Thematisierung von Szientismus und Kreationismus in Schulbüchern für den Religionsunterricht


Dossier / Travail, 2018

18 Pages, Note: 2,6

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Methodisches Vorgehen

3 Definitionen
3.1 Kreationismus
3.2 Szientismus

4 Gegenüberstellung des Kreationismus und Szientismus

5 Der Kreationismus und Szientismus in Schulbüchern

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In einer pluralistischen Gesellschaft wie man sie in Deutschland findet, existieren viele verschiedene Weltanschauungen, welche die Rolle von Religion und Wissenschaft in der Welt unterschiedlich definieren. Nicht nur in den Medien, wird die Kollision verschiedener Weltbilder oftmals angesprochen und nicht selten auch als ein Problem dargestellt, auch in den deutschen Schulen ist dieses Thema nach wie vor präsent. Die allgemein verbreitete Uneinigkeit spiegelt sich bei Kindern und Jugendlichen in der Schule wieder, welche aus heterogenen Gruppen bestehen und zu Themen, wie beispielsweise zur Entstehung der Welt, die unterschiedlichsten Vorstellungen besitzen können. Die Schöpfungslehre im Speziellen, kann sich, insbesondere bei der Gegenüberstellung mit der Evolutionstheorie, als eine komplizierte Thematik herausstellen, da das Aufeinandertreffen von Religion und Naturwissenschaften ebenfalls zu einem Aufeinandertreffen von Weltsichten zwischen Schülern und Schülerinnen führt. Der Unterricht zu Thema wie diesen, erfordert daher selbstverständlich nicht nur Neutralität und eine adäquate Wortwahl seitens der Lehrkraft, sondern auch geeignetes Arbeitsmaterial. In wie weit wird jedoch eine streng religiöse Weltsicht im Unterrichtsmaterial thematisiert und wie verhält es sich ebenso mit einer rein wissenschaftlichen Sichtweise? Im Folgenden, wird sich der Fragestellung gewidmet: „Inwiefern wird der Kreationismus und Szientismus in Schulbüchern, für das Fach Religion behandelt und welche didaktischen Probleme können dabei auftreten?“

2 Methodisches Vorgehen

Zur Beantwortung der Fragestellung dieser Arbeit eignet sich zu Beginn eine Definition der Begriffe Kreationismus und Szientismus. Eine anschließende Gegenüberstellung soll schließlich Argumente von Vertretern der jeweiligen Positionen liefern um einen tieferen Einblick in den Konflikt dieser beiden Weltbilder zu ermöglichen. Der Kreationismus repräsentiert hierbei das religiöse Weltbild, während der Szientismus die naturwissenschaftliche Position vertritt. Dies dient ebenfalls dazu, die grundlegenden Unterschiede der beiden Positionen zu veranschaulichen . Dazu wird sich auf szientistische Schriften gestützt sowie auf Sekundärliteratur zum Szientismus und Kreationismus.

Als Unterrichtsmaterial liegt uns das Schweizer Religionsschulbuch „Blickpunkt - Religion und Kultur“ für die Sekundarstufe I vor. Die Ausschnitte aus dem Schweizer Religionsschulbuch, welche im Anhang zu finden sind und anschließend begutachtet werden, sollen einen Einblick in die Behandlung dieser zwei Weltsichten in Schulbüchern ermöglichen und über mögliche Defizite in dieser Behandlung Aufschluss geben.

3 Definitionen

3.1 Kreationismus

Der Kreationismus, welcher seinen Ursprung in den Vereinigten Staaten hat, wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von konservativen Protestanten ins Leben gerufen und fungierte als Gegenbewegung zum Fortschrittsglauben und dem Liberalismus1. Kreationisten vertreten einen Schöpfungsglauben, welcher die naturalistische Evolutionstheorie ablehnt.2 Sie sind grundsätzlich der Auffassung, dass alle Arten von Lebewesen, durch den Eingriff von Gott, in sechs Tagen entstanden sind und halten an einer wörtlichen Interpretation der Schöpfungserzählungen im Buch Genesis fest. Dementsprechend werden die Schöpfungserzählungen als Lehre zur Entstehung der Welt angesehen und Gott als „Primärursache der Welt“3.

Zu der Zeit der Entstehung des Kreationismus haben Fundamentalisten den Darwinismus zu diskreditieren versucht und die Heilige Schrift gewann immer mehr an Einfluss in der Politik. Sie soll beispielsweise bei der Beantwortung von rechtlichen und moralischen Fragen als Grundlage gedient haben und die Ideologie des Kreationismus wurde zeitgleich als eine alternative Wissenschaft dargestellt.4 Problematisch wurde hierbei jedoch die Tatsache, dass mehrere kreationistische Gruppierungen existierten, die die Bibel unterschiedlich interpretierten. Die bekanntesten Gruppen unter ihnen waren die sogenannten Langzeit­Kreationisten, Vorzeit-Kreationisten und Kurzzeit-Kreationisten. Letztlich wurde ebenfalls das Intelligent-Design populär, diese Gruppierung entstand jedoch erst später im Jahr 1990. Der Langzeit-Kreationismus, welcher auch als old earth creationism bekannt ist, teilt die Auffassung der Wissenschaft in der Hinsicht, dass die Erde durchaus viele Millionen Jahre alt ist.5 Allerdings sehen Anhänger des Langzeitkreationismus jeden der Schöpfungstage der Bibel als einen Abschnitt der Erdgeschichte, welcher jeweils einen langen Zeitraum bzw. ein Zeitalter repräsentiert. Die Begründung hierfür unterliegt der Argumentation, dass beispielsweiße die hebräischen Wörter für Tag, Abend und Morgen, ebenfalls metaphorisch verwendet werden können und man die mögliche Nutzung einer Metapher, bei der Erwähnung der Schöpfungstage, daher auch berücksichtigen muss. Somit wird behauptet, dass sich die geologischen und paläontologischen Prozesse zur gleichen Zeit abhielten in der die Schöpfungstage stattfanden.6 Der Beweis für die Entstehung der Lebewesen durch Fossilien wird hierbei als „eine Folge von göttlichen Schöpfungsakten“7 betrachtet. Anders als der Langzeit-Kreationismus, vertreten Anhänger des Kurzzeit-Kreationismus oder auch young earth creationism, die Ansicht, dass das Weltalter zwischen 6000 und 12000 Jahren liegt.8 Zusätzlich zu dem, werden die Schöpfungstage nicht als lange Zeiträume verstanden, sondern als sechs Tage die jeweils 24 Stunden lang andauern. Während beim Langzeit­Kreationismus viele Passagen als Metaphern interpretiert werden, basiert der Kurzzeit­Kreationismus mehr auf einer wortwörtlichen Interpretation der Bibel, bei der Irrtümer ausgeschlossen sind. Weiterhin stützen sich Kurzzeit-Kreationisten auf die vorhandenen Daten über die Stammbäume von Adam bis hin zu Noah, den Informationen über die Vorfahren von Jesus sowie einigen außerbiblischen Ereignissen um den Zeitpunkt der Schöpfung festzulegen.9 Neben der Schöpfung wird jedoch ebenfalls der Sintflut im Buch Genesis eine sehr bedeutende Rolle zugeschrieben. Sie soll beispielsweise die Hauptursache für die Fossilablagerungen auf der Erde sein. Die sogenannte Flutgeologie oder auch flood geology soll außerdem auch ein Teilbereich des Kurzzeit-Kreationismus sein, welcher sich mit der Sintflut und ihrer Relevanz in der Geologie beschäftigt.10 Betreffend der Entstehung der Lebewesen, sollen sich die Tiere und Menschen heute nicht mit der Zeit entwickelt haben, sondern so von Gott erschaffen sein wie sie heute existieren.11 Bei dem Vorzeit- Kreationismus, oder auch gap creationism, wird im Gegensatz zum Kurzzeit-Kreationismus davon ausgegangen, dass vor der eigentlichen Schöpfung, wie sie im Bus Genesis beschrieben wird, ein langer Zeitabschnitt existierte. Nach dem ersten Vers im Alten Testament (Gen 1,1), in dem Gott den Himmel und die Erde schuf,wurde nach dieser Ansicht zunächst „die erste Erde durch den Fall Luzifers zerstört.“[11]12 Erst nach mehreren Zeitaltern, in welchen sich die Fossilien gebildet haben sollen, begannen die sechs Schöpfungstage mit dem zweiten Vers im Buch Genesis. Die Position des Intelligent Design repräsentiert die Theorie, dass die Entstehung von Lebewesen nicht etwa auf die Natürliche Selektion, sondern auf intelligente Planung zurückzuführen sei.13 Wie diese intelligente Planung konkret aussieht wird von den Anhängern dieser Position jedoch nicht deutlich gemacht. Vertreter des Intelligent Design behaupten, dass diese Theorie rein wissenschaftlich sei und auf keiner religiösen Grundlage basiere. Dementsprechend herrscht Uneinigkeit bezüglich der Zuordnung des Intelligent Design zum Kreationismus, da es auf der anderen Seite Hinweise zu einer Verbindung zu religiösen Vorstellungen gibt.14 Die Vorstellung einer gesteuerten Entstehung der Lebewesen ist beispielsweise ein Gedanke, welcher durchaus in ein religiöses Spektrum eingeordnet werden kann. Das sogenannte Wirken einer intelligenten Planung hat eine große Ähnlichkeit mit der Idee eines intelligenten Schöpfers, und somit eines Schöpfergottes. Die Argumentation der Gruppierung fokussiert sich mehr auf die Kritik an der Natürlichen Auslese. Vertreter des Intelligent Design streiten die Möglichkeit von Mutation und Selektion ab, da sich nach ihrer Ansicht, die Komplexität der Lebewesen anhand dessen allein nicht erklären lasse.15

3.2 Szientismus

Der Begriff Szientismus oder scientism, der zumeist im negativen Sinne gebraucht wird, beschreibt die Überzeugung, dass Fragen welche nicht durch wissenschaftliche Methoden überprüfbar sind, irrational sind und nicht als wissenschaftlich gelten können.16 Hierbei wird sich insbesondere auf normative Überlegungen aus der Philosophie oder den Sozialwissenschaften bezogen. Nach szientistischer Haltung, können die dort durchgeführten Studien durch naturwissenschaftliche Studien ersetzt werden.17 Eine weitere Definition des Szientismus liefert der weltweit häufig rezipierte deutsche Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas. Nach Habermas lässt der Szientismus sich beschreiben als „den Glauben der Wissenschaft an sich selbst, nämlich die Überzeugung, dass wir Wissenschaft nicht länger als eine Form möglicher Erkenntnis verstehen können, sondern Erkenntnis mit Wissenschaft identifizieren müssen.“18 Hinsichtlich der Haltung des Szientismus gegenüber den Kulturwissenschaften, ist die Auffassung von Szientisten, dass die Evolutionstheorie die Schöpfungslehre widerlegt und keine Beweise für einen Schöpfergott existieren. Der Begriff scientism oder Szientismus diente im frühen 19. Jahrhundert für eine lange Zeit als Bezeichnung die zusammenhängend war mit der nordamerikanische Bewegung Christian Science, weshalb für deutschsprachigen Autoren der Begriff jahrzehntelang lediglich die Ideologie dieser Sekte beschrieb.19 Die Definition des Begriffes welche heute existiert, lässt sich zurückführen auf die französischen Debatten seit 1880, in denen über die Wissenschaft und ihren Platz in der modernen Gesellschaft debattiert wurde.

Als einer der bekanntesten Szientisten seiner Zeit trat, zu Anfang des 19. Jahrhunderts, der französische Biologe und Philosoph Félix Le Dantec hervor, welcher mehr als dreißig Bücher zur Philosophie der Wissenschaft und des Lebens veröffentlichte. Seiner Auffassung nach, besitzt die Wissenschaft als einzige einen absoluten Wert, weshalb er sich selbst als Szientist bezeichnete. Einer der bekanntesten Szientisten unserer Zeit dagegen, welcher in der Debatte um die Evolutionstheorie eine namenhafte Persönlichkeit wurde, ist der Evolutionsbiologe und Autor Richard Dawkins. In seinem Buch „Die Schöpfungslüge - Warum Darwin Recht hat“ versucht Dawkins Belege dafür zu liefern, dass die Evolutionstheorie eine Tatsache ist, und nicht wie fälschlicherweise von den Kreationisten angenommen, eine Theorie, welche sich noch als wahr oder falsch herausstellen muss. Ebenfalls in Dawkins‘ Werk „Der Gotteswahn“ erkennt man das Motiv zur Verbreitung der szientistischen Denkweise. Die strengszientistische Positionierung zeigt sich allein schon daran, dass Dawkins die Relevanz von Theorien kulturwissenschaftlicher Natur nicht anerkennt.20

4 Gegenüberstellung des Kreationismus und Szientismus

Bei der Auseinandersetzung mit dem Streit zwischen Evolutionstheorie und Schöpfungslehre, wird sehr schnell deutlich, dass ein gravierender Konflikt zwischen Vertretern der jeweiligen Positionen existiert. Während auf der einen Seite Kreationisten annehmen, dass die Heilige Schrift alle nötigen Informationen zu der Entstehung der Welt und der Menschheit darbietet, behaupten Szientisten, dass die am naheliegendste Erklärung die Evolutionstheorie sei. Aus kreationistischer Sicht kann nichts, was nicht auf den biblischen Schöpfungsbericht und somit auf Gottes Wort basiert wahr sein, während aus szientistischer Sicht, alles was nicht auf wissenschaftliche Untersuchungen basiert, als unzureichend gilt.21 Im Folgenden werden die Argumente der jeweiligen Haltungen widergegeben.

[...]


1 Vgl. Neukamm, Martin, Evolution im Fadenkreuz des Kreationismus. Darwins religiöse Gegner und ihre Argumentation, Religion, Theologie und Naturwissenschaft: 19, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2009, 15.

2 Vgl. Kutschera, Ulrich, Von Darwin zu Einstein: Der Evolutions- und Photonenglaube. Kreationismus in Deutschland - ein kurzer Überblick, in: Kutschera, Ulrich (Hrsg.), Kreationismus in Deutschland. Fakten und Analysen. Naturwissenschaft und Religion: 1, Berlin: Lit Verlag, 2007, 21.

3 Bayrhuber, Horst, Evolution und Schöpfung - Eine Übersicht. In: Leinfelder, Reinhold (Hrsg.), Darwin und kein Ende?. Kontroversen zu Evolution und Schöpfung, Soltau: Friedrich Verlag GmbH, 2011, 16.

4 Vgl. Neukamm, Evolution, 16.

5 Vgl. Kaden, Tom, Kreationismus und Antikreationismus in den Vereinigten Staaten von Amerika. Eine konfliktsoziologische Untersuchung, Kultur- und sozialwissenschaftliche Studien: 13, Wiesbaden: Harrassowitz, 2015, 15.

6 Vgl. Kaden, Kreationismus, 16.

7 Neukamm, Evolution, 16.

8 Vgl. Neukamm, Evolution, 17.

9 Vgl. Kaden, Kreationismus, 12.

10 Vgl. Kaden, Kreationismus, 16.

11 Vgl. Neukamm, Evolution, 20.

12 Neukamm, Evolution, 17.

13 Vgl. Neukamm, Evolution, 30.

14 Vgl. Kaden, Kreationismus, 18.

15 Vgl. Neukamm, Evolution im Fadenkreuz, 30.

16 Vgl. Speck, Josef, Szientismus, in: Speck, Josef (Hrsg.), Handbuch wissenschaftstheoretischer Begriffe, 3, 1980, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 621.

17 Vgl. Schöttler, Peter (2012), Szientismus. Zur Geschichte eines schwierigen Begriffs. in: NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin, 4, 248.

18 Zeyer, Albert, Szientismus im naturwissenschaftlichen Unterricht?. Konsequenzen aus der politisch Philosophie von John Rawls. In: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 193-205, 195.

19 Vgl. Schöttler, Szientismus, 250.

20 Vgl. Rothgangel, Martin, Kreationismus und Szientismus: Didaktische Herausforderungen. In: Leinfelder, Reinhold (Hrsg.), Darwin und kein Ende?. Kontroversen zu Evolution und Schöpfung, Soltau: Friedrich Verlag GmbH, 2011, 165.

21 Vgl. Rothgangel, Kreationismus, 163.

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Thematisierung von Szientismus und Kreationismus in Schulbüchern für den Religionsunterricht
Université
University of Bremen  (Institut für Religionswissenschaft und Religionspädagogik)
Cours
Seminar: Von den ersten und den letzten Dingen im Religionsunterricht
Note
2,6
Année
2018
Pages
18
N° de catalogue
V537201
ISBN (ebook)
9783346143815
ISBN (Livre)
9783346143822
Langue
allemand
Mots clés
Religion, Religionswissenschaft, Religionspädagogik, Kreationismus, Szientismus, Religionsunterricht
Citation du texte
Anonyme, 2018, Thematisierung von Szientismus und Kreationismus in Schulbüchern für den Religionsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537201

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