Meine Motivation, mich mit „Toleranz“ zu beschäftigen, lag vor allem darin, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Begriffen Akzeptanz und Toleranz zu studieren. Ausschlaggebend für mich war dabei der Spruch „Akzeptanz statt Toleranz“ 1 der Homosexuellen, einer Minderheitsbewegung, die, so geht man davon aus, aufgrund ihrer Minderheit Toleranz bei der Mehrheit einfordern müsste, stattdessen aber ihr Politikum in der Akzeptanz sucht.
Wo liegt der Unterschied? Werden die Begriffe Akzeptanz und Toleranz nicht eigentlich wie Synonyme in der Gesellschaft behandelt? Wo sind Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede in den Begriffen? Ist Toleranz gar negativ zu betrachten, Akzeptanz als positiv? Wo liegt da die Wertigkeit der jeweiligen Begriffe? Ist Toleranz überhaupt erstrebenswert? Kann die Philosophie dabei eine Hilfe sein, wenn es darum geht, hier zu differenzieren?
Akzeptanz statt Toleranz ?
Eine Reflexion über die Wertigkeit der Begriffe
Toleranz und Akzeptanz
Meine Motivation, mich mit „Toleranz“ zu beschäftigen, lag vor allem darin, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Begriffen Akzeptanz und Toleranz zu studieren. Ausschlaggebend für mich war dabei der Spruch „Akzeptanz statt Toleranz“ 1 der Homosexuellen, einer Minderheitsbewegung, die, so geht man davon aus, aufgrund ihrer Minderheit Toleranz bei der Mehrheit einfordern müsste, stattdessen aber ihr Politikum in der Akzeptanz sucht.
Wo liegt der Unterschied? Werden die Begriffe Akzeptanz und Toleranz nicht eigentlich wie Synonyme in der Gesellschaft behandelt? Wo sind Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede in den Begriffen? Ist Toleranz gar negativ zu betrachten, Akzeptanz als positiv? Wo liegt da die Wertigkeit der jeweiligen Begriffe? Ist Toleranz überhaupt erstrebenswert? Kann die Philosophie dabei eine Hilfe sein, wenn es darum geht, hier zu differenzieren?
Ich denke, wenn über Begriffe geredet wird, so hilft ein Blick in den Duden, in dem man folgendes findet:
to|le|rie|ren [lat. tolerare = (er)dulden]: 1. (bildungsspr.) dulden, zulassen, gelten lassen
ak|zep|tie|ren [lat. acceptare]: annehmen
Der Unterschied besteht zwischen der Duldung und der Annahme, d.h. jemanden zu akzeptieren bedeutet, seine Meinungen und Gedanken anzunehmen, zu übernehmen, das, was jemand macht und denkt für gut zu befinden. Jemand zu tolerieren bedeutet, zu dulden, was jemand denkt oder macht, obwohl man mit ihm nicht übereinstimmt, obwohl man es gar für falsch hält. Mit diesen Begriffen ist jedoch noch nicht viel gewonnen, wenn es darum geht, hier Unterschiede in den Wertigkeiten der Begriffe zu konkretisieren. Es gibt eine Reihe von Literatur, durch die es möglich ist, den Begriff Toleranz weiter zu reflektieren und mit der Akzeptanz zu vergleichen.
In dem Beitrag „Toleranz braucht man da, wo etwas fehlt.“ (Reemtsma, 2002) steht Toleranz im Gegensatz zu Recht. Reemtsma schreibt, dass da, wo Recht gegeben ist, Toleranz überflüssig wird. Toleranz kann also nur im rechtsfreien Raum existieren. Reemtsma begründet diese These mit den Voraussetzungen, mit den Bedingungen, die für die Ausübung der Toleranz zwischen den Personen X und Y notwendig sind, die da lauten:
- X ist mächtiger als Y
- X missbilligt Y
- X verzichtet darauf, Macht gegenüber Y einzusetzen.
Toleranz steht daher bei Reemtsma, denke ich, im Gegensatz zu Akzeptanz. Da wo Akzeptanz gegeben ist, in dem Sinne also Recht gegeben ist, wird Toleranz überflüssig:
„Wir reden also dann nicht von Toleranz, wo eine Mehrheit durch staatlich garantierte Rechtsverhältnisse zu einer Kooperation mit einer ungebliebten Minderheit gezwungen wäre.“ (Reemtsma, 2002)
In diesem Zusammenhang wird die Forderung „Akzeptanz statt Toleranz“ schlüssig, denn die Forderung der Homosexuellen nach Akzeptanz ist nach Reemtsma die Forderung nach Recht. Es geht darum, Homosexuelle nicht nur zu ertragen, zu dulden, sondern sie anzunehmen, indem man diese Minderheit in die Gesellschaft integriert, indem man sie mit Rechten ausstattet, um zu verhindern, dass gegen sie Macht ausgeübt werden kann. Aufgrund dessen brauchen Homosexuelle auch keine Toleranz im Sinne von Interesse und Offenheit, was Reemtsma „Herzenstoleranz“ nennt, die in dem Sinne aber keine Toleranz im eigentliche Sinne des Verzichts auf Machtausübung ist.
John Stuart Locke forderte in seinem „Brief über die Toleranz“ (Locke, 1689) ebenfalls Rechte, v.a. das Recht auf freie Religionsausübung und beschrieb Toleranz ebenfalls, wie Reemtsma, als ein Verzicht auf die Macht des Staates, weit weg jeder Akzeptanz, jeder Integration von Rechte für Minderheiten.
Der Frage „Was ist Aufklärung?“ ging Kant 1784 nach. Aufklärung ist für Kant die Befreiung aus der Unmündigkeit des Menschen, einerseits des Individuums, andererseits der Menschheit an sich. Unmündigkeit definiert Kant als „Unvermögen“, sich eben nicht befreien zu können, sich nicht zu trauen bzw. dazu keinen Mut zu haben. Unmündigkeit ist also eine Selbstverschuldung, was Dritte aber gleichzeitig nicht ausschließt, da Vormünder von außen Unmündigkeit verursachen.
Toleranz ist in diesem Zusammenhang bei Kant ein natürliches Gesetz. Durch die Natur ist der Mensch bereits vernunftbegabt. Daher ist die Toleranz nicht nötig, nicht erstrebenswert. Sinnvoller ist eher eine Pluralität, eine Meinungsvielfalt. Aufgrund der Natur des Menschen sei es eben unausweichlich, dass die Gesellschaft sich selbst aufklärt.
Akzeptanz und Toleranz gehören in diesem Zusammenhang, denke ich, zu dieser Pluralität der Gesellschaft, deren Voraussetzung zwingend die Aufklärung durch die Befreiung des Menschen aus der Unmündigkeit nach Kant ist. Der Mensch hat sich eine Meinung, einen Standpunkt zu bilden, hier in diesem Fall einen Standpunkt zum Thema Homosexualität, einen Standpunkt über den Umgang mit dieser Minderheit bzw. einen Standpunkt über die Eingliederung einer Minderheit in ein Rechtssystem.
Hier, bei Kant, liegen also eher Gemeinsamkeiten zwischen den Begriffen Akzeptanz und Toleranz, in der Vorraussetzung der Aufklärung des Menschen, durch die er einen Standpunkt entwickeln kann, wodurch es eh zu einer Meinungsvielfalt kommt.
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- Udo Lihs (Author), 2006, Akzeptanz statt Toleranz - Eine Seminarreflexion über die Wertigkeit der Begriffe Toleranz und Akzeptanz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52537
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