Zur Bedeutung individueller und geteilter Wahrnehmung für die intraorganisationale Mitarbeiterzufriedenheit


Term Paper, 2004

29 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Theoretischer und methodischer Hintergrund
1.1 Organisationsdiagnose
1.2 Analyse von Interaktionen in der Psychologie
1.3 Die Netzwerkanalyse
1.4 Arbeitszufriedenheit

2. Selbst- und Fremdwahrnehmung in Organisationen
2.1 Entstehung und Verstärkung geteilter Wahrnehmung
2.1.1 Studie: Structure, culture and Simmelian ties inentrepreneurial firms
2.2 Wahrnehmung von Determinanten der Arbeitszufriedenheit
2.2.1 Studie: The Social Construction of Organisational Justice Perceptions: A Social Networks Approach
2.3 Wahrnehmungsverzerrungen
2.4 Genauigkeit der Wahrnehmung
2.4.1 Studie: Seeing things clearly: Social structure, personality, and accuracy in social network perception

3. Schlussbetrachtungen

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Menschen unterscheiden sich in ihrer individuellen und sozialen Wahrnehmung. Was für den einen als ein zufriedenstellendes Ereignis gehalten wird, kann von dem anderen in einem schlechten Licht gesehen werden. Ich möchte in dieser Hausarbeit der Frage nachgehen, welche Bedeutung die Wahrnehmung individueller, sozialer Wirklichkeiten am Arbeitsplatz für die Arbeitszufriedenheit haben kann. Deshalb werde ich nach einigen kurzen Überlegungen zur strukturellen Analyse (Abschnitt 1.1 – 1.3) das Konstrukt Arbeitszufriedenheit vorstellen und einige Forschungsergebnisse präsentieren (Abschnitt 1.4). Einen empirischen Beleg, wie Wahrnehmungen aber auch Verzerrungen derselben entstehen und sich über Interaktionen verstärken können, wird in Abschnitt 2.1 aufgezeigt. Eine Beispiel für die soziale Konstruktion von Bezugssystemen der Arbeitszufriedenheit liefert dann die Studie im Abschnitt 2.2. In Abschnitt 2.3 werde ich dann versuchen darzustellen, wie es zu strukturell- und persönlichkeitsbedingten Wahrnehmungsverzerrungen kommen kann. Arbeitszufriedenheitsaussagen können auch von der Genauigkeit der wahrgenommenen Bezugssysteme sowie von der eigenen wahrgenommenen Position innerhalb der Organisation abhängen. Wodurch diese Genauigkeit selbst potentiell beeinflusst werden kann, illustriert die im Abschnitt 2.4 vorgestellte Untersuchung. Zum Schluss werden die Betrachtungen zusammenfassend diskutiert (Abschnitt 3).

1. Theoretischer und methodischer Hintergrund

Wirkungsgrad und Überlebenschancen einer Organisation hängen entscheidend davon ab, inwieweit es ihr gelingt, über Entwicklungen in ihrer Umgebung auf dem laufenden zu bleiben, diese richtig einzuschätzen, rechtzeitig Veränderungen einzuleiten und gegebenenfalls Einfluss auf die äußeren Faktoren zu nehmen. Wie effizient die dafür notwendigen Umsetzungsprozesse sind, hängt wiederum von der Reibungslosigkeit des Informationsflusses innerhalb eines Systems ab, d.h. von den Kommunikationswegen und dem Ausmaß, in dem die Personen und Instanzen funktionieren.[1] Dabei können die Ziele einer Organisation nur in dem Maße realisiert werden, soweit es ihr gelingt, die durchaus heterogenen und zum Teil widersprüchlichen Ziele der einzelnen Mitglieder derselben auf die Organisationsziele abzustimmen.[2]

1.1 Organisationsdiagnose

In der psychologischen Organisationsdiagnose wird zwischen Ansätzen der Strukturdiagnostik, der Prozessdiagnostik und integrativen Ansätzen unterschieden. Der in der Strukturdiagnostik vorherrschende situative, vergleichende Forschungsansatz untersucht 1. graduelle Strukturmerkmale innerhalb und zwischen Organisationen, wie z. B. Unterschiede im Grad der Spezialisierung; 2. die Zusammenhänge dieser strukturellen Merkmale untereinander, um verbesserte Kenntnisse für die organisationale Gestaltung zu erhalten; 3. den Einfluss situativer Größen auf Strukturen, wie z. B. Technologien und 4. den Einfluss von Strukturmerkmalen auf verschieden Outputvariablen, wie z. B. Effizienz oder Arbeitszufriedenheit. Prozessdiagnostik erweitert diese Perspektive um die Untersuchung von Veränderungen über die Zeit hinweg, die Diagnose von sozialer Interaktion und Kommunikation sowie um die Diagnose von Wechselwirkungen zwischen Strukturmerkmalen, situativen Bedingungen und dem Erleben und Verhalten in Organisationen. Hier werden zum einen Interventions- bzw. Entwicklungsmaßnahmeresultate und deren Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten der Organisationsmitglieder, wie z. B. Arbeitszufriedenheit berücksichtigt. Ein zweiter Bereich stellt die Untersuchung von Phänomenen wie Macht, Konflikt, Führung, Rituale oder komplexe Entscheidungsprozesse dar. (Hier findet man den sogenannten „negotiated order“ – Ansatz, der die Existenz und die Notwendigkeit von sozialen Strukturen als zeitlich begrenzte, sozial ausgehandelte Realitäten beschreibt.) Integrative Ansätze versuchen nun beide vorherigen zu verknüpfen, indem Strukturmerkmale der Organisation mit Merkmalen von Arbeitsplätzen, den individuell erlebten, situativen Bedingungen, in Beziehung gesetzt werden.[3]

1.2 Analyse von Interaktionen in der Psychologie

Der passende Grad der Formalisierung innerhalb einer Organisation, das sind klare Kommunikationskanäle, Verantwortungsbereiche und hierarchische Ordnung, soll die Effizienz des Informationsflusses innerhalb einer Organisation leisten können. Dabei enthält jede Kontaktaufnahme Elemente, die auf die persönliche, emotionale, die informelle Beziehung der Beteiligten wirken. Wie dieser Prozess sich entfaltet, hängt von den subjektiven Motivation, Fähigkeiten, Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Werten der Akteure, den strukturellen Rahmenbedingungen, sowie der Wahrnehmung der anderen ab. Dies kann sich z. B. in Anerkennung, Sympathie oder Antipathie niederschlagen. Was nicht schwer nachzuvollziehen ist, ist der Umstand, das Mitarbeiter einer Organisation nicht nur durch die Ausfüllung formeller Rollen, sondern auch (wenn nicht sogar besonders) durch zufriedenstellende informelle Kontakte eine hohe Arbeitszufriedenheit haben werden, somit stärker motiviert sind und so zum Funktionieren eines Unternehmens wertvolle Beiträge leisten können.

Differentialpsychologisch betrachtet, handelt der Mensch entsprechend dem Produkt seiner Persönlichkeitseigenschaften und den gegeben situationalen Reizen. Erste lassen sich nach Motivationen und Fähigkeiten unterscheiden. Diese beide Komponenten sollten bei Mitarbeitern einer Organisation berücksichtigt werden, damit deren Ziele und die der Organisation abgestimmt werden können. Denn die Wahl des Arbeitsplatzes, die Aufenthaltsdauer und der Aufstieg innerhalb einer Organisation hängt u.a. von dem Grad der Übereinstimmung zwischen der Motivstruktur der Person mit jener der Organisation ab. Arbeitstätigkeiten und Arbeitsumgebungen in der Organisation und der Grad der Übereinstimmung von Motivationen der Mitarbeiter und Ziele und Motivationen der Organisation selbst bestimmen damit das individuelle Wohlbefinden, die Arbeitszufriedenheit.

Unter Fähigkeiten werden im Bereich der Eignungsdiagnostik zunächst die Intelligenzstruktur, kognitive Komplexität, Leistungs- und Lernfähigkeit und Zutrauen in die eigene Entscheidungs-, Handlungs- und Leistungsfähigkeit genannt, nach denen eine sinnvolle Passung zu verschiedenen Arbeitsaufgaben und –situationen geschehen sollte. Aber auch Persönlichkeitseigenschaften, wie Attributionstendenzen, Stressanfälligkeit und das Temperament werden in entsprechenden Einstellungsverfahren, wie z. B. dem Assessment Center, berücksichtigt. Unter Grunddimensionen des Temperaments sind nach Mershon & Gorsuch, (1988)[4] Extraversion, Emotionale Stabilität, Freundlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Kultiviertheit. Diese Persönlichkeitsdimensionen werden zur Beschreibung des charakteristischen Verhaltens von Mitarbeitern herangezogen und haben eine nicht unerhebliche Bedeutung für das subjektive Erleben des Arbeitsalltags. Denn es ist u. a. eine Frage des Temperaments, ob sich Mitarbeiter unter verschiedenen Umständen in der Organisation wohlfühlen, zur Leistung angeregt werden und sich persönlich entfalten können.

Motivationen und Fähigkeiten bestimmen individuelle Einstellungen und auch die ,eher abstrakteren, Wertvorstellungen. Diese wirken sich als übergeordnete Ziele auf das alltägliche Handeln aus und vermitteln, soweit ein hinreichender Konsens gegeben ist, die notwendige Sicherheit in der Lebensorientierung. Arbeitszufriedenheit kann dann als Einstellung zur Arbeit betrachtet werden. Auch hier lässt sich folgern, das, umso höher der Grad der Übereinstimmung von Einstellungen und Werte von Mitarbeiter und Organisation gegenüber Arbeitsaufgaben, Arbeitssituation und besonders den Zielen der Organisation, desto höher die Zufriedenheit und auch die Identifikation mit der Organisation und dem Arbeitsplatz.[5]

Die Einschätzung der eigenen Motive und Fähigkeiten und Eigenschaften, das Selbstbild, ist ein Resümee bisheriger Erfahrungen mit sich selbst in der Interaktion mit der Umwelt, aber gleichzeitig auch ein Leitfaden für zukünftiges Verhalten. Der Gedanke, das Individuen sich nicht nur mit einzelnen Personen vergleichen, sondern auch gleichzeitig mit vielen anderen, findet in den methodischen Untersuchungsansätzen der Psychologie leider wenig Berücksichtigung.

Die individuumzentrierte Untersuchungsansatz versucht Wahrnehmungsdifferenzen, die über Organisationsebenen hinweg bestehen, und die daraus resultierenden Probleme, zu identifizieren, wie z. B. semantische Informationsdistanzen. Differenzen in Aufmerksamkeit, Selektion, Verarbeitung und Interpretation von Informationen können zu Verzerrungen führen, die im betrieblichen Ablauf zu empfindlichen Störungen führen können. Empirisch untersucht wird dies in der Psychologie mit der Analyse von Gesprächstaktiken, mit der Analyse von unausgesprochene Interaktionsregeln, wobei Interaktionsinhalte differenziert werden, oder auch mit der Analyse nonverbaler Kommunikation mit Hilfe von Videotechnik.

Der mechanistische Untersuchungsansatz fokussiert hingegen die formellen Interaktionskanäle. Empirisch untersucht werden hier meist nur schriftlich fixierte Kommunikationsprotokolle, um eine effiziente Vorgesetzten-Untergebenen-Kommunikation prüfen zu können. Und...

„Wirkungsmechanismen, die sich aus informellen, impliziten (unter Umständen den nichtsprachlichen) Interaktionen ableiten, finden in diesem Denkansatz kaum Platz.“ (Frey et al., 1995, S.363)

In der Literatur wird dann am Rande die Netzwerkanalyse als Methode sehr kurz vorgestellt, deren potentielle Möglichkeiten aber nicht weiter ausgeführt.[6] So können gerade mit dieser, als theoretische Perspektive sowie als empirische Methode, formelle und informelle Interaktionsstrukturen erfasst und analysiert werden, die über eine Interaktion zwischen zwei Individuen hinausgeht. Deshalb soll sie zunächst kurz vorgestellt werden.

1.3 Die Netzwerkanalyse

Die Theorie der Netzwerkanalyse wird für die Erklärung individuellen und kooperativen Handelns sowie für die Entstehung bzw. Veränderung von Strukturen herangezogen. Strukturen werden dabei als wesentliche soziale Eigenschaften begriffen und formal beschrieben. Die Netzwerkanalyse erlaubt es, zusammengesetzte und intern strukturierte Einheiten mit ihren emergenten, systemischen Eigenschaften zu beschreiben. Diese ergeben sich aus dem Beziehungsmuster der Elemente. Die Beziehung eines Netzwerkelements zu anderen Elementen des Netzwerks und die Einbettung des jeweiligen Netzwerkelements in eine Struktur sind somit die fokalen Untersuchungsgegenstände.

Strukturelle Analyse selbst impliziert, dass man aus den Beziehungsnetzen der Akteure eines Netzwerks abstrakte Sozialstrukturen, Rollen- und Positionsgefüge auf der Ebene von Gruppen, Organisationen oder Gesellschaften ableiten kann.

Akteure können Individuen, Gruppen, Institutionen oder ganze Gesellschaften sein.

Dabei muss ein soziales Netzwerk nicht identisch mit einer sozialen Gruppe sein, das heisst, dass Grenzen der Zugehörigkeit durch Forscher oder auch durch die Befragten (wie bei der ego-zentrierten Netzwerkanalyse) gezeichnet werden können.

Grob lassen sich Akteure in Individuen und Kollektive einteilen. Individuen können absolute, relationale, komparative und kontextuelle Merkmale zugewiesen werden. Kollektiven können analytische (aus absoluten Merkmalen der Kollektivmitglieder errechenbar), strukturelle (die sich aus den relationalen Eigenschaften der Kollektivelemente errechnen lassen) und globale (die nicht auf die Merkmale der Mitglieder zurückgeführt werden können) Eigenschaften zugewiesen werden. Ein Netzwerk ist somit definiert als eine abgegrenzte Menge von Elementen und der Menge der zwischen ihnen verlaufenden Beziehungen. Beziehungen lassen sich hinsichtlich ihrer Form, Inhaltes und Intensität unterscheiden. So kann eigentlich jede Art von Interaktion zwischen Akteuren erhoben und netzwerkanalytisch ausgewertet werden. Typische Unterscheidungen sind formelle versus informelle Beziehungen. Analyseebenen sind die Dyade (ein Akteur-Paar), die Triade (drei mit einander verbundene Akteure), das ego-zentrierte Netzwerk, Cliquen (Subgruppen innerhalb von Netzwerken) oder Netzwerkcluster (Gruppierungen aufgrund ähnlichen Außenbeziehungen) und Gesamtnetzwerke für die jeweils Merkmale erhoben werden können.[7]

Da die Netzwerkanalyse Strukturen, die über dyadische Beziehungen hinausgeht, erfasst, kann sie die Analyse von intraorganisationaler Interaktion bzw. Kommunikation um viele erklärende Variablen bereichern und somit auch helfen, die Residualvarianz von Variablen wie Arbeitszufriedenheit zu reduzieren.

1.4 Arbeitszufriedenheit

Eine hohe Arbeitszufriedenheit in Organisationen ist aus ethischen Gründen durchaus erstrebenswert. Darüber hinaus kann sie auch im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang positiv bewertet werden, da durch eine hohe Identifikation mit einer Organisation potentiell auch bestehende Unternehmens- und Wirtschaftssysteme anerkannt werden und dadurch deren Strukturen stabilisiert werden können. Die von Organisationen erbrachte Leistung kann als ein Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung derer, die die Produkte, Dienstleistungen oder Ideen des Unternehmens benötigen, angesehen werden. Arbeitszufriedenheit sorgt für die Bedürfnisbefriedigung der Organisationsmitglieder. Organisationen sollten somit zum einen die Bedürfnissbefriedigung durch die Organisation und zum anderen Bedürfnissbefriedigung in der Organisation gleichermaßen leisten können.[8]

Es handelt sich bei der Arbeitszufriedenheit

[...]


[1] vgl. Frey et al., 1995

[2] vgl. Brandstätter, 1995

[3] vgl. Büssing, 1995

[4] Mershon, B. & Gorsuch, R. L. (1988). Number of factors in the personality sphere: Does increase in factors increase predictability of real-life criteria. JPSP, 55, 675-680

[5] vgl. Brandstätter, 1995

[6] vgl. Frey et al., 1995, S. 364

[7] ausführlicher vgl. Jansen, 2003

[8] vgl. Rosenstiel, 1995

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Details

Title
Zur Bedeutung individueller und geteilter Wahrnehmung für die intraorganisationale Mitarbeiterzufriedenheit
College
University of Mannheim  (Fakultät Sozialwissenschaften)
Course
Seminar Organisationsentwicklung
Grade
1,3
Author
Year
2004
Pages
29
Catalog Number
V52162
ISBN (eBook)
9783638479462
ISBN (Book)
9783656814481
File size
756 KB
Language
German
Notes
Diese Hausarbeit und der daraus resultierende Seminarschein ist fach- und diplomnotenrelevant.
Keywords
Bedeutung, Wahrnehmung, Mitarbeiterzufriedenheit, Seminar, Organisationsentwicklung
Quote paper
Christian Richter (Author), 2004, Zur Bedeutung individueller und geteilter Wahrnehmung für die intraorganisationale Mitarbeiterzufriedenheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52162

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