Das Mikroskop vermag als Werkzeug wissenschaftlicher Erkenntnis und medialer Täuschung, gleichzeitig Realitäten und Illusionen zu erzeugen und verkörpert damit die frühneuzeitlichen Umbrüche und Widersprüche im besonderen Maße. Untersuchungsobjekt stellt hier im Schwerpunkt der instrumentelle Blick auf die `kleine Welt´, also die Vergrößerung des Unscheinbaren, Nahen und oftmals Lebendigen durch die frühe Mikroskopie im 17. Jahrhundert dar und weniger die Entwicklung der physikalischen Optik, die Anwendungen von Camera obscura, Laterna magica oder die `großen´ Entdeckungen der Astronomie durch die Teleskopie. Es soll dabei im Folgenden wesentlich um eine Untersuchung der Brüche und Überschneidungen, der Fehleinschätzungen, Verzögerungen und Rückschritte, des Unzeitgemäßen und Transitorischen in der Entwicklung dieser Epoche und ihrem Verhältnis zur optischen Technik gehen. Also um die äußerst ambivalenten und verzweigten Einflüsse optischer Linsen und ihres Vergrößerungseffekts auf das Selbstverständnis der Epoche. So scheinen gerade die Irrtümer und Täuschungen, die sich nicht problemlos in eine Fortschrittsgeschichte einschreiben lassen, den neuen Wissenschaften und dem neuen Denken entscheidende Impulse geliefert, sie zumindest stark geprägt zu haben. Optische Linsen als technische Objekte stehen hier in den Funktionen der (Wahrnehmungs-) Prothese, des (Erkenntnis- oder auch Täuschungs-) Instruments und gleichzeitig als Symbol, Metapher und Modell innerhalb unterschiedlicher kultureller Praktiken und Vorstellungen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen
- Die Bewaffnung des Auges
- Die Entdeckung der Kleinen Welt
- Erkenntnis und Täuschung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rolle der frühen Mikroskopie im 17. Jahrhundert im Kontext des sich wandelnden Weltbildes der Epoche. Sie analysiert die Auswirkungen der instrumentellen Erweiterung des Sichtbaren auf die Wissenschaftsgeschichte, die ästhetischen Diskurse und das Selbstverständnis des Menschen.
- Die Bedeutung der optischen Linse als Werkzeug der wissenschaftlichen Erkenntnis und medialen Täuschung
- Die Entstehung und Entwicklung der Mikroskopie im 17. Jahrhundert
- Die Ambivalenz von Erkenntnisgewinn und Täuschungsmöglichkeit im Umgang mit mikroskopischen Instrumenten
- Die ästhetischen und psychologischen Konsequenzen des Blicks auf die vergrößerten Landschaften des Alltags
- Das Spannungsverhältnis zwischen rationalitätssuggestierender Evidenzerzeugung und misstrauischem Zweifel im Kontext der frühneuzeitlichen Philosophie und Naturwissenschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Vorbemerkungen: Das 17. Jahrhundert war eine Zeit tiefgreifender Veränderungen, die das traditionelle Weltbild in Frage stellten. Die Entwicklung optischer Geräte wie Mikroskop und Teleskop spielte eine zentrale Rolle in dieser wissenschaftlichen und visuellen Zeitenwende.
- Die Bewaffnung des Auges: Der Begriff "Waffen der Sinne" verweist auf den militärischen Nutzen optischer Technik, aber auch auf die enge Verbindung zwischen optischen Instrumenten und neuen ästhetisch-wissenschaftlichen Vorstellungen.
- Die Entdeckung der Kleinen Welt: Das Mikroskop eröffnete im Gegensatz zum Teleskop ein völlig neues Forschungsfeld, das erst etabliert werden musste. Die durch die Instrumente erzeugten Bilder stellten eine Herausforderung für die bestehenden Wissensstrukturen dar.
Schlüsselwörter
Mikroskopie, optische Linse, visuelle Wahrnehmung, Erkenntnistheorie, Täuschung, frühneuzeitliche Philosophie, Naturwissenschaft, ästhetische Diskurse, wissenschaftliche Revolution, Selbstverständnis, 17. Jahrhundert.
- Quote paper
- Robert Hanulak (Author), 2005, Erkenntnis und Täuschung - Untersuchungen zur frühen Mikroskopie im 17. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53140