Welche Formen politischer Einflussnahme und Medienregulierung treten auf? Wie kommt es zur Selbstzensur? Auf welche Weise wirken sich Eigentumsstrukturen und Medienkonzentration auf die Pressefreiheit in der Türkei aus? Welches Grundverständnis der Presse hat sich historisch etabliert und inwiefern erzeugen kulturelle und religiöse Normen möglicherweise eine gesellschaftliche Toleranz gegenüber Einschränkungen der Pressefreiheit? Diese Fragen münden in der zentralen Fragestellung dieser Abschlussarbeit: Wie wirken sich die strukturellen Faktoren der Medienregulierung und Zensur auf die Pressefreiheit in der Türkei aus?
Der gescheiterte Putschversuch vom 15. Juli 2016 hat dem türkischen Staatspräsident Erdogan den willkommenen Anlass gegeben, im Interesse der „nationalen Sicherheit“, eine massive „Säuberung“ der Presselandschaft voran zu treiben: Mehr als 170 Medien sind seitdem durch Notstandsdekrete geschlossen und weit über hundert Journalistinnen und Journalisten inhaftiert worden. Die französische NGO „Reporter ohne Grenzen“ platziert die Türkei in ihrem World Press Freedom Index für das Jahr 2019 auf Platz 157 von 180, noch hinter Russland, Ungarn und dem Irak. Diese aktuellen Entwicklungen machen eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Zustand der Pressefreiheit in der Türkei relevant und notwendig.
Obwohl die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei verfassungsrechtlich gewährleistet ist – Abschnitt X, Art. 28: „Die Presse ist frei, Zensur findet nicht statt“ – wird sie in der Praxis systematisch untergraben. Eine Analyse der rechtlichen Grundlagen und des Justizwesens reicht daher nicht aus, um den Status der Pressefreiheit in der Türkei zu ergründen. Es muss vielmehr auf die politischen, medienökonomischen, historischen und kulturellen Faktoren eingegangen werden, die als regulierende und zensierende Mechanismen, direkt und indirekt, auf das Mediensystem in der Türkei einwirken.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Republik Türkei
- 2.1 Geschichte der Republik Türkei
- 2.2 Putschversuch vom 15. Juli 2016
- 2.3 Politisches System nach dem Referendum von 2017
- 2.4 Zwischenfazit
- 3. Theoretischer Rahmen: Über die Messung von Pressefreiheit
- 3.1 Verständnis von Pressefreiheit
- 3.2 Kritik an konventionellen Indizes zur Messung von Pressefreiheit
- 3.2.1 Freedom House: Freedom of the Press
- 3.2.2 Reporters sans frontières: World Press Freedom Index
- 3.3 Strukturelle Faktoren der Pressefreiheit nach Andrea Czepek
- 3.4 Zwischenfazit
- 4. Eine strukturelle Analyse der Pressefreiheit in der Türkei
- 4.1 Historische Einflüsse auf das türkische Mediensystem
- 4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen
- 4.2.1 Verfassungsrechtliche Grundlagen
- 4.2.2 Kontrolle der Judikative durch die Exekutive
- 4.3 Politische Medienregulierung
- 4.3.1 Medienregulierung durch die Exekutive
- 4.3.2 Politischer Parallelismus in den türkischen Medien
- 4.4 Wirtschaftliche Strukturen
- 4.4.2 Wirtschaftlich motivierte Selbstzensur
- 4.5 Kulturelle und religiöse Einflüsse
- 4.6 Zusammenfassung und Einordnung der Analyseergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Pressefreiheit in der Türkei. Ziel ist es, die strukturellen Faktoren zu analysieren, die die Lage der Pressefreiheit beeinflussen. Die Arbeit befasst sich mit der historischen Entwicklung, den rechtlichen Rahmenbedingungen, der politischen Medienregulierung sowie den wirtschaftlichen und kulturellen Einflüssen.
- Historische Entwicklung des türkischen Mediensystems
- Rechtliche Rahmenbedingungen und deren Einfluss auf die Pressefreiheit
- Politische Einflussnahme auf Medien und deren Regulierung
- Wirtschaftliche Strukturen und Selbstzensur
- Kulturelle und religiöse Einflüsse auf die Medienlandschaft
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Pressefreiheit in der Türkei ein und erläutert die Relevanz des Themas im Kontext der politischen Entwicklungen des Landes. Es skizziert den Forschungsansatz und die methodische Vorgehensweise der Arbeit.
2. Die Republik Türkei: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Geschichte der Türkei, den gescheiterten Putschversuch von 2016 und die politischen Veränderungen nach dem Referendum 2017. Es beschreibt die Entwicklung des politischen Systems und legt den Grundstein für das Verständnis der aktuellen Lage der Pressefreiheit im Land. Der Fokus liegt auf den strukturellen Veränderungen, die den Rahmen für die Medienlandschaft gesetzt haben. Es werden wichtige historische Ereignisse hervorgehoben, die das heutige Mediensystem prägen.
3. Theoretischer Rahmen: Über die Messung von Pressefreiheit: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene Ansätze zur Messung von Pressefreiheit, wobei sowohl etablierte Indizes wie der Freedom House Report und der World Press Freedom Index von Reporter ohne Grenzen kritisch beleuchtet werden. Es werden die Stärken und Schwächen dieser Messmethoden diskutiert und der theoretische Rahmen der Arbeit anhand der strukturellen Faktoren der Pressefreiheit nach Andrea Czepek erläutert, der als Basis für die Analyse dient. Der Fokus liegt auf der Auseinandersetzung mit den Limitationen etablierter Indizes und der Begründung der gewählten analytischen Perspektive.
4. Eine strukturelle Analyse der Pressefreiheit in der Türkei: Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit und analysiert die Pressefreiheit in der Türkei anhand der im vorherigen Kapitel etablierten theoretischen Grundlage. Es untersucht historische Einflüsse, rechtliche Rahmenbedingungen, politische Medienregulierung, wirtschaftliche Strukturen und kulturelle sowie religiöse Faktoren. Dabei wird die Interdependenz dieser Faktoren detailliert untersucht und anhand von Beispielen veranschaulicht, wie sie die Pressefreiheit einschränken. Die verschiedenen Einflussfaktoren werden prägnant zusammengefasst und ihre Bedeutung im Kontext der gesamten Analyse hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Pressefreiheit, Türkei, Medienlandschaft, politische Regulierung, wirtschaftliche Strukturen, Rechtliche Rahmenbedingungen, Selbstzensur, Reporters ohne Grenzen, Freedom House, Putschversuch 2016, Referendum 2017, strukturelle Analyse.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Analyse der Pressefreiheit in der Türkei
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Pressefreiheit in der Türkei. Sie untersucht die strukturellen Faktoren, die die Lage der Pressefreiheit beeinflussen, und betrachtet dabei historische Entwicklungen, rechtliche Rahmenbedingungen, politische Medienregulierung sowie wirtschaftliche und kulturelle Einflüsse.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Kapitel 1 (Einleitung), Kapitel 2 (Die Republik Türkei), Kapitel 3 (Theoretischer Rahmen: Über die Messung von Pressefreiheit) und Kapitel 4 (Eine strukturelle Analyse der Pressefreiheit in der Türkei).
Was wird im Kapitel "Die Republik Türkei" behandelt?
Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Geschichte der Türkei, den Putschversuch von 2016 und die politischen Veränderungen nach dem Referendum 2017. Es beschreibt die Entwicklung des politischen Systems und legt den Grundstein für das Verständnis der aktuellen Lage der Pressefreiheit.
Welche theoretischen Ansätze zur Messung von Pressefreiheit werden diskutiert?
Kapitel 3 beleuchtet verschiedene Ansätze zur Messung von Pressefreiheit, einschließlich der etablierten Indizes von Freedom House und Reporter ohne Grenzen. Es kritisiert diese Methoden und begründet die Wahl des analytischen Rahmens, der auf den strukturellen Faktoren der Pressefreiheit nach Andrea Czepek basiert.
Wie wird die Pressefreiheit in der Türkei analysiert?
Kapitel 4, der Kern der Arbeit, analysiert die Pressefreiheit in der Türkei anhand des gewählten theoretischen Rahmens. Es untersucht historische Einflüsse, rechtliche Rahmenbedingungen, politische Medienregulierung, wirtschaftliche Strukturen sowie kulturelle und religiöse Faktoren und deren Interdependenz.
Welche Faktoren beeinflussen die Pressefreiheit in der Türkei laut der Analyse?
Die Analyse betrachtet historische Einflüsse auf das türkische Mediensystem, die rechtlichen Rahmenbedingungen (inkl. Verfassungsrecht und die Kontrolle der Judikative durch die Exekutive), die politische Medienregulierung (inkl. Einfluss der Exekutive und politischer Parallelismus), wirtschaftliche Strukturen (inkl. wirtschaftlich motivierter Selbstzensur), sowie kulturelle und religiöse Einflüsse.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Pressefreiheit, Türkei, Medienlandschaft, politische Regulierung, wirtschaftliche Strukturen, Rechtliche Rahmenbedingungen, Selbstzensur, Reporters ohne Grenzen, Freedom House, Putschversuch 2016, Referendum 2017, strukturelle Analyse.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit untersucht die strukturellen Faktoren, die die Lage der Pressefreiheit in der Türkei beeinflussen. Das Ziel ist eine umfassende Analyse dieser Faktoren.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, eine Beschreibung der Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und eine Liste von Schlüsselwörtern.
- Quote paper
- Severin Pehlke (Author), 2020, Pressefreiheit in der Türkei nach dem Putschversuch von 2016, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/538887