Philipp Otto Runges Farbenlehre. Zum Aspekt einer dreidimensionalen Farbtheorie


Hausarbeit, 2019

19 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Philipp Otto Runge

3. Geschichte der Farbenlehre

4. Die Farbenkugel
4.1 Allgemeines
4.2 Die acht Figuren
4.3 Farbenkugel und Weltkugel

5. Runge und Goethe

6. Schlusswort

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dieser Hausarbeit werde ich mich mit der Farbenkugel von Philipp Otto Runge auseinandersetzen. Nachdem ich einen kurzen Einblick in Runges Biografie gewähre, werde ich mich der Geschichte der Farbenlehre widmen. Innerhalb dieses Rahmens ist es mir jedoch nicht möglich, die geschichtlichen Aspekte bis ins kleinste Detail zu verschriftlichen bzw. ausnahmslos jede Person zu nennen, die sich in der Vergangenheit und Gegenwart mit dem Phänomen ‚Farbe‘ beschäftigt/e. Anschließend thematisiere ich die Farbenkugel Runges und gliedere diesen Hauptabschnitt in mehrere Teile. Anfänglich werde ich die Farbenkugel als Ganzes und die Hintergedanken Runges beschreiben. Folglich widme ich mich den acht konstruierten Figuren, die die Entstehungsgeschichte der Farbenkugel nachvollziehbar machen. Daraufhin thematisiere ich den Zusammenhang zwischen dem „Farbglobus“ und der Weltkugel. Abschließend möchte ich den Kontakt zwischen Runge und Goethe darstellen und ihre Farbenlehren vergleichen.

2. Philipp Otto Runge

Der 1777 in der See- und Handelsstadt Wolgast geborene Philipp Otto Runge entwickelte im Laufe seiner Lebzeit in seiner Schrift ‚Farbenkugel. Konstruktion des Verhältnisses aller Mischungen der Farben zueinander und ihrer vollständigen Affinität‘ das erste vollständige dreidimensionale Farbsystem. Runge stellt einen der bedeutendsten Maler der deutschen Frühromantik dar. Er wurde als neuntes Kind eines Kaufmanns geboren. Der spätere Künstler erkrankte schon im Kindesalter an Lungentuberkulose und zog nach der Schulzeit mit seinem Bruder nach Hamburg.

„Meine Vaterstadt ist Wolgast in Schwedisch-Pommern, mein Vater ist Kaufmann […] Dadurch, daß ich fast sieben Jahre nacheinander krank war […], wurde ich von der Schule abgehalten und hatte unterdes lauter schöne Sachen gemacht, vorzüglich im Papierausschnitzen […]“ (Betthausen 1983, S.54)

Dort begann er eine Kaufmannslehre, welche im Interesse seines Vaters war, da dieser seinen Sohn in seinen Fußstapfen sehen wollte. Dennoch entdeckte der junge Runge seine Begeisterung fürs Zeichnen durch Begegnungen mit Freunden seines Bruders Daniel. Diese waren Literaten, Kunstsammler und auch Dichter. „Da mein Bruder sowohl wie seine Kompagnons und unsre übrigen Freunde große Liebhaber der Kunst waren, so hatte ich schon vorher immer für mich das anzuhören gewußt, was auf mich passte.“ (Betthausen 1983, S.54) Nachdem er im Alter von 20 Jahren den ersten Zeichenunterricht bekam, studierte er anschließend zwei Jahre in Kopenhagen Malerei, Akt, Freihandzeichnen, Anatomie und Perspektive. Daraufhin erweiterte er seine Fähigkeiten an der Kunstakademie Dresden. Später folgte Kontakt zu Caspar David Friedrich und die Begegnung zu Johann Wolfgang von Goethe auf einer Weimarreise, welche in den weiteren Lebensjahren noch eine enorme Bedeutung bekam. Philipp Otto Runge widmete sich nicht nur erfolgreich dem Scherenschnitt. „Runge war von der Vision beseelt, Malerei, Dichtung, Musik und Architektur in einem Gesamtkunstwerk zu vereinen und betrat damit künstlerisches Neuland.“ (https://www.kunsthalle-muc.de/ausstellungen/details/kosmos-runge/) Zurück in Wolgast intensivierte sich der Kontakt zu Goethe. In diesen Jahren legte er den Grundstein für seine spätere Farbenkugel, indem er an seinen Farbstudien arbeitete. Im Jahr 1810 veröffentlichte Runge sein dreidimensionales Farbsystem innerhalb einer Schrift. Im selben Jahr noch brach die Tuberkulose bei ihm aus, sodass er mit 33 Jahren im Dezember 1810 starb.

3. Geschichte der Farbenlehre

Spricht man von der Farbenlehre, so meint man einen essenziellen Bestandteil der Kunst. Sie ist die Lehre von Farben in Bezug auf Wirkung oder Mischung und endet meist in strukturierten Farbanordnungen. Bis heute gibt es mehrere parallelexistierende Farblehren, deren Auffassungen sich teilweise widersprechen. Viele Künstler und Gelehrte versuchten sich an der Aufgabe, ein allumfassendes Farbordnungssystem zu schaffen, die Farbe wissenschaftlich zu analysieren oder kritisch über die Farben, ihre Wirkungen und Mischungen zu sprechen.

Schon die großen Vorsokratiker beschäftigten sich genauestens mit den Farben. Sie untersuchten ob eine wahrgenommene Farbe nur ein subjektiver Sinneseindruck war oder eine objektive Naturtatsache. Des Weiteren wollten sie reine von gemischten Farben trennen und diese jeweils einander zuordnen. (vgl. Capelle 1958: http://www.rhm.uni-koeln.de/101/Capelle.pdf, S.1) In der Antike entstand der erste theoretische Ansatz für eine Farbordnung. Aristoteles untersuchte Farbmischungen und definierte sieben Farben von Schwarz zu Weiß. Vom Schwarz über Dunkelblau, Grün und Purpur bis hin zum Scharlachrot, Gelb und schließlich zum Weiß, zählte er die Farben auf, die die entscheidenden Abwandlungen des Lichtes darstellen sollten.

„Er versucht Eigenschaften des durch eine bunte Glasscheibe fallenden Lichts zu untersuchen. Es entwickelt sich eine lineare Farbordnung, in der die Farben nach Helligkeit angeordnet sind. Rot wurde als Mischfarbe zwischen Schwarz und Weiß angesehen, denn „zwischen dem Weiß des Tages und dem Schwarz der Nacht liegt das Rot der auf- und untergehenden Sonne.““ (http://gestaltung.wilhelm-ostwald-schule.de/wp-content/uploads/2008/03/grundlagen-der-farbtheorie.pdf, S.1)

Demokrit, ein griechischer Philosoph, schrieb über seine vier Grundfarben (Weiß, Schwarz, Rot, Grüngelb) und entwickelte daraus weitere Mischfarben. Theophrast sah in Farben Elemente. Weiß galt für ihn als die Farbe der Luft, des Wassers und der Erde. Gelb symbolisierte das Feuer.

Leonardo da Vinci begann im 15. Jahrhundert die Farben in ein System zu bringen und wurde so Mitbegründer der Farbenlehre. Farben konnten für ihn ‚einfach‘ sein oder zusammengesetzt aus Licht und Finsternis. Er schrieb über farbharmonische Wirkungen und entwickelte daraus den Simultankontrast und die Komplementärfarben. Auch da Vinci schrieb den einzelnen Farben Elemente zu. So stand Weiß für das Licht, Gelb für die Erde, Grün für das Wasser, Blau für die Luft, Rot für das Feuer und Schwarz für die Finsternis. Der schwedische Aron Sigfrid Forsius baute auf den bisherig erlangten Erkenntnissen auf und entwickelte eine, noch unvollständige, Farbenkugel. Seine Auffassung, dass alle Farben ihren Ursprung in Schwarz und Weiß haben, ähnelt der späteren Auffassung Runges. Der Physiker Isaac Newton schaffte zu allem bisherigen Wissen über Farbe eine physikalische Grundlage. Mit Hilfe eines Prismas entdeckte er die sieben Farben des Tageslichtspektrums und schuf aus ihnen einen Farbkreis. Die Farbenlehre des Universalgelehrten Johann Wolfgang von Goethe erschien 1810. Der Naturwissenschaftler beschäftigte sich rund 20 Jahre lang mit den Farben und erbrachte somit für die heutige Kunst phänomenale Leistungen. Goethe schrieb über die sinnlich-sittliche Wirkung von Farben. Er schuf einen Farbenkreis, entdeckte den Sukzessivkontrast und erklärte die optische Mischung im Auge. Darüber hinaus entwarf er die Lehre von der „Totalität und Harmonie“ und den „charakteristischen Zusammenstellungen“ und legte die Grundlagen für die Farbkombinatorik. Auch Christian Friedrich Prange, Arthur Schopenhauer und Thomas Young trugen einen Teil zur Farbenlehre bei. Monumental für diese Hausarbeit ist jedoch die anschließende Leistung Philipp Otto Runges mit seiner Schrift „Farbenkugel. Konstruktion des Verhältnisses aller Mischungen der Farben zueinander und ihrer vollständigen Affinität“.

4. Die Farbenkugel

4.1 Allgemeines

„Runges Farbenkugel bildet die Grundlage einer Optik oder einer Wissenschaft des Sehens, die das Herstellen der sichtbaren Welt auf der Leinwand über ein Wissen von Farbe, Licht und Schatten zur Erzeugung von Körper, Raum und Materie im Licht ermöglicht und wissenschaftlich begründet.“ (Lange 2010, S.214)

Dieses System sei laut Paul Klee das einzige, dass sich mit Farbe beschäftigt, ohne den Maler einzuschränken. Dadurch stehe die Farbenkugel Runges den Künstlern am nächsten. (vgl. Traeger 1975, S.195) Das dreidimensionale System gleicht weder einer physikalischen Theorie, noch wirkt es formelhaft – dennoch versteht Runge sein Schaffen als Wissenschaft der Malerei. Erkennbar ist dies auch am wissenschaftlich analytischen Schreibstil. Runges Hauptaugenmerk bezüglich seines Farbsystems liegt auf den Bedingungen, die der Malerei zugeschrieben sind, ins besondere die Mischungen der Farben, die unendlich zu sein scheinen. (vgl. Lange 2010, S.208)

Runge experimentierte und führte Versuchsreihen durch. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen gelang es ihm Gesetzmäßigkeiten über das Phänomen Farbe zu formulieren. Der Anspruch an diese seien die Nachvollziehbarkeit, die Überprüfbarkeit und die Ortsunabhängigkeit der Ergebnissicherung. Darüber hinaus erklärt Runge auch, dass er im Gegensatz zu tabellarischen Ansätzen mit seiner Figur den ganzen Zusammenhang der Mischungen untereinander kenntlich machen will und begründet somit indirekt seine Wahl der Kugelgestalt:

„Es haben öfters Bestrebungen wiewohl nur als Versuche stattgefunden, in einer tabellarischen Form das Verhältnis aller Mischungen zueinander darzustellen. Die Figur nun, durch welche der ganze Zusammenhang aller Verhältnisse ausgedrückt werden soll, kann nichts Willkürliches, sie muß vielmehr das Verhältnis selbst sein, indem solche notwendig aus der natürlichen Neigung sowie Feindschaft, welche die Elemente zueinander äußern, hervorgehen muß.“ (Betthausen 1983, S.247)

Auch wenn rationalistische Darstellungen stark an die Naturwissenschaft erinnern, grenzt sich Runge bewusst von dieser ab. Er studiert sowohl Natur, als auch ihr Abbild. Aus dieser Differenz ergibt sich der grundlegende Unterschied zur naturwissenschaftlichen Literatur. Runge geht davon aus, dass das Gestaltete an ein anderes Referenzsystem als die Wirklichkeit gebunden sei. Ein Bild habe immer die Möglichkeit etwas anderes als die Realität abzubilden, sodass die Sprache des Bildes nicht von der Natur festgelegt wird. Runges Farbkugel stellt dar, was mit Farbe im Bild zu erreichen ist und inwieweit Farbe als sinnliches Kommunikationsmittel dient. (vgl. Lange 2010, S.208) Seine dreidimensionale Darstellung ist auch nach modernen Gesichtspunkten vollständig und korrekt. Er ordnete Farben samt ihren Abstufungen in verschiedenen Sättigungen und Helligkeiten auf einem Globus an. Die Farbkugel umfasst fünf verschiedene Farben (Weiß, Schwarz, Blau, Gelb, Rot), die Runge als „Elemente aller Mischungen“ betitelt.

„Wir sondern aber Weiß und Schwarz von den andern drei Farben (welche wir überhaupt nur Farben nennen) aus und stellen sie in eine verschiedene, den Farben wie entgegengesetzte Klasse; weil nämlich Weiß und Schwarz einen bestimmten Gegensatz […] nicht nur für sich allein in unserer Vorstellung bezeichnen, sondern auch in ihrer mehreren oder minderen Vermischung […]“ (Betthausen 1983, S.247)

Darüber hinaus charakterisiert Runge Weiß und Schwarz in einem Brief an Goethe:

„Das Weiß macht durch seine Beimischung alle Farben matter, und wenn sie gleich heller werden, so verlieren sie doch ihre Klarheit und Feuer. […] Schwarz macht alle Farben schmutzig, und wenn es solche gleich dunkler macht, so verlieren sie ebensowohl ihre Reinheit und Klarheit.“ (Betthausen 1983, S.184)

Mit Hilfe acht verschiedener Figuren entwickelte er seine Kugel Schritt für Schritt. Für ihn selbst war sein Globus eine Art ‚Generaltabelle‘, in der sich ein jeder zurechtfinden würde. (vgl. Betthausen 1983, S.254) Die Kugel sei mit den „[…] zwei perspektivischen Aufrissen und mit zwei Durchschnitten […]“ (Betthausen 1983, S.245) auf der Kupfertafel vollständig.

4.2 Die acht Figuren

Die erste Figur1 umfasst ein gleichseitiges Dreieck, dessen Eckpunkte mit Großbuchstaben bezeichnet wurden. Die Bezeichnungen stehen für die Grund- und Primärfarben Blau, Gelb, Rot (B, G, R). Sie sind nicht weiter reduzierbare Einheiten. Da das Verhältnis der drei Farben zueinander gleich ist, haben sie auch den gleichen Abstand zueinander.

Aus dieser Figur heraus entwickelt er eine zweite2. Jene bezieht die Misch- bzw. Sekundärfarben mit ein. Auf der Strecke zwischen jeweils zwei Primärfarben (BG, BR, GR) werden im Mittelpunkt die entsprechenden Bezeichnungen grün, violett und orange platziert. (vgl. Betthausen 1983, S.248)

„Dass diese Farben […] ausgeschrieben und als Adjektive entlang der Geraden vor Augen geführt werden, illustriert ihre besondere Beschaffenheit. Waren die isolierten „reinen Farben“ als nicht mehr zu reduzierende Einheiten gedacht, macht die Schreibweise der reinen Mischungen diese sofort als zusammengesetzte Mehrheiten deutlich.“ (Lange 2010, S.210)

Die darauffolgende Figur3 macht aus den vorherigen Adjektiven reine Mischungspunkte (Gr, V, O). Somit lassen sich Primär- und Sekundärfarben ein Stück weit besser vergleichen, wenngleich letzteres einen niedrigeren Rang einnimmt. Um diesen Vergleich zu verdeutlichen, werden Gr-V-O zu einem weiteren kleinen gestrichelten Dreieck verbunden. Das Neuartige in der dritten Figur ist hauptsächlich die farbliche Abstufung nach gelb (gelblich), rot (rötlich) oder blau (bläulich).

Betrachtet man nun die vierte Figur4, wird ein Sprung in Richtung Dreidimensionalität gemacht. Da Weiß und Schwarz für Runge im Gegensatz zu den anderen Elementen, keine Farben darstellen, sollten sie gesondert, aber dennoch in einem Verhältnis zu den anderen platziert werden. Dieses Phänomen betitelte er als die „Totalität aller reinen Farben und ihrer einfachen Mischungen“. (vgl. Betthausen 1983, S.249) Zuerst glich er die Größe der beiden Dreiecke an, sodass Sekundär- und Primärfarben nun auf einer Ebene im selben Verhältnis zu einander standen. Daraufhin verband er die sechs Punkte zu einem gleichseitigen Sechseck. Eine Kreislinie entsteht aus der Bewegung heraus, also aus der Unendlichkeit der Mischungen. Setzt man das Dreieck der Sekundärfarben zwischen dem Dreieck der Primärfarben um die Achse WS in Bewegung, so entsteht eine Kreislinie. (vgl. Betthausen 1983, S.250) „Schwarz und Weiß sind von allen bisher genannten Farben gleich weit entfernt und wirken sich auf diese aus.“ (Lange 2010, S.210) Dieses symbolisiert er, indem er Weiß und Schwarz zu den Polen W und S ernennt. Zwischen diesen beiden Polen entsteht eine Achse, die oben schon genannte Achse WS. Schon bei dieser Figur lässt sich eine Ähnlichkeit zur Weltkugel erahnen.

[...]


1 Anhang 1

2 Anhang 2

3 Anhang 3

4 Anhang 4

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Philipp Otto Runges Farbenlehre. Zum Aspekt einer dreidimensionalen Farbtheorie
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Note
1,7
Jahr
2019
Seiten
19
Katalognummer
V538719
ISBN (eBook)
9783346151087
Sprache
Deutsch
Schlagworte
aspekt, farbenlehre, farbtheorie, otto, philipp, runges
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Philipp Otto Runges Farbenlehre. Zum Aspekt einer dreidimensionalen Farbtheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538719

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