Einforderung der Hussitensteuer in der Altmark


Hausarbeit, 2019

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Anschlag zur Hussitensteuer

3. Friedrichs Mahnung an die Mark
3.1. Argumente für die Entrichtung der Steuer
3.2. Abgleich mit den Forderungen bei Lahnstein
3.3. Der zu erwartende Erfolg

4. Fazit

Bibliographie

Quellen

Sekundärliteratur

1. Einleitung

Seit 1419 befindet sich die katholische Kirche im stetigen Krieg mit den Hussiten. Viele Kreuzzüge werden unternommen, welche meist mit einer verheerenden und verlustreichen Niederlage enden. Als Reaktion auf die kostspieligen Feldzüge und der damit einhergehenden Erschöpfung der finanziellen Ressourcen wird im Dezember 1427 auf dem Nürnberger Reichstag unter König Sigismund mit Hilfe der detaillierten Ausarbeitung des Kardinallegaten Beaufort die sogenannte „Hussitensteuer“ durch das Reichskriegssteuergesetz genehmigt, welche relativ rasch besonders in den Städten zu einem Aufschrei führt, da man in der Mark nur ungern Steuern für etwas zahlte, was nicht unmittelbar in der eigenen Region oder unter eigener Verwaltung Anwendung fand.1 Allerdings hat man bereits zuvor im Jahr 1422 eine erste Reichsabgabe zur Bekämpfung der Hussiten in Form von einer Heeresmatrikel beschlossen, sodass die neue Reichskriegssteuer eine zusätzliche monetäre Belastung bedeutete.2

Man ist sich in der Forschung weitestgehend darüber einig, dass die Hussitensteuer ein Fehlschlag war, da die hiermit erbrachten Erträge trotz des immensen Aufwandes schlicht zu niedrig waren.3 Gerne wird hierbei der fehlenden Verwaltung die Schuld zugeschrieben.4 Die Art und Weise der Eintreibung hingegen ist vorwiegend unerforscht und wird meist, wie bereits zuvor, mit einer unpräzisen Wendung des großen Aufwandes übergangen. Besonders in Hinblick auf regionale Schwerpunkte wie den der Altmark findet sich keine genauere Analyse der Rechtfertigung und angedachten Vorgehensweise für die Eintreibung einer solchen Steuer, die vielleicht auch eine Erklärung für den weiträumigen Misserfolg der Steuer geben könnte.

Dementsprechend möchte ich die Frage behandeln, wie Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg die Hussitensteuer in der Altmark auftreiben wollte und mit welchen Argumenten er die Erhebung der Steuer zu rechtfertigen versuchte. Dabei soll ebenfalls geklärt werden, welche Argumente offenbar besonders bedeutsam sind und ob vielleicht einige durch den Anschlag zur Hussitensteuer gerechtfertigten Maßnahmen, wie zum Beispiel Kirchenstrafen beim Ausbleiben der Zahlungen, hier gar nicht hinzugezogen werden. Weiterhin soll untersucht werden, ob und inwiefern das Schreiben Friedrichs an seine Untertanen von den Forderungen des Kurfürstentages bei Lahnstein abweicht. Wichtig wäre ebenfalls zu untersuchen, wer mit der Eintreibung der Steuer beauftragt wird und wie diese von Statten gehen soll.

Dies soll vornehmlich anhand eines Schreibens des Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg an seine Untertanen in der Altmark geschehen, welches in den deutschen Reichstagsakten editiert wurde und die sofortige Eintreibung und Ablieferung der Steuer nach Nürnberg gemäß dem Beschluss des Lahnsteiner Kurfürstentages fordert. In diesem wird nicht nur an die Bewohner der Altmark appelliert, sondern zugleich zwei am Ende genannte Gesandte beglaubigt und beauftragt. Als zweite wichtige Quelle dient das Schreiben vom Kurfürstentag zu Lahnstein selbst. Außerdem wird selbstverständlich an einigen wenigen Stellen direkt auf den Anschlag zu Hussitensteuer Bezug genommen.

Die Hausarbeit soll mit einer kurzen Einführung zu den Regelungen und Verpflichtungen des Anschlags zur Hussitensteuer beginnen, um im Überblick die zu erwartenden Belastungen für die Bevölkerung darzustellen, damit diese dann bei der Einschätzung der Argumentation Friedrichs hinzugezogen werden können. Dabei soll die Argumentation nachvollzogen sowie Auffälligkeiten und mögliche Abweichungen von den Beschlüssen des Lahnsteiner Kurfürstentages hervorgehoben und, wenn möglich, begründet werden. Die Analyse soll dabei durch allgemeine Sekundärliteratur unterstützt und aufgeschlüsselt werden. Hierbei sind vor allem Einschätzungen zur Durchführbarkeit des Vorhabens und dem zu erwartenden Erfolg interessant. Letztlich werden die vorangestellten Fragen in einem abschließendem Fazit beantwortet.

2. Der Anschlag zur Hussitensteuer

Nach vierzehntägiger Beratschlagung steht der erarbeitete Anschlag unter maßgeblicher Wirkung des englischen Kardinals Henry Beaufort fest. Das Ergebnis beinhaltet eine Kombination aus einer Vermögenssteuer, einer Einkommenssteuer, einer ständischen Personalsteuer und einer Kopfsteuer der Juden. Im Grunde ist nun jeder Christ im Sinne der Allgemeinheit in die Steuer eingebunden.5 Eine Rechtfertigung für die Einforderung der Unterstützung der Allgemeinheit findet sich gleich zum Anfang des Anschlags.6 Hier stellt Werminghoff treffend fest, dass sich das Gesetz als der heiligen allgemeinen Kirche und somit selbstverständlich auch der gesamten Christenheit dienend gibt und deswegen „jeder Christ, jung und alt, reich und arm, nach seinem Stand und Vermögen“ einen Anteil leisten müsse.7 Natürlich ist diese Stelle beinahe wörtlich aus der Version der Reichstagsakten übernommen, dennoch stellt sie nochmal heraus, wie man den Anschlag zur Reichskriegssteuer zu begründen versuchte.

Problematisch ist hierbei einerseits die gestaffelte ständische Personalsteuer, welche aufgrund der Festbeträge für Grafen und Ritter ein oft unrealistisches nominelles Mindestvermögen voraussetzte. So ist für die Grafen ein Betrag von 25, Herren 15, Ritter fünf und Edelknechte drei Gulden angedacht. Nur den Herren und Edelknechten ist es aufgrund eines Korrektivs gestattet, den Steuerbetrag zu unterschreiten. Im Gegensatz hierzu sind Kurfürsten und Fürsten nicht von der Steuerordnung erfasst.8 Sie entrichten einen Betrag nach ihrem Gewissen, was dem damaligen Würdeverständnis entgegenkommt.9 Allerdings sehe ich durch eben diese Regelung die Gefahr, dass es bei der Bevölkerung auf Unverständnis stößt, wenn der eigene Landesherr nicht verpflichtet wird, einen bestimmten Betrag zu zahlen, aber gleichermaßen die Eintreibung des Geldes vorantreibt, so wie es auch bei dem Schreiben von Kurfürst Friedrich I. an seine Untertanen in der Altmark der Fall ist.

Ebenfalls erwähnenswert ist der Steuersatz der Geistlichen, welcher weit über den Steuersätzen der zwei Tarifgruppen aus der Vermögenssteuer liegt. Außerdem wird diese im Vergleich zu den Abgaben der Laien proportional erhoben, was eine viel stärkere Belastung zur Folge hat. Sollten Geistliche nicht über genug Pfründeneinkommen verfügen, aber Erbgüter besitzen, werden sie entsprechend der Vermögenssteuer der Laien erfasst. Besitzen sie weder Einkommen noch Vermögen, so haben sie eine Kopfsteuer von zwei böhmischen Groschen zu entrichten.10

Die Steuer wird hierbei regional erhoben, wobei für die Geistlichen in den Bischofsstädten und für die Laien in den Territorialstädten Steuerausschüsse gebildet werden, „welche die Eingänge verzeichnen, die Gelder verwahren und an den nächsten Bestimmungsort weiterleiten“.11 Alle Grafen, Herren, Ritter und Edelknechte, die durch die ständische Personalsteuer erfasst werden, richten ihre Beiträge an eine Diözesankommission, welche gleichermaßen die Einnahmen der anderen Steuerbezirke mit Ausnahme der Frei- und Reichsstädte entgegen nimmt. Im Anschluss an diese Erhebung wird das Geld an die fünf zentralen Legstätten gebracht, um letztlich nach Nürnberg zu gelangen.12 Der Erhebung versuchte man durch ein Schreiben des Kardinallegaten Beaufort an die Gläubigen des Reichs Nachdruck zu verleihen, in welchem bei Nichtbefolgung der entsprechenden Steuerverordnungen mit Kirchenstrafen gedroht wurde. Hierbei handelt es sich um ein durchaus übliches Mittel, um den gewünschten Erfolg zu erzielen.13

3. Friedrichs Mahnung an die Mark

3.1. Argumente für die Entrichtung der Steuer

Das Schreiben des Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg an seine Untertanen in der Altmark wurde am 27. September 1428 verfasst und fordert entsprechend des Kurfürstentagsbeschlusses zu Lahnstein die Eintreibung der Hussitensteuer sowie die schnellstmögliche Entrichtung allen dabei zusammen gekommenen Geldes der Altmark nach Nürnberg.

Anders als heutzutage üblich, wird bei diesem Schreiben der Absender mit seiner gesamten Titulatur dem eigentlichem Inhalt des Briefes vorangestellt, was einerseits dem entsprechenden Würdeverständnis entgegenkommen sollte, andererseits dem Adressaten sofort klar macht, von welcher Wichtigkeit die hier beschriebenen Forderungen sind und welche Verbindlichkeit hinter diesen steht. Erst danach erfolgt ein Gruß an seine „getrewen“, also die eigentliche Ansprache der Adressaten.14 Diese Reihung verdeutlicht auch das Verhältnis der beiden Parteien: Herr und Untertanen.

Zu Beginn seines Schreibens bezieht sich Friedrich auf den „anslag zu Franckfurt“, womit selbstverständlich der Anschlag zur Hussitensteuer gemeint ist. Hierbei wird auch direkt der erste und insgesamt einer der bedeutendsten Gründe für die Eintreibung der Steuer genannt, denn Ziel sei es gelt zu samen der christenheit zu hilfe und zu vertiligung der besen ketzere zu Beheim.15 Dieses Argument kommt auch der vorangestellten Begründung des Anschlags gleich, in dem ebenfalls fast wortgleich formuliert wird, dass man die Christen im Kampf gegen die Hussiten unterstützen müsse.16 Somit gibt sich auch Friedrich in seinem Schreiben als der gesamten Christenheit dienend und macht die Forderung gleichermaßen für alle Gläubigen verpflichtend. Gleichermaßen wird allerdings auch wie im Anschlag selbst nicht „der nationale Gegensatz zwischen Deutschtum und Slawentum“ betont.17

Gleich darauf folgt ein Verweis auf die im Anschlag enthaltenen Vorschriften für die Entrichtung der Steuer, welche seinen Getreuen offenbar selbstverständlich wol wissenlich worden sind.18 Fraglich bleibt an dieser Stelle allerdings, warum einerseits die bereits besagte Begründung und andererseits der Verweis auf die Vorschriften zur Erhebung vorgenommen wird, wenn es doch selbstverständlich scheint, dass der Anschlag von Allen wahrgenommen wurde. Friedrich versucht hier anscheinend nochmals die Leute zu erreichen, welche noch nichts von der Erhebung der Steuer mitbekommen haben und gibt klugerweise an selbiger Stelle den Verweis, wo die nötigen Informationen zu finden sind. Somit kann er den Vorwurf ausschließen, dass man nichts von der Hussitensteuer gewusst habe oder, wenn man von ihr hörte, über keine Informationen zur Tragweite der Erhebung verfügte.

Im Folgenden wiederholt Friedrich das Kernargument für die Erhebung der Steuer, nach dem die Steuer der christenheit ere und nutze bringen und die verdammten ketzere dardurch vertilgt und nidergedruckt werden sullen.19 Dadurch rückt er erneut den religiösen Konflikt ins Zentrum und kreiert ein Feindbild, dessen man sich unbedingt erwehren müsse. Um diesen bedrohlichen Feind der Christenheit als Ganzes zu besiegen, soll also nun solich und ander gelt, das von des vorgenanten anslages wegen gesammelt werden.20 Nicht erwähnt wird jedoch, warum die Hussiten eine konkrete Bedrohung für die Bewohner der Altmark darstellen, sodass hier nur allgemeine Thesen in den Raum geworfen werden und an die allgemeine christliche Pflicht appelliert wird. Schließlich waren gerade die Bewohner der Altmark eben nicht durch die Kreuzzüge betroffen.21

[...]


1 Schulze, Die Mark Brandenburg, S. 39; Wefers, Das politische System Kaiser Sigmunds, S. 148.

2 Wefers, Das politische System, S. 149.

3 Isenmann, Reichsfinanzen und Reichssteuern im 15. Jahrhundert, S. 160.

4 Wefers, Das politische System, S. 150.

5 Wefers, Das politische System, S. 148; Isenmann, Reichsfinanzen, S. 158 erklärt, dass jeder Christ unabhängig vom Geschlecht mit einem Mindestalter von 15 Jahren betroffen ist. Die Kopfsteuer wird dabei hinfällig, sofern man Vermögens- oder Einkommenssteuer zahlt und ist somit für die Beteiligung der Laienbevölkerung gedacht.

6 RTA IX, nr. 76, S. 91f.

7 Werminghoff, Die deutschen Reichskriegssteuergesetze von 1422 bis 1427 und die deutsche Kirche, S. 61f.

8 Isenmann, Reichsfinanzen, S. 158 führt hier die zu zahlenden Beträge auf und berechnet aufgrund der Vermögenssteuer des Bürgertums die entsprechenden Mindestvermögen: Grafen 25.000, Herren 15.000, Ritter 5.000 und Edelknechte 3.000 Gulden. Die eingeräumte Unterschreitung durch das Korrektiv erlaubt es den Herren den Betrag um ein Drittel, den Edelknechten nach ihrem Gewissen zu unterschreiten.

9 Wefers, Das politische System, S. 148.

10 Isenmann, Reichsfinanzen, S. 159 erklärt die unterschiedliche Belastung von Laien, welche bei der ersten Tarifgruppe bis 200 Gulden nur 0,25% ihres Vermögens entrichten (bei der zweiten Vermögensgruppe von 1000 Gulden aufwärts entspräche die Belastung nur 0,1%), und den Geistlichen, welche 5% ihres Vermögens aufbringen müssen (RTA IX, nr. 76, S. 93 von zweinzig gulden oder von zweinzig gulden wert an renten oder gulten ein gulden geben schol), durch die „grundsätzlich verschiedenen Sozialverhältnisse“, da Geistliche beispielsweise keine Familie versorgen müssen.

11 Isenmann, Reichsfinanzen, S. 159.

12 Wefers, Das politische System, S. 148; Isenmann, Reichsfinanzen, S. 159. Die fünf zentralen Legstätten sind Köln, Erfurt, Breslau, Salzburg und Nürnberg.

13 Wefers, Das politische System, S. 150.

14 RTA IX, nr. 184, S. 220 Fridrich von gots gnaden marggrave zu Brandenburg und burggrave zu Nuremberg.

15 RTA IX, nr. 184, S. 220.

16 RTA IX, nr. 76, S. 92. Hier wird geschrieben „wie man den Hußen und keczern zu Beheim widersten müg, die keczerei zu verdilgen und auszurewten“.

17 Werminghoff, Reichskriegssteuergesetze, S. 62.

18 RTA IX, nr. 184, S. 220.

19 Ebd., S. 220.

20 Ebd., S. 220.

21 Fudge, The Crusade against Heretics, S. 25, 278-280 beschreibt die hussitischen Feldzüge, welche allerdings nicht bis in die Altmark vordrangen.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Einforderung der Hussitensteuer in der Altmark
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
15
Katalognummer
V536515
ISBN (eBook)
9783346126283
ISBN (Buch)
9783346126290
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einforderung, hussitensteuer, altmark
Arbeit zitieren
Nico Bothe (Autor:in), 2019, Einforderung der Hussitensteuer in der Altmark, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/536515

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