"Die natürliche Erhebung und Führung erfaßt und durchdringt alle Gebiete und Fragen deutschen Lebens. Nicht mehr volksfremder Selbstzweck, sondern Dienst am Volkganzen ist heute Gesetz des Handelns"... "Der Hebamme fällt hierbei eine entscheidende Rolle zu. Zusammen mit dem Arzt ist sie Hüterin an der Wurzel und an der Zukunft ihres Volkes. Es wird unser Ziel und Streben sein, auf den Grundlagen des neuen Reiches beizutragen zur Stärkung in Pflicht und Leistung des deutschen Hebammenstandes..." Mit diesen Worten und unter der Schlagzeile "Deutsche Hebammen!" wandten sich am 11. Juni 1933 die Herausgeber der Zeitschrift der Reichsfachschaft deutscher Hebammen (ZdRDH) Benno Ottow, Fritz Rott und Emma Rauschenbach an ihre Leserschaft. Den Anlass des Aufrufes macht schon die Jahreszahl klar: Erst wenige Monate vorher hatte Adolf Hitler die Macht ergriffen. Die Gleichschaltung sämtlicher Institutionen und Vereine lief bereits auf Hochtouren, auch die verschiedenen
Hebammenverbände waren hiervon betroffen. Die ZdRDH feierte am 11. Juni ihre erste Ausgabe, neu war das Blatt jedoch nicht. Schon seit 1886 erschien einmal im Monat eine Zeitschrift für die Mitglieder des Hebammenverbands, die ZdRDH war ihre Fortführung unter neuem Namen. Nicht nur institutionell war im Hebammenwesen ein Umbruch in Gange, auch inhaltlich und ideologisch zeichnete sich Wende ab. Der Enthusiasmus und die Hoffnung, die aus dem Aufruf herausklingen, überrascht nicht, wenn man die Situation des Hebammenstandes bis 1933 betrachtet: Sinkende Geburtenzahlen durch die Abkehr von der traditionellen Frauenrolle ließen viele Hebammen am Rande des Existenzminimums leben, für den Lebensunterhalt mussten sie zusätzliche Tätigkeiten annehmen. Dies wiederum ging zu Lasten der Qualität der Geburtshilfe. Der Ruf der Hebammen in der Gesellschaft war schwer beschädigt. Die Geburtshilfe selbst, bis dahin eine reine Frauendomäne, rückte nun auch ins wissenschaftliche Interesse von Medizinern, die versuchten, den freiberuflichen Hebammen den Platz am Bett werdender Mütter streitig zu machen. Noch dazu gab es keine einheitlichen gesetzlichen Regelungen für Hebammen, die Ausbildung, soziale Leistungen und Versicherungsschutz garantierten. Kurzum: Freiberufliche Hebammen steckten um 1930 in einer schwerem Standeskrise−der politische Umschwung bedeutete auch für sie eine große Veränderung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Ansehen und Stand der Hebammen
- 2.1 Die Lage der Hebammen vor 1933
- 2.2 Die Lage der Hebammen nach 1933
- 2.3 Radikalisierung der Verbandszeitschrift
- 3. Die Rolle der Frau im nationalsozialistischen Staat
- 3.1 Die Aufgaben der Frau
- 3.2 Rassenpolitische Maßnahmen
- 3.3 Zusammenspiel mit den Hebammen
- 4. Die Verknüpfung von Geburtshilfe und Rassenpolitik
- 4.1 Die neuen Aufgabengebiete der Hebammen
- 4.2 Diskussion: Anstalts- versus Hausgeburten
- 4.3 Hebammen und Eugenik
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Rolle der Hebammen im nationalsozialistischen Staat und den Stellenwert des Staates für den Hebammenstand. Es wird analysiert, wie sich die gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation der Hebammen vor und nach 1933 veränderte und wie sich die Inhalte und Berufsziele der Hebammen im Zuge des politischen Umbruchs entwickelten. Die Arbeit beleuchtet den Zusammenhang zwischen den Aufgaben der Hebammen und der nationalsozialistischen Frauen- und Familienpolitik, insbesondere im Hinblick auf bevölkerungspolitische Ziele und Rassenpolitik.
- Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage der Hebammen vor 1933
- Der Einfluss des Nationalsozialismus auf den Hebammenstand
- Die Verknüpfung von Geburtshilfe und nationalsozialistischer Rassenpolitik
- Die Rolle der Hebammen bei der Umsetzung bevölkerungspolitischer Ziele
- Die Veränderung der Inhalte und Berufsziele im Verbandsorgan der Hebammen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung präsentiert den Auszug aus der Zeitschrift der Reichsfachschaft deutscher Hebammen vom 11. Juni 1933 als Ausgangspunkt, der den Enthusiasmus und die Hoffnung des Hebammenstandes nach der Machtergreifung Hitlers verdeutlicht. Sie skizziert die schwierige wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage der Hebammen vor 1933, die durch sinkende Geburtenzahlen, fehlende gesetzliche Regelungen und zunehmende Konkurrenz durch Mediziner geprägt war. Die Einleitung umreißt die Forschungsfrage der Arbeit: Welche Rolle spielten die Hebammen im nationalsozialistischen Staat und welchen Stellenwert hatte der Staat für den Hebammenstand? Die Arbeit kündigt die methodische Vorgehensweise an, die auf der Analyse der Verbandszeitschrift und der Einordnung der Situation der Hebammen in den Kontext der nationalsozialistischen Frauen- und Familienpolitik beruht.
2. Ansehen und Stand der Hebammen: Dieses Kapitel untersucht die Lage der Hebammen vor und nach 1933. Vor 1933 waren Hebammen oft am Existenzminimum, da sinkende Geburtenzahlen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führten. Ihr gesellschaftliches Ansehen war geschädigt, und sie sahen sich zunehmender Konkurrenz durch Mediziner ausgesetzt. Nach 1933 änderte sich die Situation drastisch, da die traditionelle Frauenrolle wieder an Bedeutung gewann und die Hebammen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik erhielten. Das Kapitel analysiert die Verbandszeitschrift, um die inhaltlichen und ideologischen Veränderungen aufzuzeigen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Hausarbeit: "Die Rolle der Hebammen im nationalsozialistischen Staat"
Was ist der Gegenstand der Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht die Rolle der Hebammen im nationalsozialistischen Staat und den Stellenwert des Staates für den Hebammenstand. Sie analysiert die Veränderungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation der Hebammen vor und nach 1933 und die Entwicklung ihrer Berufsziele im Kontext des politischen Umbruchs. Ein besonderer Fokus liegt auf dem Zusammenhang zwischen den Aufgaben der Hebammen und der nationalsozialistischen Frauen- und Familienpolitik, insbesondere hinsichtlich bevölkerungspolitischer Ziele und Rassenpolitik.
Welche Quellen werden in der Arbeit verwendet?
Die Arbeit basiert primär auf der Analyse der Verbandszeitschrift der Reichsfachschaft deutscher Hebammen. Die Situation der Hebammen wird in den Kontext der nationalsozialistischen Frauen- und Familienpolitik eingeordnet.
Wie ist die Hausarbeit strukturiert?
Die Hausarbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Eine Einleitung, ein Kapitel zum Ansehen und Stand der Hebammen vor und nach 1933, ein Kapitel zur Rolle der Frau im nationalsozialistischen Staat, ein Kapitel zur Verknüpfung von Geburtshilfe und Rassenpolitik und abschließend ein Fazit. Jedes Kapitel wird im Inhaltsverzeichnis detailliert aufgeführt.
Was sind die zentralen Themen der Hausarbeit?
Die zentralen Themen sind die gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage der Hebammen vor 1933, der Einfluss des Nationalsozialismus auf den Hebammenstand, die Verknüpfung von Geburtshilfe und nationalsozialistischer Rassenpolitik, die Rolle der Hebammen bei der Umsetzung bevölkerungspolitischer Ziele und die Veränderung der Inhalte und Berufsziele im Verbandsorgan der Hebammen.
Wie beschreibt die Hausarbeit die Situation der Hebammen vor 1933?
Vor 1933 waren Hebammen oft am Existenzminimum aufgrund sinkender Geburtenzahlen. Ihr gesellschaftliches Ansehen war beeinträchtigt, und sie sahen sich zunehmender Konkurrenz durch Mediziner ausgesetzt.
Wie veränderte sich die Situation der Hebammen nach 1933?
Nach 1933 gewann die traditionelle Frauenrolle wieder an Bedeutung, und Hebammen erhielten eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der nationalsozialistischen Bevölkerungspolitik. Ihre Situation verbesserte sich wirtschaftlich, jedoch unter der ideologischen Kontrolle des NS-Regimes.
Welche Rolle spielten Hebammen in der nationalsozialistischen Rassenpolitik?
Die Hausarbeit untersucht die Verknüpfung von Geburtshilfe und nationalsozialistischer Rassenpolitik und die Rolle der Hebammen bei der Umsetzung bevölkerungspolitischer Ziele. Dies beinhaltet die Analyse der neuen Aufgabengebiete der Hebammen und deren Beteiligung an eugenischen Maßnahmen.
Welche methodische Vorgehensweise wird in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit basiert auf der Analyse der Verbandszeitschrift der Reichsfachschaft deutscher Hebammen und der Einordnung der Situation der Hebammen in den Kontext der nationalsozialistischen Frauen- und Familienpolitik.
Was ist die Forschungsfrage der Hausarbeit?
Die Forschungsfrage lautet: Welche Rolle spielten die Hebammen im nationalsozialistischen Staat und welchen Stellenwert hatte der Staat für den Hebammenstand?
Welche Schlussfolgerungen zieht die Hausarbeit?
Das Fazit der Hausarbeit wird im fünften Kapitel präsentiert und fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen.
- Citation du texte
- Bettina Böse (Auteur), 2004, Die Bedeutung von Hebammen für den nationalsozialistischen Staat, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53775