Jeanne d'Arc. Schuf die Kirche eine Heilige, eine Ketzerin und wiederum eine Heilige?


Dossier / Travail, 2019

27 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Hausarbeit

1. Einleitung

2. Hintergründe: Frankreich im 14. und 15. Jahrhundert
2.1. Der Hundertjährige Krieg
2.2. Jeanne d’Arcs Wirken innerhalb des Krieges

3. Wurde Jeanne d’Arc als Heilige verehrt?
3.1. Jeanne d’Arc als die prophezeite Jungfrau?
3.2. Das Ansehen der Jungfrau am königlichen Hof und im Volk
3.3. Die Sicht der Geistlichen auf Seiten Karls VII

4. Johanna musste sterben, um die Position der Engländer zu stärken
4.1. Gefangennahme und Übergabe in englische Hände
4.2. Ein Prozess mit Ziel

5. Die Rehabilitierung Jeanne d’Arcs aus politischem Interesse?
5.1. Der Nullitätsprozess

6. Die Heiligsprechung Jeanne d’Arcs aus eigennützigem Interesse der Kirche

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ich fürchte sehr, daß ich verdammt bin, denn ich habe eine Heilige verbrannt.“ 1

(Aussage des Henkers, der Jeanne d’Arc am 30.Mai 1431verbrannt hat.)

Jeanne d’Arc - eine historische Person, über jene die unterschiedlichsten Mythen kursieren, die bis heute offene Fragen hinterlassen. Sicher ist jedoch, dass Jeanne d’Arc als eine der eindrucksreichsten Frauen Europas bezeichnet werden kann, kaum ein Schicksal erscheint außergewöhnlicher. Ihre Taten innerhalb des Hundertjährigen Krieges führten eine Wende herbei, die letztendlich dessen Ende bewirkte. Auf ihrem Weg schien sie es mit Leichtigkeit fertig gebracht zu haben, die Menschen von sich und ihrer heiligen Mission zu überzeugen, selbst vor dem König machte ihre Überzeugungskraft nicht Halt. Sie wurde zum Hoffnung bringenden Symbol innerhalb des Krieges, welches bei den Engländern Zweifel verbreitete, den französischen Soldaten hingegen Mut machte und sich positiv auf das Kriegsgeschehen auswirkte. In vielerlei Zeugenaussagen ist von ihrem starken Einfluss und ihrem unvergesslichen, eindrucksvollen Auftreten die Rede, als wäre sie von Gott gesandt worden.

In den Augen der Engländer war Jeanne d’Arc (im Deutschen auch Johanna genannt) keine Heilige, sondern eine Ketzerin. So kam es nach ihrer Gefangennahme zum Inquisitionsprozess, in dem sie als Ketzerin, Hexe, Frevlerin und Gotteslästerin verurteilt wurde. Letztendlich wurde diese tapfere und selbstlose junge Frau am 30. Mai 1431 auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Wenig später beschließt ein kirchliches Gericht die Nichtigkeit dieses Prozesses und rehabilitiert sie vollständig.2

Wie kann es sein, dass sie von Klerikern, die alle den katholischen Glauben wahren und nach dem gleichen kanonischem Recht urteilen, zunächst für eine Heilige gehalten wird, zum anderen jedoch auf dem Scheiterhaufen gesehen werden will? Und warum wird Jeanne d’Arc kurze Zeit später rehabilitiert, ganze Jahrhunderte erst Heiliggesprochen? Im Folgenden sollen die Gründe hinter den Vorgehensweisen der Kleriker, hinsichtlich Jeanne d’Arcs Schicksal, aufgedeckt werden, um folgende Fragestellung beantworten zu können:

„Jeanne d’Arc – Schuf die Kirche eine Heilige, eine Ketzerin und wiederum eine Heilige?“

Dabei wird mithilfe einzelner Thesen untersucht, ob und wie Jeanne d’Arc zum Spielball der geistlichen Mächte wurde, welche Rolle dabei die weltlichen Mächte spielten und welche Gründe die Kleriker dazu motivierten.

2. Hintergründe: Frankreich im 14. und 15. Jahrhundert

Um Jeanne d’Arcs Wirken einordnen und nachvollziehen zu können, wird im Folgenden auf die damaligen Geschehnisse eingegangen, die in Frankreich Turbulenzen verursachten. Dies ist notwendig, um die Rolle Jeanne d’Arcs, die sie in diesen historischen Momenten einnahm, zu verstehen. Der Hundertjährige Krieg wird dabei nur kurz erläutert.

2.1. Der Hundertjährige Krieg

Bevor Jeanne d’Arc auf die Welt kam, herrschte in Frankreich schon seit Jahren eine Aneinanderreihung von Konflikten, die seit dem frühen 19. Jahrhundert als „Hundertjähriger Krieg“ betitelt wird. Die Wurzeln dieser Konflikte reichen dabei weit zurück, bis ins 12. Jahrhundert hinein. Zu dieser Zeit lag ein kompliziertes Verhältnis zwischen dem französischen und dem englischen König vor, da der König von England einerseits König und damit alleiniger Herrscher über England war, andererseits war er Fürst über französische Gebiete und stellte damit einen Vasall des französischen Königs dar. Die Frage nach der Unterordnung des englischen Königs unter die Autorität des französischen Königs, gab immer wieder Anlass zu Auseinandersetzungen.3

Als Frankreichs König Ludwig X. im Jahre 1316 ohne männlichen Erben starb und somit eine dynastische Krise der französischen Monarchie verursachte. Kämpfe um die französische Krone waren die Folge, bei denen bestehende Verwandtschaften zum jüngst verstorbenen König genutzt wurden, um Ansprüche auf den Königstitel zu legitimieren. Anspruch erhob außerdem der englische König Eduard III., der Sohn der Isabella, die Tochter Philipps des Schönen war, somit war Eduard dessen Enkel. Mit List schafften es die Engländer, sich in Frankreich einzuschleichen, indem sie zunächst vorgaben, dem französischen König zu huldigen. Gleichzeitig bauten sie ihre Macht aus und bereiteten einen Krieg vor, um die Herrschaft Frankreichs an sich zu reißen. In nachfolgenden Jahren kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreichs und Englands Königen, bei denen auch Herzogtümer nach ihren politischen Interessen mitwirkten, wodurch sich ein wildes Geflecht kriegerischer Konflikte, sogar zwischen französischen Landsleuten, den Armagnacs und den Burgundern, auftat.4

Burgunder verbündeten sich, aufgrund politischer und wirtschaftlicher Interessen, mit den Engländern. Ludwig, Herzog von Orléans, lehnte dies ab und gründete die Armagnacs-Partei, die sich gegen Engländer und Burgunder gleichermaßen stellte. Ihnen gehörte auch Karl VII. an.5

Der Thronfolger Frankreichs, Karl VII. und seine übriggebliebene Armagnac-Regierung, die zum Teil im Krieg gefangen genommen wurde, flüchteten aus Paris und residierten in Bourges, Isabeau und der kranke (noch) König Karl VI. in Troyes. Schon bald kam es zu einem geplanten Austausch zwischen Karl VII. und dem Grafen von Burgund, der dabei mit Äxten erschlagen wurde. Sein Sohn, Philipp der Gute sicherte den Engländern daher seine Unterstützung zu.6

15 Jahre später wurde ein Rechtsgutachten des Vertrages von Troyes erstellt, welches die Regierungsunfähigkeit Karls VI. bescheinigte. Dies bedeutete, dass Karl VII. als der rechtmäßige Thronfolger galt. Nach Tod Heinrichs V. und wenig später auch Karls VI., wurde Heinrichs elf Monate alter Sohn, Heinrich VI., König von England. Karl VII. wurde währenddessen von den Armagnacs zum König ausgerufen und erhielt aus einigen Teilen des Landes Unterstützung. Von diesem Zeitpunkt an, hatte Frankreich nun zwei Könige und spaltete sich von Innen.7

Dass sich das Blatt für König Karl VII. bald zum Positiven wenden sollte, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

2.2. Jeanne d’Arcs Wirken innerhalb des Krieges

Besagte Wende trat mit dem Wirken von Jeanne d`Arc ein, welche zwischen 1410 und 1412 in einem kleinen französischen Dorf namens Domrémy, das auf Seiten der Armagnacs, den verbündeten des zukünftigen König Karl VII., stand, geboren wurde. Sie wuchs, zusammen mit ihrer Familie, in einfachen Verhältnissen auf und zeigte sich, laut Aussagen einiger Dorfbewohner, als gottesfürchtig, fromm, nett und anständig. Diese Charaktereigenschaften wurden ihr auch in späteren Jahren, z.B. von ihren Begleitern innerhalb ihrer Mission, zugeschrieben, beinahe so, als wäre sie eine Heilige.8

Als Jeanne ca. 13 Jahre alt war, vernahm sie, laut eigenen Aussagen, Stimmen von gottgesandten Heiligen, die ihr verordneten nach Frankreich zu gehen, um die Belagerung von Orléans aufzuheben, damit der rechtmäßige König Frankreichs Karl VII in Reims gekrönt werden könne. Bei den gehörten Stimmen handelte es sich, nach eigenen Angaben, um den Erzengel Michael, die Heilige Katharina und Margareta, welche ihr ein göttliches Müssen auftrugen. Dies betonte Jeanne auch in später folgenden Verhören mehrmals.9

Jeanne erkannte die Notwendigkeit, zum König zu gehen um ihm beiseite zu stehen, so wie es ihr die Heiligen auftrugen. Sie unterstützte ihre Mission, indem sie sich selbst als die prophezeite Jungfrau bezeichnete, die Frankreich aus seiner misslichen Lage erlösen sollte, so wie es einer volkstümlichen Weissagung entsprach.10

Mithilfe eines Verwandten, den sie von ihrer Mission überzeugen konnte, machte sich Jeanne auf den Weg zum König und verließ ihr Elternhaus. Ihr erstes Ziel war Vaucoulerus, in welchem sie hoffte Robert de Baudricourt anzutreffen, der sie zum König bringen sollte. Nach zweimaligem Abweisen konnte Jeanne ihn überzeugen, woraufhin sich dieser entschied, Jeanne zum Dauphin (Bezeichnung Jeannes für den zukünftigen König, da dieser bisher nicht in Reims gekrönt wurde) zu geleiten. Auf ihrer Reise begann Johanna Männerkleidung zu tragen, die extra für sie angefertigt wurde. Außerdem wurde ihr ein Pferd gekauft, mit dem sie ihre Reise bestritt. Die Unterstützung die sie erhielt offenbartdamaligen Erfolg Johannas, andere für sich und ihre Mission zu gewinnen und sie davon zu überzeugen.11

Johanna kam in Chinon an - dort hatte sich bereits die Nachricht ihrer Ankunft verbreitet - und wurde nach einigen Vorsichtsmaßnahmen und Untersuchungen zum König vorgelassen, um ihm ihre Mission persönlich zu verkünden. Dieser veranlasste eine Prüfung durch Theologen und Juristen, die ihre Glaubwürdigkeit bzw. Echtheit testen sollten. Die Kommission stufte Johannas Glauben als wahrhaftig ein, weshalb sie des Dauphins Sympathie mehr und mehr für sich gewinnen konnte.12

Deshalb wurde Johannas Auftrag auch vom Dauphin abgesegnet, woraufhin sich diese mit bewaffneten Männern in Richtung des belagerten Orléans begab. Dort wurde sie schon sehnsüchtig erwartet, denn auch hier wurde Jeanne als la Pucelle angekündigt. Obwohl man Johanna eigentlich nur eine begleitende Funktion innerhalb des Heeres zuteilte, mischte sich diese dennoch in Kriegsangelegenheiten ein und machte ihren Auftrag immer wieder deutlich: Sie selbst müsse Orléans befreien, dies war Gottes Wille. Dennoch wurde Johanna vom Kriegsrat ferngehalten, deren Entscheidungen und Taktiken wurden in deren Augen als klüger empfunden als die von Jeanne, zumal deren Taktiken eher fragwürdig und als unvorsichtig erschienen. Am 8. Mai war es nach einigen Kriegstagen endlich soweit: Die Engländer zogen aufgrund ihrer schlechten Aussichten ab - Orléans war befreit.13

In den folgenden Tagen konnten umliegende Gebiete und Städte, zurückerobert werden, meist mit Johanna, ihrer Standarte in der Hand und in vorderster Linie kämpfend. Nun sollte es Richtung Reims gehen. Um die Stadt zu erreichen, war es notwendig die auf dem Weg liegenden Städte militärisch einzunehmen - was auch gelang. Der Dauphin konnte zum König geweiht werden, dicht bei ihm: Jeanne d’Arc. Dies stellte den Höhepunkt ihres Wirkens dar.14

Ab dem Spätherbst 1429 schien sie das Glück jedoch zu verlassen, sie kassierte militärische Niederschläge und auch für König Karl VII. war zunächst kein Frieden mit den Burgundern in Sicht. Zugleich verbesserte sich die militärische Lage der Engländer, König Heinrich VI. landete 2000 Männer in Frankreich. Die Rückeroberung der verlorenen Gebiete an die Franzosen wurde geplant, Karl VII. musste sich für eine Verteidigung bereithalten. Desweiteren vernahm Johanna, um die Osterzeit herum, wieder Stimmen der Heiligen, die ihr prophezeiten, dass sie bald in Gefangenschaft gerate. Als sie einen Angriff, auf dem Weg nach Compiègne befindend, auf ein von Burgundern besetztes Lager vornahm, wurde sie gefangen genommen und dem Herzog von Burgund übergeben.15

Jeanne wurde auf Aufforderung des englischen Königs und gegen ein hohes Lösegeld in die englische Aufsicht übergeben, Inquisitoren aus Frankreich, wenige aus englischer Seite machten ihr den Prozess in der Stadt Rouen. Aus englischer Seite kam die Botschaft, dass Jeanne im Falle eines Freispruchs, dennoch nicht freigelassen werden dürfe, sie müsse in englischer Hand bleiben. Die Engländer drängten auf eine Schuldigsprechung. Hilfe seitens Karls VII. kam nicht.16

So geschah es, dass Johanna, durch ein hohes kirchliches Gericht verurteilt, am 30. Mai 1431 auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde.17

Auch wenn Jeannes Leben an dieser Stelle vorbei war, erwies sie dem französischen König Treue und gute Dienste, die für ihn letztendlich die Erfolg bringende Wende bedeuten. Nach einer Niederlage Heinrichs VI. und dessen damit verbundenen Nervenzusammenbruchs sahen die Engländer ein, dass der Krieg als verloren galt. 1453 wird dessen Ende datiert.18

3. Wurde Jeanne d’Arc als Heilige verehrt?

Johanna vollbrachte im Hundertjährigen Krieg wundergleiche Taten und opferte sich letztendlich, für Frankreich, für ihren König, für ihren Glauben und ihren Auftrag. Eine tragische und zugleich faszinierende Geschichte, die wir heutzutage kaum begreifen können, schließlich glauben nur noch die wenigsten an Wunder. Natürlich gab es auch damals Skeptiker, die Johanna nicht trauten und sie für eine Betrügerin hielten, was für sie letztlich den Tod bedeutete. Doch wieso erst später? Wie konnte sie, wenn sie doch später vor hunderten Juristen als augenscheinliche Ketzerin verurteilt wurde, bis zum königlichen Hof vordringen und den König von sich überzeugen? Was bewegte Adelsleute und Kleriker dazu, ihr Glauben zu schenken? Im Folgenden wird untersucht, ob Jeanne wirklich als Heilige verehrt wurde.

3.1. Jeanne d’Arc als die prophezeite Jungfrau?

Zunächst sollte der Frage Aufmerksamkeit gegeben werden, wieso der König überhaupt Interesse an Johannas Mission zeigte. Hätte er keines gezeigt, wäre ihre Reise spätestens in Chinon beendet worden. Egal ob ihre Stimmen nun von Heiligen stammen, eine Erfindung ihrerseits oder eine Störung ihrer Psyche darstellten, Johanna wusste vieles über den Krieg und politische Verhältnisse, wie bspw. Bündnisse und Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der königlichen Familie. Vor allem machte sie sich einen alten völkischen Glauben über eine prophezeite Jungfrau zu Nutzen, indem sie sich selbst als die jungfräuliche Befreierin Frankreichs bezüglich des Krieges betitelte. Dies erscheint nicht sonderlich überheblich, zieht man die Tatsache hinzu, dass Johanna stets betonte, dass Gott sie zu ihrem Handeln treibe. Johanna schien genau gewusst zu haben, was für die Rettung Frankreichs wichtig und notwendig war und wie sie den Dauphin von sich überzeugen konnte.19

Betont werden muss, dass Johanna natürlich nicht ohne Weiteres zum König vorgelassen wurde: Ihre Glaubwürdigkeit wurde durch eine vom König ausgerufene Untersuchungskommission, bestehend aus studierten Theologen, Juristen und Gelehrten, geprüft. Die Untersuchung ihres Lebenslaufes ergab, dass Jeanne schon immer ein frommes sowie keusches Mädchen gewesen war und zudem eine durch und durch gute Christin. Diese Aussage unterstütze sie, indem sie sich innerhalb der Befragung immer wieder auf Gott, ihren Herrn und ihren intensiven Glauben an ihn und ihren heiligen Auftrag berief. Auf die Frage hin, einen Beweis darbieten zu können, der ihre Glaubhaftigkeit unterstreiche, antwortete Johanna schlagfertig: „Im Namen Gottes, ich bin nicht nach Poitiers gekommen, um Zeichen zu geben. Aber bringt mich nach Orléans. Ich werde euch die Zeichen zeigen, derentwegen ich gesandt bin.20 “. Besonders häufig betonten die Gelehrten, dass ihre Schlagfertigkeit und teilweise freche sowie respektlose Art zu antworten, die Beteiligten der Untersuchungskommission beeindruckten. Denn trotz ihrem Drängen waren die Antworten theologisch korrekt und entsprachen der Wahrheit, was überraschte, da Johanna ein einfaches Bauernmädchen war, welches von der Welt bisher wenig gesehen hatte. Ihr selbstbewusstes Auftreten und die Korrektheit ihrer Antworten sowie ihr tadelloser Lebenswandel ließ die Gelehrten glauben, dass Jeanne d’Arc tatsächlich von Gott auserwählt war. Johanna stellte sich geschickt an - am königlichen Hof bekam sie viel über Kriegsgeschehnisse und Sorgen mit, die die Menschen dort plagten. Diese integrierte Johanna, ob nun bewusst oder nicht, in ihre Mission. Daher versprach sie künftig nicht nur die Krönung des Dauphins, sondern auch die Befreiung Orléans, was bei den Menschen ihres Umfelds Hoffnung weckte und ihr Ansehen steigerte. Entscheidend war jedoch, dass Johanna stets an sich selbst, Gott und ihren Auftrag geglaubt hat, wie aus Aussagen ihres Beichtvaters hervorging21.Ihre Überzeugung und ihr zusätzlich geschicktes Handeln am königlichen Hof konnte die Kommission letztendlich positiv beeinflussen: Jeanne d’Arc passte in die Rolle der prophezeiten Jungfrau, insgesamt fiel ihr Urteil positiv aus. So hieß es, der König dürfe die Jungfrau (was ein Indiz dafür sein könnte, dass Johanna mit der Rolle der prophezeiten Jungfrau identifiziert wurde) keinesfalls wegschicken, da sie von Gott gesandt sei, doch da ihre Aussagen nur Menschenwerk seien, dürfe er ihr auch nicht ohne Weiteres glauben. Johanna wurde daher weiterhin beobachtet, seit dem Tag, als sie sich am Hof befand. Doch auch hier zeigte sie sich als fromm, guten Herzens, demütig, einfach und jungfräulich. Was ihr prophezeites Zeichen in Orléans angehe, müsse der König sie, laut Urteil der Gelehrten, machen lassen, um sich beweisen zu können.22

Desweiteren bestand sie die Prüfung ihres Geschlechts, sie wurde als jungfräulich und weiblich anerkannt. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so hätte ihr der Vorwurf des Teufelspakts sowie des Hurens gedroht. Diese Prüfung war daher wichtig, vor allem für Johanna selbst, um bspw. Skeptiker ein Stückchen mehr von sich zu überzeugen: Sie passte offensichtlich in die Rolle der prophezeiten Jungfrau und wurde mit dieser fortan identifiziert. Ein Indiz hierfür liefern Briefe über Johanna, in denen sie stets als la Pucelle (übersetzt: die Jungfrau, der Begriff stellt im Französischen einen Eigennamen dar und bezieht sich nicht ausschließlich auf das Geschlecht) benannt wurde. Fortan wurde auf diese Weise gewissermaßen ein Idealbild erschaffen.23

Die Gelehrten glaubten, zumindest mehr oder weniger, an Jeanne d’Arc und ihren Auftrag. Sie setzten eine gewisse Hoffnung in sie, was sicherlich durch die schwierige und bislang hoffnungslose Lage innerhalb des Krieges, in der man sich befand, begünstigt wurde. Der König war nach diesem Urteil gezwungen, da bisher kein Beweis für ihre Unglaubwürdigkeit bestand, Johanna eine Chance zu geben und auf Gott zu hoffen, ob er nun an sie glaubte oder nicht. Auf diese Weise befand er sich dennoch in einer guten Position, er konnte sie genauso gut wieder wegschicken, sollten sich ihre Prophezeiungen nicht erfüllen. Dennoch schien man in ihr einen gewissen Vorteil für den bevorstehenden Kriegsverlauf zu sehen, denn das Idealbild der la Pucelle wurde in Frankreich, auch im englischbesetzten, äußerst popularisiert.24

Offen bleibt die Frage, ob der König und dessen Anhänger an die Prophezeiung glaubten. Entscheidend ist jedoch die Tatsache, dass Johanna als la Pucelle betitelt und bekannt gemacht wurde, dahinter steckte also entweder ein Glaube an Johanna oder eine, im Krieg nützliche Taktik. Die Schaffung des Idealbildes begünstigte nachweislich die Kriegslage, daher kann von letzterem ausgegangen werden.

3.2. Das Ansehen der Jungfrau am königlichen Hof und im Volk

Johanna gab in Chinon die Versprechen: Den rechtmäßigen König Karl nach Reims zu führen, um in krönen zu lassen und Orléans zu befreien. Laut Aussagen eines Gelehrten der Untersuchungskommission namens Seguin, erfüllten sich durch ihren Wirken alle davon sowie zwei weitere. Nicht sicher ist, ob es an dieser Stelle tatsächlich vier Prophezeiungen gab oder ob diese lediglich erfunden wurden, weshalb an dieser Stelle nur die beiden benannten erläutert werden.25

Erfüllt wurde vor allem die Prophezeiung, Johanna würde Orléans befreien. Vor der Befreiung des belagerten Orléans wurde verkündet, dass eine Jungfrau kommen würde, die die Stadt befreien würde. Dies ließ die Menschen auf eine glückliche Wendung ihrer misslichen Lage hoffen. Aus einem Tagebucheintrag eines Stadtbewohners, bei dem es sich, aufgrund seiner Schreibfähigkeit, um einen Geistlichen gehandelt haben könnte, geht hervor, dass die Nachricht der von Gott gesandten Jungfrau die Menschen sehr ermutigt habe.26

[...]


1 Vgl. (Dinzelbacher, 1997, S. 22)

2 Vgl. Ebd. S. 23

3 Vgl. (Prietzel, 2011, S. 27)

4 Vgl. (Ehlers, 2012, S. 13-22)

5 Vgl. (Ehlers, 2012, S. 28-58)

6 Vgl. Ebd. S. 71-75

7 Vgl. Ebd. S. 74-77

8 Vgl. (Feld, 2016, S. 20-23)

9 Vgl. (Feld, 2016, S. 30-36)

10 Vgl. Ebd. S. 41

11 Vgl. Ebd. S. 42-48

12 Vgl. Ebd. S. 54-65

13 Vgl. (Prietzel, 2011, S. 88-103)

14 Vgl. Ebd. S. 115-128

15 Vgl. Ebd. S. 147- 154

16 Vgl. Ebd. S. 155-159

17 Vgl. (Dinzelbacher, 1997, S. 21)

18 Vgl. (Ehlers, 2012, S. 102)

19 Vgl. (Feld, 2016, S. 39-41)

20 Vgl. (Prietzel, 2011, S. 58)

21 Vgl. (Feld, 2016, S. 66)

22 Vgl. (Prietzel, 2011, S. 56-63)

23 Vgl. (Feld, 2016, S. 57-58)

24 Vgl. (Prietzel, 2011, S. 63)

25 Vgl. Ebd. S. 60

26 Vgl. (Prietzel, 2011, S. 88)

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Jeanne d'Arc. Schuf die Kirche eine Heilige, eine Ketzerin und wiederum eine Heilige?
Université
University of Education Ludwigsburg
Cours
Hexen und Ketzer
Note
2,3
Auteur
Année
2019
Pages
27
N° de catalogue
V537065
ISBN (ebook)
9783346127297
ISBN (Livre)
9783346127303
Langue
allemand
Mots clés
Jeanne d'Arc, Johanna von Orléans, Hundertjähriger Krieg, Frankreich
Citation du texte
Elena Bock (Auteur), 2019, Jeanne d'Arc. Schuf die Kirche eine Heilige, eine Ketzerin und wiederum eine Heilige?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537065

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