Pfandbriefe versus Mortgage Backed Securities

Eine vergleichende Betrachtung aus betriebswirtschaftlicher Sicht


Diploma Thesis, 2005

94 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Begriffsbestimmungen
2.2 Der Pfandbrief
2.2.1 Pfandbriefarten
2.2.2 Pfandbriefemittenten
2.2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen
2.2.3.1 Regelungen in Europa
2.2.3.2 Regelungen in Deutschland
2.3 Mortgage Backed Securities
2.3.1 Grundstruktur einer Verbriefung
2.3.2 Die wichtigsten Transaktionsbeteiligten und ihre Aufgaben
2.3.3 Ausprägungsformen der Mortgage Backed Securities
2.3.4 Synthetische versus True-Sale-Transaktionen
2.3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen
2.3.5.1 Regelungen der BaFin
2.3.5.2 Rechtsunsicherheiten

3 Die Instrumente im Vergleich
3.1 Motive für den Einsatz von MBS
3.1.1 Einsparung von regulatorischem Eigenkapital
3.1.2 MBS als Instrument der Risikosteuerung
3.1.3 Diversifikation der Refinanzierungsquellen
3.1.4 Bilanzstrukturmanagement
3.2 Emissionskosten
3.2.1 Kosten einer Pfandbriefemission
3.2.2 Kosten einer MBS-Emission
3.3 Das Underlying
3.4 Der Markt
3.4.1 Marktentwicklung Pfandbriefe
3.4.2 Marktentwicklung Mortgage Backed Securities
3.5 Die Investoren und ihre Motive
3.5.1 Pfandbriefe
3.5.2 Mortgage Backed Securities
3.6 Abschließende Gegenüberstellung
3.7 Modellrechnung zur Wahl des geeigneten Refinanzierungsinstruments

4 Gesetzesänderungen und mögliche Auswirkungen
4.1 Basel II
4.1.1 Geplante Änderungen
4.1.2 Auswirkungen auf den Pfandbrief
4.1.3 Auswirkungen auf Mortgage Backed Securities
4.2 Das neue Pfandbriefgesetz
4.2.1 Unterschiede zum Hypothekenbankgesetz
4.2.2 Auswirkungen auf den Pfandbriefmarkt
4.3 Einführung eines Refinanzierungsregisters

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Gesetze

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Struktur einer Hypothekenbank

Abbildung 2: Pfandbriefemittenten

Abbildung 3: Grundstruktur einer MBS-Transaktion

Abbildung 4: Tranchenbildung

Abbildung 5: Immobilienkreditsicherheiten

Abbildung 6: Risikodiversifizierung

Abbildung 7: Rendite bei unterschiedlichen Bonitätsstufen

Abbildung 8: Verbriefungskosten der Strukturen

Abbildung 9: Umlauf der Schuldverschreibungen seit 1995

Abbildung 10: Umlauf gedeckter Schuldverschreibungen in EU-Mitgliedsländern

Abbildung 11: Der Markt nach Assetklassen

Abbildung 12: Der europäische RMBS-Markt nach Ländern

Abbildung 13: Das magische Dreieck

Abbildung 14: ABS-Investoren in Europa

Abbildung 15: Die 3 Säulen

Abbildung 16: Das Refinanzierungsregister

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Verbriefungsvarianten

Tabelle 2: Risikogewichte nach Basel I

Tabelle 3: Situation der Bank vor und nach Verbriefung

Tabelle 4: Auswirkungen des Neugeschäftes

Tabelle 5: Spreadübersicht

Tabelle 6: Konditionenübersicht

Tabelle 7: Risikogewichte für Forderungen an Staaten / Standardansatz

Tabelle 8: Risikogewichte für Verbriefungstransaktionen / Standardansatz

1 Einleitung

Hypothekenbanken sind derzeit starken Veränderungen ausgesetzt. Internationale Investoren fordern mehr Transparenz, es existiert ein hoher Margen- und Kostendruck, das Eigenkapital wird knapp und die rechtlichen Anforderungen steigen, insbesondere im Hinblick auf die neuen Eigenkapitalvorschriften von Basel II.[1] Die meisten Institute[2] gehen deshalb dazu über, ihre Portfolien aktiv zu managen und sich von bestehenden Risikokonzentrationen zu befreien. Wurde früher ein Kredit vergeben und dann bis zum Ende der Laufzeit in den Büchern der Bank gehalten („Buy and Hold“), lässt sich gegenwärtig ein aktiver Handel mit Krediten und/oder Kreditrisiken am Markt beobachten.[3] Über Verbriefungen kann das Institut seinen Kapitaleinsatz optimieren, indem eine Eigenkapitalentlastung erzielt sowie zusätzliche Liquidität generiert wird.[4]

Wenn eine Verbriefung, im Falle einer Hypothekenbank typischerweise in Form von Mortgage Backed Securities, diesen eben genannten Zusatznutzen gegenüber einer einfachen Refinanzierung bieten kann, warum ist derzeit der Pfandbrief das dominierende Produkt? Werden die anstehenden Veränderungen und Gesetzesinitiativen dieses Verhältnis eventuell umkehren und Mortgage Backed Securities den Pfandbrief als Refinanzierungsinstrument ablösen oder kann von einer Koexistenz beider Produkte ausgegangen werden? Diese Fragen beantwortet die vorliegende Arbeit.

In Kapitel 2 werden zunächst die begrifflichen Grundlagen erläutert sowie ein Überblick über die wichtigsten Eigenschaften der Refinanzierungsinstrumente gegeben. Ferner wird die jeweilige gesetzliche Regelung dargestellt sowie auf im Falle von Mortgage Backed Securities bestehende Rechtsunsicherheiten eingegangen.

Kapitel 3 vergleicht Pfandbriefe und Mortgage Backed Securities im Hinblick auf die zu verbriefenden Forderungen, den Markt und die Investoren. Außerdem werden die Motive für eine Verbriefung dargestellt. In einer Modellrechnung am Ende dieses Kapitels wird die Refinanzierungsentscheidung einer Bank veranschaulicht.

Punkt 4 widmet sich den aktuellen Gesetzesänderungen und ihren Auswirkungen auf die beiden Produkte. Basel II wird dabei besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Darüber hinaus werden das neue Pfandbriefgesetz sowie die Einführung eines Refinanzierungsregisters im Rahmen einer Änderung des Kreditwesengesetzes diskutiert.

Die Diplomarbeit schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte und einem kurzen Ausblick auf den Pfandbriefmarkt sowie den Markt für Mortgage Backed Securities in der Zukunft.

2 Grundlagen

Um Pfandbriefe und Mortgage Backed Securities betriebswirtschaftlich untersuchen zu können, ist zunächst eine Klärung der beiden Begriffe erforderlich. Des Weiteren werden in diesem Kapitel die Grundstruktur und die unterschiedlichen Ausprägungsformen der Refinanzierungsinstrumente dargestellt, rechtliche Rahmenbedingungen für eine Emission beschrieben sowie auf die Rechtsunsicherheiten einer Verbriefung eingegangen.[5]

2.1 Begriffsbestimmungen

Die Definition von Pfandbriefen ist in der Literatur einheitlich. Man versteht darunter „Schuldverschreibungen, die der Refinanzierung von durch Hypotheken oder Grundschulden in der Regel erstrangig besicherten Darlehen (Hypothekenpfandbriefe) oder der Refinanzierung von Staatskrediten (Öffentliche Pfandbriefe) dienen“.[6] Eine Schuldverschreibung ist eine „Schuldurkunde (Wertpapier), in der sich der Aussteller dem Gläubiger gegenüber zu einer Leistung verpflichtet, die in der Regel in einem Geldbetrag oder einer laufenden Verzinsung besteht“.[7] Die Emission erfolgt auf Grundlage von Gesetzesvorschriften.[8]

Für Mortgage Backed Securities (MBS) existieren unterschiedliche Definitionen. Während einige Autoren[9] MBS als eigene Assetklasse ansehen, werden sie von den meisten[10] als eine Untergruppe der Asset Backed Securities (ABS) bezeichnet. Dies erscheint vor allem vor dem Hintergrund zweckmäßig, dass Hypothekarforderungen auch Aktiva (Assets) darstellen. Zudem sind ihre Eigenschaften mit denen anderer bei Verbriefungen verwendeter Forderungen wie Firmenkundenkredite, Kreditkartenforderungen etc.[11] größtenteils identisch.[12] Die vorliegende Arbeit schließt sich dieser Ansicht an und definiert deswegen zunächst ABS.[13] Anschließend wird hieraus eine Definition für MBS abgeleitet.

Die genaueste und umfassendste Definition für ABS liefert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie versteht unter ABS „Wertpapiere oder Schuldscheine, die Zahlungsansprüche gegen eine ausschließlich zum Zweck der ABS-Transaktion dienende Zweckgesellschaft zum Gegenstand haben. Die Zahlungsansprüche werden durch einen Bestand unverbriefter Forderungen („assets“) gedeckt („backed“), die auf die Zweckgesellschaft übertragen werden und im wesentlichen den Inhabern der Asset-Backed Securities (Investoren) als Haftungsgrundlage zur Verfügung stehen“.[14]

Davon abgeleitet definiert die vorliegende Arbeit MBS als durch Hypothekenforderungen gedeckte Wertpapiere, die durch eine Zweckgesellschaft zur Refinanzierung des Forderungsankaufs an Investoren begeben werden. Als Untergruppen werden Residential Mortgage Backed Securities (RMBS) und Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) unterschieden. Im ersten Fall handelt es sich um Darlehen für privat genutzte Immobilien, im zweiten Fall um Darlehen für gewerblich genutzte Immobilien.[15]

2.2 Der Pfandbrief

Der Pfandbrief verfügt über eine lange Tradition. Bereits 1769 hatten unter Friedrich dem Großen adelige Großgrundbesitzer die Möglichkeit, auf Grundlage von Hypotheken Pfandbriefe zu emittieren und so günstige Kredite zu erhalten.[16] Eine erste gesetzliche Regelung folgte mit dem Hypothekenbankgesetz im Jahre 1900.[17] Bis heute ist der Pfandbrief eine der sichersten Anlagevarianten, welche auch in Europa großen Anklang gefunden hat. Zu nennen sind hier vorrangig die Länder Dänemark, Schweden, Österreich, Frankreich und Spanien, die neben Deutschland zu den größten Pfandbriefemittenten zählen. Bisher ist keine Insolvenz eines deutschen Pfandbriefinstituts bekannt geworden, was die Sicherheit für den Investor deutlich macht.[18]

2.2.1 Pfandbriefarten

Die Emission von Pfandbriefen ist ein standardisierter Prozess. Im Falle eines Hypothekenpfandbriefs gewähren die Banken ihren Kunden zunächst ein Darlehen, welches durch eine Hypothek oder eine Grundschuld besichert ist. Die Refinanzierung erfolgt durch die Ausgabe von Hypothekenpfandbriefen.[19] Handelt es sich bei dem Darlehen um einen Kredit an Bund, Länder oder Kommunen, so werden zur Refinanzierung Öffentliche Pfandbriefe begeben.[20] Die folgende Abbildung veranschaulicht den Prozess.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Struktur einer Hypothekenbank[21]

Abgesehen von einer Unterscheidung nach den zugrunde liegenden Darlehen in Hypothekenpfandbriefe und Öffentliche Pfandbriefe, kann eine Untergliederung nach Emissionsvolumen erfolgen. Hier differenziert man zwischen dem klassischen Pfandbrief und dem Jumbo. Der klassische oder auch traditionelle Pfandbrief wird in der Regel auf die Wünsche der Investoren abgestimmt. Meist stellt nur das emittierende

Haus bei Bedarf einen Preis. Daher ist diese Pfandbriefgattung vergleichsweise illiquide.[22] Hieraus resultierten Überlegungen, die zur Einführung des Jumbo-Pfandbriefmarktes mit der ersten Emission 1995 führten. Man wollte Liquidität für den Pfandbrief schaffen. Liquidität besagt, dass es am Markt nur zu geringen und kurzfristigen Abweichungen vom Gleichgewichtspreis kommt. Ein Investor kann eine größere Position schnell kaufen oder verkaufen, ohne dass sich der Preis des Papiers merklich verändert.[23] Für die Hypothekenbanken hatte diese Überlegung den Vorteil, dass sie durch die Einführung eines liquiden Marktes ihre Refinanzierungskosten senken konnten, da Investoren für illiquide Anleihen einen entsprechenden Renditeaufschlag verlangen.[24]

Der Jumbo verfügte über ein Mindestemissionsvolumen von ursprünglich 500 Mio. €, welches inzwischen auf 1 Mrd. €[25] erhöht wurde.[26] Die Emission erfolgt durch Konsortien (so genannte Syndikate). Bei jeder Emission müssen sich jeweils drei Market-Maker aus dem Kreis der Syndikatsbanken verpflichten, Kurse zu stellen und damit Marktpflege zu betreiben.[27] Durch diese Maßnahmen ist ein reger Sekundärmarkthandel sicher gestellt, weshalb auch tradingorientierten Investoren ein Anreiz zum Pfandbriefkauf gegeben ist. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der deutsche Pfandbriefmarkt international als „obskur“ und „illiquide“ abgetan.[28]

2.2.2 Pfandbriefemittenten

Als Emittenten von Pfandbriefen in Deutschland unterscheidet man gegenwärtig private Hypothekenbanken, private Schiffsbanken und öffentlich-rechtliche Institute wie Landesbanken und Sparkassen. Im Markt bestehen historisch bedingt sowohl reine als auch gemischte Hypothekenbanken.[29] Unter gemischten Hypothekenbanken werden die Banken verstanden, die bereits vor der Schaffung des Hypothekenbankgesetzes (HBG) bestanden und deshalb nicht dem Spezialbankenprinzip unterliegen. Sie dürfen alle Geschäfte einer Universalbank betreiben. Nachfolgende Abbildung zeigt die Pfandbriefemittenten per 31.03.2004.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Pfandbriefemittenten[30]

2.2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen

Die unter Punkt 2.2 bereits angesprochene Sicherheit der Pfandbriefe als Anlageprodukt liegt in den detaillierten rechtlichen Regelungen begründet. Deswegen beschäftigt sich dieses Kapitel mit den gesetzlichen Bestimmungen in der EU und deren Umsetzung in deutsches Recht. Auf einige wichtige Vorschriften des Hypothekenbankengesetzes wird dabei detailliert eingegangen, da sie dem Gläubigerschutz besonders Rechnung tragen.

2.2.3.1 Regelungen in Europa

Obwohl bereits einige europäische Länder[31] den Pfandbrief als Refinanzierungsmittel entdeckt haben, gibt es bis heute keine gemeinsame Definition oder Gesetzgebung. In der Richtlinie über Organismen für die gemeinsame Anlage in Wertpapieren (OGAW) Art. 22 Abs. 4 werden Schuldverschreibungen hinsichtlich der Anlagegrenzen für Investmentgesellschaften bevorzugt, die Elemente des Pfandbriefs beinhalten.[32] Sie müssen folgende Anforderungen erfüllen:[33]

- Die Emission der Schuldverschreibungen erfolgt von Kreditinstituten mit Sitz in einem EU-Land.
- Die Institute müssen einer besonderen staatlichen Aufsicht durch die Behörden unterstellt sein.
- Die Verbindlichkeiten sind mit ausreichender Deckung zu hinterlegen.
- Den Gläubigern ist im Insolvenzfall ein Vorrecht einzuräumen.
- Die Erträge aus der Emission der Schuldverschreibung sind nach gesetzlichen Vorschriften in Vermögenswerte anzulegen.

Schuldverschreibungen, die diese Kriterien erfüllen, erfahren zudem weitere Vergünstigungen. Sie können mit 10% anstatt der ansonsten üblichen 20% im Grundsatz I gewichtet werden, auf die Großkreditgrenze[34] werden sie nicht angerechnet, sie gelten nicht als Einlagen im Sinne der Einlagensicherungs-Richtlinie und können für geldmarktpolitische Geschäfte mit der EZB als Sicherheit eingesetzt werden.[35] Die OGAW-Richtlinie sowie die weiteren Vergünstigungen sind in nationales Recht zu überführen.[36]

Durch die OGAW-Richtlinie wurde zwar die Qualität des Pfandbriefs förmlich anerkannt und die Transparenz für den grenzüberschreitenden Anleger deutlich erhöht[37], jedoch gibt es noch diversen Verbesserungsbedarf. So weist Bellinger zu Recht darauf hin, dass die Anforderungen an die Vermögenswerte, in denen die Erträge aus der Emission von Schuldverschreibungen anzulegen sind, nicht genauer definiert werden. Daher existieren europaweit unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Anforderungen an die Pfandbriefdeckung. Im Einzelnen wird die Beleihungsgrenze unterschiedlich ermittelt sowie der Kreis der staatlichen Kreditnehmer unterschiedlich festgelegt.[38]

Eine einheitliche europäische Regelung des Pfandbriefes per Gesetz ist unwahrscheinlich. Europaweit existieren zu viele Differenzen im Hinblick auf die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, Insolvenzordnungen, Immobilienbewertungen und Grundbuchordnungen sowie die unterschiedliche Tradition des Pfandbriefs.[39] Wahrscheinlich ist vielmehr, dass die hohen Sicherheitsanforderungen der Investoren an den Pfandbrief dafür sorgen, dass über den Wettbewerb eine gewisse Einheitlichkeit der Sicherungsmaßnahmen erreicht wird.[40]

2.2.3.2 Regelungen in Deutschland

Wie aus Abbildung Nr. 2 ersichtlich existieren in Deutschland derzeit drei Gesetze, die die Ausgabe der gedeckten Schuldverschreibungen für die einzelnen Emittentengruppen regeln: das Hypothekenbankgesetz (HBG) von 1900 für private Hypothekenbanken, das Gesetz über die Pfandbriefe und verwandte Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten (ÖPG) aus dem Jahre 1927 für öffentlich-rechtliche Institute und das Gesetz über Schiffspfandbriefbanken (SchBG) für private Schiffsbanken, welches 1933 in Kraft trat.[41] Das Gesetz mit den genauesten Regelungen ist das HBG, welches seit 1900 zwar einige Ergänzungen und Änderungen[42] erfahren hat, in seinen Grundzügen jedoch gleich geblieben ist. Im Folgenden sollen nun die wichtigsten dieser Bestimmungen erläutert werden, da auf ihnen die hohe Sicherheit für den Anleger fußt. Auf eine detaillierte Betrachtung des ÖPG und SchBG wird aufgrund der vergleichsweise geringen Relevanz verzichtet.

Die wichtigsten Regelungen des HBG:[43]

- Spezialbankenprinzip (§ 1 HBG): Es ist nur bestimmten Kreditinstituten gestattet, Pfandbriefe zu begeben. Diese Institute unterliegen einer Geschäftsbeschränkung, die die Risiken der Bank minimieren und sie damit insolvenzsicher machen soll.
- Bankenaufsicht (§ 3 HBG).
- Schutz der Bezeichnung „Pfandbrief“ (§ 5a HBG): Es darf nur die Bank ihre Schuldverschreibungen als Pfandbrief bezeichnen, die die gesetzlichen Anforderungen des HBG erfüllt. Hierdurch sollen für den Investor Transparenz geschaffen und Verwechslungen vorgebeugt werden.
- Deckungsprinzip (§ 6 HBG): Die Hypothekenbanken sind verpflichtet, die in Umlauf befindlichen Pfandbriefe in der Höhe des Nennwertes jederzeit durch Grundpfandrechte von mindestens gleicher Höhe zu decken. Der Nennwert ist der nominelle Betrag auf der Schuldverschreibung. Im vorliegenden Fall entspricht er der Höhe der Forderungen.[44]
- Umlaufgrenze (§ 7 HBG): Das Volumen der umlaufenden Pfandbriefe ist auf das sechzigfache des haftenden Eigenkapitals der Hypothekenbank begrenzt.
- Kongruenzprinzip (§ 9 HBG): Die Laufzeiten der Pfandbriefe und der dazugehörigen Kredite sind aufeinander abzustimmen.
- Beleihungsgrenze (§ 11 HBG): Sie beläuft sich auf 60% des Beleihungswertes, der nach genauen Vorgaben ermittelt wird.[45] Damit ist sichergestellt, dass bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners die Bank ihren Kredit auch bei gesunkenen Immobilienpreisen zurückgezahlt bekommt.
- Führung eines Hypothekenregisters (§ 22 HBG): Die zur Deckung verwendeten Grundpfandrechte[46] (Deckungsmasse) und die Ansprüche aus sichernden Derivaten sind in ein gesondertes Register einzutragen. Es dient zur Identifizierung der Forderungen, die im Insolvenzfall der Bank den Gläubigern vorrangig zustehen.
- Bestellung eines Treuhänders (§§ 29ff. HBG).
- Konkursvorrecht der Pfandbriefgläubiger (§ 35 HBG)[47]: Die im Hypothekenregister eingetragenen Werte fallen nicht unter die Insolvenzmasse, was bedeutet, dass die Insolvenzgläubiger erst dann einen Anspruch auf die Deckungswerte haben, wenn die Pfandbriefgläubiger daraus befriedigt sind. Damit sind auch eventuell vorhandene Überdeckungen (die vorgeschriebenen 2% sowie eine freiwillige) insolvenzfest.[48]

All diese Vorschriften dienen wie bereits erwähnt dem Gläubigerschutz und qualifizieren den Pfandbrief als eine sichere Investition. Das ÖPG ist dagegen weniger detailliert. So kennt es beispielsweise keine Regelungen zur Beleihungsgrenze, zur Wertermittlung und zum Treuhänder.[49] Es gilt für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, also überwiegend Landesbanken und Sparkassen, welche über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung verfügen.[50] Dies bedeutet, dass die ausgegebenen Papiere staatlich garantiert sind. Aufgrund dieser Zusatzsicherheit bedarf es keiner weiteren gesetzlichen Vorschriften zum Gläubigerschutz.

2.3 Mortgage Backed Securities

Ihren Ursprung haben MBS in den USA. Dort wurden bereits in den Siebzigerjahren Wertpapiere begeben, die durch Hypothekendarlehen besichert waren.[51] Ausschlaggebend war unter anderem das damals geltende Trennbankensystem[52], welches besagte, dass Sparkassen und Geschäftsbanken lediglich das Einlagen- und Kreditgeschäft betreiben durften. Das Emissions- und Wertpapiergeschäft blieb den Investmentbanken vorbehalten. Zusätzlich wurde die Geschäftstätigkeit der Bank auf den jeweiligen Bundesstaat begrenzt[53], so dass die Refinanzierungsmöglichkeiten sowohl regional als auch instrumental limitiert waren. Hinzu kam, dass die Hypothekendarlehen mit einem festgelegten Zins über die gesamte Laufzeit begeben wurden und eine Tilgung vor Fälligkeit für den Kreditnehmer jederzeit möglich war.[54] Dies führte dazu, dass die Banken eine kurzfristige Refinanzierung tätigten, was in Zeiten stabiler Zinsentwicklungen auch funktionierte. Mit einem Anstieg der Inflationsrate und des Zinsniveaus wurden die Mittel der Banken knapp, da die Kunden ihre Einlagen zugunsten höher verzinslicher Anlagemöglichkeiten abzogen. Als Folge konnten weniger Kredite vergeben werden als Nachfrage bestand. Dies verdeutlicht die Bedeutung eines Sekundärmarktes für Hypothekenkredite.[55] Staatliche Institutionen[56] wurden eingerichtet, um Hypothekenforderungen der Banken aufzukaufen, sie zu bündeln und anschließend durch die Ausgabe von Anleihen zu refinanzieren. Durch die Staatsstützung verfügten die Papiere über eine hohe Bonität.[57]

Bereits Mitte der achtziger Jahre waren die ersten Forderungsverbriefungen in Europa zu verzeichnen. Gründe waren Deregulierung, veränderte Eigenmittelanforderungen an Banken und Unternehmen und internationale Kapitalknappheit.[58] Die Vorreiterrolle übernahm Großbritannien. Auch Frankreich engagierte sich auf diesem Gebiet früh.[59] Die Refinanzierung der Hypothekenschulden in Deutschland wurde dagegen erfolgreich über den Pfandbrief getätigt.[60] Die Institute verfügten zudem über ausreichendes Eigenkapital, weswegen zunächst kein Bedarf für ein neues Finanzierungsinstrument bestand.[61] Die erste Forderungsverbriefung[62] erfolgte erst im April 1995 unter Rechtsunsicherheit, welche 1997 durch ein Rundschreiben der BaFin beseitigt wurde.[63]

2.3.1 Grundstruktur einer Verbriefung

Nachfolgende Abbildung zeigt die Grundstruktur einer MBS-Transaktion. Es wird dabei nicht zwischen True Sale und synthetischer Verbriefung unterschieden, da die grundlegenden Anforderungen identisch sind.[64]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Grundstruktur einer MBS-Transaktion[65]

Als Originatoren, sprich Initiatoren, der Transaktion kommen prinzipiell Unternehmen und Banken in Betracht.[66] Da der Fokus der vorliegenden Arbeit auf einem Vergleich zwischen MBS und Pfandbriefen liegt und Pfandbriefe nur von Banken begeben werden können, ist nur eine Bank als Forderungsverkäufer von Interesse. Auf eine nähere Betrachtung eines Unternehmens als Originator wird deshalb verzichtet.

Die Bank versucht im ersten Schritt einen beispielsweise nach Kreditnehmer und Region breit diversifizierten Pool an Hypothekenforderungen zusammenzustellen und diesen rechtlich zu verselbständigen. Erreicht wird die Separierung der Forderungen von den übrigen Assets des Originators durch ihren Verkauf an eine Zweckgesellschaft (SPV).[67] Diese ist rechtlich selbständig, aus steuerlichen Gründen meist im Ausland ansässig und ausschließlich zum Zweck des Forderungsan- und Wertpapierverkaufs gegründet worden.[68] Dadurch reduzieren sich die Geschäftsrisiken der Gesellschaft auf ein Minimum, eine Insolvenz ist nahezu ausgeschlossen. Nachdem das SPV die Forderungen angekauft hat, refinanziert es sich durch die Ausgabe von Wertpapieren.[69] Die Refinanzierung kann entweder kurzfristig am Geldmarkt in Form von Asset Backed Commercial Papers (ABCP) oder langfristig am Kapitalmarkt durch die Begebung von Anleihen erfolgen. Eine Zwischenstellung nehmen die Medium Term Notes (MTN) ein, deren Laufzeit mittelfristig ist.[70] Weitere Möglichkeiten der Refinanzierung sind die Aufnahme von Bankkrediten oder Privatplatzierungen an einen begrenzten Kreis institutioneller Investoren sowie eine Kombination der genannten Möglichkeiten.[71]

Die Ansprüche der Investoren werden durch die Cash-Flows der verbrieften Aktiva bedient.[72] Die Bonität der MBS-Verbriefung ist damit vorrangig von den verbrieften Forderungen abhängig. Möglich ist ein besseres Rating als das des Originators.[73] Moody’s, Standard & Poors und Fitch Ibca sind die größten am Markt anerkannten unabhängigen Agenturen, welche diese Bonitätsbeurteilungen durchführen. Aufgrund der Komplexität der Transaktion ist eine Bewertung durch mindestens eine von ihnen notwendig, um die Emission erfolgreich platzieren zu können.[74] Eventuell kann es erforderlich sein, über die Verwertung der Assets hinausgehende Sicherungsmaßnahmen, so genannte Credit Enhancements, zu stellen.[75] Dadurch kann die Bonitätsbeurteilung der Agenturen nach oben korrigiert werden.

[...]


[1] Vgl. Köller (2003), S. 18.

[2] Vgl. Köller (2003), S. 23.

[3] Vgl. Glüder/Böhm (2003), S. 36.

[4] Vgl. The Boston Consulting Group GmbH (2004), S. 2.

[5] Die Begriffe „Verbriefung“ und „MBS-/ABS-Transaktion“ werden synonym verwendet.

[6] Arndt/Tolckmitt (2001), S. 20.

[7] Der Brockhaus (2005), S. 798.

[8] Siehe Punkt 2.2.3.

[9] Vgl. u.a. Bartelt (1999), S. 2.

[10] Vgl. u.a. Meiswinkel (1989), S. 1; AK Finanzierung (1992), S. 498.

[11] Vgl. Langner (2002), S. 659.

[12] Vgl. Bär (1998), S. 47, der die Trennung von ABS und MBS als ausschließlich „historisch bedingt“

beschreibt.

[13] ABS sind eine Ausprägungsform der Asset Securitisation, bei der illiquide Aktiva in handelbare

Wertpapiere umgewandelt wird; Vgl. Walmsley (1998), S. 239. Das Phänomen der Securitisation ist

nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit und soll deswegen nicht näher betrachtet werden.

[14] Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (1997), S. 1.

[15] Vgl. Fabozzi/Ramsey (1997), S. 501.

[16] Vgl. Lorbach/Adolphs (2005), S. 12.

[17] Siehe Punkt 2.2.3.2.

[18] Vgl. Hardt (2001), S. 38; Cross (2004), S. 528.

[19] Vgl. Büttner (1999), S. 40.

[20] Vgl. Hirmer (2003), S. 133.

[21] In Anlehnung an Stöcker (2004), S. 71.

[22] Vgl. Damerow (2000), S. 29.

[23] Vgl. Hies (1993), S. 784.

[24] Vgl. Hies (1993), S. 784.

[25] Das Emissionsvolumen eines traditionellen Pfandbriefs beläuft sich auf 150 Mio. €;

Vgl. Arndt/Tolckmitt (2001), S. 9.

[26] Vgl. Kullig (2004), S. 11.

[27] Vgl. Arndt/Tolckmitt (2001), S. 10.

[28] Vgl. Walmsley (1998), S. 361.

[29] Vgl. Behr/Güttler/Kiehlborn (2003), S. 2.

[30] In Anlehnung an Hagen (2004), S. 13.

[31] Siehe Punkt 2.2.

[32] Vgl. Bellinger/Kerl (1995), S. 131.

[33] Vgl. Lichtenberger (2001), S. 21; Stöcker (2004), S. 89.

[34] Kein Engagement an einen Kunden oder eine Kundengruppe darf 25% der Eigenmittel der Bank

übersteigen; Vgl. §§ 13 – 13b KWG.

[35] Vgl. Bellinger (2001b), S. 74.

[36] Vgl. Bellinger (2001a), S. 81; Stöcker (2004), S. 91-98.

[37] Vgl. Lichtenberger (2001), S. 25.

[38] Vgl. Bellinger (2001b), S. 74; Stöcker (2004), S. 90.

[39] Vgl. Engelhard (2004), S. 33.

[40] Vgl. Engelhard (2004), S. 34.

[41] Vgl. Hagen (2004), S. 13.

[42] Vgl. Goedecke/Kerl/Scholz (1997), S. 72-79.

[43] Vgl. Hypothekenbankgesetz.

[44] Vgl. Grütering (2001), S. 432.

[45] Ermittlung des Beleihungswertes; Vgl. Goedecke/Kerl/Scholz (1997), S. 100-106.

[46] Wichtig ist, dass die Hypothekenbank die Sicherheiten auch rechtswirksam erhält;

Vgl. § 873 Abs. 1 BGB.

[47] Im Falle einer Insolvenz wäre nach den 1998 geänderten §§ 34a und 35 HBG ein ausreichender Schutz

für die Obligationengläubiger gegeben. Dies bestätigte ein 1998 in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten

des Verbandes deutscher Hypothekenbanken; Vgl. Stürner (1998), S. 166.

[48] Vgl. Stöcker (2004), S. 64.

[49] Vgl. Bellinger (2001b), S. 75.

[50] Vgl. Stöcker (2004), S. 80-81.

[51] Vgl. David (2001), S. 19.

[52] Vgl. Willburger (1997), S. 193.

[53] Vgl. Paul (1994), S. 121.

[54] Vgl. David (2001), S. 20.

[55] Vgl. Paul (1994), S. 122.

[56] u.a. Federal National Mortgage Association (FNMA), Government National Mortgage Association

(GNMA) und Federal Home Loan Mortgage Corporation (FHLMC); Vgl. Hager (2003), S. 13.

[57] Vgl. Röchling (2002), S. 9; Ausführlich zur Geschichte der MBS; Vgl. Ohl (1994), S. 23-31;

Bär (1998), S. 361-373.

[58] Vgl. Ohl (1994), S. 114.

[59] Vgl. Büttner (1999), S. 37-38; Ohl (1994), S. 121.

[60] Vgl. Dickler (1991), S. 111; Einige Autoren bezeichnen den Pfandbrief als die „älteste Variante der

MBS“; Vgl. Baums (1994), S. 22; Böhmer (1996), S. 18; Wie sich in Kapitel 3 zeigen wird, sind die

Instrumente jedoch so verschieden, dass diese These nach Meinung der Autorin nicht vertreten werden

kann.

[61] Vgl. Bertl (2004), S. 59.

[62] Es handelte sich dabei um die Emission der Rheinhyp Rheinischen Hypothekenbank AG, einer

Commerzbanktochter, mit einem Volumen von 523 Mrd. DM. Die Transaktion erfolgte über ein SPV

in den Niederlanden. Verbrieft wurden in Form eines True Sales Forderungen, die

die Beleihungsgrenze von 60% überschritten hatten; Vgl. Büttner (1999), S. 38.

[63] Siehe Punkt 2.3.5.1.

[64] Zu den Unterschieden siehe Punkt 2.3.4.

[65] In Anlehnung an Peterek (2003), S. 8.

[66] Vgl. Willburger (1997), S. 9.

[67] Vgl. Baums (1994), S. 4.

[68] Vgl. Pfaue (2003), S. 171-172.

[69] Vgl. Bär (1998), S. 28.

[70] Vgl. Pfaue (2003), S. 168.

[71] Vgl. Bund (2000), S. 18.

[72] Vgl. Paul (2004), S. 65.

[73] Vgl. Baums (1994), S. 5; Übersicht über die Ratingsymbole und Bonitätsstufen der einzelnen Institute;

Vgl. Bär (1998), S. 238.

[74] Vgl. Ohl (1994), S. 22.

[75] Vgl. Büttner (1999), S. 29; Zu den Arten und Unterscheidungsmerkmalen von Credit Enhancements;

Vgl. Langner (2002), S. 661-662; Bartelt (1999), S. 149-155; Bei Hypothekenpools in den USA werden

von den Ratingagenturen besondere Formen der Sicherheiten verlangt, z.B. spez. Risikoversicherungen

gegen Naturkatastrophen und Ausfallversicherungen; Vgl. Pollock/Stadum/Holtermann (1991), S. 277.

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Pfandbriefe versus Mortgage Backed Securities
Subtitle
Eine vergleichende Betrachtung aus betriebswirtschaftlicher Sicht
College
University of Applied Sciences Essen
Grade
1,7
Author
Year
2005
Pages
94
Catalog Number
V53607
ISBN (eBook)
9783638490122
ISBN (Book)
9783656805427
File size
837 KB
Language
German
Keywords
Pfandbriefe, Mortgage, Backed, Securities, Eine, Betrachtung, Sicht
Quote paper
Nadine Jungnickel (Author), 2005, Pfandbriefe versus Mortgage Backed Securities, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53607

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Title: Pfandbriefe versus Mortgage Backed Securities



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