„Diese Stunde der Idiotie. Hätte ich gesagt, sie sollen aus dem dritten Stock des Columbus-Hauses springen, sie hätten es auch getan.“ [aus Goebbels’ Tagebuch, wenige Tage nach der Sportpalastrede]
Rhetorik, sprachliche Verschleierung und Überzeugung durch die Verwendung diverser sprachlicher Mittel sind allgegenwärtige Phänomene, deren nähere Betrachtung lohnenswert scheint. Hierbei ist es kaum möglich, die Propagandamethoden des Nationalsozialismus völlig außer Acht zu lassen, stellt man sich doch gerade als Angehöriger der Nachkriegsgeneration immer wieder die Frage, wie eine derartige Massenhysterie und -begeisterung überhaupt zu erzielen war. Daher will sich diese Arbeit mit der Rede von Propagandaminister Joseph Goebbels vom 18. Februar 1943 befassen, gehalten im Berliner Sportpalast und demnach als „Sportpalastrede“ in die Geschichte eingegangen. Diese Rede dient geradezu als Paradebeispiel der Rhetorik und der Propaganda.
Ebenso wie Hitler und die Nationalsozialisten, ihre Gegner und Kritiker war auch Goebbels davon überzeugt, dass über Aufstieg und Herrschaft der nationalsozialistischen Partei zu einem maßgeblichen Teil ihre Propaganda entscheiden werde. Gerade in der damaligen Krisensituation hing von dieser Rede einiges ab. Daher verwendete Goebbels auch besondere Sorgfalt auf die Erstellung dieses Textes, der vor dem Vortrag mehrfach überarbeitet worden war. Er selbst hielt ihn für ein rhetorisches Glanzstück der politischen Demagogie und hoffte, damit das „entworfene Selbstportrait des souveränen und virtuosen Dirigenten einer perfektionierten Propagandamaschinerie“ (Michels: Ideologie und Propaganda) weiter ausschmücken und in den Köpfen der Bevölkerung verankern zu können.
Nach einer Übersicht über den historischen sowie den unmittelbaren Kontext der Rede soll der Aufbau der gesamten Rede untersucht werden. Anschließend folgt anhand eines Redeausschnitts die Betrachtung der von Goebbels verwendeten sprachlichen Mittel, denen sicherlich ein Großteil der überschäumenden Begeisterung und der vollen Zustimmung zu den Plänen des totalen Krieges auf Seiten des Publikums zuzuschreiben ist.
0. Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen
2. Kontextualisierung
2.1. Der historische Hintergrund
2.1.1. Der „totale Krieg“
2.1.2. Zur Person Goebbels
2.2. Situationskontext
3. Interpretation3.1.Einordnung des Redeauszugs in den Kontext der Gesamtrede
3.2. Aufbau der gesamten Rede
3.3. Ziele der Rede
3.4. Sprachliche Untersuchung
4. Abschließende Bemerkungen
5. Literaturverzeichnis
6. Anhang
1. Vorbemerkungen
Rhetorik, sprachliche Verschleierung und Überzeugung durch die Verwendung diverser sprachlicher Mittel sind allgegenwärtige Phänomene, deren nähere Betrachtung lohnenswert scheint. Der Besuch eines linguistischen Hauptseminars zur politischen Semantik lädt zur Untersuchung vielerlei Texte ein. Hierbei ist es kaum möglich, die Propagandamethoden des Nationalsozialismus’ völlig außer Acht zu lassen, stellt man sich doch gerade als Angehöriger der Nachkriegsgeneration immer wieder die Frage, wie eine derartige Massenhysterie und -begeisterung überhaupt zu erzielen war.[1] Daher will sich diese Hausarbeit mit der Rede von Propagandaminister Joseph Goebbels vom 18. Februar 1943 befassen, gehalten im Berliner Sportpalast und demnach als „Sportpalastrede“ in die Geschichte eingegangen. Diese Rede dient geradezu als Paradebeispiel der Rhetorik und der Propaganda.
Ebenso wie Hitler und die Nationalsozialisten, ihre Gegnern und Kritiker war auch Goebbels davon überzeugt, dass über Aufstieg und Herrschaft der nationalsozialistischen Partei zu einem maßgeblichen Teil ihre Propaganda entscheiden werde.[2] Gerade in der damaligen Krisensituation hing von dieser Rede einiges ab. Daher verwendete Goebbels auch besondere Sorgfalt auf die Erstellung dieses Textes, der vor dem Vortrag mehrfach überarbeitet worden war. Er selbst hielt ihn für „ein rhetorisches Glanzstück der politischen Demagogie“[3] und hoffte, damit das
„entworfene Selbstportrait des souveränen und virtuosen Dirigenten einer perfektionierten Propagandamaschinerie“[4]
weiter ausschmücken und in den Köpfen der Bevölkerung verankern zu können.
Nach einer Übersicht über den historischen sowie den unmittelbaren Kontext der Rede soll der Aufbau der gesamten Rede untersucht werden. Anschließend folgt anhand eines Redeausschnitts die Betrachtung der von Goebbels verwendeten sprachlichen Mittel, denen sicherlich ein Großteil der überschäumenden Begeisterung und der vollen Zustimmung zu den Plänen des totalen Krieges auf Seiten des Publikums zuzuschreiben ist.
2. Kontextualisierung
2.1. Der historische Hintergrund
Seit dem Winter 1942/43 zeichnete sich deutlich eine Wende des nunmehr schon drei Jahre dauernden Krieges ab. Allmählich begannen der Zusammenbruch und die Niederlage des Deutschen Reichs. Die Alliierten bombardierten und zerstörten immer mehr deutsche Städte, was die Wut der Bevölkerung schürte, nicht so sehr gegen die eigene Regierung, sondern vielmehr gegen die Alliierten. Diese Wut und diesen Hass nutzten die Nationalsozialisten für sich. Goebbels selbst suchte häufig Schadensgebiete auf, ließ sich von Betroffenen der Bombardierungen ihre Lage schildern und sprach ihnen Mut zu, selbstverständlich mit der Absicht, sowohl den Willen zum Sieg über die Angreifer und zum Weiterführen des Krieges als auch das Vertrauen in die Führung zu festigen.
Im Januar 1943 kam es schließlich zur Niederlage und deutschen Kapitulation bei Stalingrad, nachdem die sechste Armee nach sechsmonatigem Kampf von der sowjetischen Übermacht eingekesselt und vollständig aufgerieben worden war. Allein diesem Kampf bei Stalingrad fielen 200.000 Soldaten zum Opfer; die letzten 100.000 Mann ergaben sich am 31. Januar und am 2. Februar 1943 der roten Armee. Kurz zuvor schon hatten die Alliierten auf der Konferenz von Casablanca (14.‑ 24. Januar 1943) die bedingungslose Kapitulation der so genannten „Achsenmächte" gefordert.
Auch die Front in Nordafrika stand unmittelbar vor dem Zusammenbruch und die Alliierten beherrschten den Atlantik. Die militärische Schwäche der deutschen Wehrmacht konnte der deutschen Bevölkerung daher kaum noch beschönigt werden, obwohl dies natürlich versucht wurde – als Beispiel hierfür könnte die Verwendung des beschönigenden Wortes „Frontbegradigung“ dienen. Der Glaube an den Sieg war in der Bevölkerung nicht mehr so groß wie noch Monate zuvor und demnach schien die Kriegsbegeisterung in Gefahr. Goebbels hielt seine Rede im Berliner Sportpalast also in einer katastrophalen Krisensituation.
2.1.1. Der „totale Krieg“
Die Bezeichnung „totaler Krieg“ wird, hört man den Begriff in der heutigen Zeit, zumeist mit der Sportpalastrede in Verbindung gebracht. Allgemein jedoch bezeichnet man als totalen Krieg eine Kriegsführung, die das ökonomische und personelle Potenzial einer nationalen Wirtschaft vollständig ausnutzt.
Ferner ist der Begriff „totaler Krieg“ eine
„Bezeichnung für eine Art der Kriegsführung, in der es nicht nur um die Unterwerfung des Gegners, sondern um seine moralische und physische Vernichtung geht. Diesem Ziel werden alle materiellen und personellen Ressourcen untergeordnet (…). Der totalen Mobilisierung entspricht die Form uneingeschränkter Gewaltanwendung, die jede Grenze zwischen Militärischem und Zivilem ignoriert.“[5]
Der Begriff selbst kann als Abwandlung dessen verstanden werden, was Carl von Clausewitz[6] 1832 mit „absoluter Krieg“ bezeichnet hatte.[7]
Nach der Rede Goebbels’ im Berliner Sportpalast dauerte es aber noch fast eineinhalb Jahre, bis die deutsche Führung auch formal den totalen Krieg befahl. Erst nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 beauftragte Hitler Martin Bormann, den Leiter der Parteikanzlei der NSDAP, alle „zur Herbeiführung eines totalen Kriegseinsatzes notwendigen Anordnungen“[8] in der NSDAP, deren Gliederungen und angeschlossenen Verbänden durchzusetzen. Einige Tage später bekam Hermann Göring den Auftrag, das „gesamte öffentliche Leben den Erfordernissen der totalen Kriegsführung in jeder Beziehung anzupassen“[9], ferner wurde Joseph Goebbels zum „Generalbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz“ ernannt.
Sprachlich eindrucksvoll an dem Begriff des totalen Krieges ist der Gebrach des Wortes „total“, das sehr geschickt gewählt ist, lässt es doch weder auf unmittelbare Folgen schließen noch langfristige Konsequenzen vermuten.
2.1.2. Zur Person Goebbels
Paul Joseph Goebbels wurde am 29. Oktober 1897 geboren und war einer der einflussreichsten und bedeutendsten Politiker während der Zeit des Nationalsozialismus.
[...]
[1] Häufig taucht in der Forschungsliteratur auch die Mutmaßung auf, dass es den Nationalsozialisten ohne die enorme Leistungsfähigkeit ihrer Propaganda weder möglich gewesen wäre, „ihr ‚drittes Reich’ zu errichten, geschweige denn, sich und ihrer Mitte der Zwanziger Jahre noch so gut wie unbekannten Partei überhaupt Gehör zu verschaffen.“ (Beißwenger: Totalitäre Sprache und textuelle Konstruktion von Welt, Stuttgart 2000, S. 11).
[2] Vgl. Michels: Ideologie und Propaganda, Frankfurt am Main 1992, S. 18.
[3] http://www.textarchiv.com/Politik/Joseph-Goebbels-Rede-im-Berliner-Sportpalast-am-18.-Februar-1943.html (05.02.2006).
[4] Michels: Ideologie und Propaganda, S. 18.
[5] Der Brockhaus in 5 Bänden, Band 5 Shap-Z, 10. Auflage, Leipzig 2004.
[6] Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz (* 1. Juli 1780, † 16. November 1831), preußischer General und Kriegstheoretiker, Hauptwerk: Vom Kriege (blieb jedoch unvollendet).
[7] Vgl. Buch 8, Kapitel 2 und 3 in Carl von Clausewitz: Vom Kriege, Potsdamm 1832.
[8] Zitiert nach http://www.nationalsozialismus.de/lexikon/joseph-goebbels-totaler-krieg-und-suizid (25.01.2006).
[9] Zitiert nach ebd.
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