Da der Essay in seiner komplexen Gestalt nicht allumfassend definiert werden kann, wird die Betrachtung seiner geschichtlichen Entwicklung und kulturellen Herkunft umso wichtiger für die Analyse seiner Bedeutung in der Literaturgeschichte sowie seiner Auswirkungen auf die freie Meinungsbildung der Leserschaft. Untersuchungen haben ergeben, dass es bereits in der Antike strukturale Vorformen des Essayismus gab, so z.B. bei Seneca, Cicero oder Horaz. An diesen literarischen Vorläufern hat sich vermutlich auch der Ahnherr der Essayistik, Michel de Montaigne, orientiert, als er Ende des 16. Jahrhunderts seine „Essais“ niederschrieb. Nach Montaigne widmete sich der Engländer Francis Bacon of Verulam in den „Essayes or Counsels, Civill and Morall“ seinen eigenen Vorstellungen der essayistischen Methode. Obwohl seine Lebensgeschichte viele Gemeinsamkeiten mit der von Michel de Montaigne aufweist, unterscheidet sich seine Auffassung des Essayistischen grundlegend vom Essayismus Montaignes. Trotz der unterschiedlichen thematischen Bearbeitung ihrer Schriften stehen die Essays von Montaigne und Bacon in der Folge derselben bedeutsamen literaturhistorischen Entwicklung: der Verbreitung des Buchdrucks durch die Druckerpresse. Diese Errungenschaft machte es den Essayisten möglich, die benötigte Anzahl an Lesern für ihre gesellschaftskritischen und visionären Gedanken zu erreichen. Was diese Entwicklung in Hinblick auf den Zusammenhang kulturell geprägter Prozesse und menschlicher Identitätsfindung bedeutet, wird durch die Betrachtungen ausgewählter Theorien von Harold Adam Innis, Marshall McLuhan, Michael Giesecke, Stuart Hall und Theodor W. Adorno deutlich. Am Ende der vorliegenden Arbeit steht das Anliegen, dem essayistischen Verfahren trotz seines formalen und inhaltlichen Freiheitsanspruchs einen angemessenen Platz in der Geschichte – und der Zukunft – der Literaturwissenschaft zuzuweisen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Themenübersicht
- Der Essay: Versuch einer Merkmalsbestimmung
- Montaigne und Bacon: Ahnherren der Essayistik
- Michel de Montaignes „Les Essais\" (1580/1588)
- Entstehungshintergründe: Der Essay als literarische Gattung
- Montaignes „, Essais“ – Ein „Spaziergang“ in Gedanken
- Francis Bacon und,, The Essayes or Counsels, Civill and Morall\" (1597)
- Der Autor und die Diskontinuität der Moderne
- ,Wissen ist Macht“: Bacons „Reform“ der Essayistik
- Michel de Montaignes „Les Essais\" (1580/1588)
- Der Essayismus und seine Bedeutung im Medienwandel
- Zur Geschichte des Buchdrucks
- Elizabeth Eisenstein und die Auswirkungen der „Druckerpresse“
- Medientheoretische Gedanken: Die moderne Kultur und ihre Medien
- Ausblick
- Quellenangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Entwicklung des Essays als Spiegel eines modernen Bewusstseins und beleuchtet seine Bedeutung im Kontext der frühen Neuzeit und des Medienwandels. Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile: Der erste Teil widmet sich der Gattung des Essays selbst, analysiert seine Merkmale und beleuchtet die einflussreichen Essays von Montaigne und Bacon. Der zweite Teil untersucht die kulturellen und medialen Rahmenbedingungen, die die Entstehung des Essays beeinflussten, und betrachtet den Essay im Kontext der Druckrevolution sowie der medientheoretischen Debatte.
- Entwicklung des Essays als literarische Gattung
- Einblick in die Werke von Montaigne und Bacon
- Bedeutung des Buchdrucks für die Entstehung des Essays
- Die Rolle der Medien im modernen Bewusstsein
- Der Essay als Ausdruck der freien Meinungsbildung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einführung
Dieses Kapitel liefert eine allgemeine Einleitung in die Thematik der Arbeit und stellt die beiden Hauptteile vor. Es gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Literaturwissenschaft, die in der Arbeit behandelt werden, und führt den Leser in die spezifische Gattung des Essays ein.
Kapitel 2: Montaigne und Bacon: Ahnherren der Essayistik
Dieses Kapitel befasst sich mit den beiden einflussreichen Essayisten Michel de Montaigne und Francis Bacon. Es beleuchtet die Entstehungshintergründe ihrer Werke und analysiert die spezifischen Merkmale ihrer Essays. Die Kapitel analysieren auch den Stellenwert der beiden Autoren für die Entwicklung der Essayistik.
Kapitel 3: Der Essayismus und seine Bedeutung im Medienwandel
Das Kapitel untersucht die Rolle des Buchdrucks in der Entwicklung des Essays und beleuchtet die Auswirkungen der „Druckerpresse“ auf die Kultur der frühen Neuzeit. Es analysiert die medientheoretischen Gedanken von Harold Adam Innis, Marshall McLuhan, Michael Giesecke, Stuart Hall und Theodor W. Adorno und betrachtet den Essay im Kontext der sich entwickelnden Medienlandschaft.
Schlüsselwörter
Essayistik, Montaigne, Bacon, Buchdruck, Medienwandel, Kulturrevolution, freie Meinungsbildung, moderne Kultur, literarische Gattung, Medienlandschaft, Druckerpresse, Identitätsfindung, gesellschaftliche Prozesse, mediale Ausdrucksweisen.
- Citar trabajo
- Amely Braunger (Autor), 2005, Der Essay als Spiegel eines modernen Bewusstseins, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53020