Ursachen und Folgen der Schuldenkrise der 1980er-Jahre in Lateinamerika


Trabajo de Seminario, 2005

16 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Die Schuldenkrise in ihrer zeitlichen Entwicklung
1. Die Entwicklung der Auslandsverschuldung
2. Das Krisenmanagement

3) Ursachen der Schuldenkrise
1. Interne Ursachen
2. Externe Ursachen
a) Strukturelle Abhängigkeiten
b) Die Entwicklung der terms of trade
c) Der Einfluss des Ölpreises
d) Auswirkungen der Entwicklung der internationalen Zinssätze

4) Fazit – ein Blick auf die Folgen der Schuldenkrise

5) Literatur

1) Einleitung

Auch auf jahrelangen intensiven Druck vieler Nichtregierungsorganisationen hin beschlossen die G8-Staaten im Juni dieses Jahres einen Schuldenerlass für die ärmsten Schuldner. Damit ist die Problematik der enormen Auslandsverschuldung vieler Staaten der Dritten Welt wieder einmal der Öffentlichkeit bewusst geworden. Ein enormes Entwicklungshemmnis stellt Auslandsverschuldung aber nicht nur für die ärmsten Entwicklungsländer dar. Besonders stark betroffen sind auch die Länder Lateinamerikas. In Lateinamerika hatte 1982 die sogenannte Schuldenkrise ihren Ausgang genommen, die bis heute spürbare Auswirkungen hat und daher von großer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Länder Lateinamerikas ist.

Diese Arbeit möchte die Schuldenkrise der 1980er-Jahre mit dem Fokus auf Lateinamerika unter die Lupe nehmen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach den Ursachen der Schuldenkrise.

Die Arbeit ist so aufgebaut, dass zunächst die zeitliche Entwicklung betrachtet wird. Hier geht es darum, die Dimensionen der Verschuldung sowie die besonderen Merkmale des Verschuldungsprozesses aufzuzeigen. Dieser darstellende Teil skizziert auch kurz das dem Ausbruch der Schuldenkrise folgende internationale Krisenmanagement. (Abschnitt 2).

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Erarbeitung der Ursachenstruktur der Schuldenkrise. (Abschnitt 3). Im abschließenden Fazit werden dann auch die wesentlichen Folgen der Verschuldungskrise für die lateinamerikanischen Länder skizziert (Abschnitt 4).

Eine detailliertere Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Schuldenkrise oder auch die Diskussion der verschiedenen praktizierten oder vorgeschlagenen Möglichkeiten zur Milderung oder Lösung der Schuldenkrise würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

2) Die Schuldenkrise in ihrer zeitlichen Entwicklung

Die öffentliche Wahrnehmung der Schuldenproblematik in vielen Ländern der Dritten Welt begann praktisch erst mit der Zahlungsunfähigkeit Mexikos 1982, der viele andere Staaten folgten. Die öffentliche Aufmerksamkeit beruhte darauf, dass durch die Einstellung des Schuldendienstes das internationale Finanzsystem insgesamt in Schwierigkeiten geriet. Diesem Sichtbarwerden der Krise ging ein dramatischer Anstieg der Auslandsverschuldung vieler Entwicklungsländer in den 1970er-Jahren voraus. Die Auslandsverschuldung entwickelte dabei eine beträchtliche Eigendynamik, da höhere Schuldendienstzahlungen durch immer neue Kredite finanziert wurden. Daher nahm das Tempo der Verschuldung im Laufe der 1970er-Jahre immer weiter zu.

1. Die Entwicklung der Auslandsverschuldung

Auf die Dritte Welt insgesamt bezogen[1] wuchsen die Auslandsschulden von 21,5 Mrd. US-Dollar (im folgenden kurz $) im Jahr 1961 auf ca. 70 Mrd. $ in 1971 und ca. 560 Mrd. $ in 1980 an.[2] Deutlich ist hier das hohe Tempo der Verschuldung erkennbar: In den sechziger Jahren verdreifachten sich die Schulden in etwa, in den Siebzigern verachtfachten sie sich sogar. Die Staaten Lateinamerikas hatten an dieser Verschuldung einen großen Anteil. Ihre Auslandsschulden stiegen von ca. 38 Mrd. $ in 1970 auf 228 Mrd. $ in 1980.[3]

Das enorme Wachstum der Verschuldung in den siebziger Jahren beruhte auf einer starken Ausweitung privater Kredite. Handelsdefizite und steigende Schuldendienstzahlungen wurden durch Kreditaufnahme bei international tätigen Banken finanziert. Die transnationalen Banken verfügten über umfangreiches Kapital, für das rentable Anlagemöglichkeiten gesucht wurden. Dazu trugen in den 1960er-Jahren und zu Beginn der 1970er-Jahre die Entstehung und Expansion der sogenannten Eurodollar-Märkte bei (von Banken außerhalb der USA angebotene Anlagedepots und Kredite in Dollar), die sich der Kontrolle durch die Zentralbanken entzogen. Nach dem Zusammenbruch des Währungsregimes von Bretton-Woods 1973 und der damit verbundenen Freigabe der Wechselkurse sammelte sich noch mehr Liquidität bei den international tätigen Banken an, die nun gar nicht mehr von Zentralbanken kontrolliert werden konnte. Nach der Ölpreiserhöhung 1973/74 wurden die hohen Einnahmen der OPEC-Staaten in großem Ausmaß ebenfalls bei transnationalen Banken angelegt, was diesen weitere Liquidität zuführte. Die Überliquidität, also das übermäßige Angebot an Kapital auf der Suche nach rentablen Anlagemöglichkeiten, führte zu niedrigen Zinsen, so dass für die Entwicklungsländer Kredite günstig zu bekommen waren und sie diese auch in großem Maß in Anspruch nahmen.[4] Gleichzeitig erhöhte sich in dieser Zeit das Leistungsbilanzdefizit zahlreicher Entwicklungsländer enorm.

Mit der starken Zunahme privater Kredite vollzog sich auch eine Veränderung der Schuldenstruktur: Gegenüber langfristigen Krediten gewannen kurzfristige Kredite an Bedeutung, während gleichzeitig immer mehr Kredite mit variablen Zinssätzen vereinbart wurden: Für die Länder der Dritten Welt insgesamt stieg der Anteil variabel verzinster Schulden von 16 Prozent 1973 auf 43 Prozent 1983, woran die lateinamerikanischen Länder einen besonders großen Anteil hatten[5], da sie sich aufgrund ihres relativ fortgeschrittenen Entwicklungsstandes in besonders großem Maße bei ausländischen Privatbanken verschuldeten. Daraus resultierte zugleich eine starke Konzentration der Schulden auf relativ wenige Länder, da der enorme Schuldenzuwachs wie beschrieben auf der Ausdehnung der privaten Kreditgewährung beruhte, die sich stark auf wenige Länder konzentrierte. Deutlich wird dies bei einem Blick auf die Schuldenhöhe der fünf lateinamerikanischen Länder Mexiko, Argentinien, Brasilien, Chile und Venezuela: 1982 waren diese Länder mit insgesamt 267,7 Mrd. $ im Ausland verschuldet, wobei 70% ihrer Schulden gegenüber Banken bestand.[6] Die Auslandsverschuldung der Dritten Welt lagen 1982 insgesamt bei 741 Mrd. $.[7]. Diese fünf lateinamerikanischen Länder vereinigten damit etwa 36 Prozent der gesamten Außenverschuldung der Dritten Welt auf sich, wobei sie „zugleich 73 Prozent der Verbindlichkeiten aller Entwicklungsländer gegenüber privaten Banken repräsentierten“[8].

Eine starke Konzentration stellte sich auch auf Seite der Gläubiger ein. Hier waren es vergleichsweise wenige Großbanken aus wenigen Ländern (in erster Linie die USA), die hohe Forderungen (teilweise mehr als das Doppelte des Eigenkapitals) gegenüber den Entwicklungsländern hielten. Ebenfalls konzentrierten sich viele Banken stark auf wenige Entwicklungsländer. So stellten etwa für die fünf größten US-Banken die Zinsmoratorien Mexikos, Brasiliens und Argentiniens einen massiven Ausfall von ca. 75 Prozente der vorherigen Gewinne dar.[9] Diese Konzentration auf Gläubigerseite war der Grund, weshalb die Schuldenkrise eine Bedrohung der internationalen Finanzsysteme darstellte, denn eine dauerhafte Einstellung der Zinszahlungen der Schuldnerländer hätte durch die dann nötigen Abschreibungen der nicht einbringbaren Forderungen zahlreiche Finanzinstitute in den Industrieländern in eine existenzbedrohliche Lage gebracht.

Im Laufe der 1970er-Jahre stieg nicht nur die Verschuldungshöhe immer weiter an, sondern – und mit noch stärkerer Dynamik – auch die Schuldendienstzahlungen. Noch 1977 lag die Schuldendienstquote (also das Verhältnis von Zins- plus Tilgungszahlungen zu den Exporten eines Landes) für die lateinamerikanischen Länder bei 28,2 Prozent, stieg allerdings binnen fünf Jahren auf 54,1 Prozent, und dies, obwohl in dieser Zeit die Exporte kräftig anstiegen.[10] Hierin wurde die Eigendynamik der Verschuldung sichtbar: Das höhere Volumen der Gesamtschulden zog höhere Zinszahlungen nach sich, zudem stiegen gegen Ende der 1970er-Jahren die fälligen Tilgungen auch durch Auslaufen tilgungsfreier Fristen stark an. Die Schuldendienste konnten wegen der fortlaufenden Außenhandelsdefizite nur durch neue und immer höhere Kreditaufnahmen geleistet werden, und ein wachsender Teil (bereits Ende der 1970er-Jahre deutlich mehr als die Hälfte) der neuen Kredite musste komplett für den Schuldendienst aufgewandt werden.[11]

Endgültig in die Krise führten die lateinamerikanischen Schuldner die international steigenden Zinssätze, die auf einen Kurswechsel der US-amerikanischen Wirtschaftspolitik zurückgingen. Ab Oktober 1979 wurden die Zinssätze zur Bekämpfung der Inflation in den USA massiv angehoben, eine Politik, die in der Folge auch in den anderen Industrieländern verfolgt wurde. Die massiv ansteigenden Zinszahlungen (wegen der variablen Zinssätze vieler Kredite) belasteten die Schuldnerstaaten sehr, zugleich aber boten sie den internationalen Banken neue profitable (und sicherere) Anlagemöglichkeiten in den USA. Dadurch reduzierte sich die Bereitschaft, den weiter wachsenden Kapitalbedarf vieler Entwicklungsländer durch neue Kredite zu finanzieren, stark[12]. Gleichzeitig sanken die Exporte durch die auch als Folge der Hochzinspolitik eingetretene weltweite Rezession stark ab. Das Ergebnis war „eine Situation finanzieller Strangulierung der Dritten Welt“[13], die zuerst in Mexiko offensichtlich wurde, das im August 1982 seine Unfähigkeit, weiterhin Zinsen zu zahlen, erklärte. Den Gläubigerbanken wurde spätestens zu diesem Zeitpunkt die Problematik der Verschuldung nun sehr deutlich bewusst, sie ließen bei ihrem Engagement nun größere Vorsicht walten und führten strenge Bonitätsprüfungen durch. Die internationalen Kapitalmärkte verloren das Vertrauen in die Schuldnerländer der Dritten Welt und stellten kaum mehr Kredite zur Verfügung. Dadurch folgten Mexiko bald zahlreiche andere Staaten der Dritten Welt, darunter die großen Schuldner in Lateinamerika.[14]

[...]


[1] Die Problematik des Begriffes „Dritte Welt“ (vgl. etwa Menzel 1992, S. 38-42 und Nuscheler 2004, S.117-120) ist mir bewusst, aber nicht Thema dieser Arbeit. In Ermanglung überzeugender Alternativen verwende ich ihn trotzdem als Terminus für die Gesamtheit der „Entwicklungsländer“, ohne dass damit über die große Heterogenität der damit bezeichneten Staaten hinweggetäuscht werden soll.

[2] Vgl. Toussaint 2000, S. 88.

[3] Vgl. Toussaint 2000, S. 198.

[4] Vgl. Toussaint 2000, S. 88ff. ; Boris 1987, S. 25f.

[5] Vgl. Boris 1987, S. 14.

[6] Berechnung anhand der Daten bei Schubert 1985, S. 125.

[7] Vgl. Schubert 1985, S. 116.

[8] Boris 1987, S. 15.

[9] Vgl. Boris 1987, S. 16f.

[10] Vgl. Schubert 1985, S. 133.

[11] Vgl. Boris 1987, S. 14f. sowie Schubert 1985, S. 135.

[12] Vgl. Boris 1987, S. 24f.

[13] Toussaint 2000, S. 98.

[14] Vgl. Sangmeister 1994, S. 107.

Final del extracto de 16 páginas

Detalles

Título
Ursachen und Folgen der Schuldenkrise der 1980er-Jahre in Lateinamerika
Universidad
University of Marburg  (Institut für Soziologie)
Curso
Entwicklung und Unterentwicklung Lateinamerikas
Calificación
1,0
Autor
Año
2005
Páginas
16
No. de catálogo
V53104
ISBN (Ebook)
9783638486408
ISBN (Libro)
9783656784395
Tamaño de fichero
537 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Ursachen, Folgen, Schuldenkrise, Lateinamerika, Entwicklung, Unterentwicklung, Lateinamerikas
Citar trabajo
Christine Tausch (Autor), 2005, Ursachen und Folgen der Schuldenkrise der 1980er-Jahre in Lateinamerika, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53104

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