Begründungen für den Geschichtsunterricht - Vergleich von J. Rohlfes und J. Huhn


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2004

12 Pages, Note: 1,0


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Joachim Rohlfes: „Geschichte und ihre Didaktik“
2.2 Jochen Huhn: „Geschichtsdidaktik: eine Einführung“
2.3 Vergleich der Begründungen für den Geschichtsunterricht bei J. Rohlfes und J. Huhn

3. Fazit

4. Anhang
4.1 Literaturverzeichnis

Begründungen für den Geschichtsunterricht

Vergleich von J. Rohlfes und J. Huhn

1. Einleitung

Das Fach „Geschichte“ wird heute in allen allgemein bildenden Schulen Deutschlands als ordentliches Lehrfach angeboten und unterrichtet. Dies geschieht zwar mitunter als Teilbereich innerhalb eines größeren Fächerverbundes, aber so ist „Geschichte“ in den Schulen jedoch ausreichend vertreten. In den verschiedenen Alters- und Schulstufen, sowie Schulformen wird dabei allerdings unterschiedlich quantitativ und inhaltlich akzentuiert.

Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich dabei die Herangehensweise der Geschichtswissenschaft an die Geschichtsdidaktik und damit verbunden an den Geschichtsunterricht verändert. Bis vor etwa 30 Jahren war der Gegenstand der Geschichtsdidaktik allein der Geschichtsunterricht. Ihr Aufgabenfeld war dementsprechend eng gefasst; sie befasste sich mit dem Aufbau von Geschichtsunterricht, mit der Festlegung der Inhalte, dem sinnvollen Einsatz von Arbeitsformen, Medien und schließlich der Lernkontrolle. Die so verstandene Geschichtsdidaktik war lediglich ein Teilbereich der allgemeinen Didaktik, sie war die theoretische Grundlage zu der Praxis des Unterrichts. Das Aufgabenfeld der Geschichtsdidaktik hat sich in den Jahren deutlich erweitert. Ihre Aufgabe ist nun nicht mehr nur das schulgerechte Vermitteln von Kenntnissen über die Vergangenheit im Unterricht, sondern sie sieht darüber hinaus alle Institutionen mit der Absicht der historischen Bildung (wie z.B. Museen oder Ausstellungen) als ihren Gegenstandsbereich an. In der Zwischenzeit ist aus der Geschichtsdidaktik eine eigenständige Wissenschaft geworden, auf der Grundlage der Frage danach, wie sich Individuen, Gruppen, Nationen, Gesellschaften jeglicher Art ins Verhältnis zu ihrer Vergangenheit setzen, wie sie sich in der Gegenwart historisch begreifen und wie sie, durch historisches Lernen, zu einem Geschichtsbewusstsein kommen.

Diesem Thema haben sich auch die Autoren J. Rohlfes und J. Huhn in ihren Werken gewidmet. Rohlfes gibt dabei in seinem Buch „Geschichte und ihre Didaktik“ einen umfassenden Überblick über die Didaktik der Geschichte als eine Brückendisziplin zwischen Geschichtswissenschaft und Pädagogik. Huhn nähert sich dem Thema in seinem Buch „Geschichtsdidaktik“ von einer etwas anderen Seite und stellt dabei vor allem die Frage nach dem Nutzen der Geschichte.

Im Folgenden werde ich beide Titel speziell unter dem Gesichtspunkt der Begründung des Geschichtsunterrichts beleuchten. Dazu ist es aber auch notwendig einen kurzen Überblick über die Ausführungen der Autoren im Allgemeinen zu geben. Dies werde ich zunächst bei beiden Büchern für sich machen, um sie dann im Anschluss direkt gegenüber zu stellen und zu vergleichen. Ferner bietet der letzte Punkt dieser Arbeit, überschrieben mit „Fazit“, Raum für ein Resümee in Form einer Zusammenfassung und Schlussfolgerung.

2. Hauptteil

2.1 Joachim Rohlfes: „Geschichte und ihre Didaktik“

In der vorliegenden, 1997 erschienenen 2. Auflage des Buches „Geschichte und ihre Didaktik“ geht der Autor Joachim Rohlfes ausführlich auf die Stellung und Position der Geschichtsdidaktik zwischen Geschichtswissenschaft und Pädagogik ein. Er zeigt dabei deutlich die schwierige Lage der Didaktik auf, die vornehmlich auf dem „Hin- und Herpendeln zwischen […] dem Wissenschafts- und dem Vermittlungssystem“[1] beruht. Die Didaktik der Geschichte bezieht sich dabei heute nicht mehr nur allein auf den Unterricht und dessen Ablauf oder allein auf die fachwissenschaftliche Weitergabe der historischen Ereignisse. Vielmehr hat sie seit den 1970er Jahren einen enormen Entwicklungsschub erfahren und sieht ihre Aufgabe heute darin „zwischen Fachwissenschaft und Lebenspraxis, Vergangenheit und Gegenwart, objektivem Fachgegenstand und lernendem Subjekt“[2] Brücken zu schlagen.

Diese Selbstwahrnehmung hat sich, Rohlfes Darstellung zur Folge, aber auch bei Didaktikern über viele Jahre erst langsam entwickelt. So stand für die Geschichtsdidaktiker der höheren Bildungseinrichtungen lange Zeit vor allem die Stoffauswahl im Vordergrund. Etwaige Unterrichtsgestaltung oder andere pädagogische Gesichtspunkte wurden demnach im 19. Jahrhundert noch weitestgehend außen vorgelassen. In Volksschulen oder der gymnasialen Unterstufe traten die fachspezifischen Inhalte des Faches jedoch in den Hintergrund, „dies bedeutete gewissermaßen eine Degradierung der Fachhistorie“[3]. Man kann somit von einer Spaltung der Geschichtsdidaktik zu Beginn des 20. Jahrhunderts sprechen. Während auf den höheren Schulen der fachwissenschaftliche Geschichtsunterricht im Vordergrund stand, verfolgte die Volksschule eher pädagogische, psychologische und unterrichtspraktische Interessen.

Nachdem der Geschichtsunterricht während der NS-Zeit stark ideologisch ausgerichtet gewesen war und somit ausschließlich zur Legitimierung des herrschenden politischen Systems diente, sahen sich nach 1945 viele Geschichtsdidaktiker in ihrer sachlich-objektiven Ausrichtung des Geschichtsunterrichts bestärkt, es stand weiterhin die „Wahrheit der Wissenschaft“ im Vordergrund. Nur wenige erkannten die Nachteile des herkömmlichen Geschichtsunterrichts und bemühten sich um eine neue sozialgeschichtliche uns demokratische Ausrichtung, verbunden mit der Einführung neuer Perspektiven, Themen und Unterrichtsmaterialien.

In den 1970er Jahren schließlich wurden die bisherigen Methoden, Grundlagen und Traditionen grundlegend überdacht, und so rückten Gesellschaftstheorie und Sozialisationsforschung zunehmend in das geschichtsdidaktische Blickfeld. Der Didaktikbegriff wurde erweitert und umschließt „nunmehr sämtliche Formen und Bereiche der Entstehung, Vermittlung, Rezeption und Wirkung von geschichtlichem Wissen und Bewusstsein“[4]. Ebenso bemüht man sich nun vermehrt um die praktische Umsetzung der neuen didaktischen Positionen.

Allerdings gibt es auch zahlreiche Kritiker der Geschichtsdidaktik, vor allem unter Fachhistorikern, die diese in erster Linie als reine Anwendungslehre verstehen, die sich allein der Methodik des Geschichtsunterrichts annehmen solle. Eine solche Sichtweise der Geschichtsdidaktik beraubt der Didaktik jedoch ihre geschichtswissenschaftlichen Kompetenz und stellt sie somit in eine rein pädagogische Ecke einer praktischen Unterrichtslehre. Eine Reihe von Fachhistorikern möchte die Funktion der Geschichtsdidaktik sogar selber übernehmen, und wollen sie somit in die Fachwissenschaft eingliedern, wodurch ihr aber zwangsläufig der überaus wichtige Bezug zur Pädagogik verloren gehen würde[5]. Beiden Positionen ist dabei gemein, dass sie die Notwendigkeit einer Subdisziplin „Geschichtsdidaktik“ nicht anerkennen.

Dass diese Subdisziplin aber durchaus ihre Existenzberechtigung hat, erschließt sich aber schon aus der didaktischen Dimension, die Geschichte an sich innehat. Wo immer Geschichte überliefert oder weitergeben wird, wo immer sich Menschen mit der Vergangenheit beschäftigen, sei es nun wissenschaftlich oder privat als „Geschichtenerzähler“, geht es darum das Publikum über das Geschehene zu belehren. Geschichtliches Wissen bedarf somit also der Verbreitung, und ist nicht nur auf exklusives Fachwissen von Experten beschränkt. Es ist wichtig, dass historische Erinnerungen in möglichst vielen Köpfen hängen bleiben, denn nur dadurch können sie ihren wahren Wert entfalten. „Die Historie ist eine Bewusstseinsbestimmende Disziplin.“[6] Wenn dies nicht geschieht, wäre historisches Wissen nur noch ein steriles Wissen. Bei der Überlieferung der Geschichte nimmt die Didaktik eine besonders wichtige Rolle ein. Ihre Hauptaufgabe ist es Geschichte einer breiten Öffentlichkeit und vor allem der nachwachsenden Generation zu vermitteln und dadurch in der Gesellschaft eine Art Geschichtsbewusstsein zu schaffen und zu regulieren. Dem Geschichts-bewusstsein in der Gesellschaft wird eine besondere Stellung beigemessen. Es geht nicht mehr allein um die Vermittlung von historischem Fachwissen, sondern vielmehr darum, die Ereignisse in der Vergangenheit zu deuten und daraus Einstellungen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese Dimension der Geschichte umfasst auch ihre pädagogische Verantwortung gegenüber den Schülern aber auch der gesamten Gesellschaft. Auf diese Weise kann Geschichte zur Weltorientierung und Selbstfindung der Menschen beitragen. Durch das Vermitteln von Geschichte kann die Fachdidaktik bestimmte Sachverhalte und Ereignisse in der Vergangenheit besser begreifbar machen, sie ermöglicht es den Menschen sich über sich selber aufzuklären. Dem Schüler wird somit ermöglicht Ereignisse in der Vergangenheit zu rekonstruieren, Entstehungs-, Entwicklungs- und Wirkungszusammenhänge besser zu verstehen. Dies beschränkt sich nicht nur auf die politische oder gesellschaftliche Ebene, sondern bezieht alle Lebensbereiche mit ein. Die Historie ist als eine interdisziplinäre Wissenschaft zu verstehen, die dazu beiträgt das Bedürfnis nach Selbsterkenntnis und Einschätzung des eigenen Standortes im Laufe der Zeit zu befriedigen. Kritiker sagen zwar, dass der aufklärende Faktor der Geschichte eher gering sei, da viele Menschen sich nicht von der Geschichte belehren lassen wollen, sondern sich die Geschichte vielmehr so zurecht legen, wie es ihren Bedürfnissen (Erleichterung des eigenen Gewissens oder Selbstbestätigung) entspricht[7]. Diesen durchaus problematischen Umgang mit der Geschichte vermag allerdings weniger die Didaktik zu lösen, vielmehr ist dafür ein psychologisches Umdenken in der Gesellschaft von Nöten.

[...]


[1] Joachim Rohlfes: „Geschichte und ihre Didaktik“, 2., bibliographisch ergänzte Auflage, Göttingen, 1997, S. 12.

[2] Ebda., S. 20.

[3] Ebda., S. 12.

[4] Ebda., S. 16.

[5] Vgl. Ebda., S. 11-12.

[6] Ebda., S. 9.

[7] Vgl. Ebda., S. 37.

Fin de l'extrait de 12 pages

Résumé des informations

Titre
Begründungen für den Geschichtsunterricht - Vergleich von J. Rohlfes und J. Huhn
Université
Free University of Berlin  (Friedrich Meinecke Institut )
Note
1,0
Auteur
Année
2004
Pages
12
N° de catalogue
V52692
ISBN (ebook)
9783638483377
ISBN (Livre)
9783656797616
Taille d'un fichier
453 KB
Langue
allemand
Mots clés
Begründungen, Geschichtsunterricht, Vergleich, Rohlfes, Huhn, Didaktik, Perspektivenübernahme
Citation du texte
Marcus Sonntag (Auteur), 2004, Begründungen für den Geschichtsunterricht - Vergleich von J. Rohlfes und J. Huhn, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52692

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