I. EINFÜHRUNG IN DAS THEMA UND EINE KLEINE GESCHICHTE DES HERRSCHAFTSBEGRIFFES
Die Beschäftigung mit dem Phänomen der Herrschaft bildet zweifellos einen der Hauptgegenstände politikwissenschaftlicher Forschung. Die wichtigsten Fragen in diesem Zusammenhang beziehen sich auf die Entstehung von Herrschaft, deren Legitimation, aber auch auf die Umstände ihres Vergehens. Unter dem Begriff Herrschaft verstehen wir heute "eine asymmetrische soziale Wechselbeziehung von Befehlsgebung und Gehorsamsleistung", die erst durch Regelmäßigkeit und dauerhaften Erfolg zur Institution wird. Als solche wirkt sie auf eine ansonsten von Chaos und permanentem Wechsel geprägte soziale Welt nicht nur stabilisierend, sondern bildet deren strukturelles Zentrum.
Die Relation zwischen Herrschenden und Beherrschten kann dabei folgendermaßen klassifiziert werden: Zum einen vertikal als Verhältnis von Oben und Unten und zum anderen horizontal, das heißt als eine soziale Beziehung unter Gleichen. Die erstere dieser beiden Perspektiven wird unter anderen von Max Weber repräsentiert, die zweite vertritt - ebenfalls nicht allein - Wilhelm Hennis. Aufgabe dieser Arbeit soll es nun sein, die wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden oben genannten Autoren bei deren Annäherung an das rein Begriffliche und die Legitimation politischer Herrschaft herauszuarbeiten. Zunächst werden Max Webers Herrschafts- und Staatssoziologie aus "Wirtschaft und Gesellschaft" (erschienen 1922) - einem seiner Hauptwerke - vorgestellt, wobei allerdings eine Beschränkung auf deren themenrelevante Aspekte notwendig ist. Diese wollen wir anschließend mit der Bearbeitung desselben Sujets durch Wilhelm Hennis in seinen beiden Schriften "Ende der Politik? Zur Krisis der Politik in der Neuzeit" (1971) und "Legitimität. Zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft" (1976) konfrontieren. Nach einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Vergleiches soll abschließend noch auf Akzentverschiebungen innerhalb der Herrschaftstheorie im Rahmen von Fragmentierung und Globalisierung hingewiesen werden.
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Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG UND EINE KLEINE GESCHICHTE DES HERRSCHAFTSBEGRIFFES
- II. HERRSCHAFT IN MAX WEBERS SOZIOLOGIE
- 1.) Macht Herrschaft - Staat
- 2.) Legitimitätsgründe der Herrschaft
- 3.) Bürokratische Herrschaft und Politik in der modernen Massendemokratie
- III. WILHELM HENNIS' REKURS AUF DIE POLIS
- 1.) Herrschaft und Staat als Ausdruck des Politischen
- 2.) Legitime politische Herrschaft
- IV. ZUSAMMENFASSUNG: DIE HERRSCHAFTSTHEORIEN MAX WEBERS UND WILHELM HENNIS' IM VERGLEICH
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die wesentlichen Unterschiede in der Annäherung von Max Weber und Wilhelm Hennis an das rein Begriffliche und die Legitimation politischer Herrschaft herauszuarbeiten. Hierbei werden die zentralen Punkte der Herrschafts- und Staatssoziologie Max Webers aus „Wirtschaft und Gesellschaft“ im Kontext der Theorien von Wilhelm Hennis in „Ende der Politik?“ und „Legitimität“ analysiert.
- Begriffliche Abgrenzung von Macht und Herrschaft
- Legitimitätsgründe politischer Herrschaft
- Vergleichende Analyse der Theorien von Max Weber und Wilhelm Hennis
- Politische Herrschaft im Kontext von Fragmentierung und Globalisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel liefert eine kurze Einleitung in das Thema und beleuchtet die historische Entwicklung des Herrschaftsbegriffes. Es wird dabei auf die Unterscheidung zwischen Anarchie und Tyrannei sowie die Entwicklung von der persönlichen zur staatlichen Herrschaft und schließlich zur Herrschaft des Gesetzes eingegangen.
Im zweiten Kapitel wird Max Webers Herrschafts- und Staatssoziologie anhand seiner „Wirtschaft und Gesellschaft“ vorgestellt. Es werden die Unterscheidung von Macht und Herrschaft, die drei Typen legitimer Herrschaft und die Bedeutung der Bürokratie in der modernen Massendemokratie erläutert.
Das dritte Kapitel beleuchtet Wilhelm Hennis' Rekurs auf die Polis und seine Sicht auf die politische Herrschaft als Ausdruck des Politischen. Hierbei werden die Konzepte der Legitimität und die Bedeutung des Staats als Ort der politischen Willensbildung behandelt.
Schlüsselwörter
Politische Herrschaft, Max Weber, Wilhelm Hennis, Legitimität, Macht, Staat, Bürokratie, Polis, Fragmentierung, Globalisierung
- Quote paper
- Arndt Schreiber (Author), 2002, Politische Herrschaft bei Max Weber und Wilhelm Hennis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5338