„Schuld ist die Vorwerfbarkeit des Unrechts“.
Mit dieser kürzestmöglichen Definition von Schuld kommt man als Jurastudent bis zum Examen ganz gut aus. Kennt man daneben die §§ 19, 20 und 12 StGB sowie die gängigen Entschuldigungsgründe, so hat man kaum Anlass, sich mit dem Schuldbegriff näher auseinander zu setzen. Zumindest zu Beginn des Studiums fehlt es dem Jurastudenten gemeinhin noch an der zielstrebigen Vermeidung allen nicht-examensrelevanten Wissens, die sich später (notwendigerweise) gerne einstellt. Vielleicht deshalb hat sich mir zum Thema „Schuld“ folgender Satz aus der Vorlesung Strafrecht I Allgemeiner Teil so eingeprägt, dass ich ihn heute noch wörtlich kenne: „Die Strafrechtslehre geht vom freien Willen aus, und die Philosophie tut das auch.“
Diese knappe Darstellung der Frage nach der Willensfreiheit als Voraussetzung für das existierende Modell des Strafrechts hat Widerspruch in mir geweckt und war somit wohl der entscheidende Auslöser für die Entstehung dieser Arbeit. Die hier darzustellende Position der Hirnforscher, die den freien Willen als nicht existierend betrachten, ist indes als Idee nicht neu...
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Geschichte des Begriffs der Willensfreiheit
- 1. Vorbemerkung: Willens- und Handlungsfreiheit
- 2. Historischer Aufriss
- a) Aristoteles
- b) Augustinus
- c) Descartes
- d) Leibniz
- e) Kant
- f) Schopenhauer
- 3. Begriffe
- III. Die Experimente Benjamin Libets
- 1. Fragestellung
- 2. Versuchsaufbau
- 3. Ergebnisse
- IV. Deutung der Ergebnisse
- 1. Deutungsmöglichkeiten
- 2. Deutung der Ergebnisse nach Libet
- 3. Einwände und Folgeexperimente: Haggard/Eimer
- 5. Weitere Einwände
- V. Positionen aktueller Hirnforschung
- 1. Wolf Singer
- 2. Gerhard Roth
- 3. Wolfgang Prinz
- Citar trabajo
- Florian Schlenker (Autor), 2006, Hirnforschung und Willensfreiheit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52492