identische, aber in Blöcken und nicht in Modulen aufgebaute Fachweiterbildung der DGINA wird von der DKG nicht anerkannt. Die Fachweiterbildung kann nach 7 Jahren Berufserfahrung in einer Notaufnahme als direkte Ergänzungsprüfung erfolgen. Mit 5 Jahren Berufserfahrung in einer Notaufnahme kann die verkürzte Weiterbildung von einem halben Jahr stattfinden. In allen anderen Fällen muss die 2-jährige Fachweiterbildung ablegt werden. Eine Arbeit im Rettungsdienst wird laut der DKG auf Grund der nicht vorhandenen Vergleichbarkeit abgelehnt. (telefonische Auskunft der DKG)

4 Notfallsanitäter

Die Ausbildung des Notfallsanitäters wird über das Notfallsanitätergesetz und dessen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelt. Das neue Gesetz von 2013 erhöht die Ausbildungszeit von mindestens 2 auf 3 Jahre in Vollzeitausbildung, beziehungsweise 5 Jahre in Teilzeit; Inhalte wurden vertieft und ausgeweitet. Die Zugangsvoraussetzungen zu diesem Beruf sind die gleichen wie in der Pflege.

Durchgeführt wird die Ausbildung an staatlich anerkannten Schulen und Lehrrettungswachen sowie Kliniken. Die Ausbildungsinhalte werden von den Ländern bestimmt und von den Schulen umgesetzt. Die Berufszulassung erfolgt über das Gesundheitsamt.

Auch zur beruflichen Weiterentwicklung im akademischen Bereich ist ein Studium im Rahmen des Modellvorhabens vorgesehen. Dies richtet sich laut § 7 Absatz 4 nach den „ Grundlagen von Richtlinien über die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung von Modellvorhaben nach § 4 Absatz 6 Satz 3 des Ergotherapeutengesetzes, § 6 Absatz 4 Satz 3 des Hebammengesetzes, § 4 Absatz 6 Satz 3 des Logopädengesetzes und § 9 Absatz 3 Satz 3 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes “.

Ein Notfallsanitäter soll „ entsprechend dem allgemeinen anerkannten Stand rettungsdienstlicher, medizinischer, und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse fachlicher, personale, soziale und methodische Kompetenzen zur eigenverantwortlichen Durchführung und teamorientierten Mitwirkung insbesondere beider notfallmedizinischen Versorgung und dem Transport von Patientinnen und Patienten “ (Zitat: NotSanG § 4 Absatz 1) befähigt werden.

Dabei soll der Notfallsanitäter in der Lage sein selbstständig und eigenverantwortlich, Zustand und Situation des Patienten einzuschätzen, vitale Bedrohung erkennen zu können, lebensrettende Maßnahme bis zum Eintreffen oder dem Beginn weiterer ärztlicher Versorgung einzuleiten und die Transportfähigkeit herzustellen und zu sichern.

Dabei dürfen keine Diagnosen gestellt werden, sondern es soll eine symptomatische Behandlung erfolgen. Des Weiteren befähigt die Ausbildung zur Assistenz und Mitwirkung bei ärztlichen Maßnahmen im Rahmen der Notfallversorgung (vgl. NotSanG § 4 Absatz 2). Im Vergleich zum Rettungsassistentengesetz wurde zwar das Ausbildungsziel und damit die Einsatzmöglichkeiten und der Tätigkeitsrahmen wesentlich deutlicher benannt, trotzdem ist jede ärztliche Tätigkeit, die ein Notfallsanitäter ausführt noch immer eine Delegation durch den Notarzt beziehungsweise den ärztlichen Leiter Rettungsdienst (äLRD). Der ärztliche Leiter Rettungsdienst legt per Standard Operating Procedure (SOP) den Rahmen der Maßnahmen fest, die er als generelle Delegation an seine Mitarbeiter überträgt. Hierbei bleibt die rechtliche Verantwortung beim äLRD. Somit ist das neue Notfallsanitätergesetz zwar wesentlich deutlicher formuliert als das alte Rettungsassistentengesetz, jedoch wurde so aus einer rechtlich dunkelgrauen Zone eine eher hellgraue Zone gemacht. Der Gesetzgeber sieht weiterhin kein Konzept für Substitutionen des Notarztes vor. (vgl. Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag, 2016, S.3ff)

Zwar bietet dies die Möglichkeit, dass der ärztliche Leiter Rettungsdienst sehr genau selbst bestimmen kann was in seinem Kreis an Maßnahmen freigegeben ist, jedoch ist dies dann lokal sehr beschränkt und nicht bundesweit gleich.

Ein weiteres Problem der delegierten Maßnahmen ist, dass die Ausbildungsinhalte abhängig vom Landesrecht sind, konkret von den Schulen oder Landkreisen bestimmt werden. So kann ein Notfallsanitäter aus dem Schwarzwald andere Maßnahmen lernen und umsetzen als ein NotSan aus dem Ruhrgebiet. Dies führt dazu, dass manche Bundesländer sich trotz des Berufsgesetzes weigern die Ausbildung aus einem anderen Bundesland anzuerkennen.

5 Heilpraktiker

Das Heilpraktikergesetz aus dem Jahre 1939 ist ein Überbleibsel aus dem Dritten-Reich. Formulierungen, die noch heute in diesem dreiseitigen Gesetz stehen, klingen veraltet und überholt. So ist vom „Reichsminister des Inneren“ die Rede und auch Preußen wird noch als zuständiger Staat aufgezählt. Allerdings bezieht sich unter anderem die Reglementierung der Ärzteverordnung mit auf dieses Gesetz, was eine Abschaffung ohne Weiteres nicht möglich macht.

Das Gesetz sieht kaum Reglementierungen für den Beruf des Heilpraktikers vor und gibt auch keine Auskunft über die Ausbildungsart, -dauer oder den -umfang. Die Zugangsvoraussetzungen werden so beschrieben, dass ein Heilpraktiker heilkundliche Tätigkeiten ausüben darf, sofern ihm dies von der zuständigen Behörde (Gesundheitsamt) erlaubt wurde. Diese Behörde hat sich davon zu überzeugen, dass der Antragsteller durch die Ausübung der Heilkunde keine „Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde.“ (vgl. HeilprGDV 1 §2 Absatz1 i)) So ist die Prüfung darauf ausgerichtet eine Gefahrenabwehr für Patienten zu sein.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Wer darf was in der Notfallmedizin? Recht und Vorbehaltsaufgaben der berufsgrupplichen Heilkundler im Vergleich
Hochschule
Steinbeis-Hochschule Berlin  (Essen-Kupferdreh)
Note
2,5
Autor
Jahr
2018
Seiten
26
Katalognummer
V517947
ISBN (eBook)
9783346121028
ISBN (Buch)
9783346121035
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Notfallpflege, Vorbehaltsaufgaben, Heilkundliche Tätigkeiten
Arbeit zitieren
Christina Decken (Autor:in), 2018, Wer darf was in der Notfallmedizin? Recht und Vorbehaltsaufgaben der berufsgrupplichen Heilkundler im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/517947

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