Evaluation zum bedingungslosen Grundeinkommen. Warum wir trotzdem noch arbeiten müssen


Term Paper, 2018

28 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist das bedingungslose Grundeinkommen?
2.1 Das BGE im Vergleich zu den deutschen Sozialleistungen
2.2 Das Grundeinkommen im Vergleich zum Konzept „Solidarisches Bürgergeld“

3. Umsetzungsversuche
3.1 Volksabstimmung in der Schweiz
3.2 Mein Grundeinkommen
3.3 Zusammenfassung

4. Fragestellung und Hypothesenentwicklung

5. Auswertung der Evaluation
5.1 Die Messgruppe
5.2 Überprüfung der Hypothesen
5.3 Zusammenfassung

6. Vergleich mit aktueller Forschung

7. Fazit und Handlungsempfehlungen

8. Reflexion

9. Quellen

1. Einleitung

Das bedingungslose Grundeinkommen (im weiteren BGE genannt) ist aktuell wieder in der politischen Diskussion präsent. Gegner des BGE sind sich vielfach sicher: Wer für seine Basisversorgung nicht arbeiten braucht, tut das auch nicht. Dieser Behauptung möchte ich in meiner Arbeit auf die Spuren kommen.

In meiner Arbeit definiere ich zunächst einmal den Begriff „bedingungsloses Grundeinkommen“ und stelle die Idee in Abgrenzung zu vermeintlich ähnlichen Konzepten vor. Daraufhin stelle ich zwei Umsetzungsversuche vor.

Daraus entwickele ich Fragestellungen und Hypothesen und stelle meine Herangehensweise vor.

Danach komme ich zum Auswertungsteil der Arbeit, in dem ich zunächst die Messgruppe vorstelle, dann eine Überprüfung der Hypothesen vornehme und die Ergebnisse abschließend zusammenfassend darstelle.

Im folgenden Teil vergleiche ich meine Auswertungsergebnisse mit denen der Studie „Bedingungsloses Grundeinkommen“ der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung mbH.

In meinem Fazit stelle ich die Auswertungsergebnisse in Bezug auf die aktuelle Diskussion um das BGE dar und entwickle ein Fazit.

Abschließend reflektiere ich die Durchführung.

2. Was ist das bedingungslose Grundeinkommen?

Die Vorstellungen, wie ein BGE – bzw. eine Annäherung daran - aussehen könnte sind vielfältig. Sie unterscheiden sich z.B. in der Frage, ob sie existenzsichernd und bedingungslos sind aber auch in der Idee, wie ein BGE finanziert werden könnte.

Das Netzwerk Grundeinkommen definiert das BGE folgendermaßen:

„Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das eine politische

Gemeinschaft bedingungslos jedem ihrer Mitglieder gewährt. Es soll

4. die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen,
5. einen individuellen Rechtsanspruch darstellen sowie
6. ohne Bedürftigkeitsprüfung und
7. ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.“1

2.1 Das BGE im Vergleich zu den deutschen Sozialleistungen

Nach der Definition des Netzwerk Grundeinkommen unterscheidet sich das BGE grundlegend von den derzeit bestehenden Sozialleistungen in Deutschland, die sich in Fürsorgeleistungen, Versorgungsleistungen und Versicherungsleistungen gliedern.2

Das Prinzip der Fürsorge regelt die Hilfe in Notlagen, setzt also eine Bedürftigkeit voraus. Unter das Fürsorgeprinzip fallen Leistungen wie Wohngeld, Sozialhilfe (bei nicht Erwerbsfähigen) und auch Arbeitslosengeld II (bei Erwerbsfähigen), welches eine aktive Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme voraussetzt und an verschiedene bürokratische Regelungen gebunden ist. Im Falle des nicht regelgerechten Verhaltens von Arbeitslosengeld II-Beziehern folgen Sanktionen in Form von Kürzungen des Regelsatzes.3

Das Versorgungsprinzip richtet sich an Personen, die entweder Opfer sind, oder besondere Leistungen für die Gemeinschaft erbracht haben. Darunter fallen beispielsweise die Versorgung von Hinterbliebenen von Kriegsopfern sowie Kindergeld und die Beamtenversorgung. Es stellt einen eher kleinen Teil der Sozialleistungen dar.4

Das Versicherungsprinzip „dient der Vorsorge von Notlagen oder Einkommensausfall beispielsweise durch Alter, Arbeitslosigkeit oder Krankheit. Die Sozialversicherungen unterstützen eine Person in der Regel allerdings nur, wenn diese sich vorher versichert und Beiträge eingezahlt hat [...]. Das Prinzip der Sozialversicherungen unterscheidet sich somit grundlegend vom BGE, weil es weder universell noch bedingungslos ist.“5

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass alle derzeit bestehenden Sozialleistungen weder universell noch bedingungslos gezahlt werden. Außerdem gilt beim BGE nicht der Haushalt als Berechnungsgrundlage, sondern der einzelne Mensch.6

„Selbst wenn in vielen Grundeinkommensmodellen einige Sozialleistungen wie die Unterstützung bei Krankheit oder Behinderung trotz BGE beibehalten werden, so würden dennoch in der Regel viele der staatlichen Transferleistungen ersetzt werden. Das betrifft besonders Leistungen wie Kindergeld, Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe und womöglich die Rente. Aufgrund der gerade dargestellten enormen Unterschiede zwischen den bisherigen Sozialleistungen und einem BGE, das solche in Teilen ersetzen würde, lässt sich für den Fall der Einführung eines BGE von einem sozialpolitischen „Paradigmenwechsel“ sprechen.“7

2.2 Das Grundeinkommen im Vergleich zum Konzept „Solidarisches Bürgergeld“

Das solidarische Bürgergeld ist ein Konzept des ehemaligen thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus. Es stellt ein bedarfsunabhängiges Grundeinkommen in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums dar.

„Grundlage des solidarischen Bürgergeldes ist ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden Bürger in Höhe von 500€ im Monat. Das Bürgergeld soll das soziokulturelle Existenzminimum abdecken. Daneben gibt es eine einheitliche Einkommenssteuer von 25 Prozent auf alle Einkünfte. Grundeinkommen und Einkommenssteuer sind zwei Seiten einer Medaille. Die Verpflichtungen aus der Einkommenssteuer werden mit dem Bürgergeldanspruch verrechnet.“8

Das Bürgergeld wird nach der Formel

25% des Einkommens-500€ = Bürgergeldanspruch oder Steuerschuld

Ist der Betrag negativ bekommt man Bürgergeld ausbezahlt, ist der Betrag positiv muss man in dieser Höhe Einkommenssteuer bezahlen. Je niedriger also die eigenen Einkünfte umso höher ist der Auszahlungsbetrag.

Das bestehende Sozialversicherungssystem soll bei diesem Konzept nicht ersetzt werden, sondern durch eine solidarische Steuer- und Sozialpolitik gestärkt werden.9

Zusammenfassend lässt sich also sagen, das Solidarische Bürgergeld ist ein Ansatz eine gerechtere Situation für Erwerbstätige mit niedrigem oder mittlerem Einkommen herzustellen. Der wesentliche Unterschied zum bedingungslosen Grundeinkommen ist, dass es mit seiner Höhe von 500€ de facto nicht existenzsichernd ist.

3. Umsetzungsversuche

3.1 Volksabstimmung in der Schweiz

2016 hat die Schweiz als weltweit erstes Land, über ein BGE abgestimmt.

Der Antrag über den abgestimmt worden ist lautet wie folgt:

„Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 110a bedingungsloses Grundeinkommen

1. Der Bund sorgt für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.
2. Das Grundeinkommen soll der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen.

- Das Gesetz regelt insbesondere die Finanzierung und die Höhe des Grundeinkommens.“10

Das Schweizer Grundeinkommensmodell schlägt vor, allen in der Schweiz lebenden Menschen einen gleichen Betrag auszuzahlen, unabhängig davon, wie vermögend sie sind und unabhängig von jeglichen Gegenleistungen. „Die finanzielle Sicherheit soll nicht mehr an eine Erwerbsarbeit gebunden sein.“11

Durch das Grundeinkommen sollen die Bürger ihr Leben freier gestalten können und durch den gewonnenen Freiraum motiviert werden, sich für die Gesellschaft zu engagieren. Außerdem sieht die Initiative das BGE als Antwort, auf die zunehmende Technisierung.12

Der Schweizer Bundesrat argumentierte nach reiflicher Auseinandersetzung mit der Thematik gegen das BGE.

Für Personen mit Einkommen unter dem BGE oder knapp darüber würde es sich nicht mehr lohnen zu arbeiten. Dadurch wird ein Mangel an Arbeitskräften im Niedriglohnsektor befürchtet, wodurch die Attraktivität als Wirtschaftsstandort nachlasse und Produktions- und Dienstleistungsbetriebe ins Ausland verlagert würden, sowie eine Zunahme der Schwarzarbeit. Auch die Zuwanderung auf Grund des BGE stelle ein Problem dar. Wenn die Wirtschaftsleistung zurück ginge, wäre sowohl die Finanzierung der bisherigen Aufgaben des Staates als auch die des BGE gefährdet.13

3.2 Mein Grundeinkommen

„Mein Grundeinkommen“ ist ein durch Crowd-Fundig finanziertes Projekt, dass seit 2014 bereits 180 Grundeinkommen über seine Internetplattform verlost hat.

Jeder Gewinner erhält 12 Monate lang 1000€ monatlich, unabhängig vom bisherigen Verdienst, unabhängig von der geplanten Nutzung und unabhängig von sonstigen Bedingungen. Auch Kinder sind unter den Gewinnern.

Teilnehmer an der Verlosung können angeben, warum sie sich ein BGE wünschen. Häufig genannt werden dabei mehr Zeit für Studium und sonstige Bildung, Urlaub, Entspannung, ein bewussteres Leben, eine gesündere Ernährungsweise, mehr Zeit sich durch Ehrenamt oder politische Aktivitäten für die Gesellschaft einzusetzen sowie berufliche Veränderung z.B. Selbstständigkeit.

Auf der Internetseite des Projekts werden außerdem Erfolgsgeschichten der Gewinner veröffentlicht.

Die Gewinner berichten von Unternehmensgründungen, mehr Gesundheit, Gelassenheit, weniger Stress einen sanfteren Umgang mit anderen Menschen, mehr Ideen für Projekte und ein gesteigertes Bedürfnis, der Gemeinschaft etwas zurück zu geben.

Häufig wird angemerkt, dass ein Jahr finanzielle Sicherheit für einschneidende Lebensveränderungen zu kurz ist, jedoch berichten die Gewinner von vielen positiven Effekten, die sie bei sich selbst erleben.14

3.3 Zusammenfassung

Gegner und Befürworter stehen also in puncto Arbeitsmotivation auf klar gegensätzlichen Positionen. Während Gegner oftmals sicher sind, dass durch das BGE Arbeitsanreize fehlen, gehen die Befürworter von vielen positiven Veränderungen aus.

Befürworter des BGE sind überzeugt, dass ein BGE nicht Arbeitsanreize nehmen würde und die Menschen faul machen würde, sondern geht von einer beflügelnden Wirkung aus.15

„Wer etwas tun soll, was er nicht tun will, der verliert die Lust und wird faul. Faulheit ist keine anthropologische Konstante sondern eine gesunde Reaktion des Sinn-Immunsystems auf unsinnige, unwürdige oder überflüssige Tätigkeiten. Wer tun kann was er will, der wird nicht faul, sondern tätig.“16

Laut Netzwerk Grundeinkommen gibt das BGE „Anreiz zu größerer Wertschöpfung und zu Rationalisierung“ und dient zur „Förderung von Kreativitätspotenzialen durch die Möglichkeit der Muße“17

4. Fragestellung und Hypothesenentwicklung

Fragestellung:

Haben Menschen mit einer höheren Bildung/ einem höheren Ausbildungsgrad eine höhere Motivation zu Arbeiten, auch wenn ihr Auskommen bedingungslos gesichert ist?

Hypothese:

Menschen mit einem geringerem Bildungs- bzw. Ausbildungsstand haben eine geringere Motivation trotz BGE zu arbeiten.

Begründung:

Menschen mit geringerem Bildungs- bzw. Ausbildungsstand sind eher im Niedriglohnsektor beschäftigt. Die schweizerische Eidgenossenschaft geht davon aus, dass bei Einführung des BGE Arbeitsanreize für Menschen in diesem Sektor fehlen.18

Fragestellung:

Nimmt die Arbeitsmotivation mit der zunehmenden Anzahl an Arbeitsjahren ab?

Hypothese:

Je länger Menschen berufstätig sind, desto geringer wird Ihre Motivation auch zu arbeiten, wenn sie es für Ihre Grundversorgung nicht tun müssten.

Begrüngung:

Wenn damit argumentiert wird, dass bei Einführung des BGE die Beschäftigung stark zurück ginge19 lässt sich schlussfolgern, dass der Mensch grundsätzlich nicht arbeiten möchte. Damit ist davon auszugehen, dass die Zufriedenheit mit der Zahl der Arbeitsjahre sinkt.

Fragestellung:

Führt das BGE zu mehr Wunsch nach sozialem oder politischem Engagement?

Hypothese:

Menschen, die das BGE erhalten haben einen größeren Wunsch sich sozial oder politisch zu engagieren.

Begründung:

Im Projekt „Mein Grundeinkommen“ zeigen sich viele positive Veränderungen wie Ideenreichtum, Verbesserung des Sozialen Miteinanders sowie Drang nach gesellschaftlicher und politischer Partizipation.20 Ebenso argumentieren die Antragsteller in der Schweiz: „Die Initiantinnen und Initianten sind der Überzeugung, dass die Menschen mit einem Grundeinkommen ihr Leben freier gestalten könnten und mehr Freiraum hätten, um sich beispielsweise für die Gesellschaft zu engagieren“21

[...]


1 Netzwerk Grundeinkommen 2018

2 Vgl. Reuter 2016:16

3 Vgl Reuter 2016:16

4 Vgl. Reuter 2016:16

5 Reuter 2016:16

6 Vgl. Netzwerk Grundeinkommen 2018

7 Reuter 2016:16-17

8 Althaus 2017

9 Vgl. Althaus 2017

10 Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:18

11 Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:19

12 Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:19

13 Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:20

14 Vgl. Mein Grundeinkommen e.V. 2018

15 Vgl. Mein Grundeinkommen e.V. 2018

16 Häni; Kovce 2017:33

17 Netzwerk Grundeinkommen 2018

18 Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:19

19 Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:13

20 Vgl. Mein grundeinkommen e.V. 2018

21 Schweizerische Eidgenossenschaft 2016:14

Excerpt out of 28 pages

Details

Title
Evaluation zum bedingungslosen Grundeinkommen. Warum wir trotzdem noch arbeiten müssen
College
Niederrhein University of Applied Sciences Mönchengladbach
Course
Evaluation
Grade
1,7
Author
Year
2018
Pages
28
Catalog Number
V538013
ISBN (eBook)
9783346158345
ISBN (Book)
9783346158352
Language
German
Keywords
evaluation, grundeinkommen, warum
Quote paper
Anna Gathmann (Author), 2018, Evaluation zum bedingungslosen Grundeinkommen. Warum wir trotzdem noch arbeiten müssen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538013

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