Der sexuelle Missbrauch von Mädchen und Frauen wurde lange Zeit tabuisiert. Erst zu Beginn der 80-er Jahre fanden diese Themen und insbesondere der sexuelle Missbrauch von Mädchen eine Öffentlichkeit. Sexueller Missbrauch wurde in Fachdiskussionen immer mehr beachtet und zahlreiche Veröffentlichungen erschienen. Das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs konnte nicht mehr geleugnet werden. Auch in den Medien rückte diese Thematik verstärkt in den Vordergrund.
Anders verhält es sich beim sexuellen Missbrauch von Menschen mit geistiger Behinderung. Eine erste öffentliche Auseinandersetzung mit diesem Thema begann in den 90-er Jahren. Diese steht jedoch noch immer an ihren Anfängen. Bisher gibt es nur vereinzelt Fachliteratur, repräsentative Studien zur Prävalenz existieren nicht. Sowohl auf Veranstaltungen als auch im Fernsehen und im Hörfunk werden Kinder und Erwachsene mit geistiger Behinderung als potentielle Opfer sexuellen Missbrauchs kaum benannt. Eine Begründung hierfür wird voraussichtlich die hiesige doppelte Tabuisierung des sexuellen Missbrauchs von Menschen mit geistiger Behinderung sein. In unserer Gesellschaft wird dieser Personenkreis häufig als geschlechtslos wahrgenommen und ihm somit die Sexualität abgesprochen. Darüber hinaus passt er aufgrund scheinbar unzureichender Attraktivität nicht in das gängige Bild von Missbrauchsopfern (vgl. GUTTSTADT 2004, 28).
Bis vor zwei Jahren habe auch ich Menschen mit geistiger Behinderung als potentielle Opfer sexuellen Missbrauchs nicht bewusst wahrgenommen. Dann wurde während meines Praktikums in einem Wohnheim bei einer Bewohnerin aufgrund massiver Verhaltensauffälligkeiten der Verdacht auf Missbrauch geäußert. Ich stellte fest, dass, entgegen der allgemeinen Meinung, Menschen mit geistiger Behinderung und insbesondere Mädchen und Frauen dieses Personenkreises einem besonderen Risiko unterliegen, sexuellen Missbrauch zu erfahren.
Mich interessierte vermehrt, wie diesem Risiko entgegengewirkt werden kann. Daher wählte ich folgendes Thema für meine Diplomarbeit:
“Prävention des sexuellen Missbrauchs von Mädchen und Frauen mit geistiger Behinderung“.
Inhaltsverzeichnis
- 1 EINLEITUNG
- 2 SEXUELLER MISSBRAUCH VON MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG
- 2.1 Begriffsbestimmungen
- 2.1.1 Begriff “sexueller Missbrauch”
- 2.1.2 Begriff \"geistige Behinderung\"
- 2.1.2.1 Epidemiologie
- 2.1.2.2 Problem einer Definition
- 2.1.2.2.1 Medizinisch- biologischer Zugriff
- 2.1.2.2.2 Psychologischer Zugriff
- 2.1.2.2.3 Soziologischer Zugriff
- 2.1.2.2.4 Pädagogischer Zugriff
- 2.2 Prävalenz
- 2.3 Täterkreis
- 2.3.1 Täter aus dem Nahbereich versus Fremdtäter
- 2.3.2 Täter mit geistiger Behinderung
- 2.4 Erklärungsansätze
- 2.4.1 Familiendynamischer Ansatz
- 2.4.2 Feministischer Ansatz
- 2.4.3 Modell der vier Vorbedingungen
- 2.5 Risikofaktoren
- 2.5.1 Geringes Selbstbewusstsein
- 2.5.2 Extremer Respekt vor Autoritäten
- 2.5.3 Soziale Isolierung
- 2.5.4 Fremdbestimmte Lebensführung
- 2.5.5 Unzureichende Sexualaufklärung
- 2.5.6 Sterilisation
- 2.5.7 Wunsch nach Normalität und Anerkennung
- 2.5.8 Distanzlosigkeit
- 2.5.9 Kommunikationsschwierigkeiten/geringe Glaubwürdigkeit
- 2.6 Folgen
- 2.6.1 Körperliche Auffälligkeiten
- 2.6.2 Verhaltensauffälligkeiten
- 2.6.3 Behinderung als Folgeerscheinung
- 2.7 Strafrechtsbestand
- 2.7.1 §176 StGB: Sexueller Missbrauch von Kindern
- 2.7.2 § 174 StGB: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
- 2.7.3 § 174a StGB: Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfebedürftigen in Einrichtungen
- 2.7.4 § 174c StGB: Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs-, oder Betreuungsverhältnisses
- 2.7.5 § 177 StGB: Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung
- 2.7.6 § 179 StGB: Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen
- 3 PRÄVENTION DES SEXUELLEN MISSBRAUCHS VON MÄDCHEN UND FRAUEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG
- 3.1 Begriff \"Prävention\"
- 3.2 Primärpräventionsformen
- 3.3 Präventionsmaßnahmen auf der individuellen Ebene
- 3.3.1 Präventive Sexualerziehung
- 3.3.1.1 Besonderheiten der pubertären Entwicklung junger Frauen mit geistiger Behinderung
- 3.3.1.2 Formen der Sexualerziehung
- 3.3.1.3 Grundsätze präventiver Sexualerziehung
- 3.3.2 Präventionsgrundsätze
- 3.3.3 Präventionsmaterial
- 3.3.4 Grenzen der Prävention
- 3.4 Präventionsmaßnahmen auf der gesellschaftlichen und institutionellen Ebene
- 3.4.1 Öffentlichkeitsarbeit
- 3.4.2 Gleichsetzung der Strafandrohung
- 3.4.3 Auflösung bestehender Abhängigkeitsverhältnisse
- 3.4.4 Institutionelle Vorsichtsmaßnahmen
- 3.4.5 Integration
- 3.4.6 Fortbildungen
- 3.4.7 Elternarbeit
- 3.5 Präventionsprogramme und -projekte
- 3.5.1 Empowerment-Programm
- 3.5.2 Preventing Sexual Abuse of Persons With Disabilities
- 3.5.3 Sexual Abuse Avoidance Training for Adults With Mental Retardation
- 3.5.4 Projekt Bethel
- 3.5.5 Vergleich
- 4 SCHLUSSBETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs von Mädchen und Frauen mit geistiger Behinderung. Sie analysiert die Problematik anhand von Begriffsbestimmungen, Prävalenzdaten und Täterkreis. Zudem werden Erklärungsansätze und Risikofaktoren beleuchtet. Die Arbeit untersucht die Folgen sexuellen Missbrauchs und beleuchtet den rechtlichen Rahmen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Prävention des sexuellen Missbrauchs, wobei sowohl individuelle als auch gesellschaftliche und institutionelle Präventionsmaßnahmen betrachtet werden. Im Rahmen der Arbeit werden Präventionsprogramme und -projekte analysiert und verglichen.
- Definition und Abgrenzung des Begriffs "sexueller Missbrauch" im Kontext geistiger Behinderung
- Analyse der Prävalenz, des Täterkreises und der Risikofaktoren im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen auf Menschen mit geistiger Behinderung
- Untersuchung von Erklärungsansätzen und Folgen sexuellen Missbrauchs
- Bewertung verschiedener Präventionsmaßnahmen auf individueller, gesellschaftlicher und institutioneller Ebene
- Analyse und Vergleich von Präventionsprogrammen und -projekten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des sexuellen Missbrauchs von Mädchen und Frauen mit geistiger Behinderung ein und beleuchtet die aktuelle Forschungslage. Kapitel 2 beleuchtet die Begriffsbestimmungen von "sexueller Missbrauch" und "geistige Behinderung" und analysiert die Prävalenz des Problems. Weiterhin werden Täterkreis, Erklärungsansätze und Risikofaktoren sowie die Folgen sexuellen Missbrauchs und der rechtliche Rahmen beleuchtet. Kapitel 3 widmet sich der Prävention des sexuellen Missbrauchs und analysiert verschiedene Präventionsmaßnahmen auf individueller, gesellschaftlicher und institutioneller Ebene. Darüber hinaus werden Präventionsprogramme und -projekte vorgestellt und verglichen.
Schlüsselwörter
Sexueller Missbrauch, geistige Behinderung, Prävention, Risikofaktoren, Täterkreis, Folgen, Strafrechtsbestand, Präventionsmaßnahmen, Präventionsprogramme, Empowerment
- Arbeit zitieren
- Friederike Blaue (Autor:in), 2005, Prävention des sexuellen Missbrauchs von Mädchen und Frauen mit geistiger Behinderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52393