Das neue Energiewirtschaftsrecht - Grundlagen, Innovationen, Probleme


Studienarbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Zur Geschichte des deutschen Energiewirtschaftsrechts

3. Die Europäischen Richtlinien
3.1. DieEU-Stromrichtlinie 2003/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG
3.1.1. Zu den Erwägungsgründen des Europäischen Parlaments
3.1.2. Wichtige Neuerungen der EU-Stromrichtlinie im Vergleich zur alten Richtlinie 96/92/EG im Überblick
3.2. DieEU-Gasrichtlinie 2003/55/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG

4. Das novellierte EnWG
4.1. Von den EU-Beschleunigungsrichtlinien zur deutschen EnWG-Novelle
4.1.1. Exkurs: energiewirtschaftliche Tatsachen zwischen den EnWG-Novellen von 1998 und 2005
4.2. Das novellierte EnWG – Die Wesentlichen Neuerungen im Überblick
4.3. Die Wettbewerbshindernisse des alten Energiewirtschaftsrechts
4.4. Die Wettbewerbseinschränkungen des neuen Energiewirtschaftsrechts

5. Die Maßnahmen zur Marktentflechtung
5.1. Der Begriff der Entflechtung
5.2. Der Sinn und die Zielsetzung des Unbundling
5.3. Die Probleme des Unbundling für Gesetzgeber, Regulierer und Wirtschaft
5.4. Die rechtlichen Probleme des Unbundling
5.5. Die Ausnahmen von den Entflechtungsregelungen

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis, Internetquellen

8. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Das Vermittlungsverfahren zum Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) wurde am 15. Juni 2005 erfolgreich abgeschlossen. Nach dem Beschluss des Bundestags am 16. Juni und des Bundesrats am 17. Juni 2005 ist das Gesetz am 01. Juli 2005 in Kraft getreten.

Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beruht auf den sogenannten „Beschleunigungsrichtlinien“ für Elektrizität (Richtlinie 2003/54/EG) und Gas (Richtlinie 2003/55/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates. Neben der Umsetzung von EU-Recht wird als Gesetzeszweck die Gewährleistung von möglichst sicherer, preisgünstiger, verbraucherfreundlicher, effizienter und umweltverträglicher Energieversorgung bestimmt[1]. Dabei sollen zum einen die Entflechtung des Netzbetriebes aus vertikal integrierten Unternehmen und zum anderen die Regulierung der Netze einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb bei der Energieversorgung sicherstellen.

Im Vergleich zu den bisherigen gesetzlichen Regelungen stellt das neue Energiewirtschaftsrecht eine regelrechte Supernova dar. Dies ist u.a. mit der, durch die Umsetzung der Beschleunigungsrichtlinien geforderten Einrichtung neuer Behörden auf Bundes- und Landesebene, den Vorschriften zur Netzentgeltbildung und den Regelungen zur Entflechtung begründet, die alle nicht Gegenstand des alten EnWG waren. Zusätzlich wird die Novellierung durch eine Reihe neuer Verordnungen komplettiert von denen hier nur die Verordnungen über den Netzzugang (StromNZV und GasNZV) und die Verordnungen über die Netzentgeltbildung (StromNEV und GasNEV) genannt seien. Dass der Umfang der gesetzlichen Regelung vielerorts zu Problemen führen kann zeigen die Befürchtungen kleinerer Stadtwerke, dass sie in Zukunft eigene Rechtsabteilungen benötigen würden[2].

Schon das Gesetzgebungsverfahren zeigte ausgeprägte Kontroversen und konfligierende Interessenlagen bei allen Beteiligten, verständlich insoweit man berücksichtigt, dass das deutsche Energiewirtschaftsrecht und die davon berührten Branchen über einen Zeitraum von mehr als 70 Jahren gewachsen sind und durch dass neue Recht explizit die Aufspaltung dieser gewachsenen Strukturen verlangt wird.

Diese Arbeit beschäftigt sich zunächst in einem kurzen Abriss mit der Geschichte des deutschen Energiewirtschaftsrechts und gibt einen Überblick über die EU-Beschleunigungsrichtlinien Anschließend befasst sich die Darstellung insbesondere mit dem neuen EnWG, wobei zunächst auf den Prozess der Gesetzgebung und die damit verbundenen Schwierigkeiten eingegangen wird um dann einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen zu geben. An verschiedenen Stellen wird auf den Unterschied zwischen dem neuen und dem alten Energierecht eingegangen um das Ausmaß und die Probleme der neuen Regelungen zu verdeutlichen, dies ist zum Beispiel in der differenzierten Betrachtung ausgewählter Wettbewerbshindernisse und Einschränkungen der alten und der neuen Regelungen der Fall. Abschließend wird eine detaillierte Analyse der Entflechtungsregelungen und der damit verbundenen Probleme dargestellt. Dies ist nur ein Punkt von vielen die eine differenzierte Betrachtung verdienen, die Betrachtung weiterer Punkte wie etwa die staatliche Regulierung würde den Rahmen der Arbeit sprengen.

2. Zur Geschichte des deutschen Energiewirtschaftsrechts

Die Versorgung mit Elektrizität und Gas nahm in Deutschland ihren Anfang im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Vorherrschend waren zunächst Insellösungen mit der lokalen Versorgung durch regionale Energieerzeuger. Die technische Verbindung und Zusammenschaltung der Netze wurde erst mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts vorangetrieben, es entstand eine dreistufige Versorgungsstruktur durch Verbund-, Regional- und Lokalunternehmen. Der elektrizitäts- und in jüngerer Zeit auch der gaswirtschaftliche Verbundbetrieb sind über Jahrzehnte auf- und ausgebaut worden, ihre Leistungsfähigkeit und Versorgungssicherheit nahm beständig zu, nationale Grenzen wurden überschritten und inzwischen sind die Verbundnetze Bestandteil dessen was unter dem europäischen Binnenmarkt verstanden wird, sie werden im Hinblick auf neue Bedarfsstrukturen weiter ausgebaut.

Das deutsche Energiewirtschaftsrecht unterliegt bis zum heutigen Zeitpunkt vielen Veränderungen. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft am 13.12.1935 fehlten jegliche spezialrechtliche Regelungen, der Bereich der Energiewirtschaft agierte in einem rechtsfreien Raum und wurde lediglich durch allgemeine zivil- und gewerberechtliche Normen reglementiert. Durch das EnWG von 1935, das ausnahmsweise keinerlei nationalsozialistisches Gedankengut enthielt, wurden erstmals Normen erlassen, die volkswirtschaftlich für schädlich erachteten Wettbewerb verhindern sollten. Zur Leitlinie der Gesetzesinterpretation wurde die Zielsetzung einer sicheren und preiswürdigen Energieversorgung erklärt.[3]

Bis zur Energierechtsreform vom 29.04.1998 basierte das Energiewirtschaftsrecht auf der Überzeugung, dass Versorgungssicherheit und –qualität nur durch eine Monopolstellung der Energieversorger garantiert und aufrecht erhalten werden können. Hierfür wurde in den fünfziger Jahren das Kartellrecht mit dem Energierecht harmonisiert indem die in der Versorgungswirtschaft üblichen Gebietsschutzverträge zur Sicherung der geschlossenen Versorgungsgebiete im § 103 I GWB von den allgemeinen kartellrechtlichen Bestimmungen, insbesondere vom Kartellverbot ausgenommen wurden.

Mit der Energierechtsreform von 1998 wurde auf der Basis der europäischen Binnenmarktrichtlinien für Strom und Gas das Wettbewerbsprinzip in das deutsche Recht übernommen. Hierzu zählten vor Allem die Wettbewerbsbarrieren des Kartellrechts[4] und die umfassende Staatsaufsicht des EnWG. Außerdem wurden erstmals Grundlagen zur aktiven Förderung des Wettbewerbs wie der Durchleitungsanspruch[5] und das Diskriminierungsverbot[6] geschaffen.[7]

Am 26.06.2003 erließen das Europäische Parlament und der Rat die so genannten Beschleunigungsrichtlinien 2003/54/EG (Strom) und 2003/55/EG (Gas) durch welche die vollständige Öffnung der Elektrizitäts- und Gasmärkte in allen Mitgliedstaaten bis zum 01.07.2007 angeordnet wurden. Des Weiteren verfügte der Gesetzgeber die Schaffung nationaler Regulierungsbehörden sowie die gesellschaftsrechtliche Entflechtung von vertikal integrierten Unternehmen um den Netzbetrieb von den restlichen Funktionen der Unternehmen zu trennen. Ziel des so genannten Unbundling ist die Sicherstellung der Unabhängigkeit des Netzbetriebs um Diskriminierung und Quersubventionierung zu verhindern.

In Deutschland wurden die Beschleunigungsrichtlinien mit der Novelle des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung – Energiewirtschaftsgesetz vom 17.06.2005 umgesetzt, das neue EnWG ist von 19 auf 118 Paragraphen angewachsen, das Gesetz und die dazu gehörigen Verordnungen über den Zugang zu den Versorgungsnetzen (StromNZV und GasNZV) und die entsprechenden Entgelte (StromNEV und GasNEV) traten am 01.07.2005 in Kraft und am 13.07.2005 nahm schließlich die Bundesnetzagentur[8] als nationale Regulierungsbehörde ihre Tätigkeit auf.

3. Die Europäischen Richtlinien

Am 26.06.2003 traten die Richtlinien über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (2003/54/EG) und den Erdgasbinnenmarkt (2003/55/EG) des europäischen Parlaments und des Rates in Kraft. Die gemeinhin als Beschleunigungsrichtlinien bezeichneten Bestimmungen sollten bis auf jeweils eine Ausnahme[9] spätestens bis zum 01.07.2004 in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Da die Umsetzung beider Richtlinien mit hohen Anforderungen, sowohl an die nationalen Gesetzgeber, als auch an die Interessenvertreter des jeweils betroffenen Wirtschaftszweiges verbunden sind, ist dies zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in allen Mitgliedstaaten abschließend geschehen, in Deutschland wurde die Umsetzung mit Inkrafttreten der EnWG-Novelle vom 07.07. 2005 und den dazugehörigen Verordnungen über die Netzentgelte und den Netzzugang, sowie Einrichtung der Bundesnetzagentur abgeschlossen.

Im Folgenden setzt sich diese Arbeit mit den europäischen Richtlinien als Grundlage für das deutsche EnWG im Einzelnen auseinander. Beide Richtlinien sind zwar in Einzelheiten differenziert zu betrachten, da sich die Anforderungen an den jeweiligen Wirtschaftszweig in einigen Punkten unterscheiden, verfolgen aber im Wesentlichen dieselben Ziele, aus diesem Grund liegt der Schwerpunkt in der beispielhaften Betrachtung der Stromrichtlinie.

3.1 DieEU-Stromrichtlinie 2003/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG

3.1.1 Zu den Erwägungsgründen des Europäischen Parlaments:

Der[10] Gesetzgeber stellt zunächst fest dass die Richtlinie 96/92/EG vom 19.12.1996 zwar einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung eines Elektrizitätsbinnenmarktes geschaffen hat und sich der mögliche Nutzen in Form von Effizienzsteigerung, höherer Dienstleistungsqualität und einer größeren Wettbewerbsfähigkeit deutlich gezeigt hat. Allerdings bestehen schwerwiegende Mängel und weit reichende Verbesserungsmöglichkeiten:

- Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen bei der Elektrizitätserzeugung,
- Verringerung der Gefahren von Marktbeherrschung und Verdrängung,
- Sicherstellung nichtdiskriminierender Tarife für den Netzzugang,
- Schutz der Rechte kleinerer und benachteiligter Kunden, sowie
- Offenlegung von Informationen über die Elektrizitätserzeugung und die verwendeten Energieträger.

Der Richtlinie zu Grunde liegt die Überlegung, dass der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr nur in einem vollständig geöffneten, für jeden zugänglichen Markt garantiert werden kann. Die Haupthindernisse hierbei sind zunächst einmal der unterschiedliche Grad der Marktöffnung in den Mitgliedstaaten und unterschiedliche Bedingungen des Netzzuganges und der Tarifierung.

Zur Lösung dieser Probleme wäre es notwendig, zunächst die Unabhängigkeit der Netzbetreiber sicherzustellen, indem sie rechtlich, organisatorisch und informationell entflochten werden, die Entflechtung der Eigentumsverhältnisse ist hingegen nicht vorgesehen. Den Mitgliedstaaten steht es allerdings frei, kleinere Unternehmen von den Entflechtungsvorschriften auszunehmen, die damit in Zusammenhang stehenden Genehmigungsverfahren sollen moderat und in einem günstigen Verhältnis zur Wirkung gestaltet werden.

Die binnenmarktweite Regelung nichtdiskriminierender und für alle Netznutzer einheitlicher Tarife und Zugangsbedingungen soll die zentrale Aufgabe nationaler Regulierungsbehörden sein, zudem soll eine europäische Gruppe der Regulierungsbehörden für Elektrizität und Gas die Zusammenarbeit dieser Behörden koordinieren und sichern. Im Einzelnen sollen Tarife oder Berechnungsmethoden auf Grundlage von Vorschlägen einzelner Netzbetreiber und Nutzer genehmigt werden können, sofern sie dritte Interessenten nicht diskriminieren, kostenorientiert sind, sowie die Netzgrenzkosten berücksichtigen, die durch dezentrale Elektrizitätserzeugung und externe Nachfragesteuerung entstehen.

Die Anschlusspflicht, die Tarifsicherheit und die Versorgungssicherheit für Haushalte, Industrie, Handel – hier insbesondere KMU und das Wahlrecht, den Vertragspartner betreffend, sollen Vorrang vor den Interessen der Branche genießen, allerdings sollen auch deren Interessen angemessen berücksichtigt werden. Ein bedeutender Schwerpunkt muss die Zukunftsforschung und die Förderung, sowie die Schaffung von Kapazitäten für den Einsatz erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung sein. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage sowie Aufbau und Erhalt der Netzinfrastruktur sollen im Interesse der Versorgungssicherheit in allen Mitgliedstaaten beobachtet und an die Gemeinschaft berichtet werden damit der europäische Gesetzgeber nötigenfalls reagieren kann. Im Interesse des Umweltschutzes und als Beitrag zur Marktregulierung durch das natürliche Wahlrecht des Kunden sollen erhöhte Anforderungen an die Kennzeichnungspflicht und Zertifizierung der Elektrizität gestellt werden.

Die gemeinschaftlichen Interessen und das Gemeinschaftsrecht genießen auch im Bereich der Energiewirtschaft Vorrang vor nationalen Interessen, trotzdem sollen die Mitgliedstaaten eigene Regelungen treffen können die ihren Bedürfnissen und Gegebenheiten angepasst sind sofern die Interessen der Gemeinschaft, des Umweltschutzes, der Versorgungssicherheit und angepasste Bedingungen für den Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten garantiert werden.

Der europäische Gesetzgeber ist der Ansicht, dass ein Elektrizitätsbinnenmarkt mit fairem Wettbewerb auf binnenmarktstaatlicher Ebene nicht erreicht werden kann und erachtet eine Vorgehensweise nach dem Subsidiaritätsprinzip[11] unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und unter Beachtung der Grundsätze der Charta der Grundrechte für erforderlich um die Gegebenheiten innerhalb der Gemeinschaft anzugleichen.

Abschließend sei bemerkt, dass das Parlament im Punkt (3) der Erwägungsgründe dazu auffordert, dass zur Beschleunigung der Umsetzung dieser Richtlinie ein genauer Zeitplan vorgegeben werden soll um schnellstmöglich zur endgültigen Liberalisierung der Energiemärkte zu gelangen.

3.1.2. Wichtige Neuerungen der EU-Stromrichtlinie im Vergleich zur alten Richtlinie 96/92/EG im Überblick

a) Monitoring der Versorgungssicherheit [12]

Der Gesetzgeber fordert jeden Mitgliedstaat dazu auf, der europäischen Energiewirtschaftskommission alle zwei Jahre einen Bericht zur Verfügung zu stellen, indem über die Entwicklung des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage, geplante und im Bau befindliche zusätzliche Kapazitäten, die Qualität und der Umfang der Netzwartung und die Maßnahmen zur Bewältigung von Nachfragespitzen und bei Ausfällen eines oder mehrer Versorger dargestellt werden. Derartige Vorgaben waren in der alten Richtlinie nicht enthalten, vielmehr verließ sich der Gesetzgeber in diesen Fragen auf die Selbstverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten.

b) Entflechtungsregelungen [13]

Die Entflechtungsregelungen der 96´er Richtlinie waren eher zurückhaltend und nach den heutigen Maßstäben unzureichend formuliert, im Art. 7 VI wird lediglich gefordert, dass in vertikal integrierten Unternehmen für den Netzbetrieb zumindest eine eigene Verwaltung vorhanden sein soll, nach Art. 14 III-V sollen außerdem in der internen Buchführung eigene Konten und Bilanzen gepflegt werden.

In der Beschleunigungsrichtlinie wird dagegen eine strikte rechtliche, organisatorische, sowie buchhalterische und informationelle Entflechtung vorgeschrieben.

c) Marktöffnung und Gegenseitigkeit [14]

Während die neue Richtlinie im Absatz I davon ausgeht, dass der Markt in einem bestimmten Zeitrahmen vollständig geöffnet wird, respektive dass dies schon geschehen ist und daraufhin lediglich festlegt, wie eventuelle Ungleichgewichte in der Marktöffnung vermieden werden sollen, gibt die alte Richtlinie in den Absätzen I-IV zunächst ein, auf den ersten Blick ausschweifendes und umständliches Verfahren zur Feststellung des jeweiligen nationalen Marktöffnungsgrades, der so genannten Marktquote vor.

d) Regulierungsbehörden [15]

In der alten Richtlinie schrieb der Gesetzgeber vor, dass die Mitgliedstaaten zur Konfliktlösung und Streitbeilegung so genannte Streitbeilegungsstellen einzurichten hatten, die von den Parteien (!) unabhängig zu sein hatten. Derartige Einrichtungen hatten lediglich die Aufgabe, darauf zu achten, dass die Parteien fair miteinander verhandelten um ihre Differenzen zu beizulegen.

Die Richtlinie 2003/54/EG dagegen schreibt die Einrichtung nationaler, von den Interessen der Elektrizitätswirtschaft (!) unabhängiger Regulierungsbehörden vor. Diese haben nicht nur für ein diskriminierungsfreies Miteinander in Streitfällen zu sorgen, sondern darüber hinaus dafür, dass der Wettbewerb insgesamt transparent und frei von Benachteiligungen verläuft. Die Richtlinie geht sogar so weit, dass bei Bedarf die Höhe der Netznutzungsentgelte für alle Netzbetreiber verbindlich vorgegeben werden können.

e) Überwachung von Elektrizitätseinfuhren [16]

Während im Gassektor, begründet durch die weltweite Rohstoffverteilung regelmäßig „Energie“ aus Drittländern eingeführt wird und diese Tatsache in den entsprechenden Wettbewerbsvorschriften berücksichtigt ist, könnte ein Übermaß an Energieeinfuhr im Stromsektor zu einem Marktungleichgewicht führen, sofern dies ohne Kontrolle geschieht und laufende Importe im „Tagesgeschäft der Marktregulierung“ nicht berücksichtigt würden. Aus diesem Grund verlangt Art. 25 der Strom-Beschleunigungsrichtlinie einen regelmäßigen Report über die Höhe der Einfuhren, angegeben in physikalischen Mengeneinheiten, an die Kommission. Ein vergleichbarer Passus ist in der 96´er Richtlinie nicht enthalten.

[...]


[1] § 1 EnWG

[2] vgl. Nagel, Bernhard in Probleme des Unbundling nach dem neuen Energiewirtschaftsrecht aus der Sicht der Stadtwerke, ZNER 2/2005 S. 147 ff.

[3] vgl. Präambel des EnWG vom 13.12.1935

[4] vgl. §§ 103, 103a GWB

[5] § 6 EnWG, § 19 IV Nr. 4 GWB

[6] § 13 I EnWG

[7] siehe auch Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998

[8] vormals Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post - RegTP

[9] vgl. Art. 30 I, II 2003/54/EG und Art. 33 I, II 2003/55/EG

[10] vgl. Erwägungsgründe der EU-Stromrichtlinie 2003/54/EG

[11] Art. 5 EGV

[12] Art. 4 2003/54/EG

[13] Art. 10 ff., 15 ff., 19 ff. 2003/54/EG, Art 7 VI, 14 III-V 96/92/EG

[14] Art. 21 2003/54/EG, Art. 19 96/92/EG

[15] Art. 23 2003/54/EG, Art. 20 III-IV, 22 96/92/EG

[16] Art. 25 2003/54/EG

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das neue Energiewirtschaftsrecht - Grundlagen, Innovationen, Probleme
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V52510
ISBN (eBook)
9783638482097
ISBN (Buch)
9783638782449
Dateigröße
563 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand
Schlagworte
Energiewirtschaftsrecht, Grundlagen, Innovationen, Probleme, Wirtschaftsverwaltungsrecht
Arbeit zitieren
Alexander Pehling (Autor:in), 2006, Das neue Energiewirtschaftsrecht - Grundlagen, Innovationen, Probleme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52510

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