Von Morgenthau zu Marshall - Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

22 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhalt

Einleitung

Teil 1: Von der Kriegskoalition zum Kalten Krieg
Entwicklungen während des Krieges
Nach der bedingungslosen Kapitulation

Teil 2: Die Entwicklung der amerikanischen Besatzungspolitik
Planungen vor Kriegsende
JCS 1067
Praktische Besatzungspolitik
Die Bizone
Der Marshall-Plan
Bildung des Weststaates

Fazit

Literatur

Einleitung

„Ich würde jedes Bergwerk und jede Fabrik zerstören. Ich bin dafür, daß alles erst einmal vernichtet wird. Dann können wir uns über die Bevölkerung den Kopf zerbrechen.“

Henry Morgenthau am 4. September 1944[1]

„Es ist die Absicht der amerikanischen Politik, das deutsche Volk anzuregen und zu ermutigen, zum Wohl ganz Europas seinen Beitrag zu leisten, indem man ihm das Versprechen gibt, es werde auch seinen eigenen Lebensstandard unbegrenzt erhöhen zu dürfen, solange es an der Erhöhung des Lebensstandards seiner Nachbarn auf die gleiche Ebene beiträgt.“

Industrieabteilung der amerikanischen Militärregierung am 24. September 1945[2]

Die amerikanische Besatzungspolitik hat die deutsche Geschichte stark geprägt: Führte sie einerseits zu der Teilung Deutschlands in zwei sich feindlich gegenüberstehende Staaten, so legte sie andererseits den Grundstein für das Wiedererstarken Westdeutschlands und dessen allgemeinen Wohlstand.

Diese Arbeit wird sich mit dem Wandel in den Konzepten und deren Auswirkungen für die Besatzungspolitik beschäftigen.

Den beiden mit den Personen aus dem Titel verbundenen berühmten Plänen, dem Morgenthau- und dem Marshall-Plan, lagen deutlich verschiedene deutschlandpolitische Konzeptionen zu Grunde: Forderte der vor Kriegsende im Angesicht des deutschen Vernichtungskrieges entwickelte Morgenthau-Plan noch die Zerteilung und Agrarisierung Deutschlands, so verlangte der Marshall-Plan im Zuge der sich verschlechternden Ost-West-Beziehungen ein wiedererstarktes Europa inklusive (West-)Deutschlands.

Der Titel legt den langsamen Übergang von einem Extrem zum anderen nahe.

Ziel dieser Arbeit soll jedoch vor allem sein zu verdeutlichen, dass dem nicht so ist. Zu zeigen ist deshalb, dass sich die Amerikaner bereits zu Kriegsende weitgehend darüber im Klaren waren, dass ein wirtschaftlich starkes Gesamtdeutschland in ihrem ureigensten Interesse lag und dass deshalb die praktische Besatzungspolitik auch sehr schnell Tendenzen zu einem Wiederaufbau Deutschlands – nach amerikanischen Vorstellungen – zeigte.

Der Arbeit liegt die Vorstellung zu Grunde, dass bereits mit der Machtübernahme durch die Militärregierung die Besatzungspolitik der Vereinigten Staaten positiv, d. h. auf den deutschen Wiederaufbau ausgerichtet war.

Neben den sich durch die Kriegszerstörungen ergebenden Notwendigkeiten und der Erkenntnis, dass ein starkes Deutschland als wirtschaftlicher Partner für die USA unabdingbar war, spielten auch die sich zusehends verschlechternden Beziehungen zwischen Ost und West eine wichtige Rolle für die amerikanische Besatzungspolitik. Und zwar dahingehend, dass sie die amerikanischen Anstrengungen zur

(west-)deutschen Restauration noch beschleunigten.

Es soll hier daher zuerst die Entwicklung der alliierten Kriegskoalition seit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg beschrieben werden und wie deren gen Kriegsende immer deutlicher werdende Differenzen nach Ausschaltung des gemeinsamen Gegners schnell zum Bruch und schließlich zur Konfrontation führten (Teil 1).

In einem zweiten Abschnitt soll dann die im Schatten dieser Ereignisse stattfindende Änderung der deutschlandpolitischen Konzeptionen der Amerikaner beschrieben werden, die sich in der Zeit nach Kriegseintritt der Vereinigten Staaten noch in dem Plan Henry Morgenthaus manifestierten, sich gegen Kriegsende aber, wie bereits angedeutet, schnell wandelten und schließlich zu Marshalls Konzept von einem von den USA finanzierten europäischen Wiederaufbauprogramm unter Einbeziehung Westdeutschlands führten (Teil 2).

In einem Fazit soll schließlich der oben beschriebene Grundgedanke dieser Arbeit noch einmal aufgegriffen und im Lichte der zuvor beschriebenen historischen Ereignisse betrachtet werden (Fazit).

Aufgrund der Intention dieser Arbeit war es notwendig sich weitgehend auf die wirtschaftlichen Ziele der Amerikaner und deren Umsetzung zu beschränken – diese hatten, wie wir sehen werden, ohnehin die höchste Priorität. Hinzu kommt die Tatsache, dass eine detailliertere Beleuchtung aller Aspekte der amerikanischen Besatzungspolitik ohnehin den Rahmen dieser Untersuchung gesprengt hätte.

Teil 1: Von der Kriegskoalition zum Kalten Krieg

Entwicklungen während des Krieges

Der japanische Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 und die folgenden Kriegserklärungen der Achsenmächte an die Adresse der USA veranlassten Präsident Roosevelt dazu, an der Seite der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg einzutreten.[3]

Das Blatt wendete sich nun langsam zugunsten der Alliierten und so begannen diese – sich des nahenden Sieges sicher – Konferenzen abzuhalten, die sich damit befassten, was mit Deutschland nach Kriegsende geschehen sollte.

Bereits auf der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 wurde von Roosevelt und Churchill die bedingungslose Kapitulation Deutschlands gefordert.[4]

Als dann Ende 1943 in Teheran zum ersten Mal die Regierungschefs der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion (die „Großen Drei“) zusammentrafen, einigte man sich, dass das besiegte Deutschland aufgeteilt werden sollte. Mit der genauen Ausarbeitung der Zerstückelung beauftragten sie die Ende Oktober von ihren Außenministern gegründete European Advisory Commission (EAC). Zugleich zeichneten sich hier aber auch schon zum ersten Mal Differenzen unter den Alliierten ab: So ließ Churchill erkennen, dass er die zusehends erstarkende Sowjetunion als Bedrohung empfand.[5]

Am 12. September 1944 – kurz vor der Aufnahme Frankreichs in die EAC – stellte die Kommission ihren Plan vor, wie die Besetzung und Verwaltung Deutschlands aussehen sollten: Festgelegt waren die Grenzen der Besatzungszonen der drei Mächte, die gemeinsame Verwaltung Berlins und die Einsetzung eines Alliierten Kontrollrats.[6]

Auf der Konferenz von Quebec im September 1944 beschlossen Roosevelt und Churchill die Beteiligung Frankreichs an der Besatzung Deutschlands. Die französische Besatzungszone sollte später – auf sowjetischen Wunsch – aus dem amerikanischen und dem britischen Besatzungsgebiet herausgeschnitten werden, auch an der Verwaltung Berlins sollte Frankreich beteiligt werden und einen Vertreter in den Alliierten Kontrollrat entsenden.

Auf der letzten Alliierten Konferenz vor Kriegsende, in Jalta, war die Zerteilung Deutschlands wieder das Hauptthema. Die Briten beobachteten mittlerweile mit wachsender Sorge die Vorgänge im sowjetischen Machtbereich und distanzierten sich zunehmend von den Zerstückelungsplänen. Churchill erklärte wenig später: „Solange meine Zweifel über Russlands Intentionen nicht zerstreut sind, geht mir der Gedanke an die Aufteilung Deutschlands arg wider den Strich.“[7] Stalin wiederum erkannte, dass eine Teilung die Chancen der UdSSR auf Mitsprache im Ruhrgebiet zunichte machen würde.[8]

Die Behandlung Deutschlands als wirtschaftliche Einheit war ohnehin im Hinblick auf die deutschen Reparationsleistungen notwendig, deren Form (Demontagen und Zwangsarbeit) zwar festgelegt wurde, deren Höhe jedoch in Jalta weiterhin unfixiert blieb. Es zeichnete sich gegen Ende der Konferenz von Jalta eine Abkehr von den Zerstückelungsplänen ab. In den folgenden Monaten befasste sich ein gemeinsamer Ausschuss der drei Mächte mit der Teilungsfrage und erklärte schließlich am 11. April 1945 die Abkehr vom Aufteilungskonzept.

Auch äußerten die Sowjets in Jalta den Vorschlag, die deutsche Schwerindustrie um 80 Prozent zu verringern, stießen damit aber auf den Widerstand sowohl der Briten als auch der Amerikaner, die vor Entscheidungen zurückwichen, die es letztendlich ihnen aufbürden würden, den Deutschen das Existenzminimum zu finanzieren.

[...]


[1] zit. n. Blum, John Morton: Deutschland ein Ackerland?. Düsseldorf 1968, S. 225 (künftig zitiert: Blum Ackerland)

[2] zit. n. Gimbel, John: Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland 1945-1949. Frankfurt am Main 1971, S. 47 (künftig zitiert: Gimbel Besatzungspolitik)

[3] vgl. Erdmann, Karl Dietrich: Der zweite Weltkrieg. München 1999, S. 86f: Die Amerikaner hatten freilich bereits vorher vor allem England aber auch die Sowjetunion finanziell und durch Lieferung von Rüstungsgütern unterstützt (z.B. im Rahmen des Land-Lease-Acts vom 11. März 1941).

[4] vgl. Erdmann, Karl Dietrich: Das Ende des Reiches und die Neubildung deutscher Staaten. München 1999, S. 21 (künftig zitiert: Erdmann Neubildung)

[5] vgl. ebd., S. 23ff

[6] vgl. ebd., S. 26

[7] Churchill, Winston S.: Der Zweite Weltkrieg Bd. 6, zit. n. ebd., S. 28

[8] vgl. Graml, Hermann: Strukturen und Motive alliierter Besatzungspolitik in Deutschland (künftig zitiert: Graml Strukturen) – In: Benz, Wolfgang (Hg.): Deutschland unter alliierter Besatzung 1945-1949/55. Berlin 1999, S. 22f (künftig zitiert: Benz Besatzung)

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Von Morgenthau zu Marshall - Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland
Université
Technical University of Darmstadt  (Institut für Geschichte)
Note
1,0
Auteur
Année
2003
Pages
22
N° de catalogue
V53732
ISBN (ebook)
9783638491013
ISBN (Livre)
9783656808183
Taille d'un fichier
461 KB
Langue
allemand
Mots clés
Morgenthau, Marshall, Amerikanische, Besatzungspolitik, Deutschland
Citation du texte
Vincent Steinfeld (Auteur), 2003, Von Morgenthau zu Marshall - Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53732

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