Euthanasie im Nationalsozialismus. Wie konnte es im Jahr 1939 zum Euthanasie-Erlass kommen?


Bachelorarbeit, 2019

23 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Gedankengut vor 1933

3. Der Fall Knauer

4. Krieg

5. Fazit

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

In den Jahren 1939 bis 1945 fallen mehrere hunderttausende von Behinderten dem „Euthanasie“-Programm der Nationalsozialisten zum Opfer. Die Tötungs­aktion wird durch den „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ organisiert und gesteuert, hinter welchem sich die Abteilung II b der „Kanzlei des Führers“ verbirgt.1

Der Begriff der „Euthanasie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet Ster­behilfe. Hierbei ist die Hilfestellung zur Erleichterung eines mit Sicherheit und auf qualvolle Weise endenden Lebens gemeint. Die Semantik des Begriffs er­fährt durch die Lehre der Eugenik und medizinischen Diskussion im Laufe der Jahre eine Verfälschung.2 Im Wandel der Zeit kommt es zu verschiedenen Be­deutungsebenen, die sich überlagern und zu einer Unschärfe des Begriffes füh­ren. Gegen Ende der 1920er Jahre entwickelt sich der Begriff „Euthanasie“ zum Synonym für schmerzlose Tötung. Die Idee der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, welche im Laufe des 20. Jahrhunderts in die Semantik des Begriffes der „Euthanasie“ eingeht, bildet die Legitimationsbasis der späteren Massen­morde an Kranken und Behinderten im Nationalsozialismus.3 Die Idee der Um­setzung entwickelt sich bereits gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahr­hunderts, bleibt jedoch lange Zeit nur eine theoretische Angelegenheit. Am 1. September 1939 wird die Theorie mit Hilfe eines Erlasses in die Praxis umge­setzt. Daher lautet die Frage dieser Bachelorarbeit: Wie kam es dazu, dass die „Euthanasie“, gerade 1939, in die Praxis umgesetzt werden konnte?

Um diese Frage beantworten zu können sind im Hauptteil dieser Arbeit drei Faktoren zu beleuchten. Zuerst gilt es das Gedankengut, welches schon vor 1933 besteht, zu betrachten. Hierfür werden mehrere Schriften kurz dargestellt, unter anderem die Schrift von Karl Binding und Alfred Hoch „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Hierbei handelt es sich um eine sehr be­kannte und in Publikationen stark umstrittene Schrift, weshalb sie auch in der Forschung als Höhepunkt der aufkommenden Diskussionen und als „Wegbe­reiter nationalsozialistischen Gedankengutes in Bezug auf die juristische und ärztliche Rechtfertigung der Euthanasie“ gesehen wird.4 Als Nächstes wird der „Fall Knauer“/“Fall Leipzig“ erläutert. Dieser wird sowohl in der Forschungsliteratur als auch von den Beteiligten des „Euthanasie“-Programms als eine Art “Anstoß“ gesehen.5 Um die Geschehnisse des Falles näher be­leuchten zu können und seine Bedeutung für die Genese der Euthanasie her­auszustellen, werden hierfür unteranderem die detaillierten und in der Literatur viel genutzten Forschungsarbeiten von Udo Benzenhöfer zur Hilfe gezogen. Auch die Aussagen aus den Nachkriegsprozessen, wie beispielsweise des Nürnberger Ärzteprozesses, geben einen Einblick in den Verlauf und die Pla­nung der Geschehnisse. Allerdings sind diese mit Vorsicht zu genießen, da es sich hierbei um Aussagen der Angeschuldigten handelt und somit nicht immer der Wahrheit entsprechen müssen. Als Letztes wird der Krieg als eine äußere Bedingung der Euthanasie betrachtet. Hierfür werden sowohl Aussagen aus Nachkriegsprozessen verwendet als auch einzelne Dokumente, wie beispiels­weise der Erlass vom 1.September 1939. Aufgrund dieser drei Faktoren, welche im Hauptteil beleuchtet und näher erklärt werden, lautet die These dieser Arbeit: Nur das Zusammenspiel mehrerer Faktoren bewirkt die Ingangsetzung der „Eu­thanasie“. Durch einen Faktor allein wäre es demnach nicht möglich gewesen die „Euthanasie“ in die Praxis umzusetzen.

2. Das Gedankengut vor 1933

Im 19. Jahrhundert wird die gezielte Lebensverkürzung der Schwerkranken in Veröffentlichungen seitens der Ärzte noch abgelehnt, weshalb es auch in der »Realencyclopädie der gesammten Heilkunde« im Jahre 1886 unter dem Stich­wort der „Euthanasie“ heißt, dass solange auch nur ein kleiner Funken Hoffnung bei Schwerkranken besteht, alles medizinisch Mögliche getan werden muss, um das Leben des Schwerkranken zu erhalten. Im Falle, dass gar keine Hoff­nung mehr besteht, sei es die Aufgabe der Anwesenden dem Kranken einen menschenwürdigen Abgang zu ermöglichen, jedoch sei dabei kein Arzt dazu berechtigt irgendetwas zu tun, was das Leben eines Menschen verkürzen könnte. Trotz dessen kommt es am Rande der Diskussion bezüglich des The­mas der „Euthanasie“ zu Veränderungen, die eine gewisse Richtung aufweisen, wie die der Freigabe der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Diese Verän­derungen gingen hauptsächlich vom Sozialdarwinismus und von der Rassenhygiene bzw. Eugenik aus. Hierbei war die Diskussion um die „Aus­scheidung der Schwachen“ besonders bedeutsam.6

Der Naturforscher Charles Darwin veröffentlicht 1871 sein Werk „Die Abstam­mung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl“, in dem er Bemerkun­gen zu dem Thema der „Ausscheidung der Schwachen“ niederlegt.7 Er schreibt, dass es durch die „natürliche Zuchtwahl“ dazu kommt, dass die körperlich und geistig Schwachen “ausgeschieden“ werden, der zivilisierte Mensch jedoch diese „natürliche Selektion“ verhindert.8 Dieser würde nämlich versuchen die Eliminierung der körperlich und geistig Schwachen zu umgehen, indem er Heime für geistig Schwache erbaut und Ärzte sich bemühen schwer Kranke so lange wie möglich am Leben zu erhalten. Unter den Wilden würden diese Indi­viduen ausscheiden, sodass die Kräftigsten überleben. Durch die Verhinderung dieser Eliminierung kommt es jedoch dazu, dass auch die Schwachen sich wei­ter fortpflanzen können.9 Das Mitgefühl der Menschen, welches die Eliminie­rung der Schwachen verhindert, ist nach Darwin ein Instinkt der Sympathie, den der Mensch im Laufe der Zeit erworben hat . Dieser Instinkt wirkt jedoch gegen die Vernunft und ist nicht zu unterdrücken, auch wenn der Verstand es verlangt. Darwin behauptet, dass, wenn es einer schaffen würde diesen Instinkt zu un­terdrücken, seine „ausmerzenden Handlungen“ im Einklang mit der Vernunft stehen würden. „Auch wenn Darwin selbst also nie zur »Vernichtung lebensun­werten Lebens« aufrief, so bot er doch mit seinen Ausführungen Anhaltspunkte für eine entsprechende Argumentation.“10

Ernst Haeckel, seit 1882 Professor für Zoologie in Jena, ist ein entschiedener Anhänger Darwins. In seinem Werk „Natürliche Schöpfungsgeschichte“ aus dem Jahre 1870 fügt er zu dem Thema „Kampf ums Dasein“ eine längere Pas­sage hinzu, in der er feststellt, dass die „künstliche Zuchtwahl“ durchaus posi­tive Folgen mit sich bringt und nennt hierfür das Beispiel der Spartaner, die be­hinderte Neugeborene töten. Durch das alleinige Überleben der Gesunden und Kräftigen, käme es von Generation zu Generation zu einer Steigerung ihrer kör­perlichen Vollkommenheit.11 Durch diese Aussage, kann man erkennen, dass Haeckel sich durchaus positiv für eine Tötung der schwachen bzw. behinderten Kinder äußert.12 Während diese Äußerungen zu der „Kindereuthanasie“ noch eher vorsichtig zustimmend formuliert werden, spricht er seine Zustimmung der Vorgehensweise in der Antike in seinem 1904 verfassten Werk „Die Lebens­wunder“ deutlicher aus. Die Handlung des “Mordes“ verteidigt er mit dem Argu­ment, dass das Gehirn eines Neugeborenen noch nicht so weit entwickelt sei, dass man von einem „menschlichen Geiste“ sprechen kann. Die Handlung stellt demnach aus seiner Sicht eine Zweckmäßigkeit den Beteiligten und der Gesell­schaft gegenüber dar. Er fordert nun auch die Freigabe der Tötung auf Verlan­gen unheilbar Kranker, mit der Begründung, es sei eine Pflicht diese von ihrem Leid zu erlösen. In diesem Zuge erwähnt er auch die Tötung ohne Einwilligung Geisteskranker, die „künstlich“ am Leben gehalten werden und keinen Nutzen mehr für sich oder die Gesellschaft darstellen.13 Ab 1904 wird deutlich, dass Haeckel sich sowohl für die „Kindereuthanasie“, die Tötung auf Verlangen als auch für die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ positiv ausspricht.14

Auch Alfred Ploetz, mit seinem Werk „Die Tüchtigkeit unsrer Rasse und der Schutz der Schwachen“ aus dem Jahr 1895, steht unter dem Einfluss der Schrif­ten Darwins. Durch dieses Werk wird deutlich, dass er eine Rassenhygiene be­absichtigt und somit eine Verbesserung der gesamten Menschheit anstrebt.15 Im Sinne des Sozialdarwinismus hat für Ploetz das Rassenwohl eindeutig den Vorrang vor dem Einzelwohl. Einer klaren Aussage ausweichend, stellt er in einer „rassenhygienischen Utopie“ eine Familie dar, die von ihren Qualitäten her befähigt ist Kinder zu zeugen. In dieser Utopie werden Kinder, die, trotz der Qualitäten der Eltern, behindert geboren werden, durch die Ärzte in einen sanf­ten Tod geleitet. Hier gibt es keine Pflege der Schwachen, da diese die natürli­che Zuchtwahl verhindern würde.16 Es ist eindeutig, dass Ploetz der Meinung ist, dass für den idealen Rassenprozess die Tötung schwacher bzw. missgebil­deter Kinder eine elementare Prozedur ist.17

Im Jahre 1895 veröffentlicht Adolf Jost seine Streitschrift mit dem Titel „Das Recht auf den Tod“ und stellt die Frage, ob es Menschen gibt, die dieses „Recht“ besitzen. Hierbei ist der Wert des individuellen Menschenlebens der Ausgangs­punkt für das „Recht“. Dieser wird an folgenden zwei Faktoren gemessen:

1. „Die Summe von Freude und Schmerz“, die der Betroffene erlebt
2. „Die Summe von Nutzen und Schaden, die dieses Leben für die Allge­meinheit [hat]“.18

Adolf Jost sprach von der Tötung „unrettbarer“ Menschen, wobei sich diese Be­zeichnung sowohl auf „sterbende“ Kranke, als auch auf „unheilbar geistig und körperlich Behinderte“ bezieht. Mit der Bezeichnung der Unrettbarkeit waren die ökonomischen Interessen der Gesellschaft gemeint, was anhand der Berech­nungen zu den Kosten der Pflege und der Nahrung eines Kranken zum Aus­druck gebracht wird. Mit dem Begriff „Recht auf den Tod“ will er nicht nur das Töten auf Verlangen legitimieren, sondern auch, schon vor Karl Binding und Alfred Hoche, die „Freigabe der Tötung unheilbar Kranker“.19

Den Höhepunkt der Diskussion um die „Euthanasie“ erreicht jedoch die Schrift „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form.“ von Karl Binding und Alfred Hoche im Jahre 1920.20 Unter „allen deutschspra­chigen „Euthanasie“-Publikationen vor 1933“ entfaltet die Schrift die größte und verhängnisvollste Wirkung.21 Sie gilt als „Wegbereiter nationalsozialistischen Gedankengutes in Bezug auf die juristische und ärztliche Rechtfertigung der Euthanasie.“22

Karl Binding gilt als „einer der führenden Juristen des Kaiserreichs Reichsge­richtspräsident und Professor in Leipzig von 1873-1913“ und beschäftigt sich in der Schrift mit der Frage, ob die „Lebensvernichtung“ Dritter durch eine gesetz­liche Erweiterung freigegeben werden soll und in welchem Umfang dies ge­schehen kann. Diese Erweiterung bildet die „Herbeiführung der sogenannten Euthanasie“.23

Die Intention sei dabei die Verdrängung der schmerzhaften, möglicherweise noch länger andauernden, Todesursache der Krankheit eines Menschen durch eine schmerzlose Ursache. Trotz des bevorstehenden sicheren Todes durch die Krankheit des Patienten, würde dieses Vorgehen eine Lebensverkürzung und somit auf derzeitiger rechtlicher Grundlage eine Straftat darstellen. Hier be­tont Binding, dass das Beseitigen der Qualen jedoch auch eine Handlung des Heilens sei und deshalb das Verbot der Tötung „barbarisch“ ist, da es verlangt, dass der Kranke qualvoll sterben muss.24 Die Einwilligung des Kranken ist für Binding nicht unbedingt relevant, da er das Feld der Betroffenen auch auf „Be­wusstlose“ erweitert. Auch die Patienten in den „Idioteninstituten“ werden von ihm mit in das Feld aufgenommen. Binding bezeichnet diese nicht nur als wert­los, sondern auch als „negativ zu wertende Existenzen“, als Last für Gesellschaft und Staat und schreibt, dass ihre Tötung daher einerseits für sie selber, andererseits für den Staat und die Gesellschaft eine Erlösung sei. Er hebt hervor, dass das Tragen dieser Last keinen Nutzen erbringt. Daraus resul­tiert die Frage, ob die Rechtsordnung nicht die Aufgabe hat die „Vernichtung freizugeben“, wenn deren Leben eine „unsoziale Fortdauer“ darstellt und somit die Erhaltung dieses Menschenlebens keinen Nutzen mehr hervorbringt. Zu be­achten sei hier allerdings der Lebenswille des Einzelnen, der unter keinen Um­ständen gebrochen werden darf. Demnach sei die Freigabe der Tötung eines „Geisteskranken“, der diesen Lebenswillen in sich trägt und glücklich ist, nicht gestattet. Die in Betracht kommenden Menschen unterteil Binding in zwei Grup­pen:

1. Die „unrettbar Verlorenen“, die durch eine Krankheit oder Verwundung in diese Situation geraten und bei vollem Verständnis ihrer Lage sich eine Erlösung wünschen;
2. Die „unheilbar Blödsinnigen“; sowohl diejenigen, die von Geburt an un­ter der geistigen Behinderung leiden, als auch die, die im letzten Sta­dium ihrer Krankheit einer geistigen Schwäche erliegen.

Nach Binding, hätten diese Menschen weder den Willen zu leben noch zu ster­ben, und obwohl sie nicht eindeutig ihre Einwilligung geben können, würde man hier den Lebenswillen nicht brechen.25

Abschließend schreibt Binding, dass man das Leben der „Unheilbaren“ auf­grund von Mitleid versucht krampfhaft zu erhalten, dieser Akt jedoch kein Akt des Mitgefühls mehr darstellt, sondern eine grausame Tat, da diese sich nach dem Tod sehnen würden, man ihnen aber die sanfte Erlösung vorenthält.26 Im zweiten Teil der Schrift handelt es sich um die Gedanken des Professors für Psychiatrie, Alfred Hoche. Dieser bearbeitet die Frage, ob es Menschenleben gibt, „die so stark die Eigenschaft des Rechtsguts eingebüßt haben, dass ihre Fortdauer für die Leidensträger wie für die Gesellschaft dauernd allen Wert ver­loren hat?“ Auch er unterteilt die Betroffenen in zwei Gruppen. Die erste Gruppe, die durch Krankheit oder Verwundungen „unrettbar Verlorene“ und die zweite Gruppe, die „unheilbar Blödsinnigen, deren Fortdauer des Lebens weder für die Gesellschaft noch für den Lebensträger selbst irgendwelchen Wert be- sitzt.“27 Auch Hoche unterteilt die zweite Gruppe in die, die von Geburt an eine geistige Behinderung besitzen und die, die im Laufe ihres Lebens diese erwerben. Die „geistig Toten“ würden sich jedoch auch in wirtschaftlicher und moralischer Hinsicht unterscheiden. Die geringste Belastung verursachen nach Hoche diejenigen, die im späteren Verlauf ihres Lebens an Hirnerweichungen den geistigen Tod erlangen, da diese ab dem Zeitpunkt in der Regel nur noch ein paar Jahre zu leben haben. Die längste Lebensdauer besäßen die, die in sehr jungen Jahren der „Vollidiotie“ erliegen und somit auch die Fürsorge Frem­der über mehrere Jahre benötigen. In wirtschaftlicher Beziehung sind jene die­jenigen, „deren Existenz am schwersten auf der Allgemeinheit lastet.“28 Die „wirkliche Belastung“ sei jedoch, dass die Anstalten, die der „Idiotenpflege“ die­nen, anderen Zwecken entzogen werden, wie beispielsweise das Pflegeperso­nal, welches einer „unfruchtbaren Aufgabe dienen und somit einer fördernden Aufgabe entzogen werden“ würde. Hoche bezeichnet diese Menschen als „Bal­lastexistenzen“ und stellt die Frage, ob der Aufwand der Pflege und die damit verbundenen Kosten gerechtfertigt sind. In Zeiten des Wohlstandes sei diese Frage nicht notwendig, jedoch in der Zeit, in der sie sich befinden würden, wäre die Situation eine Andere. Daher sei „die größtmögliche Leistungsfähigkeit Aller die unerlässliche Voraussetzung und die „deutsche Aufgabe“ das „Freimachen jeder verfügbaren Leistungsfähigkeit für fördernde Zwecke“.29 Demnach ent­scheide nach Hoche „allein der Wert eines Menschenlebens für die Gesellschaft über seine Daseinsberechtigung.“30

Die Unantastbarkeit des Lebens wird durch den großen Verlust an Menschen­leben im vorausgegangenen Krieg bereits in Frage gestellt. Die ökonomische Argumentation Bindings und Hoches ist somit ein Ausdruck der Gefühlslage der Gesellschaft, die durch den Ersten Weltkrieg und seine Folgen hervorgerufen wird.31

Durch die Schrift der beiden Autoren kommt es unter Juristen und Medizinern zu einer kontroversen Diskussion.32 Die Vorschläge Bindings zu der Sterbehilfe werden von der juristischen Seite zustimmend aufgenommen, jedoch überwiegt die Ablehnung seiner Forderung der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, da ein Arzt keinen Menschen zum Tode verurteilen dürfe, der zu keiner Willens­entscheidung fähig ist.33 Auch der Großteil der deutschen Ärzte spricht sich zu dieser Zeit gegen die Freigabe der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ aus.34

[...]


1 Vgl. Zimmermann, Susanne: „Euthanasie wäre durchaus zu rechtfertigen...“. S.81.

2 Vgl. Kogon, Eugen: Nationalsozialistische Massentötung durch Giftgas. S.27.

3 Vgl. Schmuhl, Hans-Walter: Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie. S.25ff.

4 Vgl. Bleidick, Ulrich: Allgemeine Behindertenpädagogik. S.178.

5 Vgl. Benzenhöfer, Udo: „Kindereuthanasie“ im Dritten Reich. B-954.

6 Vgl. Benzenhöfer, Udo: Der gute Tod? Geschichte der Euthanasie und Sterbehilfe. S.69.

7 Vgl. ebd. S.70.

8 Vgl. ebd. S.71.

9 Vgl. Bleidick: Allgemeine Behindertenpädagogik. S. 177.

10 Benzenhöfer: Der gute Tod? S.71.

11 Vgl. ebd. S.72.

12 Vgl. ebd. S.73.

13 Vgl. ebd. S.85.

14 Vgl. ebd. S.86.

15 Vgl. Kutschera: Streitpunkt Evolution. S.275.

16 Vgl. Benzenhöfer: Der gute Tod? S.77.

17 Vgl. ebd. S.78.

18 Vgl. Gansmüller, Christian: Die Erbgesundheitspolitik des Dritten Reiches. S.19.

19 Vgl. ebd. S.19.

20 Vgl. Nowak, Kurt: „Euthanasie“ und Sterilisierung im „Dritten Reich“. S.49.

21 Vgl. Benzenhöfer: Der gute Tod? S.89.

22 Vgl. Bleidick: Allgemeine Behindertenpädagogik. S.178.

23 Vgl. ebd. S.178ff.

24 Vgl. ebd. S.179ff.

25 Vgl. ebd. S.181ff.

26 Vgl. ebd. S.187.

27 Vgl. ebd. S.188.

28 Vgl. ebd. S.188ff.

29 Vgl. ebd. S.190.

30 Vgl. Schmuhl: Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie. S.116.

31 Vgl. ebd. S.117.

32 Vgl. Benzenhöfer: Der gute Tod? S.93.

33 Vgl. Schmuhl. S.119.

34 Vgl. Benzenhöfer: Der gute Tod? S.94.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Euthanasie im Nationalsozialismus. Wie konnte es im Jahr 1939 zum Euthanasie-Erlass kommen?
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Note
1,1
Autor
Jahr
2019
Seiten
23
Katalognummer
V538823
ISBN (eBook)
9783346144287
ISBN (Buch)
9783346144294
Sprache
Deutsch
Schlagworte
NS, Nationalsozialismus, Euthanasie, Bachelorarbeit, Neuere Geschichte, 2. Weltkrieg
Arbeit zitieren
Zülal Eskicirak (Autor:in), 2019, Euthanasie im Nationalsozialismus. Wie konnte es im Jahr 1939 zum Euthanasie-Erlass kommen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538823

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