Armut und ihre Auswirkungen auf die Bildungschancen nach der vierten Klasse


Term Paper, 2006

16 Pages, Grade: 1,66


Excerpt


0. Gliederung

1. Hausaufgaben für das deutsche Bildungssystem

2. Armut
2.1. Was ist Armut?
2.2. Festlegung der relativen Armutsgrenze durch das Äquivalenzeinkommen
2.3. Wen betrifft Armut?

3. Der Einfluss des elterlichen Einkommens auf den Übergang in die Sekundarstufe
3.1. Direkte Einflüsse des elterlichen Einkommens auf den Schulverlauf
3.2. Einfluss des elterlichen Einkommens auf das Familienklima
3.3. Armut als indirekte Ursache
3.4. Das Konzept der sensiblen Phasen im Schulverlauf
3.5. Monetäre Sorgen innerhalb der Familie und Schulbesuch nach der vierten Klasse

4. Perspektiven zum Reüssieren trotz Armut
4.1. Intrapersonale und soziale Faktoren
4.2. Prä- und Interventionsmöglichkeiten
4.2.1. Im Schulsystem
4.2.2. Durch politische Maßnahmen
4.2.3. Durch kulturell-pädagogische Maßnahmen

5. Fazit

6. Literatur

"Das größte Problem in der Welt ist Armut in Verbindung mit fehlender Bildung. Wir müssen dafür sorgen, dass Bildung alle erreicht." (Nelson Mandela, Interview im Reader's Digest, April 2005[1] )

1. Hausaufgaben für das deutsche Bildungssystem

Im Februar 2006 besuchte der Inspektor der UN-Menschenrechtskommission für Bildung, Vernor Muñoz, Deutschland. Er war von der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen gesandt um sich ein Bild vom deutschen Bildungssystem zu machen. Seine Visite endete mit einer ernst zu nehmenden Mahnung: In Deutschland entscheide die soziale Herkunft zu stark über den Bildungsverlauf des Kindes, und das verstoße gegen die Menschenrechte. Vor allem Migranten und Kinder aus armen Familien seien benachteiligt (Süddeutsche Zeitung 22.02.2006, S. 4). Zweifelsohne stellt dieser Sachverhalt eine Handlungsaufforderung an Politiker, Wissenschaftler aus den Bereichen der Soziologie und der Pädagogik, Lehrer, sowie weitere am Bildungssystem beteiligte Personen dar.

Diese Hausarbeit greift das aktuelle Problem der deutschen Gesellschaft auf, erklärt Hintergründe und versucht Lösungsperspektiven darzustellen. Zunächst wird geklärt, was Armut im gesellschaftlichen Kontext und für die Familie und das Individuum bedeutet, und welche Gruppen der Gesellschaft in erster Linie davon betroffen sind. Im darauf folgenden Teil wird konkret der Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe als einer der entscheidenden Zeitpunkte im Bildungsverlauf, und wie sich das elterliche Einkommen in diesem Zeitraum auf Bildungsentscheidungen direkt und indirekt auswirkt, behandelt. Kapitel vier nimmt sich der Frage an, wie das Problem der Chancenungleichheit im Kontext des Kindes durch bestimmte individuelle Kompetenzen sowie im gesamtgesellschaftlichen Kontext durch gesetzliche Regelungen überwunden werden kann. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der dargestellten Ergebnisse, sowie einer ausführlichen Literaturliste.

2. Armut

2.1. Was ist Armut?

Man unterscheidet zwischen relativer und absoluter Armut. Menschen leben in absoluter Armut, wenn deren physische Existenz bedroht ist. Dieses Phänomen trifft man vorrangig in Entwicklungsländern an, wo es Menschen an Nahrungsmitteln, Wasser, Wohnraum oder grundlegender medizinischer Versorgung mangelt. Gründe dafür können Naturkatastrophen, Staatsversagen oder Kriege sein. Relative Armut beschreibt die Unterschreitung eines soziokulturellen Existenzminimums. Genaue Kriterien dafür zu finden fällt schwer.

Politiker und Wissenschaftler unternahmen den Versuch, die relative Armutsgrenze (in Deutschland) zu objektivieren, indem sie 60% (oder 50%) des Medians oder Durchschnitts des Einkommens als Grenze zwischen Armut und Nicht-Armut festsetzten. Kritiker bemängeln, dass diese Festsetzung nichts über den Lebensstandard aussage und relative Armut selbst bei einer (fiktiven) Verdoppelung aller Löhne praktisch nicht abzuschaffen sei.

2.2. Festlegung der relativen Armutsgrenze durch das Äquivalenzeinkommen

Da in einem Mehrpersonenhaushalt im Vergleich zu mehreren Einzelpersonenhaushalten Geld an verschiedenen Stellen eingespart werden kann, macht es Sinn den Verbrauch durch die Verwendung eines Äquivalenzeinkommens zu gewichten. Das ungewichtete Haushaltseinkommen wird so zu einem gewichteten Pro-Kopf-Einkommen, und so zu einem zuverlässigen Indikator für die Wohlstandsposition eines Individuums. Bei der Gewichtung sind sich die Quellen uneinig, Lauterbach & Lange (1998, 118) berufen sich auf die OECD-Skala, nach der der Haushaltsvorstand den Wert 1 zugewiesen bekommt, jede weitere Person über 16 Jahren den Wert 0,8; und Kinder unter 17 [sic?] den Wert 0,5. Auf das statistische Bundesamt beruft sich www.wikipedia.de, die dem Haupteinkommensbezieher des Haushalts das Gewicht 1,0, weiteren Personen, die älter als 14 Jahre sind, den Gewichtungsfaktor 0,5 und Kinder bis zu 14 Jahren den Faktor 0,3 zuschreiben[2]. Die selben Zahlen nennen Stauder & Hüning (o.J., S. 6f.), die von einer „älteren OECD-Skala“ sprechen.

Um das Äquivalenzeinkommen aussagekräftig anwenden zu können, werden zwei Prämissen vorausgesetzt. Zum einen wird angenommen, dass alle Mitglieder eines Haushalts ihre erzielten Einkünfte in einen gemeinsamen Pool einbringen, zum anderen geht man davon aus, dass jedes Mitglied des Haushalts den selben Wohlstandsstatus erlangt.

Das monatliche Äquivalenzeinkommen stieg in Ostdeutschland von 1991 bis 2003 von 478 € auf 1027 €, in den alten Bundesländern von 895 € auf 1.245 €. Für das bundesdeutsche Gebiet bedeutet das einen Anstieg von 808 € auf 1.205 € (SOEP 1991-2003[3] ).

Man differenziert zwischen Neuen und Alten Bundesländern. Wenn man die Zahlen von 2003 und eine relative Armutsgrenze von 50% des arithmetischen Mittels zu Grunde legt ist derjenige relativ arm, der in Ostdeutschland ein Äquivalenzeinkommen von 513,50 € oder weniger, in Westdeutschland 622,50 € oder weniger zur Verfügung hat. In prekärem Wohlstand (75%) befindet man sich mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 770,25 € (Ost) bzw. 903,75 € (West). 2003 lebten 24,6% der Bevölkerung in prekärem Wohlstand und 12,1% in relativer Armut; 12,9% der bundesdeutschen Bevölkerung befanden sich in relativem Wohlstand (>150%), 8,6% in gehobener Einkommenslage (125%-150%) und 41,8% in mittlerer Einkommenslage (75%-125%) (SOEP 2003[4] ).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Einkommensverteilung in Deutschland (Quelle SOEP 2003[5] )

[...]


[1] Zit. nach www.wikiquote.de/armut

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84quivalenzeinkommen

[3] Zitiert nach http://www.destatis.de/download/d/datenreport/2_18gesch.pdf, 624.

[4] Zitiert nach http://www.destatis.de/download/d/datenreport/2_18gesch.pdf, 629.

[5] ebd.

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Armut und ihre Auswirkungen auf die Bildungschancen nach der vierten Klasse
College
University of Bamberg  (Institut für Familienforschung)
Course
Einführung in die Bildungssoziologie - Die Erklärung von Bildungsungleichheiten: Theoretische Grundlagen und empirische Befunde.
Grade
1,66
Author
Year
2006
Pages
16
Catalog Number
V53570
ISBN (eBook)
9783638489850
ISBN (Book)
9783638765534
File size
512 KB
Language
German
Notes
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und in wie fern das elterliche Einkommen die Bildungschancen des Kindes insbesondere in der "sensiblen Phase" beim Wechsel in die Sekundarstufe beeinflusst. Nach einer Beschreibung des Begriffs "Armut" werden empirische Befunde herangezogen, um verschiedene Theorien zu untermauern. Die Arbeit schließt mit Modellen die versuchen, den Teufelskreis der "vererbten Armut" zu durchbrechen. Die Literaturangaben stammen aus den Jahren 1994-2006
Keywords
Armut, Auswirkungen, Bildungschancen, Klasse, Einführung, Bildungssoziologie, Erklärung, Bildungsungleichheiten, Grundlagen, Befunde
Quote paper
Christian Nerowski (Author), 2006, Armut und ihre Auswirkungen auf die Bildungschancen nach der vierten Klasse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53570

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Title: Armut und ihre Auswirkungen auf die Bildungschancen nach der vierten Klasse



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