Die Geschichte der Geschichtsdidaktik umfasst auch die Methodik in der Deutschen Demo‐ kratischen Republik. Da die DDR ein totalitärer Staat war, unterlag auch die Geschichtsmethodik den ideologischen Vorgaben der SED. Im Unterricht wurde eine materialistische Betrachtung und Interpretation der Historie gefordert mit dem Ziel, die Schüler mit dem Staat zu solidarisieren und das marxistische Wertesystem in ihrem Denken zu verankern. Dominierende Methode im Geschichtsunterricht war der Lehrervortrag, insbesondere die Lehrererzählung. Der starke Einsatz von Geschichtserzählungen in der DDR resultiert aus der Wahrnehmung, dass es dem Unterricht an Anschaulichkeit und Lebendigkeit mangelte. Demzufolge waren es nur Personen, die mit der Praxis in Kontakt standen, welche sich die Mühe machten, selbst historische Erzählungen zu verfassen. Abgesehen von wenigen Beispielen für Lehrererzählungen, die in den Unterrichtshilfen veröffentlicht worden waren, war der ehemalige Volksschullehrer, Verlagsautor und Universitätsdozent Herbert Mühlstädt im Wesentlichen der Einzige, der Geschichtserzählungen in DDR‐Zeiten verfasste. Zwischen 1962 und 1966 erschien im Berliner Volk und Wissen Verlag dessen dreibändiges Werk „Der Geschichtslehrer erzählt“, das 1972 durch einen Ergänzungsband erweitert wurde. Eine kritische didaktische und literarische Analyse dieses Werkes ist Ziel der vorliegenden Arbeit. Aus den hohen Auflagezahlen wird deutlich, dass Mühlstädts Werk sehr beliebt war und auch „bis zum Ende der DDR eine Monopolstellung“ innehatte. Den Grund für die große Bedeutung von „Der Geschichtslehrer erzählt“ hatte bereits Rudolf Bonna, der Einzige, der sich bisher mit Mühlstädts Werk beschäftigt hat, auf den Punkt gebracht: „Mit seinem Werk gab Mühlstädt den Geschichtslehrern Material in die Hände, mit dessen Hilfe sie dem Aspekt des Emotionalen im Prozeß der Erziehung der allseitig entwickelten sozialistischen Persönlichkeit gerecht werden konnten.“ Basierend auf den ideologischen Hintergründen des Geschichtsunterrichts wird untersucht, inwiefern die Texte aus „Der Geschichtslehrer erzählt“ zur Indoktrination und damit
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- Motivation
- Der Aufbau dieser Arbeit
- IDEOLOGISCHE GRUNDLAGEN DES DDR-GESCHICHTSUNTERRICHTS
- Der Marxismus-Leninismus
- Theorie
- Praktische Umsetzung
- Der historische Materialismus
- Theorie
- Praktische Umsetzung
- GESCHICHTSMETHODIK IN DER DDR
- Ziele
- Anforderungen an die Geschichtslehrer
- Inhalte
- Methoden
- DIE GESCHICHTSERZÄHLUNG
- Allgemeines
- Postulate der DDR-Geschichtsmethodik an eine Lehrererzählung
- Wissenschaftlichkeit und ideologische Klarheit
- Realismus, Einfachheit, Anschaulichkeit und Lebendigkeit
- Erzieherischer Wert
- Problem des Verfassens einer Erzählung
- BIOGRAPHIE HERBERT MÜHLSTÄDTS
- ,,DER GESCHICHTSLEHRER ERZÄHLT“
- Entstehung
- Zielsetzung
- Inhalte
- Band I
- Band II
- Band III
- Ergänzungsband
- Zusammenfassung
- Vorbemerkungen
- Auswertungsmöglichkeiten
- Band I
- Band II und III
- Ergänzungsband
- Grundlagen
- Erzählerische Besonderheiten
- Erzähler
- Zeitfaktor
- Ortsfaktor
- Handlung
- Umsetzung in den Unterrichtshilfen
- PERSONALISIERUNG UND PERSONIFIZIERUNG
- Personalisierung
- Allgemeines
- Vertreter der Progression
- Vertreter der Reaktion
- Personifizierung
- Allgemeines
- Namensgebung
- Vertreter der Progression
- Vertreter der Reaktion
- Fazit
- HANS EBELINGS „DEUTSCHE GESCHICHTE\" ALS VORLAge?
- MÜHLSTÄDTS FORDERUNG NACH WISSENSCHAFTLICHKEIT
- WIDERSPIEGELUNG DES WANDELS DES LUTHER-BILDES IN DER DDR BEI MÜHLSTÄDT?
- Ablehnung Luthers bis in die frühen 60er Jahre
- Das Konzept der „frühbürgerlichen Revolution\" der 60er Jahre
- Die Luther-Ehrung 1983
- Fazit
- ,,DER GESCHICHTSLEHRER ERZÄHLT“ – NEUE FASSUNG
- Entstehung
- Inhalte
- Aufbau
- Differenziertere Personenbetrachtung
- Vergleich
- Die Neuauflage von 1991
- DAS FORTLEBEN VON MÜHLSTÄDTS WERK
- Bernd Hildenbrand, Erzählte Geschichte(n)
- Eckhard Jander, Geschichten zur Geschichte
- DIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN: MÜHLSTÄDT IM HEUTIGEN GESCHICHTSUNTERRICHT?
- Was spricht für Mühlstädt?
- Was spricht gegen Mühlstädt?
- Didaktische Konsequenzen
- Theoretische Überlegungen
- Praktische Umsetzung
- ZUSAMMENFASSUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert das dreibändige Werk „Der Geschichtslehrer erzählt“ von Herbert Mühlstädt, das in der DDR für den Geschichtsunterricht konzipiert wurde. Ziel ist es, die didaktischen und literarischen Aspekte des Werkes im Kontext der ideologischen Rahmenbedingungen des DDR-Geschichtsunterrichts zu beleuchten.
- Ideologische Prägung der Geschichtsmethodik in der DDR
- Analyse der didaktischen und literarischen Qualität der Erzählungen
- Die Rolle von Geschichtserzählungen in der Indoktrination
- Der Einfluss des Marxismus-Leninismus auf die Geschichtsdarstellung
- Die Relevanz von Mühlstädts Werk für den heutigen Geschichtsunterricht
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Motivation und den Aufbau der Arbeit. Kapitel 2 analysiert die ideologischen Grundlagen des DDR-Geschichtsunterrichts, insbesondere den Marxismus-Leninismus und den historischen Materialismus. In Kapitel 3 werden die Ziele, Anforderungen, Inhalte und Methoden der Geschichtsmethodik in der DDR beschrieben. Kapitel 4 befasst sich mit der Geschichtserzählung allgemein und den spezifischen Postulaten der DDR-Geschichtsmethodik an Lehrererzählungen. Kapitel 5 widmet sich der Biografie Herbert Mühlstädts. Kapitel 6 untersucht Mühlstädts Werk „Der Geschichtslehrer erzählt“ hinsichtlich Entstehungsgeschichte, Zielsetzung, Inhalten, Auswertungsmöglichkeiten und erzählerischen Besonderheiten. Kapitel 7 beleuchtet die Personalisierung und Personifizierung in Mühlstädts Werk. Kapitel 8 befasst sich mit der Frage, ob Hans Ebelings „Deutsche Geschichte“ als Vorlage für Mühlstädts Werk diente. Kapitel 9 untersucht Mühlstädts Forderung nach Wissenschaftlichkeit in seinen Erzählungen. Kapitel 10 analysiert die Widerspiegelung des Wandels des Luther-Bildes in der DDR bei Mühlstädt. Kapitel 11 widmet sich einer Neuauflage von Mühlstädts Werk. Kapitel 12 beleuchtet das Fortleben von Mühlstädts Werk in den Werken anderer Autoren. Kapitel 13 befasst sich mit didaktischen Überlegungen zu Mühlstädts Werk im heutigen Geschichtsunterricht.
Schlüsselwörter
DDR-Geschichtsunterricht, Geschichtserzählung, Herbert Mühlstädt, „Der Geschichtslehrer erzählt“, Marxismus-Leninismus, historischer Materialismus, Indoktrination, didaktische Analyse, literarische Analyse.
- Citation du texte
- Sabrina Döppl (Auteur), 2005, Die Geschichtserzählung in der DDR-Methodik am Beispiel von Herbert Mühlstädts Werk "Der Geschichtslehrer erzählt", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53547