Sozialpolitische Grundgedanken im Grundgesetz der BRD


Hausarbeit, 2006

28 Seiten, Note: Gut plus


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Definition „Sozialpolitik“
2.2. Entstehung des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland
2.3. Formulierung des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland
2.4. Sozialpolitik in den Artikeln des Grundgesetzes
2.4.1. Grundsätzliche Verankerung der Sozialpolitik im Grundgesetz
2.4.2. Das Sozialstaatsprinzip
2.4.2.1. Soziale Sicherheit
2.4.2.2. Soziale Gerechtigkeit
2.4.3. Die Sozialpolitik in den Grundrechten
2.4.3.1. Schutz der Menschenwürde – Artikel 1 Grundgesetz
2.4.3.2. Handlungsfreiheit, Freiheit der Person, Recht auf Leben – Artikel 2 Grundgesetz
2.4.3.3. Allgemeiner Gleichheitsgrundsatz – Artikel 3 Grundgesetz
2.4.3.4. Schutz von Ehe und Familie – Artikel 6 Grundgesetz
2.4.3.5. Freie Berufswahl – Artikel 12 Grundgesetz
2.4.3.6. Eigentum – Artikel 14 Grundgesetz
2.4.4. Sozialpolitik im Gesetzgebungsverfahren
2.4.4.1. Verteilung der Gesetzgebungskompetenz
2.4.4.2. Konkurrierende Gesetzgebung des Bundes gem. Art. 72
2.4.4.3. Die Ewigkeitsgarantie in Artikel 79, Absatz 3

3. Schluss

3.1. Zusammenfassung

3.2. Beurteilung

3.3. Glossar

4. Literaturverzeichnis

Einleitung

Wie schon vor fast sechzig Jahren, so ist auch in der Gegenwart des Jahres 2005 das Thema Sozialpolitik ein richtungsweisender Faktor jeder neuen Regierung. Am 22. November. 2005 wurde Frau Dr. Angela Merkel im Bundestag zur ersten Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Damit wurde eine Politikerin aus den neuen Bundesländern mit der Führung der Bundesregierung beauftragt und ein weiterer wichtiger Schritt zur endgültigen Wiedervereinigung getan.

Auch die neue Bundesregierung wird sich an dem Erfolg ihrer Sozialpolitik messen lassen müssen. Während die jetzige Regierung vor grundlegenden sozialpolitischen Reformen steht, hatten die Gründungsväter der Bundesrepublik Deutschland das Problem, die sozialpolitischen Grundlagen für die neue Bundesrepublik Deutschland zu schaffen. Mit diesen grundlegenden Entscheidungen im Rahmen der Sozialpolitik legten sie das Fundament des modernen Sozialstaates und schufen so die Weichenstellung für unsere Auffassung von sozialstaatlichem Handeln. Um die Veränderung und Reformen beurteilen zu können ist eine Auseinandersetzung mit den Wurzeln unseres heutigen Sozialstaates unabdingbar.

Meine Seminararbeit „Sozialpolitische Grundgedanken im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“, die ich im Rahmen des Seminars „Sozialpolitische Weichenstellungen in der frühen Bundesrepublik Deutschland“ verfasst habe, soll hierzu einen bescheidenen Beitrag leisten.

Hauptteil

2.1 Definition „Sozialpolitik“

Um für meine Arbeit eine konstante Begrifflichkeit sicher zu stellen, werde ich an dieser Stelle die für mich plausibelste Definition des Begriffs Sozialpolitik wiedergeben und kurz erläutern. Im weiteren Verlauf meiner Arbeit werde ich den Begriff Sozialpolitik im Sinne dieser Definition verwenden. Sie lautet:

„Als Sozialpolitik bezeichnet man alle Bestrebungen und Maßnahmen, die das Ziel haben, das Verhältnis der verschiedenen Gesellschaftsschichten untereinander und zum Staat zu beeinflussen. Durch die Sozialpolitik sollen Gegensätze und Spannungen innerhalb der Gesellschaft gemildert und beseitigt werden. Träger der Sozialpolitik ist in erster Linie der Staat mit seinen Unterverbänden (Länder, Gemeinden)“

Die hier zitierte Definition aus dem Jahre 1961 birgt trotz ihres Alters alle wesentlichen Kernpunkte, die Sozialpolitik ausmachen. Sie stellt kurz, präzise und in verständlicher Form die wichtigsten Aspekte dar. Im Gegensatz zu moderneren Definitionen verzichtet sie auf soziologisches Fachvokabular und ist somit allgemein verständlich (vgl. Evers, Adalbert, pol. Lex. S. 470).

Allerdings muss erwähnt werden, dass der Begriff der sozialen Schichten heute nicht mehr wie in den 60er Jahren verwendet wird. Im Kern geht es aber weiterhin um Gruppen von sozialen Akteuren, die innerhalb der Gruppe gleiche aber im Vergleich zu anderen Gruppen differente Merkmale besitzen.

2.2 Entstehung des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland

Da die Gegensätze zwischen den westlichen und sowjetischen Alliierten immer offensichtlicher wurden und die Ziele auseinander dividierten, versuchten die westlichen Alliierten einen Gegenpol zu der kommunistischen Prägung der sowjetischen Besatzungszone zu schaffen. Den westlichen Alliierten (Amerika, Großbritannien und Frankreich) war es ein festes Ziel, eine marktwirtschaftlich geprägte Demokratie zu etablieren.

Daher formulierten sie 1948, während der Berlin Krise die so genannten „Frankfurter Dokumente“, welche die drei westlichen Militärgouverneure am 01.07.1948 im IG Farben Haus in Frankfurt den 11 Länderchefs, also auch denen der französischen Zone, überreichten. Diese Schriftstücke werden zu den bedeutendsten der Staatswerdung der Bundesrepublik Deutschland gezählt.

Im wesentlichen enthalten diese Dokumente drei Forderungen:

1. Die Länderchefs sollen bis zum 01.08.1948 eine verfassungsgebende Versammlung einberufen, welche dann eine Verfassung erarbeiten soll.
2. Sie sollen die Neuordnung der 1945/46 entstandenen Länder vorbereiten.
3. Sie sollen Stellung nehmen zu einem von den Militärgouverneuren vorgelegten Besatzungsstatut.

Die alliierten Westmächte waren davon überzeugt, dass die Ministerpräsidenten der deutschen Länder in ihrem Sinne handeln würden. Tatsächlich aber erfahren wir von dem damaligen baden- württembergischen Ministerpräsidenten Reinhold Maier, dass „alle miteinander ... wirklich Manschetten davor gehabt hätten einen Beitrag zur Spaltung Deutschlands zu leisten“[1]. Der amerikanische Militärgouverneur L. D. Clay, gewann nach Gesprächen mit den Ministerpräsidenten der Länder seiner Besatzungszone die Überzeugung, „dass sie (die Ministerpräsidenten; Steingass) die Sache schon in die Hand nehmen würden.“[2]

Die Forderungen stießen jedoch überwiegend auf Ablehnung, da die Ministerpräsidenten nun eine endgültige deutsche Spaltung befürchteten und diese nicht akzeptiert werden konnte. Auf Grund dieser Ausgangslage entschieden sich die Ministerpräsidenten in ihrer ersten Konferenz auf dem „Rittersturz“ bei Koblenz (8. und 9. Juli 1948) gegen eine verfassungsgebende Versammlung, und baten die Militärgouverneure am 20. Juli um die Einberufung eines „Parlamentarischen Rates“. Dieser „Parlamentarische Rat“ sollte aus Mitgliedern der bereits bestehenden Landtage zusammengesetzt sein und diese sollten lediglich ein „Grundgesetz für die einheitliche Verwaltung des Besatzungsgebietes“ erstellen, jedoch nicht eine Verfassung, solange nicht die „Voraussetzungen für eine gesamtdeutsche Regelung gegeben“ wäre.

Da die Ministerpräsidenten eine verfassungsgebende Versammlung ablehnten und statt dessen den „Parlamentarischen Rat“ planten, fühlten sich die Alliierten übergangen und drohten mit Konsequenzen für ihr Verhältnis zu den Westdeutschen (zum Beispiel die Preisgabe Berlins).

Am 26. Juli. 1948 stimmten die Militärgouverneure schließlich den Änderungen zu. Dadurch war nun die Basis bereitet, auf der das Grundgesetz entstehen konnte.

Auf der Insel Herrenchiemsee tagte daraufhin ein Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten, welcher einen Beratungsentwurf entwickeln sollte. Die Teilnehmer waren von den Länderregierungen bestimmt worden und kamen überwiegend aus den Bereichen des Staatsrechtes, der Politik und der Verwaltung. Durch diese recht konservative Zusammenstellung entstand letztendlich ein Entwurf, welcher sehr stark an der Bismarckschen und Weimarer Reichsverfassung (deren Schwächen durch eine „autoritäre Verstärkung der Konstruktion der Regierungsgewalt gegenüber dem Parlament“ ausgeschaltet werden sollte) orientiert war.[3]

Nach den Beratungen auf Herrenchiemsee wurden in den einzelnen Ländern die Teilnehmer des „Parlamentarischen Rates“ gewählt. Die Parlamente wählten entsprechend der Bevölkerungszahl ihres Landes, nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes. Somit besaßen die gewählten Teilnehmer des „Parlamentarischen Rates“ kein unmittelbares Mandat der Bevölkerung.

Letztendlich bestand der am 01. September 1948 erstmalig in Bonn zusammengetretene „Parlamentarische Rat“ aus 65 Mitgliedern.

Als Präsident wurde Dr. Konrad Adenauer, der Vorsitzende der CDU, gewählt. Vorsitzender des Hauptausschusses wurde Carlo Schmid von der SPD. Insgesamt teilten sich die Parteien wie folgt auf:

- CDU 19 Abgeordnete
- CSU 08 Abgeordnete
- SPD 27 Abgeordnete
- FDP 05 Abgeordnete
- Zentrum 02 Abgeordnete
- DP 02 Abgeordnete
- KPD 02 Abgeordnete

Als gemeinsame Ziele formulierte man die Verabschiedung einer detaillierten Verfassungsgrundlage für einen provisorischen westdeutschen Teilstaat und die Schaffung der nötigen Voraussetzungen für ein funktionierendes Staatswesen durch geeignete Sicherungen innerhalb der Verfassung.

Gemeinsame sozialpolitische Vorstellungen waren die Betonung der Menschen- und Grundrechte als vorstaatlicher Freiheitsrechte des Einzelnen und deren unumstößliche Verankerung in dem zu erarbeitenden Grundgesetz (GG) sowie der soziale Rechtsstaat. Der soziale Rechtsstaat und die Selbstbestimmung gegenüber den Besatzungsmächten sollten ausgebaut und gefestigt werden.

2.3 Formulierung des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland

Bei der Erarbeitung und Formulierung des Grundgesetzes gab es jedoch zwischen den einzelnen Parteien grundlegende Differenzen. Zwei dominierende Problembereiche waren einmal die Staatstheorie und der Föderalismus.

Im Bereich der Staatstheorie berief sich die CDU/CSU Fraktion auf das Naturrecht, d. h. auf die Verbindung von Staat und Christentum sowie die subsidiäre Funktion des Staates (Subsidiaritätsprinzip ist hier, als das Gegenprinzip zum Staatstotalitarismus östlicher Prägung zu sehen). Die SPD Fraktion wollte den klassischen Liberalismus als tragende Staatstheorie verwirklicht sehen. Die FDP Fraktion dagegen lehnte das Naturrecht komplett ab. Theodor Heuss (FDP) äußerte sich dazu: „der Staat hat einen Herrschaftsauftrag auf Frist, also kündbar“.[4]

Die Föderalismusdebatte bezog sich weitgehend auf die Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Länder, also wer letztendlich die Gesetzgebungshoheit erhält.

Die CDU Fraktion forderte die Gleichberechtigung von Bund und Ländern während die CSU Fraktion die Bedeutung der Länder über die des Bundes erhob. Die SPD Fraktion bestand auf dem Grundsatz „Bundesgewalt geht vor Landesgewalt“ (vgl. auch Art. 31 GG). Die FDP Fraktion warnte lediglich vor übertriebenem Föderalismus.

Mitten in die Beratungen des „Parlamentarischen Rates“ fiel die Festlegung des Ruhrstatuts, dieses wurde von Vertretern der USA, Großbritannien, Frankreich und der Beneluxstaaten am 11. November 1948 festgelegt. Allen Teilnehmern des „Parlamentarischen Rates“ wurde dadurch sehr deutlich vor Augen geführt wie, stark der neu zu ordnende Staat vom Gutdünken der Besatzungsmächte abhängig war.

Das Ruhrstatut beinhaltete die Gründung einer Ruhrbehörde, an der die USA, Großbritannien, Frankreich, die Beneluxstaaten und Westdeutschland beteiligt sein sollten. Jedoch war die Stimmenverteilung so angelegt, dass Deutschland von Entscheidungen praktische ausgeschlossen war. Die Aufgabe der Ruhrbehörde bestand darin, sicherzustellen, dass die Ressourcen des Ruhrgebietes nur für friedliche Zwecke eingesetzt werden. Somit hatte sie die Kontrolle über die gesamte Produktion von Kohle, Koks und Stahl.

Neben dem Ruhrstatut, welches ein souveränes Handeln Deutschlands faktisch beseitigte, steckte vor allen Dingen das Besatzungsstatut den politischen Rahmen für den neuen westdeutschen Staat ab.

Zum Leidwesen der Teilnehmer des „Parlamentarischen Rates“, wurde das Besatzungsstatut nicht wie von ihnen gewünscht vor den Beratungen erlassen, sondern erst nach Abschluss der Beratungen. Die Parlamentarier waren also letztendlich nicht über den Rahmen der politischen Selbstständigkeit des neuen deutschen Teilstaates informiert.

Nachdem die Beratungen zum Grundgesetz abgeschlossen waren, wurde auf der Washingtoner Außenministerkonferenz (05. –08. April 1949) das Besatzungsstatut der Alliierten verkündet.

Dieses legte fest:

- Die Westmächte behielten sich die Entscheidungen über Fragen der Abrüstung und Entmilitarisierung im künftigen Weststaat vor.
- Die Westmächte behielten weiterhin die Kontrolle über die Ruhr, über den Außenhandel und über die Devisen.
- Auswärtige Angelegenheiten wurden von ihnen wahrgenommen.
- Die Westmächte behielten sich ein Einspruchsrecht vor bezüglich der Verwaltung und der Rechtsprechung des künftigen Weststaates.
- Änderungen des Grundgesetzes und der Länderverfassungen waren von der Zustimmung der Westmächte abhängig.
- Die Westmächte behielten sich die Ausübung der vollen Gewalt vor, falls dies zur Erhaltung der Sicherheit oder der demokratischen Grundlagen in Deutschland erforderlich sein sollte.
- Errichtung einer obersten alliierten Kontrollbehörde (Führungsrolle der USA wird anerkannt).

Es war nun deutlich geworden, dass es vor allem in den Händen der Bestatzungsmächte lag, ob der junge deutsche Staat ein gegängelter oder freier Staat werden sollte. Das Mittel hierzu war das Besatzungsstatut.

Am 08. Mai 1949 wurde das Grundgesetz schließlich zur Abstimmung im „Parlamentarischen Rat“ gebracht und mit 53 zu 12 Stimmen angenommen. Die CSU Fraktion stimmte gegen das Grundgesetz, da es ihr zu wenig föderalistisch war. Die KPD wiederum stimmte dagegen, weil es ihrer Meinung nach die Spaltung Deutschlands förderte.

[...]


[1] Vgl. Mayer und Stuby, S. 105

[2] Ebd. , S. 105 f.

[3] Vgl. Mayer und Stuby, S. 110

[4] Vgl. Göbel, S. 62

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Sozialpolitische Grundgedanken im Grundgesetz der BRD
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
Gut plus
Autor
Jahr
2006
Seiten
28
Katalognummer
V52375
ISBN (eBook)
9783638481106
ISBN (Buch)
9783638816151
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialpolitische, Grundgedanken, Grundgesetz
Arbeit zitieren
Heike Fournier (Autor:in), 2006, Sozialpolitische Grundgedanken im Grundgesetz der BRD, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52375

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