Stochastik in der Grundschule. Empirische Untersuchung zu den Schülerfähigkeiten zum Wahrscheinlichkeitsbegriff in der Klassenstufe 3 und 4


Bachelorarbeit, 2018

41 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Momentane Stellung des Themas im Mathematikunterricht
2.2 Vorkenntnisse der SuS zum Thema Wahrscheinlichkeit
2.3 Zugänge für die Grundschule
2.4 Gründe für die Behandlung in der Grundschule
2.5 Definition des Begriffs Wahrscheinlichkeit
2.5.1 der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff
2.5.2 der frequentistische Wahrscheinlichkeitsbegriff
2.5.3 Ziele des Wahrscheinlichkeitsbegriffs
2.6 Fehlvorstellungen / Heuristiken
2.6.1 Repräsentativitätsheuristik
2.6.2 Gambler's Fallacy
2.6.3 Verfügbarkeitsheuristik
2.6.4 Bedeutsamkeitsansatz
2.6.5 Gleichwahrscheinlichkeit
2.6.6 Erreichbarkeitsansatz
2.6.7 Outcome Approach
2.6.8 Animistische Vorstellungen
2.6.9 Glück / Pech

3. Methode
3.1 Forschungsfrage und Hypothesen
3.2 Untersuchungsdesign
3.3 Erhebungsinstrument
3.4 Stichprobe
3.5 Testbeschreibung
3.5.1 Items zum klassischen Wahrscheinlichkeitsbegriff
3.5.2 Items zum frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff

4. Ergebnisse

5. Diskussion

1. Einleitung

Das Thema Wahrscheinlichkeit kennt jeder aus seinem Alltag, denn wir werden täglich mit Handlungen, deren Erscheinung vom Zufall abhängt, konfrontiert. Bei Spielen wie Mensch-ärgere-dich-nicht, Glücksradddrehen, Loseziehen begegnen wir dem Wahrscheinlichkeitsbegriff. Auch Kinder kommen schon im Kindergarten mit Phänomenen, die zufallsbedingt sind, in Kontakt. Somit beeinflusst nicht nur der Zufall den Alltag der Erwachsenen, sondern auch das Leben der Kleinsten.

Insgesamt ist das Thema für Grundschulkinder neu, deshalb ist die Stochastik und somit auch die Wahrscheinlichkeitsrechnung ein Thema in den Bildungsplänen aller Klassenstufen. Auch schon Grundschulkinder sollen mit dem Wahrscheinlichkeitsbegriff in Verbindung gebracht werden, denn sie sollen erkennen, dass es zufallsbedingte und nicht zufallsbedingte Ereignisse gibt. Die Mathematikdiadaktiker und Psychologen wie Bruner und Piaget sind der Meinung, dass das Thema bereits frühzeitig in den Unterricht eingebaut werden sollte (Neubert, 2016). Diese Arbeit untersucht die Vorkenntnisse und das Wissen bzw. auch die Denkstrukturen, die Grundschulkinder im Zusammenhang mit dem Thema Wahrscheinlichkeit haben.

Dazu wird im zweiten Kapitel der theoretische Hintergrund dargestellt. Zuerst wird die momentane Stellung des Themas Stochastik, insbesondere die Wahrscheinlichkeitstheorie im Mathematikunterricht beschrieben. Dabei stellt sich die Frage, welche Vorkenntnisse Kinder haben, welche Zugänge zum Wahrscheinlichkeitsbegriff in der Grundschule von Bedeutung sind und weshalb stochastische Inhalte wichtig sind und ob diese wirklich in der Primarstufe vermittelt werden sollten. Zur Klärung dieser Frage werden drei Begründungen dargelegt. Im nächsten Schritt wird der Wahrscheinlichkeitsbegriff allgemein, nach Laplace, der Zufallsbegriff und die frequentistische Wahrscheinlichkeit definiert.

Im Anschluss daran, werden mögliche Fehlvorstellungen dargelegt, die beim Lösen der Aufgaben erscheinen können.

Das dritte Kapitel befasst sich mit der empirischen Methode, dazu werden zuerst die Forschungsfrage und sechs Hypothesen aufgestellt. Als nächstes werden das Untersuchungsdesign, das Erhebungsinstrument und die Stichprobe beschrieben. Zum Schluss wird der Test und die Auswertungsmethode genauer erklärt, indem auf jedes Item eingegangen wird und dieses erläutert wird. Im vierten Kapitel werden die Items einzeln ausgewertet. Abschließend folgt ein Resümee und ein Ausblick in die Zukunft der erarbeitenden Inhalte, wobei ein genauer Bezug auf die Hypothesen genommen wird.

2. Theoretischer Hintergrund

Dieses Kapitel soll einen Gesamtüberblick über das Themengebiet Stochastik, insbesondere die Wahrscheinlichkeitstheorie, im Mathematikunterricht geben. Dabei wird auf folgende Fragen eingegangen: Welche Stellung hat das Thema Wahrscheinlichkeit bzw. allgemein die Stochastik im Mathematikunterricht? Welche Vorkenntnisse haben Grundschüler zu diesem Thema? Welche Zugänge sind in der Grundschule möglich? Wieso sollte dieses Thema schon in der Grundschule durchgeführt werden? Was bedeuteten die Begriffe Wahrscheinlichkeit, klassische Wahrscheinlichkeit, Zufall, Zufallsversuch und frequentistische Wahrscheinlichkeit? Worauf zielt der Wahrscheinlichkeitsbegriff ab?

Welche Fehlvorstellungen können auftreten?

2.1 Die momentane Stellung des Themas Wahrscheinlichkeit im Mathematikunterricht

Bereits seit den 70er Jahren wurden Versuche gestartet, das Thema Stochastik in den Schulunterricht zu integrieren. Stochastik wird nach dem Duden definiert als Teilgebiet der Mathematik, welches die Wahrscheinlichkeitstheorie und die Statistik umfasst.

Im Jahr 2003 wurde der PISA Test in vier Themenbereiche aufgeteilt, wobei es in einem Bereich um Daten und Zufall ging. Mit Hilfe der Auswertung konnte bewiesen werden, dass Stochastik an deutschen Schulen noch Förderung bedarf ( Martignon & Wassner, 2005). Durch die enorme Wichtigkeit der Stochastik wurden im Jahr 2004 von der Kultusministerkonferenz (KMK) die Bildungsstandards für den Primarbereich eingeführt. In diesen sollen Phänomene, die vom Zufall bedingt sind, in der Primarstufe untersucht werden. Diese Standards sind unter der Leitidee Daten, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit verfasst. Der Bereich Daten und Zufall ist in den Bildungsplänen der Bundesländer verankert und ist demnach festgelegtes Bildungsziel (Behring, 2015).

Mit dem Kompetenzbereich Wahrscheinlichkeit wird der Mathematikunterricht einen wichtigen Beitrag zum Erfassen der Lebenswirklichkeit leisten können, denn im Alltag wird vieles vom Zufall bestimmt. Sill ist der Meinung, dass der Begriff Wahrscheinlichkeit schon im Sprachgebrauch vieler Schüler und Schülerinnen (SuS) vorkommt. Außerdem lernen die SuS, Zufallsereignisse im Alltag präziser zu erfassen und diese zu durchleuchten. Dabei können über diese zufälligen Ereignisse in der Primarstufe einfache mathematische Aussagen gemacht werden. Im Mathematikunterricht der Grundschule kann schon mit Begriffen wie Zufall, wahrscheinlich, unmöglich, möglich, sicher etc. ein erstes grundlegendes Verständnis geschaffen werden. Dabei sollte den SuS deutlich gemacht werden, dass diese Wörter Teil der mathematischen Fachsprache sind. Des Weiteren kann die Gewinnchance bei einfachen Zufallsexperimenten, wie beim Wurf einer Münze, eingeschätzt werden (Sill & Kurtzmann, 2018).

Insgesamt soll in der Grundschule mit dem Wahrscheinlichkeitsbegriff propädeutisch umgegangen werden, das bedeutet, dass die SuS mit essentiellen Leitvorstellungen und Bezeichnungen sowie Ansätzen der Stochastik vertraut gemacht werden, ohne diese explizit zu definieren. Von großer Bedeutung ist die dabei Differenzierung zwischen zufälligen und gesetzmäßigen Phänomenen (Neubert, 2016). Darüber hinaus ist es sehr wichtig an die Vorkenntnisse der SuS anzuknüpfen und diese zu erweitern (Neubert, 2016).

2.2 Vorkenntnisse von Grundschülern zum Thema Wahrscheinlichkeit

Kinder haben schon oft im Vorschulalter Vorkenntnisse zum Wahrscheinlichkeitsbegriff und Erfahrungen mit Zufallsgeneratoren wie Würfelspielen gemacht. Eine Studie von Klunter und Raudis beweist, dass schon eine große Menge der Grundschüler weiß, dass Ereignisse, die vom Zufall bestimmt sind, manchmal bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgen. Viele Kinder wissen, dass einige Dinge zufällig passieren, aber wollen dies nicht ernst nehmen (Krauthausen, 2018). Wollring führt ein Experiment mit Kindern von etwa 2-7 Jahren durch und kam zum Entschluss, dass diese bereits Vorstellungen zu stochastischen Themen haben. Auch Martignon ist der Meinung, dass Kinder mit Spielen wie „Ene-mene-miste“ Entscheidungen treffen, weil sie das Ergebnis für zufällig halten (Martignon, 2005).

Der Stochastikunterricht kann dadurch schon sehr früh in der Grundschule unterrichtet werden, da die SuS in Spielsituationen mit dem Zufall konfrontiert werden (Krauthausen, 2018).

Jedoch sind einige Autoren auch der Meinung, dass Kinder erst ab einem bestimmten Alter zufallsbedingte von nicht-zufallsbedingten Phänomenen unterscheiden können.

Die Kognitionspsychologen Piaget und Inhelder haben den Entwicklungsprozess des Wahrscheinlichkeitsbegriffs bei Kindern zwischen vier und zwölf Jahren untersucht. Sie erläutern die Entwicklung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs als einen Verlauf in Stufen, der im Kindesalter beginnt. Jedoch sind sie der Meinung, dass SuS erst ab einem Alter von etwa sieben Jahren unterscheiden, ob ein Ereignis zufällig oder nicht-zufällig ist. Außerdem sei der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff erst ab elf Jahren ganz ausgebildet. Die Befunde von Piaget und Inhelder erhalten heute Kritik, denn die Studie wurde nur verbal ohne Visualisierung durchgeführt, sodass das Verständnis der SuS eventuell nicht berücksichtigt werden konnte. Insgesamt ist die Studie von Inhelder und Piaget als Impuls für die empirische Untersuchung als Entwicklungsverlauf der stochastischen Auffassung bei Kindern zu sehen (Schnell, 2014).

2.3 Zugänge für die Grundschule

Nach Neubert sollte es in der Grundschule unterschiedliche Einblicke in den Wahrscheinlichkeitsbegriffs geben. Das heißt aber nicht, dass nur der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff gelehrt werden sollte, sondern er plädiert für experimentelle Erlebnisse mit verschiedenen Zufallsgeneratoren, wie bspw. Münze, Glücksrad, Urne, Würfel. Außerdem sollte ein spielerisch-experimenteller Zugang ermöglicht werden, der den SuS den frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff nahe legen will, denn dieser knüpft stärker an die Vorkenntnisse der SuS an (Neubert, 2016).

Auch weitere Mathematikdidaktiker, wie Hasemann, sind der Meinung, dass Zufallsexperimente oft durchgeführt werden sollten, um den SuS die Bedeutung der Versuche klar zu machen (Hasemann, Mirwald & Hoffmann, 2011).

2.4 Wahrscheinlichkeit als Thema in der Grundschule

Nach Alfréd Rényi sind drei Begründungsansätze für die Wahrscheinlichkeitsrechnung wichtig. Erstens sei die Wahrscheinlichkeitsrechnung für die Denkentwicklung der SuS essentiell, dann trägt die Stochastik zur Umwelterschließung bei und letztendlich ist sie grundlegend für die mathematische Erziehung.

Diese Begründungsbereiche kann man auf den Unterricht in der Primarstufe und auf die Durchführung des Themas Wahrscheinlichkeit übertragen.

Der erste Punkt, den Rényi anspricht, betrifft die Wichtigkeit des Lerngegenstands für das Leben der SuS und die auftretenden Erfahrungen. Grundschulkinder haben schon zufällige Dinge erlebt, denn sie haben zufallsgesteuerte Phänomene in ihrer Umwelt angetroffen. Auch viele Kinderspiele bauen auf dem Zufallsprinzip auf, wie bspw. Würfelspiele. Die SuS lernen in ihrem Alltag mit stochastischen Gesetzmäßigkeiten zu handeln und diese zu begreifen (Grünewald, 1989).

Des Weiteren ist die Wahrscheinlichkeit axiomatisch aufgebaut, das bedeutet, dass viele Begriffe nicht begrenzt werden und somit für Grundschulkinder oft nicht fassbar sind. Die Entwicklung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs ist ein sehr zeitaufwändiger Vorgang und deshalb sollte schon im Vorschulalter damit begonnen werden. Daher ist es sehr sinnvoll, schon Grundlagen des Wahrscheinlichkeitsbegriffs in der Primarstufe zu vermitteln, da man eine ausführliche Lehre gewährleisten will (ebd.). Um dies sicher zu stellen, sollte der Stochastikunterricht nach dem Spiralprinzip aufgebaut sein. Das bedeutet, dass einzelne Inhalte immer wieder aufgegriffen und mit neuem Wissen verknüpft werden. Die SuS haben schon in der Primarstufe die Möglichkeit, sich mit zufallsbedingten Phänomen auseinanderzusetzen und Vorstellungen zum Erläutern und Darstellen von stochastischen Ereignissen zu sammeln (Sill, 2018).

Dadurch werden Begriffe wie Wahrscheinlichkeit oder Zufall zuerst spielerisch eingeführt, ohne dass sie mathematisch erläutert werden. Die SuS werden auf diese Art und Weise enaktiv an den Begriff angenähert und eignen sich ein Begriffsverständnis an, dass im Laufe der Schuljahre weiter entwickelt wird (Neubert, 2016). Grundsätzlich sollte in der Grundschule keine Begrifflichkeit oder auch Vorstellungen verwendet werden, die in zukünftigen Entwicklungsabschnitten nicht kompatibel sind (Sill, 2018.).

Bei der letzten Begründung begegnet man der Praxis mit zufälligen Abläufen. Die SuS sollten im Stochastikunterricht zufällige Erscheinungen beobachten, experimentieren und Ergebnisse analysieren (Grünewald, 1989). Bereits in der Primarstufe kann man diese Methoden lehren und verwirklichen, denn diese gewähren einen spielerischen und experimentellen Zugang zu Phänomenen, die vom Zufall entschieden werden und dadurch wird die intrinsische Motivation der Kinder gesteigert. Die Kreativität der SuS sowie eine positive Einstellung zum Fach Mathematik wird dadurch angeregt (Neubert, 2016).

Im Allgemeinen kann festgestellt werden, dass die Stochastik, insbesondere die Wahrscheinlichkeit, durch ihren Bezug zur Umwelt ein verwendbares Thema für die Primarstufe ist.

2.5 Wahrscheinlichkeit

Die Bezeichnung Wahrscheinlichkeit wird im alltäglichen Leben oft mit einseitigen Einschätzungen für das Eintreten von Ereignissen verbunden, wie bspw. bei der Wettervorhersage fürs Wochenende, deshalb soll der Begriff anschließend im mathematischen Sinn definiert werden (Müller-Fonfara, 2012).

„Aus fachlicher Sicht ist der Begriff Wahrscheinlichkeit ein Grundbegriff im axiomatischen Aufbau der Wahrscheinlichkeitsrechnung“(Sill, 2018, S.82). Das heißt, dass der Begriff nicht mit mathematischen Ansätzen erklärt werden kann. Das Anliegen der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist es, mithilfe theoretischer Rechnungen Voraussagen bereit zu stellen. Wenn ihr Eintritt sicher erwartet werden kann, ist die Voraussage geeignet. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung soll bestehende Bedenken berechenbar machen, indem sie Ausblicke über Resultate bevorstehender Ereignisse macht und eintreffende eingeschätzt werden, wie sicher oder unsicher ihr Erscheinen ist (Müller-Fonfara, 2012).

Im Alltag und in wissenschaftlichen Tätigkeiten wird der Ausdruck Wahrscheinlichkeit an viele unterschiedliche Denkweisen und Perspektiven festgemacht.

2.5.1 Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff / La Place Wahrscheinlichkeit

Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff, auch Laplace Wahrscheinlichkeit genannt, wurde im frühen 18. Jahrhundert von dem französischen Mathematiker Pierre Simon de Laplace (1749-1827) definiert. Er war der Erste, der eine präzise Begriffserklärung für das Phänomen Wahrscheinlichkeit entwickelte (Basieux, 2011).

Laplace bezeichnete Zufallsexperimente, bei denen die Elementarereignisse gleich wahrscheinlich sind, als Laplace-Experimente. Mit dem Laplace-Ansatz kann man bspw. die Wahrscheinlichkeit für Ereignisse bei Münzwürfen oder Würfelspielen bestimmen. Bei diesen Experimenten gibt es eine Gleichverteilung, die jedem Elementarereignis genau dieselbe Wahrscheinlichkeit zuteilt. Diese Zufallsgeneratoren, die gleichwahrscheinliche Ergebnisse aufweisen, nennt man symmetrische Zufallsgeneratoren, bspw. ergibt sich bei einem Würfel für den Eintritt der sechs Augenzahlen die Gleichwahrscheinlichkeit (Neubert, 2016).

Sofern bei einem sogenannten (sog.) Zufallsexperiment mit endlicher Ergebnismenge jedes Ergebnis gleichgestellt ist, wird für die Wahrscheinlichkeit p(A) das Ereignis A bestimmt durch das Verhältnis der Zahl der günstigen Fällen zur Zahl der möglichen Fälle. p(A) = Anzahl der günstigen Fälle / Anzahl der möglichen Fälle. Der Buchstabe p wird von dem englischen Wort probability übersetzt und bedeutet Wahrscheinlichkeit (Basieux, 2011).

Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff ist begrenzt anwendbar, da die Ergebnismenge beim Laplace-Verfahren immer endlich ist und die möglichen Ergebnisse alle die gleiche Wahrscheinlichkeit aufweisen müssen (Mittag, 2012).

2.5.1.1 Zufall und Zufallsexperiment

Unter dem Begriff Zufall versteht man „ alles, was nicht notwendigerweise oder beabsichtigt geschieht“ (Oestreich & Romberg, 2012, S.130). Sill schreibt, dass man von Zufall spricht, wenn etwas eintritt, das nicht oft vorkommt oder etwas überraschenderweise eintritt, was nicht hervorzusehen war (Sill, 2018).

Ein Zufallsexperiment ist charakterisiert durch folgende Kriterien: es kann egal wie oft wiederholt werden, es gibt nicht nur ein mögliches Ergebnis und das Ergebnis kann nicht vorausgesagt werden. Diese Kriterien kann man auf den Münzwurf anwenden. Dieses Experiment lässt sich mehrmals wiederholen, es gibt nicht nur ein Ergebnis und das tatsächliche Ergebnis ist nicht vorhersehbar, denn es ist nicht bekannt ob „Wappen“ oder „Zahl“ fällt (Oestrich & Romberg, 2012).

2.5.2 Frequentistische Wahrscheinlichkeit

„Bei der Gewinnung von Wahrscheinlichkeitswerten aufgrund einer vorliegenden Versuchsserie und unter Verwendung des empirischen Gesetzes der großen Zahlen spricht man von frequentistischen Wahrscheinlichkeiten“ (Büchter & Henn, 2007).

Das, von Jakob Bernoulli, Gesetz der großen Zahlen besagt, dass sich bei einer wachsenden Versuchszahl die relative Häufigkeit eines Ereignisses festigt. Die relative Häufigkeit wird als Quotient aus der absoluten Häufigkeit und der Anzahl der n durchgeführten Versuche definiert. Umso mehr Untersuchungen gemacht werden, desto eher nähert sich die relative Häufigkeit einem gewissen Wert an, also der Wahrscheinlichkeit, und bleibt annähernd unveränderlich.

Dieser Wahrscheinlichkeitsbegriff geht davon aus, dass ein Zufallsexperiment auf lange Sicht gesehen bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgt. Die frequentistische Wahrscheinlichkeit kann einen Schätzwert für die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses liefern und ist deshalb nicht nur anzuwenden auf Zufallsexperimente mit gleichwahrscheinlichen Ergebnissen, sondern auch bei Zufallsversuchen, bei denen die Ergebnisse unterschiedliche Eintrittswahrscheinlichkeiten haben. Dieser Wahrscheinlichkeitsbegriff wird v.a. bei asymmetrischen Zufallsgeneratoren angewendet (Neubert, 2016).

Außerdem lehnt dieser Wahrscheinlichkeitsbegriff an die Vorkenntnisse der Kinder in Beziehung mit Spielen an, denn er prüft und vergleicht die Bewertung von Häufigkeiten, für die die Wahrscheinlichkeit eines gewissen Ereignisses gefunden wird (Krauthausen, 2018).

2.5.3 Ziele des Wahrscheinlichkeitsbegriffs

1. Die SuS können mithilfe der Wörter sicher, unmöglich, wahrscheinlich die Eintrittswahrscheinlichkeit gewisser Ereignisse äußern und argumentieren.
2. Sie finden heraus, dass bei bspw. einer Münze die Gleichwahrscheinlichkeit auftritt.
3. Die SuS können mit dem frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff umgehen und wissen, dass bei einer großen Versuchsanzahl sich die relative Häufigkeit der wahren Wahrscheinlichkeit nähert.
4. Sie können zahlenmäßig die Eintrittswahrscheinlichkeit gewisser Ereignisse berechnen.
5. Die Kinder können mit Hilfe des Laplace Ansatzes Aufgaben ausrechnen (Hasemann, Mirwald & Hoffmann, 2011).

2.6 Fehlvorstellungen / Heuristiken

2.6.1 Repräsentativitätsheuristik

„Unter Repräsentativitätsheuristik versteht man im Allgemeinen die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von Aussagen, wobei je nachdem, wie genau sie bestimmte Prototypen darstellen oder ihnen entsprechen, die Repräsentativitätsheuristik dazu führen kann, dass andere wichtige Informationen unbeachtet bleiben“(Stangl, o.D.). Das bedeutet, dass Ereignisse, die typischer für eine Klasse sind, als wahrscheinlicher reflektiert werden. Die SuS gehen davon aus, dass ein Experiment, das nicht oft durchgeführt wird, der theoretischen Wahrscheinlichkeit folgt. Tversky und Kahnemann erläutern dies als das nicht vorhandene Gesetz der kleinen Zahlen (Schnell, 2014).

2.6.2 Gambler's Fallacy

Die Gambler's Fallacy besagt, dass ein Ereignis eintreten muss, weil es schon längere Zeit nicht mehr eingetreten ist, um den Zufallsprozess wieder in sein Gleichgewicht zu bringen. Die SuS sind der Meinung, dass Unregelmäßigkeiten der relativen Häufigkeit von der theoretischen Wahrscheinlichkeit, bei wenigen Durchgängen, entgegenwirken (ebd.). Als Bsp. kann man eine Münze nehmen, bei der die Wahrscheinlichkeit für „Zahl“ oder „Wappen“ gleich ist. Die Münze wurde 10 mal geworfen und sie zeigte immer „Zahl“. Nach der Gambler's Fallacy würde man davon ausgehen, dass beim nächsten Wurf die Wahrscheinlichkeit für „Wappen“ höher ist, da dieses Ereignis noch nicht eingetroffen ist. Diese Theorie nimmt an, dass die Serie irgendwann endet und ein anderes Ereignis eintreten wird.

2.6.3 Verfügbarkeitsheuristik

Das Kind geht von seinen eigenen Erfahrungen aus und trifft dadurch seine Entscheidung. Bspw., würfelt ein Kind 10 mal und es würfelt nie eine sechs. Das Kind denkt, dass die Wahrscheinlich eine sechs zu würfeln, sehr gering ist (Pratt, 2000). Im alltäglichen Leben der SuS gibt es viele Situationen, in denen die Kinder den Zufall mit Hilfe ihrer eigenen Vorstellungen interpretieren (Heckmann & Padberg, 2012).

2.6.4 Bedeutsamkeitsansatz

Der Bedeutsamkeitansatz geht davon aus, dass bestimmte Ereignisse wegen ihrer einmaligen Bedeutung eine Wahrscheinlichkeit attribuiert bekommen. Dieser Ansatz teilt Ereignissen eine gewisse Wahrscheinlichkeiten durch vorausgehende Erlebnisse zu (Schnell 2014).

2.6.5 Gleichwahrscheinlichkeit / equiprobability bias

Dieser Ansatz ist sehr nah mit dem Bedeutsamkeitsansatz verknüpft. Man geht davon aus, dass alle Ereignisse gleichwahrscheinlich sind.

Die SuS sind der Meinung, dass die möglichen Ausgänge gleichwahrscheinlich eintreten und einer Fairness folgen (Pratt, 2000). Diese Fehlvorstellung wird intensiviert, wenn nur der Laplace Ansatz behandelt wird (Eichler & Vogel, 2013).

2.6.6 Erreichbarkeitsansatz

Unter diesem Begriff versteht man die Denkweise, dass auserwählte Ereignisse durch die einseitige Wichtigkeit als geringer oder mit höherer Wahrscheinlichkeit eintreten.

2.6.7 Outcome Approach

Bei dieser Strategie geht man nicht auf die Wahrscheinlichkeit, sondern auf das Ergebnis des Experiments ein (Pratt, 2000). Wird einem Ergebnis bspw. eine Wahrscheinlichkeit von 0,5 zugeordnet, dann folgt nach diesem Prinzip, dass das Ereignis eintritt, wenn dies nicht der Fall ist, war die Wahrscheinlichkeit von 0,5 falsch (Schnell, 2014).

2.6.8 „Animistische Vorstellungen als Ursache für das Eintreten zufälliger Ereignisse“(Schnell, 2014, S.44).

Eine Studie nach Wollring beweist, dass SuS im Primarbereich animistische Vorstellungen zu zufallsbedingten Phänomenen haben. Im weiteren Verlauf soll erklärt werden, wie animistische Vorstellungen die Entwicklung des Wahrscheinlichkeitsbegiffs beeinflussen können. Der Begriff Animismus bedeutet, dass für Kinder ein Wesen existiert, dass das Spielergebnis bzw. auch die Handlung beherrscht. Die SuS schreiben gewissen Sachen eine Seele beziehungsweise ein Inneres zu, beispielsweise sei ein Wesen, das im Inneren des Würfels lebt, dafür zuständig, dass man eine Sechs würfelt (Krauthausen, 2018). Wollring betrachtet diese animistische Denkweisen als Unterrubrik der Manipulation der Kinder an, da diese versuchen mit dem Wesen Kontakt aufzunehmen (Schnell,2014). Das Wesen kann unterschiedliche Hierarchiestellungen für die SuS haben. Es kann

- ein höhergestelltes Wesen, das allwissend ist
- ein gleichgestelltes, als Kopie des Kindes oder
- ein untergeordnetes, das beherrschbar bzw. auch durchschaubar ist sein (Krauthausen, 2018).

Das Spielrisiko bestimmt, wie das Wesen angesehen wird. Wenn das Risiko hoch ist, dann wird das Wesen als übergeordnet dargestellt. Die SuS probieren mit dem Wesen auf diverse Weisen in Kontakt zu treten. Sie treten mit dem Wesen in Gedanken in Kontakt, sie sprechen mit dem Wesen im Sinne von Anforderungen oder Monologen oder sie nehmen gestischen Kontakt mit dem Wesen auf, mit Hilfe von Verformung der Lippen oder Bewegung der Hände.

Insgesamt können die animistischen Vorstellungen der Kinder nicht immer festgestellt oder auch kontrolliert werden. Es gibt Äußerungshemmungen, die durch unterschiedliche Motive hervorgerufen werden und die die individuelle Denkweise erhalten.

- die Intimität: d.h. das Kind bittet ein übergeordnetes Wesen um den Eintritt des Ereignisses, das es sich wünscht.
- durch Fremdautorisierung: dem Kind wurde durch irrtümlicher Weise ein „Kniff“ erzählt, wie es auf den Zufallsgenerator einwirken kann, dieses „Geheimnis“ darf das Kind aber nicht anderen mitteilen.
- das privilegierende Wissen: das Kind weiß den „Kniff“ und teilt dies nur einer kleinen Gruppe mit
- der angenommene Wirkungsverlust: dieses Ereignis tritt ein, wenn der „Kniff“ weitergesagt wird, denn durch diese Tatsache wird er erfolglos (Lorenz, 2014).

Insgesamt kann gesagt werden, dass für die Entwicklung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs anmistische Vorstellungen zum Hindernis werden, da diese oft mit den individuellen Erlebnissen der Kinder verknüpft sind.

2.6.9 Glück / Pech

Die SuS setzen sich oft mit Glück und Pech auseinander, wenn sie den Eintritt von Ereignissen erklären wollen ( Schnell, 2014).

3. Methode

Im Anschluss an den theoretischen Teil des Wahrscheinlichkeitsbegriffs wird die empirische Untersuchung zum Vorwissen der SuS genauer erklärt. Im weiteren Verlauf wird die Forschungsfrage und die Hypothesen der Untersuchung angegeben, danach wird das Untersuchungsdesign beschrieben, sowie das Testheft als Erhebungsinstrument dargestellt und die Durchführung der Untersuchung präzise beschrieben. Zum Schluss wird die Stichprobe, die Testbeschreibung und die Methode der Testauswertung genauer dargestellt.

3.1 Forschungsfrage

Diese Bachelorarbeit soll eine Antwort auf folgende Frage liefern:

Forschungsfrage : Welche Fähigkeiten haben Schülerinnen und Schüler in der 3 und 4. Klasse zum Wahrscheinlichkeitsbegriff ?

Um diese Fragestellung genauer untersuchen zu können, wurden Hypothesen gebildet, mit denen man ermitteln kann, in welchem Maß das Geschlecht, die Klassenstufe und die verschiedenen Aufgaben auf die Fähigkeiten der Probanden Einfluss nehmen.

H1. Der frequentistische Wahrscheinlichkeitsbegriff knüpft stärker an die Vorkenntnisse der Kinder an und wird deshalb besser verstanden.

Diese Hypothese soll beweisen, welcher Wahrscheinlichkeitsbegriff den Grundschülern einfacher fällt. Nach Hasemann et al. ist der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff für die Primarstufe noch nicht geeignet, auch Neubert ist der Meinung, dass der frequentistische Wahrscheinlichkeitsbegriff stärker an die Vorkenntnisse der SuS anknüpft und deshalb besser verstanden wird (Krauthausen, 2018). Ebenfalls sind die Psychologen Piaget und Inhelder der Meinung, dass der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff erst ab elf Jahren voll ausgebildet ist. Eine Untersuchung von Wollring belegt, dass die SuS mithilfe von Material, Zufallsexperimente, die auf den frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff hindeuten, leichter lösen können (Schnell, 2014).

H2. Die SuS der 4. Klasse haben ein besseres Verständnis als die der 3. Klasse für den Wahrscheinlichkeitsbegriff.

Mithilfe dieser Hypothese soll bewiesen werden, dass Kinder der 4. Jahrgangsstufe wahrscheinlich mehr Erfahrung mit diesem Thema haben, da diese schon mehrere Vorerfahrungen haben.

H3. Die männlichen Probanden schneiden im Test besser ab als die weiblichen Probanden.

Mit dieser Hypothese soll herausgefunden werden, ob das Geschlecht die Richtigkeit der Antworten beeinflusst. In der Trends in International Mathematisch and Science Study (TIMSS ) 2015 wurden Mädchen und Jungen der 4.Klasse getestet und festgestellt, dass es signifikante Unterschiede der mathematischen Fähigkeiten zwischen den Geschlechtern gibt (Wendt, H., Bos, W., Selter, C., Köller, O., Schwippert, K. & Kasper, D., 2016). Auch in der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung im Jahr 2011 (IGLU) wurde bewiesen, dass die Jungen im Gegensatz zu den Mädchen deutlich besser in mathematischen Tätigkeiten abschneiden (Walter, Schippert, Lankes et al., 2008).

Die empirische Studie von Hascher und Reindl hat ebenfalls bewiesen, dass Grundschülerinnen das Fach Mathematik als „Hassfach“ angeben (Hascher, T.& Reindl, S.,2015). Aus diesem Argument lässt sich schließen, dass die weiblichen Probanden geringe Motivation für mathematische Themen haben und deshalb eventuell schlechter im Test abschneiden.

H4. Die weiblichen Probanden erklären die Aufgaben besser und können ihre Ergebnisse daher begründen.

Diese Hypothese soll beweisen, dass Schülerinnen trotz schwächeren mathematischen Kompetenzen im Beweisen der Aufgaben besser abschneiden als die Schüler. Insgesamt weisen Mädchen nach der IGLU Studie bessere Lesekompetenzen auf, was sich auf eine bessere verbale Fähigkeit, als die der Jungen schließen lässt (Walter, Schippert, Lankes et al., 2008). Nach Gleason und Ely sind Mädchen durchschnittlich in der Sprachentwicklung inklusive der Artikulation und Wortschatzentwicklung besser als die Jungen (Siegler, Eisenberg, DeLoache & Saffran , 2016).

H5. Bei der Fehleranalyse der Begründungen zeigen sich viele Fehler, die sich auf die Gamblers Fallacy zurückführen lassen.

Diese Hypothese soll belegen, dass die gemachten Fehler meistens durch Denkweisen der Gamblers Fallacy entstanden sind. SuS, die die Gambler's Fallacy anwenden, verstehen den Zufall nicht als Willkür (Schnell 2014).

H6. Bei der Fehleranalyse der Begründungen zeigen sich viele Fehler durch die Gleichwahrscheinlichkeit.

Mithilfe dieser Hypothese soll bewiesen werden, dass einige SuS die Aufgaben mit Hilfe der Gleichwahrscheinlichkeit entstehen. Die SuS gehen davon aus, dass alles einer Gleichwahrscheinlichkeit folgt und somit fair ist.

3.2 Untersuchungsdesign

Die Datenerhebung ist ein wichtiges Element einer empirischen Studie, welche sich bei der Problemlösung von Forschungen basierend auf eigener Erhebungen eignet (Döring & Bortz , 2016).

Die Empirie dient dazu, Erscheinungen auf sachliche Weise auszudrücken, Gesetzmäßigkeiten und Beziehungen aufzuklären und feststellbar zu machen. In einer empirischen Untersuch gibt es die Möglichkeit qualitativ oder quantitativ zu forschen. (ebd.). Mit der quantitativen Methode kann eine größere Stichprobe, also auch Gruppen, untersucht werden, damit besteht auch eine höhere Erwartung auf eine Charakteristik ( Repräsentativität) und als Folge dessen kann eine präzisere Folgerung auf die Mehrheit gezogen werden. Deshalb wurde die quantitative Methode für diese Untersuchung ausgewählt. (ebd.).

Außerdem wurde die empirische Datenerhebung mit einer schriftlichen Befragung durchgeführt. Unter dem Begriff schriftlicher Befragung versteht man eine selbstständige Bearbeitung von schriftlichen Fragen durch Testpersonen. Der Fragebogen wird von den Testpersonen persönlich, postalisch oder elektronisch bearbeitet. Dabei ist die persönliche Datenerhebung am Besten, da man davon ausgehen kann, dass jeder den Fragebogen alleine ausgefüllt hat. Diese Methode der Datenerhebung ist am Besten für große Stichproben geeignet und wurde deshalb für die Untersuchung benutzt. Im Gegensatz zu einer mündlichen Befragung wird die schriftliche Datenerhebung von den Testpersonen als anonymer wahrgenommen und es entstehen dadurch wahrhaftigere Antworten (Bortz & Döring, 2006 ).

3.3 Erhebungsinstrument

Beim Datenerhebungsinstrument handelt es sich um ein siebenseitiges Testheft, inklusive Deckblatt, mit zehn Items. Dieses Testheft besitzt geschlossene Items, das bedeutet, dass die Items nur zum Ankreuzen sind.

Diese Methode wurde wegen der Objektivität und der erleichterten, überschaubaren Möglichkeit der Auswertung, wie auch der besseren Vergleichbarkeit im Gegensatz zum offenen Frageformat benutzt (Börtz & Döring, 2006). Der Test wird so kurz wie möglich gehalten und wird in einer Zeitspanne von 45 Minuten durchgeführt.

Das Testheft hat den Vorteil, dass es anonym, direkt und neutral ist und jeder Proband dieses alleine ausfüllen muss. Dadurch ist eine Beeinflussung durch andere SuS ausgeschlossen. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist es, dass durch die Planung eines Testheftes der Freiheitsgrad beim Ausfüllen ermittelt wird und so im Vorfeld die Antwortmöglichkeiten bestimmt werden. Deshalb gibt es weniger Freiraum für das Beantworten der Fragen, damit nach Möglichkeit wahrhaftige Antworten zu erwarten sind. Obwohl es bei dieser Methode auch einige Schwierigkeiten gibt, wie bspw., dass der Ankreuzprozess nicht kontrolliert werden kann und man deshalb nicht weiss, ob der Schüler oder Schülerin (SoS) gewissenhaft und ohne abzuschreiben beim Nachbarn die Frage beantwortet hat. Ebenso wie die Tatsache, dass man nicht sicher weiss, ob der SoS, die Antwort sicher gewusst hat oder nur getippt hat, war jedoch diese Methode des Testhefts am Besten einsetzbar, um das Forschungsprojekt aufzuklären.

Die Testhefte richten sich an SuS der Primarstufe. Um die Personengruppe weiter einzuschränken, wurden nur Grundschüler der Klasse 3 und 4 befragt.

Zum einen werden im Testheft nach personenbezogenen Angaben gefragt, zum anderen beinhaltet es selbst entwickelte Testaufgaben zur Erfassung des klassischen und frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriffs. Durch das Testheft soll gemessen werden, welche Vorkenntnisse beziehungsweise, welches Wissen SuS zum Thema Wahrscheinlichkeit haben. Um das Testheft übersichtlich zu gestalten, wurde ein Deckblatt mit drei personenbezogenen Angaben konzipiert, sowie ein Anschreiben, bei dem die Aufgabentypen sowie Regeln zur Bearbeitung festgeschrieben sind.

Das Testheft wurde am PC erstellt und beinhaltet zehn Items rund um das Thema Wahrscheinlichkeit, zusätzlich wurden bei drei Items Begründungen verlangt.

Die Richtigkeit bzw. möglichen Antworten werden mit einer Codierungsanleitung festgelegt. Das Testheft wird so konzipiert, dass zuerst eine leichte Aufgabe gestellt wird, die mit Sicherheit viele SuS richtig beantworten werden. Diese besteht aus einem Zufallsgenerator, dem Glücksrad, bei dem die Felder in unterschiedlichen Farben dargestellt sind und die SuS entscheiden müssen, bei welcher Farbe die Gewinnchance am Größten ist. Diese Aufgabe wurde deshalb als erstes ausgewählt, weil viele SuS schon mit Zufallsgeneratoren umgehen können, sowie in Spielsituationen das Verständnis für die Wahrscheinlichkeit einfacher ist.

3.4 Stichprobe

Die Stichprobe setzt sich aus 88 SuS einer Grundschule in Pirmasens zusammen, die insgesamt von 223 Kindern besucht wird. Von diesen 88 SuS sind 45 weibliche und 43 männliche Probanden. Insgesamt besuchen 42 der Probanden die 3.Klasse und 46 die 4.Klasse.

Die Grundschule ist eine Schwerpunktschule, daher findet gemeinsamer Unterricht für beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte SuS statt. Die befragten Kinder besuchen zum Erhebungszeitpunkt die dritte und vierte Klassenstufe. Die Kooperation mit der Schule kam zustande, da Laura Bäsel an dieser Grundschule arbeitet und die Schule an der empirischen Studie interessiert war. Die Stichprobe umfasst auch die Kinder, die eine Lernbeeinträchtigung haben oder Defizite der Sprache aufweisen. Außerdem sind zehn von 42 Drittklässler Kinder mit einem Gutachten, ebenso wie fünf der 46 Viertklässler. Außerdem wurde von den Lehrern bestätigt, dass das Thema Daten, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit noch nicht in der 3. Klassenstufe bearbeitet wurde, jedoch die 4. Klassen dieses Thema flüchtig bearbeitet haben. Zum Thema Wahrscheinlichkeit wurden jedoch noch keine Aufgaben durchgeführt, somit hat jedes Kind die gleiche Chance und kann die Aufgaben nur mit Hilfe seiner Vorkenntnisse bearbeiten.

3.5 Durchführung / Testbeschreibung Vor Beginn der Durchführung wurde sehr darauf geachtet, dass die SuS mit dem Testheft nicht überfordert werden. Ebenso wurde der Test gründlich kontrolliert, ob er leicht verständlich für Grundschüler ist, weil klar war, dass keine Nachfrage beim Ausfüllen möglich ist. Sogar bei der Struktur wurde darauf geachtet, dass die Aufgaben möglichst veranschaulicht dargestellt sind, um die Motivation der Schülerinnen und Schüler zu steigern. Außerdem wurde darauf geachtet, dass es bei jeder Antwortmöglichkeit ein deutliches Kästchen zum Ankreuzen gibt und dass genügend Platzt zum Schreiben der Begründungen war. Es wurde kein Pretest durchgeführt, da es meiner Meinung nach keinerlei Schwierigkeiten gab den Test sofort durchzuführen. Nach der Datenerhebung wurde genau überprüft, ob die jeweiligen Klassen die richtige Klassenstufe angegeben hatten und bei DAZ Kindern wurde ein S auf den Test geschrieben. Außerdem wurde jeder Test auf seine Anonymität kontrolliert, jedoch haben einige SuS ihren Namen auf den Test geschrieben.

Im ersten Teil des Testheftes wurde das Alter,das Geschlecht und die Klassenstufe der Befragten erhoben. Der eigentliche Test setzt sich aus 10 Items zum Wahrscheinlichkeitsbegriff zusammen. Davon befassen sich vier Fragen mit dem frequentistischen (Item G109,G104,G108 und G110) und sechs Fragen mit dem klassischen Wahrscheinlichkeitsbegriff. Gemäß der Zielsetzung setzt sich der Test aus Aufgaben zusammen, die so konzipiert sind, dass ein bestimmtes Zufallsexperiment erklärt wird und es meistens drei verschiedene Antwortmöglichkeiten gibt. Bei drei von 10 Aufgaben wurden zusätzliche Begründungen gefordert, damit eventuelle Fehlvorstellungen aufgedeckt werden können.

Insgesamt wurden einfach Zufallsexperimente gewählt, die meistens schon den SuS bekannten sind, wie bspw. ein Münzwurf, das Urnenmodell oder Glücksräder. Es wurde bewusst vermieden, die Aufgaben auszudehnen, da nur der frequentistische und der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff getestet werden sollten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Stochastik in der Grundschule. Empirische Untersuchung zu den Schülerfähigkeiten zum Wahrscheinlichkeitsbegriff in der Klassenstufe 3 und 4
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Mathematik)
Note
2,3
Jahr
2018
Seiten
41
Katalognummer
V534975
ISBN (eBook)
9783346122360
ISBN (Buch)
9783346122377
Sprache
Deutsch
Schlagworte
stochastik, grundschule, empirische, untersuchung, schülerfähigkeiten, wahrscheinlichkeitsbegriff, klassenstufe
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Stochastik in der Grundschule. Empirische Untersuchung zu den Schülerfähigkeiten zum Wahrscheinlichkeitsbegriff in der Klassenstufe 3 und 4, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/534975

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