Warum darf ich nicht eine meiner Nieren einem Fremden spenden; auch wenn ich es ausdrücklich wünsche? In Deutschland mache ich mich damit strafbar. Davon einmal abgesehen, dass sich wohl kaum ein Arzt und ein Krankenhaus finden würde, das eine Organentnahme auf dieser Grundlage durchführen würde.
In Deutschland ist eine Spende an eine unbekannte Person, zu der keine enge Beziehung besteht, ausdrücklich unter Strafe gestellt. Als Begründung wurde im Transplantationsgesetz der Schutz vor Organhandel angeführt.
Diese Hausarbeit untersucht die rechtliche Lage in Deutschland und die politische Debatte im deutschen Bundestag. Die Gesetzesgeberin begrenzt den Kreis der Spendenden und übt gleichzeitig auf diesen Druck aus. Das ist eine klare Einflussnahme auf das Verhältnis der Agierenden. Damit wird die soziale Konstruktion der Kernfamilie und deren vermeintlicher medizinischen Pflichten durch die Gesetzeslage verstärkt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das deutsche Transplantationsgesetz
- 3. Die kulturelle Betonung der Kernfamilie im euro-amerikanischen Verwandtschaftskonzept
- 3.1 Familie als Schutz vor Organhandel
- 3.2 Familienähnliche Beziehungen zum Empfänger bzw. zur Empfängerin
- 3.3 Verschleierung der Kommerzialisierung durch den Familienbezug
- 4. Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die rechtliche Lage der Lebendorganspende in Deutschland und die damit verbundene politische Debatte. Sie analysiert, wie das deutsche Transplantationsgesetz die westliche Vorstellung von Verwandtschaft konstruiert und nutzt, um Organhandel zu verhindern und Freiwilligkeit zu gewährleisten. Die Arbeit hinterfragt die implizite Moralvorstellung, die mit der Organspende als Gabe verbunden ist.
- Die rechtliche Regulierung von Lebendorganspenden in Deutschland
- Die Rolle der Verwandtschaft im deutschen Transplantationsgesetz
- Die Konstruktion der Kernfamilie und ihre Bedeutung im Kontext der Organspende
- Die implizite Moral der Organspende als Gabe
- Dekonstruktion des Verwandtschaftsbegriffs im medizinischen Kontext
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Frage nach den rechtlichen Beschränkungen von Organspenden an Fremde in Deutschland. Sie hebt die strafrechtlichen Konsequenzen hervor und diskutiert die im Transplantationsgesetz genannte Begründung des Schutzes vor Organhandel. Die Autorin hinterfragt kritisch die Effektivität dieser Begründung und leitet zu ihrer Untersuchung der rechtlichen Lage und der politischen Debatte über. Der Bezug auf den Fall Steinmeier veranschaulicht die moralische Überhöhung der Lebendorganspende im öffentlichen Diskurs.
2. Das deutsche Transplantationsgesetz: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung und den Inhalt des deutschen Transplantationsgesetzes (TPG). Es betont, dass Deutschland spät ein solches Gesetz verabschiedet hat und dass die Debatten im Bundestag sich hauptsächlich auf postmortale Spenden konzentrierten. Das Kapitel hebt die zentrale Rolle des Verwandtschaftsvorbehalts bei Lebendspenden hervor und analysiert die im Gesetz formulierten Ziele, nämlich den Schutz vor Organhandel und die Gewährleistung der Freiwilligkeit. Die Diskussionen im Bundestag und die Stellungnahmen verschiedener Abgeordneter werden beleuchtet. Der Fokus liegt auf der eingeschränkten Zulassung von Lebendspenden auf Verwandte ersten und zweiten Grades und die damit verbundene implizite Bewertung des Verwandtschaftsverhältnisses als nicht-monetäres System.
3. Die kulturelle Betonung der Kernfamilie im euro-amerikanischen Verwandtschaftskonzept: Dieses Kapitel analysiert die kulturelle Grundlage des Verwandtschaftsbegriffs im deutschen Transplantationsgesetz. Es argumentiert, dass die gesetzliche Ausgestaltung von Verwandtschaft nicht interkulturell ist und sich auf die europäisch-amerikanische Vorstellung der Kernfamilie bezieht. Die Autorin deutet an, wie das Gesetz die Kernfamilie als Schutz vor Organhandel und Kommerzialisierung instrumentalisiert und gleichzeitig verstärkt. Der Bezug auf die soziale Konstruktion von Verwandtschaft und deren Bedeutung für die soziale Reproduktion wird angesprochen. Der Text deutet die Analyse der Arbeit von David Schneider ("American Kinship") an.
Schlüsselwörter
Lebendorganspende, Transplantationsgesetz, Verwandtschaft, Kernfamilie, Organhandel, Freiwilligkeit, soziale Konstruktion, Moral, Gesetzgebung, Deutschland, euro-amerikanisches Verwandtschaftskonzept.
Häufig gestellte Fragen zur Hausarbeit: Lebendorganspende in Deutschland
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht die rechtliche Lage der Lebendorganspende in Deutschland und die damit verbundene politische Debatte. Sie analysiert, wie das deutsche Transplantationsgesetz die westliche Vorstellung von Verwandtschaft konstruiert und nutzt, um Organhandel zu verhindern und Freiwilligkeit zu gewährleisten. Ein zentraler Punkt ist die Hinterfragung der impliziten Moralvorstellung, die mit der Organspende als Gabe verbunden ist.
Welche Themen werden in der Hausarbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die rechtliche Regulierung von Lebendorganspenden in Deutschland, die Rolle der Verwandtschaft im deutschen Transplantationsgesetz, die Konstruktion der Kernfamilie und ihre Bedeutung im Kontext der Organspende, die implizite Moral der Organspende als Gabe und die Dekonstruktion des Verwandtschaftsbegriffs im medizinischen Kontext.
Wie ist die Hausarbeit strukturiert?
Die Hausarbeit ist in vier Kapitel gegliedert: Einleitung, Das deutsche Transplantationsgesetz, Die kulturelle Betonung der Kernfamilie im euro-amerikanischen Verwandtschaftskonzept und Zusammenfassung und Fazit. Jedes Kapitel behandelt spezifische Aspekte der Thematik, beginnend mit einer Einführung in die Problematik und der Darstellung des rechtlichen Rahmens, gefolgt von einer Analyse des kulturellen Kontexts und abschließend einer Zusammenfassung der Ergebnisse.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Frage nach den rechtlichen Beschränkungen von Organspenden an Fremde in Deutschland. Sie hebt die strafrechtlichen Konsequenzen hervor und diskutiert die im Transplantationsgesetz genannte Begründung des Schutzes vor Organhandel. Die Autorin hinterfragt kritisch die Effektivität dieser Begründung und leitet zu ihrer Untersuchung der rechtlichen Lage und der politischen Debatte über. Der Bezug auf den Fall Steinmeier veranschaulicht die moralische Überhöhung der Lebendorganspende im öffentlichen Diskurs.
Was ist der Inhalt des Kapitels über das deutsche Transplantationsgesetz?
Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung und den Inhalt des deutschen Transplantationsgesetzes (TPG). Es betont, dass Deutschland spät ein solches Gesetz verabschiedet hat und dass die Debatten im Bundestag sich hauptsächlich auf postmortale Spenden konzentrierten. Das Kapitel hebt die zentrale Rolle des Verwandtschaftsvorbehalts bei Lebendspenden hervor und analysiert die im Gesetz formulierten Ziele, nämlich den Schutz vor Organhandel und die Gewährleistung der Freiwilligkeit. Die Diskussionen im Bundestag und die Stellungnahmen verschiedener Abgeordneter werden beleuchtet. Der Fokus liegt auf der eingeschränkten Zulassung von Lebendspenden auf Verwandte ersten und zweiten Grades und die damit verbundene implizite Bewertung des Verwandtschaftsverhältnisses als nicht-monetäres System.
Worauf konzentriert sich das Kapitel über die kulturelle Betonung der Kernfamilie?
Dieses Kapitel analysiert die kulturelle Grundlage des Verwandtschaftsbegriffs im deutschen Transplantationsgesetz. Es argumentiert, dass die gesetzliche Ausgestaltung von Verwandtschaft nicht interkulturell ist und sich auf die europäisch-amerikanische Vorstellung der Kernfamilie bezieht. Die Autorin deutet an, wie das Gesetz die Kernfamilie als Schutz vor Organhandel und Kommerzialisierung instrumentalisiert und gleichzeitig verstärkt. Der Bezug auf die soziale Konstruktion von Verwandtschaft und deren Bedeutung für die soziale Reproduktion wird angesprochen. Der Text deutet die Analyse der Arbeit von David Schneider ("American Kinship") an.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Hausarbeit?
Die Schlüsselwörter umfassen Lebendorganspende, Transplantationsgesetz, Verwandtschaft, Kernfamilie, Organhandel, Freiwilligkeit, soziale Konstruktion, Moral, Gesetzgebung, Deutschland und euro-amerikanisches Verwandtschaftskonzept.
- Citar trabajo
- Henriette Boysen (Autor), 2019, Lebendspenden unter Vorbehalt. Das deutsche Transplantationsgesetz als Ausformung westlicher Verwandtschaftskonstruktion, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/537913