Die Intentionalität. Im Kontext der Phänomenologie Edmund Husserls


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

26 Seiten, Note: 2,7

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Phänomenologie vor und bei Edmund Husserl
2.1 Das Konzept der Phänomenologie und ihre Geschichte
2.2 Die Phänomenologie bei Edmund Husserl

3. Die Intentionalität bei Brentano

4. Die Intentionalität bei Husserl
4.1 Allgemeines zum Konzept der Intentionalität bei Husserl
4.2 Die natürliche Einstellung und ihre Einklammerung
4.3 Das „reine“ Bewusstsein als das phänomenologische Residuum
4.4 Noema und Noesis
4.5 Die Schichten des Noemas

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die reine Phänomenologie, […] deren einzigartige Stellung zu allen anderen Wissenschaften wir charakterisieren, und die wir als Grundwissenschaft der Philosophie nachweisen wollen, ist eine wesentlich neue, vermöge ihrer prinzipiellen Eigentümlichkeit dem natürlichen Denken fernliegende und daher erst in unseren Tagen nach Entwicklung drängende Wissenschaft.1

Das erstmals 1913 erschienene Werk Husserls Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie, auch kurz genannt Ideen I, ist eine allgemeine Einführung in die revolutionäre Auffassung der Philosophie als eine strenge Wissenschaft von Phänomenen. Zwar gehen bereits andere Wissenschaften auf Phänomene ein, aber anders als in der Psychologie, den Natur- oder Kulturwissenschaften, ist hier die Rede von einer völlig neuartigen Auffassung des Begriffs Phänomen. Es ist die Rede von den Phänomenen der reinen und intentionalen Erlebnisse. In Ideen I widmet sich Husserl der Aufgabe, die Leistungen des reinen Bewusstseins der Erlebnisse, welche der eigentliche Gegenstand philosophischer Erkenntnis sind, aufzudecken. Dabei legt er dem Leser nahe, sich ein völlig radikales und neues methodisches Verfahren anzueignen, um mit Hilfe einer neuen Einstellung das reine Bewusstsein zu erlangen.

Husserl sagt selbst, dass das phänomenologische Hauptthema die Intentionalität sei2. Aufgrund dieser Aussage soll in dieser Arbeit näher untersucht werden, was Husserl unter Intentionalität versteht. Daher wird sich diese Arbeit der Aufgabe widmen, die Intentionalität in Husserls Phänomenologie genauer zu durchleuchten. Zuerst wird der allgemeine Begriff der Phänomenologie aber inhaltlich und geschichtlich erläutert. Es wird aufgezeigt, wovon die Phänomenologie handelt und wie sich dieser Begriff geschichtlich weiterentwickelt hat. Anschließend wird konkret auf Husserls Begriff der Phänomenologie eingegangen. Das vierte Kapitel befasst sich dann mit Brentanos Verständnis von Intentionalität, da Husserl ein Schüler Brentanos war und den Begriff der Intentionalität von seinem damaligen Lehrer übernommen hat. Husserl war zwar eng mit Brentanos Theorien der Intentionalität vertraut, doch kritisierte und modifizierte er diese später. Dann wird der Fokus dieser Arbeit skizziert - Husserls eigenes Konzept der Intentionalität. Dabei spielen die Aspekte der natürlichen Einstellung und ihre Einklammerung (Epoché), des phänomenologischen Residuums und der beiden Begriffe Noema und Noesis eine signifikante Rolle. Am Ende dieser Arbeit wird ein kurzes Fazit gezogen, welches alle genannten Punkte Revue passieren lässt.

2. Die Phänomenologie vor und bei Edmund Husserl

In diesem Kapitel wird an erster Stelle allgemein der Begriff der Phänomenologie inhaltlich und geschichtlich erklärt, um zunächst ein Überblickswissen zu gewinnen. Dabei wird das Wort Phänomenologie in seine Einzelteile aufgeteilt und erklärt. Der geschichtsphilosophische Verlauf wird aufgeführt und bekannte Phänomenologen werden genannt. Im zweiten Abschnitt wird dann genauer auf das Konzept der Phänomenologie bei Edmund Husserl eingegangen.

2.1 Das Konzept der Phänomenologie und ihre Geschichte

Die Phänomenologie stellt eine der bedeutsamsten philosophischen Strömungen der Gegenwart dar. Der Begriff setzt sich aus zwei Worten zusammen: phainómenon und logos. Das altgriechische Wort phainómenon heißt übersetzt ‚Sichtbares‘ oder ‚Erscheinung‘ und das Wort logos bedeutet auf Deutsch ‚Vernunft‘ oder ‚Lehre‘3. Unter Phänomenologie versteht man wortwörtlich also die Lehre von Erscheinungen bzw. Phänomenen. Erscheinungen und Phänomene werden ausschließlich erlebt. Daher ist das Interesse der Phänomenologie „eine Untersuchung von Erlebnissen, die dem Zweck dienen soll […] den Erlebnissen zugrunde liegende «Vernunft» ans Licht zu bringen“4.

Zum ersten Mal tauchte der Begriff der Phänomenologie im 18.Jahrhundert in den Werken Philosophie der Alten von Friedrich Christoph Oetinger, deutscher Theologe, und in den Entwürfen zu Über die Methode, die Metaphysik, Theologie und Moral richtiger zu beweisen (1762) von Johann Heinrich Lambert, Philosoph, Logiker und Mathematiker, auf. Beide beschäftigten sich jedoch nicht intensiv mit dem Begriff der Phänomenologie, weshalb ihr eigentlicher Aufbruch auf das 19. und 20.Jahrhundert zurückzuführen ist. Immanuel Kant verwendet den Begriff, um eine Lehre von den Grenzen der Rezeptivität zu benennen. Daraus entstand unter anderem Die Kritik der reinen Vernunft (1781). Ihren eigentlichen Aufschwung hatte die Phänomenologie aber erst als der Begriff in dem Werk Phänomenologie des Geistes (1807) von Georg Wilhelm Friedrich Hegel auftauchte. Darin gibt er „eine systematische Darstellung […] verschiedene[r] Formen des Bewu[ss]tseins in welthistorischer Perspektive“5. Auch wird Franz Clemens Brentano, deutscher Philosoph und Psychologe aus dem 19.Jahrhundert, als wichtiger Wegweiser in der Phänomenologie angesehen. In seiner deskriptiven Psychologie beschreibt er psychische Phänomene als unabhängig von physischen Reizen, von denen sie erzeugt werden. Vorlesungen über diese und weitere Schwerpunkte besuchte Edmund Husserl, weshalb auch Franz Brentano als sein wichtigster Einflussgeber angesehen wird. Auch wenn bereits vor Edmund Husserl der Begriff der Phänomenologie auftauchte, wird erst durch ihn die Phänomenologie im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu einer selbständigen und revolutionären philosophischen Methode. Durch Husserls Arbeiten, neuen Theorien und vor allem neuen Begriffen änderte sich die Philosophiegeschichte komplett, was einen enormen Einfluss auf die weitere Philosophie hatte. Was genau unter Husserls Konzept der Phänomenologie zu verstehen ist wird im Abschnitt 2.2 erläutert.

Neben Edmund Husserl sind Philosophen, wie z.B. Max Scheler, Martin Heidegger, Jean-Paul Sartre, Maurice Merleau-Ponty, Emmanuel Lévinas, Paul Ricoeur und Jaques Derrida, bekannte Vertreter der Phänomenologie.

2.2 Die Phänomenologie bei Husserl

Wie oben bereits erläutert, wurde erst durch Edmund Husserl die Phänomenologie zu einem unabhängigen philosophischen Prinzip. Er versuchte die Phänomenologie als eine „Grundwissenschaft der Philosophie“6, oder anders gesagt als eine Wesenswissenschaft, nachzuweisen, da diese laut seines Artikels Encyclopædia Britannica 1927 eine an der Jahrhundertwende in der Philosophie zum Durchbruch gekommene neuartige deskriptive Methode und eine aus ihr hervorgegangene apriorische Wissenschaft, welche dazu bestimmt ist, das prinzipielle Organon für eine streng wissenschaftliche Philosophie zu liefern und in konsequenter Auswirkung eine methodische Reform aller Wissenschaften zu ermöglichen.7

Er sieht die Phänomenologie demnach als eine philosophische Methode, die ausschließlich beschreibt. Anders als in den Naturwissenschaften wird in der Phänomenologie keinesfalls erklärt oder analysiert. Sie soll als grundlegende methodische Innovation für eine strenge wissenschaftliche Philosophie dienen. Sie grenzt sich von der naturalistischen Philosophie insofern ab, als dass diese nur auf Annahmen basiert. Die Phänomenologie jedoch stützt sich auf Evidenzen, die direkt der Sache selbst, dem Bewusstseinsleben, also den Erlebnissen und ihren Arten, entnommen sind. Daher lehnt Husserl metaphysische Spekulationen ab. Das Ziel Husserls Methode ist es, die Struktur von Erlebnissen herauszuarbeiten. In seiner Phänomenologie werden also das transzendental gereinigte Bewusstsein und ihre Struktur, welches durch phänomenologische Reduktion ersichtlich gemacht wird, sorgfältig behandelt. Damit ist gemeint, dass die Merkmale von Erlebnissen, mit „denen wir etwas meinen oder als bedeutungsvoll erfahren“8, herausgestellt werden. Da im festen Zusammenhang zu Erlebnissen die Erkenntnis und die Vernunft stehen, beschäftigt sich Husserl notwendigerweise auch damit. Zudem betont Husserl, dass sein Konzept der reinen „Phänomenologie […] nicht [gleichzusetzen mit der] Psychologie ist“, nicht nur aus terminologischer Sicht, „sondern [dass] prinzipielle Gründe es ausschließen“9.

Zusammengefasst kann man sagen, dass folgende drei Punkte in der Phänomenologie Husserls erheblich sind: die deskriptive Methode, die Welt und die Psychologie. Die Phänomenologie ist, wie bereits genannt, deskriptiv, da sie die Philosophie wissenschaftlich begründet, ohne zu zergliedern. Die Einheit eines Phänomens wird versucht zu erhalten, da ein Phänomen zunächst in seiner Vollständigkeit betrachtet wird. Anschließend werden die Teile des Phänomens betrachtet und nicht umgekehrt. Ein Stürzen auf die Einzelteile würde nur dazu führen, dass man das Eigentliche, bzw. das Ganze, aus den Augen verliert. Und nur durch das Deskriptive kann dies erreicht werden. Nehmen wir hierzu das Beispiel eines gelben Buches: Ein Subjekt sieht zuerst das Buch in seiner Gänze, danach erst wird der gelbe Umschlag wahrgenommen, und dann die Empfindungen zu diesem Buch – beispielsweise Unwohlsein oder Freude. Weiterhin spielt der zweite Punkt Welt eine wichtige Rolle in Husserls Phänomenologie, da es hierbei um unsere Welt geht – wir sind aus der Welt und wir projizieren die Welt. Auch wenn die Phänomenologie nicht mit der Psychologie gleichzusetzen ist, ist sie ein Teil dieser deskriptiven Methode. Die Psychologie ist erforderlich, da es immer ein Subjekt gibt, das wahrnimmt und Erfahrungen sammelt. Ein Subjekt ist verantwortlich für die Erfahrungen, und deshalb muss man zunächst wissen, wie dieses Subjekt funktioniert. Um genau das zu verstehen, also wie dieses Subjekt funktioniert, wird die Psychologie benötigt.

Neben den oben genannten drei Aspekten gibt es noch ein zentrales Konzept der Phänomenologie Husserls: die Intentionalität. Husserl sagt selbst, dass das phänomenologische Hauptthema die Intentionalität sei10. Sie beschreibt die Subjekt-Objekt-Beziehung. und wird im folgenden Kapitel näher erläutert.

3. Die Intentionalität bei Franz Brentano

Franz Clemens Brentano war vor Husserl der erste Philosoph, der mit seinem Werk Psychologie vom empirischen Standpunkt aus dem Jahr 1874 den Begriff der Intentionalität erstmals wieder im 19.Jahrhundert aufgegriffen hatte. Zuvor wurde bereits der philosophiegeschichtliche Werdegang der Phänomenologie im Allgemeinen angesprochen. Ähnlich verhält es sich bei der Intentionalität, so tauchte ihr Begriff bereits Jahrhunderte vorher auf, unter anderem bereits bei Platon, Spinoza und Aristoteles, doch ihren Durchbruch hatte der Intentionalitätsbegriff erst in der modernen Philosophie des späten 19. Jahrhunderts durch Brentano. Da Brentano Husserls Lehrer war, gilt sein Verständnis der Intentionalität somit als erste Grundlage des Intentionalitätsbegriffs Husserls. Dieser übernahm den Intentionalitätsbegriff Brentanos zwar, dennoch kritisierte er diesen in einigen Aspekten. Infolgedessen führte Husserl die Intentionalität modifiziert als ein zentrales und vor allem revolutionäres Konzept der Phänomenologie ein.

Nun richten wir den Blick wieder Brentanos Begriff der Intentionalität zu. In seiner Psychologie vom empirischen Standpunkt lehrte Brentano, dass die gesamte Welt unserer Erscheinungen in zwei große Klassen aufgeteilt werden: die Klasse physischen Phänomene und die Klasse der psychischen Phänomene11. Die Naturwissenschaften widmen sich den physischen Phänomenen, während die Psychologie sich mit den psychischen Phänomenen beschäftigt. Dabei ist die Intentionalität eine wichtige charakteristische Eigenschaft der psychischen Phänomene. Beispiele für psychische Phänomene können alle „Vorstellung[en] durch Empfindung oder Phantasie“12 bieten. Unter Vorstellung wird aber nicht der Gegenstand, der vorgestellt wird, verstanden. Vielmehr ist hiermit der eigentliche Akt des Vorstellens gemeint. Vergleichsweise können dies die folgenden Akte sein: das Hören einer Melodie, das Sehen eines Tieres oder das Empfinden einer bestimmten Temperatur. Dahingegen sind Beispiele von physischen Phänomenen eine Melodie, die gehört wird; Wärme oder Kälte, die empfunden wird; sowie ein Tier, das gesehen wird. Zusammengefasst bezeichnen psychische Phänomene psychische Akte, also Bewusstseinsvorgänge, wohingegen die physischen Phänomene die Inhalte dieser Akte verkörpern. Um das Verhältnis beider Klassen klären, verfasst Brentano folgenden Textabschnitt:

Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt usw. Diese intentionale Inexistenz ist den psychischen Phänomenen ausschließlich eigentümlich. Kein physisches Phänomen zeigt etwas Ähnliches. Und somit können wir die psychischen Phänomene definieren, indem wir sagen, sie seien solche Phänomene, welche intentional einen Gegenstand in sich enthalten.13

Demnach ist Brentanos Intentionalität das ausschlaggebende Medium bei der Verbindung zwischen psychischen und physischen Phänomenen. Psychische Phänomene beziehen sich intentional auf physische Phänomene. Mit diesen beiden Klassen der Phänomene versucht Brentano zu erklären, wie die Welt konstituiert wird. In dem obigen Textabschnitt ist Brentano davon überzeugt, dass die Intentionalität stets ein Merkmal des Mentalen ist. Somit wird jedes psychische Phänomen durch ein Objekt dargestellt. Dieses Objekt muss hierbei nicht zwangsläufig raumzeitlich existieren, denn es zeichnet sich durch "intentionale Inexistenz" aus. „Inexistenz“ in diesem Kontext soll keinesfalls bedeuten, dass das Objekt nicht real existiert, sondern vielmehr „Inexistenz“ im Sinne von „In-Existenz“, in unserem Bewusstsein existierend. Beispielsweise könnte dieser intendierte Gegenstand ein Kuchen sein, den ich am nächsten Tag essen werde und auf welchen ich mich freue. Dieser Kuchen existiert zwar nicht im hier und jetzt, doch trotzdem ist der Kuchen intentional In-existent. So existiert dieser Kuchen als physischer Gegenstand in meinem Bewusstsein, jedoch noch nicht in der realen Welt.

An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass Brentano selbst schnell diverse Schwachpunkte im ersten Band von Psychologie vom empirischen Standpunkt entdeckte und diese im zweiten Band im Jahr 1911 erwähnte. So schreibt er nämlich im Vorwort des zweiten Bandes, dass eine „der wichtigsten Neuerungen ist […], dass [er] nicht mehr der Ansicht [sei], dass eine psychische Beziehung jemals anderes als Reales zum Objekt haben könne“14. Mit dieser Neuerung der psychischen Beziehungen möchte er sich auf seine Annahme aus dem ersten Band beziehen, dass eine Vorstellung immer einen immanent in-existierenden Gegenstand innehabe, aber nicht zwangsläufig auch einen realen, in der Welt existierenden Gegenstand. Denn nach näherer Betrachtung dieser Annahme können logische Paradoxien folgern. Dadurch kann selbst ein absurder Gegenstand, wie z.B. ein rundes Viereck, oder ein unverheirateter Junggeselle, immanent reale Existenz erhalten.

Grundsätzlich haben Brentanos und Husserls Intentionalitätsbegriffe zahlreiche Gemeinsamkeiten, zumal Husserl den Begriff der Intentionalität von seinem Lehrer Brentano übernommen hat. Nichtsdestotrotz gibt es zwei ausschlaggebende Aspekte, die Husserl an Brentanos Intentionalitätsverständnis kritisierte und anschließend in seiner revolutionären Phänomenologie modifizierte. Der erste Unterschied ist, dass Brentano den intendierten Gegenstand als immanenten Bewusstseinsinhalt betrachtet. Husserl allerdings lehnt in seiner Auffassung der Intentionalität diese Ansicht Brentanos strikt ab. In der Intentionalität sieht er den Schlüssel dafür, wie das Bewusstsein sich selbst transzendieren würde, um das Tor zu den Dingen der Welt zu öffnen. Der zweite Unterschied ist, dass Brentano die Intentionalität auf alle mentalen Phänomene überträgt. Husserl dagegen baut Ausnahmen ein. Er schließt diverse psychische Akte aus, die seiner Ansicht nach nicht intentional sein können. Dazu zählen unter anderem Empfindungen. Im folgenden Kapitel wird Husserls Intentionalitätsbegriff genauer betrachtet.

4. Die Intentionalität bei Husserl

Mit dem folgenden Kapitel wird die Intentionalität Edmund Husserls dargestellt. Zunächst wird das Konzept der Intentionalität allgemein erklärt. Anschließend werden die Welt der natürlichen Einstellung und ihre Einklammerung, auch „Epoché“ genannt, vorgestellt, da diese beiden Punkte als ausschlaggebend für die Phänomenologie und somit auch für die Intentionalität gelten. Dafür werden zudem die Begriffe „Noema“ und „Noesis“ eingeführt und genauer betrachtet.

4.1 Allgemeines zum Konzept der Intentionalität bei Husserl

Die Intentionalität ist ein bedeutender Grundbegriff in der Phänomenologie Husserls und beschreibt die Subjekt-Objekt-Relation. Die Eigenschaft der Intentionalität ist, eine Verbindung zwischen mentalen Zuständen und der realen Welt herzustellen, die als eine Art Tor zur „Weltbezogenheit“ dient. Das Bewusstsein ist immer Bewusstsein von etwas, daher die genannte Subjekt-Objekt-Relation. Beispielsweise denkt man etwas, hofft man etwas, oder sieht man etwas, usw. Diese Subjekt-Objekt-Relation trivial zu sein scheint, denn die „Eigentümlichkeit des intentionalen Erlebnisses ist in seiner Allgemeinheit leicht bezeichnet; wir verstehen alle den Ausdruck „Bewußtsein von etwas““15. Nichtsdestotrotz kommt die Frage auf, wieso wir uns denn überhaupt auf etwas beziehen können. Nach näherer Betrachtung dieser zunächst einfach erscheinenden Frage wurde sich Husserl schnell der Problematik bewusst. Denn das Bewusstsein als das Bewusstsein-von-etwas „ist ein sehr Selbstverständliches und doch zugleich höchst Unverständliches“16. Daher war Husserl daran interessiert, eine Antwort auf diese Frage zu finden und mit seiner Intentionalität die wesenhafte Struktur des reinen Bewusstseins zu analysieren. Im Folgenden wird erläutert, wie Husserl sein Konzept der Intentionalität beschreibt, wie sich das Subjekt auf das Objekt bezieht und was das Objekt im Kontext der Intentionalität ist.

[...]


1 Husserl, S.3

2 Husserl §84, S.187

3 Pivcevic. S.11

4 Ebd.

5 Ebd.

6 Husserl, S. 3.

7 Edmund Husserl in der Encyclopædia Britannica 1927, Husserliana IX, 277

8 Pivcevic, S.12

9 Husserl, S. 4

10 Husserl §84, S.187

11 Brentano Bd.1, S.109

12 Brentano Bd. 1, S.111

13 Brentano Bd. 1, S.124f

14 Brentano Bd.2, S.2

15 Husserl §87, S.200

16 Husserl §87, S.201

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Intentionalität. Im Kontext der Phänomenologie Edmund Husserls
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
2,7
Jahr
2019
Seiten
26
Katalognummer
V537862
ISBN (eBook)
9783346150165
ISBN (Buch)
9783346150172
Sprache
Deutsch
Schlagworte
intentionalität, kontext, phänomenologie, edmund, husserls
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Die Intentionalität. Im Kontext der Phänomenologie Edmund Husserls, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537862

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