Die sittenwidrige unternehmerische Betätigung im Steuerrecht ( § 40 AO )


Seminar Paper, 1990

27 Pages, Grade: 16 von 18 Punkten


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Inhaltsverzeichnis

".Anfang Verzeichnis V.

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung 1

1. Ideengeschichtliche Entwicklung der Regelung
1.1 Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts (1893-1912)
1.2 Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und die Literaturmeinung (1919-1939)
1.3 Gesetzliche Regelungen (§ 5 II StAnpG / § 40 AO)

2. Tatbestandsuntersuchung
2.1 "Verhalten" im Sinne des § 40 AO
2.1.1 Allgemeines
2.1.2 Sittenwidriges unternehmerisches "Verhalten" im engeren Sinne
2.2 "Für die Besteuerung"
2.2.1 Begriff der "Besteuerung"
2.2.2 Abzugstatbestände
2.2.3 Steuervergünstigungen
2.3 "Gesetzliche Gebote oder Verbote" und "gute Sitten"
2.3.1 Gesetzliche Verbote
2.3.2 Gute Sitten

3. Anwendbarkeit des § 40 AO auf Abzugstatbestände und Steuervergünstigungen
3.1 Betriebsausgaben (§ 4 IV EStG)
3.2 Persönliche Abzüge (§§ 10, 10b, 33, 33a EStG)
3.2.1 Sonderausgaben
3.2.2 Außergewöhnliche Belastungen
3.3 Steuervergünstigungen

4. Wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 40 AO

5. Verstoß des § 40 AO gegen überpositives Recht
5.1 Normwiderspruch
5.2 Wertungswidersprüche
5.2.1 Widerspruch zum Strafrecht
5.2.2 Widerspruch zum Zivilrecht
5.3 Ergebnis

6. Ergebnis
.Ende Verzeichnis V. "

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Literaturverzeichnis

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Tiedtke, Klaus: Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht, Berlin/New York 1983.

Tipke, Klaus/Kruse, Heinrich Wilhelm: Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 13. Auflage, Köln 1988.

Tipke, Klaus/Lang, Joachim: Steuerrecht. Ein systematischer Grundriß, 12. Auflage, Köln 1989.

Würtenberger, Thomas: Über "Wertfreiheit" und "Einheit der Rechtsordnung" im Steuerrecht, in: Finanzrundschau 1966, S. 20ff.

Fräulein Fritzi war ihr Name,

blond gefärbt und rotgeschminkt

und man sinnt, wie diese Dame

steuerrechtlich man bezwingt.

(Zeitschrift Roland 1923, Heft 27)

Einleitung

Die Ausgangsfrage der vorliegenden Untersuchung lautet, ob ein sittenwidriges Geschäft eines Unternehmers besteuert werden darf, und wenn man dieses bejaht, ob Aufwendungen, die dafür getätigt wurden, abzugsfähig und Vergünstigungen zu gewähren sind.

Aufschlußreich für die Beantwortung der Fragestellung ist die historische Entwicklung der Rechtsprechung und der Literatur zu einer Zeit, in der man noch auf keine gesetzliche Regelung zurückgreifen konnte, bis hin zur Normierung des § 5 II StAnpG und des § 40 in der Abgabenordnung von 1977.

Es sind auch die Tatbestandsmerkmale des § 40 AO zu untersuchen, wobei zu klären ist, ob ein strafbares oder sittenwidriges Verhalten überhaupt eine unternehmerische Betätigung im engeren Sinne sein kann. Sind zum Beispiel die Einkünfte einer Prostituierten sonstige Einkünfte oder solche aus Gewerbebetrieb?

Desweiteren ist zu fragen, ob auch die Abzugstatbestände und Steuervergünstigungen der Anwendung der Vorschrift unterfallen. Falls eine Anwendbarkeit angenommen wird, ist zu prüfen, inwieweit eine Einschränkung, durch eine restriktive Auslegung der Vorschriften über die Steuerbefreiungen und -abzüge, wegen einer Verletzung der Einheit der Rechtsordnung geboten ist.

Stellt man auf einen Gesetzespositivismus ab, so wird man den § 40 AO zweifelsfrei als rechtsverbindlich und durch die Finanzverwaltung und -gerichte als anwendbar bezeichnen müssen[1]. Trotzdem bleibt zu prüfen, inwieweit es überpositves Recht gibt, das eventuell die Vorschrift des § 40 AO zurückdrängt. Gedacht werden kann hier an eine ethische Betrachtungsweise, die fragt, ob § 40 AO den Anforderungen an Gerechtigkeit und Sittlichkeit und an die "Einheit der Rechtsordnung" genügt.

1. Ideengeschichtliche Entwicklung der Regelung

1.1 Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Reichsgerichts (1893-1912)

Das PrOVG ging in seinen Entscheidungen davon aus, daß eine Besteuerung sittenwidriger Geschäfte einem geordneten Staatswesen zuwiderläuft. Falls der Staat sittenwidriges Verhalten besteuert, setzt er sich in einen Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsordnung[2]. Die moralische Verwerflichkeit des Verhaltens des Beteiligten würde bei einer Besteuerung auf den Staat übergreifen. Die Steuerfreiheit war also nicht Ausfluß des Grundsatzes, daß das Steuerrecht die zivilrechtliche Nichtigkeit zu beachten hat, sondern der von hohen sittlichen Idealen getragenen Staatsauffassung des PrOVG, das eine solche Besteuerung für den Staat als unwürdig auffaßte[3].

Darum definierte das PrOVG das Gewerbe als eine erlaubte Tätigkeit, die auf Gewinn und Erwerb gerichtet ist[4].

Eine Ausnahme stellte die Entscheidung[5] zu Einnahmen aus der Vermietung von Räumen zu unsittlichen Zwecken dar. Diese Einnahmen sollten als Einkünfte aus Grundvermögen der Einkommensteuer unterliegen.

Im Vergleich dazu, lehnte das Reichsgericht konsequent jegliche Besteuerung sittenwidrigen Verhaltens ab[6]. Es folgte dabei der Definition des Gewerbes als erlaubter Tätigkeit[7] und legt das Tatbestandsmerkmal der "steuerpflichtigen Einkünfte" restriktiv aus. Damit hatte das Reichsgericht eine Widerspruchsfreiheit des Verhältnisses Strafrecht und Steuerrecht vor Augen[8]. Der Rechtsstaat geriet nach Ansicht der Richter dann mit sich selbst in Widerspruch, wenn er den Steuerpflichtigen zu einer Versteuerung von Einnahmen aus sittenwidrigen Geschäften zwingt, ihm bei der Rechtsverfolgung solcher Ansprüche aber die staatliche Hilfe versagt[9]. Außerdem nahm das Reichsgericht eine Steuerpflicht strafbarer Geschäfte deshalb nicht an, weil sich der Steuerpflichtige sonst in der Steuererklärung selbst der strafbaren Handlungen bezichtigen muß[10].

1.2 Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und die Literaturmeinung (1919-1939)

Eine andere Auffassung vertrat der RFH zum Problemkreis der sittenwidrigen Geschäfte. Leitgedanke der Entscheidungen des RFH war die Herausarbeitung der Selbständigkeit des Steuerrechts und die Abnabelung von den Entscheidungen anderer Rechtsgebiete.

Bei seinen Entscheidungen ging das Gericht darum von einer reinen steuerrechtlichen Betrachtungsweise aus[11]. Es vertrat die Ansicht, daß aus Gründen der Gerechtigkeit und Billigkeit eine Gleichsetzung erlaubter und verbotener Geschäfte im Steuerrecht erfolgen muß[12]. Außerdem spielte auch die finanzielle Notlage des Staates am Ende des Ersten Weltkrieges dahingehend eine Rolle, daß man versuchte, dessen Einnahmequellen zu erweitern.

Bei der Abzugsfähigkeit von Ausgaben stellte der RFH darauf ab, ob ein überwiegender Bezug der Strafe zur beruflichen Sphäre vorlag und ließ, falls dies gegeben war, einen Abzug als Werbungskosten zu[13]. Ansonsten war die Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit ziemlich uneinheitlich.

Eine Stütze fand die Rechtsprechung in der herrschenden Literaturmeinung, die dem Staat das Recht gab, alle wirtschaftlich ausnutzbaren Geschäfte zu besteuern, ganz gleich, ob sie vom Zivilrecht anerkannt oder als nichtig angesehen wurden[14]. Einer zu starken Anlehnung an das Privatrecht wurde widersprochen, da das Steuerrecht ein eigenständiges Rechtsgebiet sei. Falls der Staat den Standpunkt der Steuerfreiheit sittenwidriger Geschäfte vertreten würde, käme er sogar den unredlichen Absichten der Beteiligten entgegen.

1.3 Gesetzliche Regelungen (§ 5 II StAnpG / § 40 AO)

Die Auffassung des RFH und der herrschenden Lehre fand ihren Niederschlag in dem § 5 II StAnpG von 1934. Die amtliche Begründung erklärte sie zu einem allgemein anerkannten Grundsatz, der sich in der Verwaltungspraxis durchgesetzt hatte[15].

In die Neufassung der Abgabenordnung von 1977 wurde diese Regelung in den § 40 aufgenommen. Die Vorschrift entspricht dabei inhaltlich dem § 5 II StAnpG[16]. Der § 40 AO ergänzt den Wortlaut sogar dadurch, daß er die Nichtausschließung von der Steuerpflicht begründet, indem er das sittenwidrige Verhalten für die Besteuerung als unerheblich bezeichnet[17].

[...]


[1] OLG Bremen, BB 1955, 950, zu § 5 II StAnpG: "Dem klar zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willen kann der Gehorsam auch deshalb nicht versagt werden, weil die Besteuerung gewisser unsittlicher Geschäfte dem Rechtsgefühl widerstreitet."

[2] PrOVGSts 1, 282ff.; 18, 313ff.; ebenso KG, DJZ 1906, 1321.

[3] Liebisch, Steuerrecht und Privatrecht, S. 18.

[4] PrOVGSts 1, 282 (283).

[5] PrOVGSts 14, 117 (124).

[6] RGSts 46, 237: auch die Zinsen einer Bordellhypothek sind steuerfrei.

[7] RGSts 45, 97 (99).

[8] RGSts 39, 186 (189).

[9] RGSts 46, 237 (240).

[10] RGSts 37, 74 (75); 45, 97.

[11] Becker, Grundlagen der Einkommensteuer, S. 290.

[12] RFHE 3, 173 (175); die wirtschaftliche Sicht kommt auch bei RFHE 5, 228ff. zum Tragen: entscheidend ist der von den Parteien festgelegte Preis, auch bei einem Verstoß gegen eine Höchstpreisvorschrift.

[13] RFH RStBl. 1924, 84; 1931, 103f.

[14] Popitz, AöR 40, 140.

[15] RStBl. 1934, 1398.

[16] Hübschmann/Hepp/Spitaler-Offerhaus, AO, § 40 Rdnr. 1.

[17] Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 11.

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Die sittenwidrige unternehmerische Betätigung im Steuerrecht ( § 40 AO )
College
University of Tubingen  (Juristische Fakultät)
Grade
16 von 18 Punkten
Author
Year
1990
Pages
27
Catalog Number
V53471
ISBN (eBook)
9783638489188
ISBN (Book)
9783656661139
File size
563 KB
Language
German
Keywords
Betätigung, Steuerrecht
Quote paper
Dr. Gerald G. Sander (Author), 1990, Die sittenwidrige unternehmerische Betätigung im Steuerrecht ( § 40 AO ), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53471

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