Das Massaker an den Jesiden 2014. Ein Genozid?


Hausarbeit, 2019

20 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Begriff des Genozids – Eingeführt von Raphael Lemkin

3 Das Volk der Jesiden
3.1 Verbreitung
3.2 Sprache
3.3 Geschichte
3.4 Religion
3.5 Jesidentum heute
3.6 Der Glaube an Engel
3.7 Das Heiligtum Lalish
3.8 Reformer Sheikh Adi
3.9 Feste
3.10 Gesellschaftliche Strukturen

4 Islamischer Staat
4.1 Frauen als Kriegswaffe des IS
4.2 Die Ereignisse im Sindschar Gebirge im Jahr
4.3 Die Auswirkungen und Folgen

5 Nadia Murad

6 UN- Äußerungen zum Genozid an den Jesiden

7 Fazit

Literaturverzeichnis

„Das Massaker an den Jesiden 2014 – ein Genozid?“

1 Einleitung

In dieser Arbeit werde ich prüfen, ob die im August 2014 vom Islamischen Staat an den Jesiden begangenen Verbrechen als Genozid nach der Definition der Vereinten Nationen bezeichnet werden können. Im ersten Teil der Hausarbeit gehe ich zuerst auf Raphael Lemkin ein, der als erster den Begriff des Genozids definierte. Des Weiteren gehe ich auf das Volk der Jesiden ein, ihre Geschichte, woher sie kommen, an was sie glauben und wie ihre gesellschaftlichen Strukturen aufgebaut sind. Im zweiten Teil der Hausarbeit beschreibe ich das Massaker an den Jesiden durch den „Islamischen Staat“1, erkläre seine Anfänge und die daraus resultierenden Folgen für das jesidische Volk. Zudem gebe ich Informationen über den Islamischen Staat, was dieser ist, seine Ideologie und sein Verhältnis zu Frauen, die sie als Kriegswaffe im Zusammenhang mit ihren kriegerischen Aktionen benutzen. Im Anschluss zeige ich am Beispiel der jesidischen Frau Nadia Murad, wie sie das Massaker als Sexsklavin bei dem islamischen Staat erlebte. Am Ende der Hausarbeit erkläre ich, wie die Vereinten Nationen zu dem Massaker an dem jesidischen Volk stehen. Auf Basis dieser Informationen begründe ich meine Bewertung, ob das Massaker am 3. August 2014 ein Genozid war oder nicht.

2 Der Begriff des Genozids – Eingeführt von Raphael Lemkin

Raphael Lemkin wurde im russischen Teil Polens im Jahr 1900 geboren und studierte in den 1920er Jahren in Heidelberg und Lwiw Jura. In den 1930er Jahren fokussierte sich Lemkin auf Massenmord als internationales Verbrechen. 1947 arbeitete Lemkin an einem UNO-Gesetzesentwurf zur Bestrafung von Völkermorden. Lemkins Entwurf wurde angenommen und trat in Kraft. Zudem führte Lemkin den Begriff des Genozids ein, diesen benutzte er erstmalig 1943 bei dem Gesetzesentwurf der polnischen Exilregierung zur Bestrafung von deutschen Verbrechen in Polen. Damals verwendete er den Begriff des Genozids in Polnisch und übersetzte ihn 1944 mit dem Begriff „genocide“ in die englische Sprache, auf Deutsch verwendet man synonym den Begriff „Völkermord“.

Lemkin war polnisch-jüdischer Herkunft. Durch seine Bemühungen um die Verbreitung der UN-Konvention, in der es um die Bestrafung des Genozids von 1948 ging, entwickelte er den Begriff des Genozids, der heute noch nach seiner Definition angewendet wird. Am 9. Dezember 1948 beschlossen die Vereinten Nationen folgende Definition für Genozid:

„Handlungen, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.“.2

Bei der Analyse von Genoziden zeigt sich in vielen Fällen, dass die Gruppe der zu tötenden Menschen sprachlich herabgewürdigt und entmenschlicht wird. Es werden Begriffe verwendet wie; Schweine, Hunde, Kakerlaken, Abschaum, wertlose Rasse, von Gott entfremdete Rasse, Heiden, Hoffnungslos primitiv und unnütze Esser.3 Jesiden werden oft als Teufelsanbeter oder als Unreine betitelt.4

Vor 1948 bezeichneten die Jesiden die Anschläge auf ihr Volk „Ferman“5, dies ist ein osmanischer Begriff, der die Verfolgungen der Jesiden beschrieb, als das Wort Genozid noch nicht vorhanden war.6

3 Das Volk der Jesiden

Mit ca. 1 Million Menschen weltweit sind die Jesiden eine „Minderheit in der Minderheit“.7 Sie gehören zu den kurdischen Volksstämmen. Die Jesiden sind damit Teil des „größten Volk(s) ohne eigenen Staat.“.8 Ihre Hauptsiedlungsgebiete sind im nördlichen Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei. Im Irak lebten vor dem Genozid 2014 ca. 600.000 - 700.000 Jesiden.9 Durch verschiedene Migrationen leben einige jesidische Gruppen auch in Armenien, Russland sowie in Georgien. Seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts leben durch Anerkennung als Flüchtling oder als Arbeitnehmer („Gastarbeiter“) Jesiden auch in Deutschland.10 Das jesidische Volk ist eine eigenständige religiöse Minderheit ohne Bezüge zum Islam oder Christentum. Dadurch unterscheiden sie sich von anderen Minderheiten im Nahen Osten wie z.B. Aleviten11 und Aramäern.12

3.1 Verbreitung

Bis zu dem Genozid im Jahr 2014 lebten die Jesiden mehrheitlich im nördlichen Irak13, überwiegend in den Gebieten des Şingal Gebirges14 (Dschabal Sindschar).15 Die Region des Şingal befindet sich 164 km östlich von Mossul und ist ein 60 km langes Gebirge.16

3.2 Sprache

„Viele Yeziden sind Kurden, aber nicht alle Kurden Yeziden“.17 Das Volk der Jesiden hat seine ganz eigene Geschichte, Kultur und einen eigenen Glauben, jedoch unterscheidet sich Ihre Sprache nicht vom Kurdischen. Kurdisch wird zu den iranisch-stämmigen Sprachen gezählt. Es gibt sehr viele unterschiedliche Dialekte und deshalb keine einheitliche und überall verständliche Sprache. Der am häufigsten gesprochene Dialekt ist Kurmandschi, der eher in nördlichen und nordwestlichen Gebieten Kurdistans18 gesprochen wird, wie zum Beispiel in der Türkei, in Syrien, in den nördlichen Landesteilen des Iraks und im Libanon. Die Jesiden sprechen überwiegend Kurmandschi und Sorani, diese Dialekte werden je nach Region noch etwas verändert.19 Seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wird Kurmandschi mit lateinischen Buchstaben geschrieben, wo hingegen viele andere Dialekte wie z.B. Sorani mit einer vom Arabischen abgeleiteten Schrift geschrieben wird. Kurdische Schätzungen gehen von 15 Millionen Menschen aus, die Kurmandschi sprechen, und Sorani soll von 6 Millionen Menschen gesprochen werden.20 Östlich von Mossul, gibt es auch eine Jesidische Enklave die die arabische Sprache als Muttersprache hat.21

3.3 Geschichte

Weltweit gehen Wissenschaftler davon aus, dass es das Jesidentum seit ca. 4 000 Jahren gibt. Jesiden wurden viele Jahrhunderte aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt. 2014 kamen in Folge des Massakers an den Jesiden einige als Flüchtlinge nach Deutschland.22 Die Jesiden sprechen von dem Massaker am 3. August 2014 durch den IS als 74ten23 Völkermord in ihrer bisherigen Geschichte.

Die erste dokumentierte Verfolgung der Jesiden war im Jahr 1640 durch die Osmanen, im Vilayet Mossul. In den darauffolgenden Jahrhunderten gab es weitere Verfolgungen dieser Art. Weitere Genozide fanden 1838 durch den Vali von Diyarbakir und 1846 durch den Vali von Mossul statt. Das Osmanische Reich24 verfolgte und ermordete nach dem Genozid an den Armeniern25 tausende Jesiden. Diese flohen zum Schutz nach Armenien und Georgien wo heute noch jeweils ca. 30.000 Jesiden leben.26 Auch litten Jesiden immer wieder unter verschiedenen Regierungen sowie Monarchien. Zum Beispiel 1957 unter der Irakischen Monarchie, die Regierung ließ 61 Dörfer im Şingal ohne erkennbare Gründe zerstören und ihre Bewohner wurden in die Berge verjagt. Die arabisch-nationalistische Baath-Partei unter Saddam Hussein, wurden die Jesiden stark unterdrückt und vertrieben, da seine Regierung eine Vertreibungspolitik antrieb.27 Es gibt viele andere Bespiele die allerdings den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, deswegen nenne ich nur ein paar der Ereignisse um deutlich zu machen, dass das Jesidische Volk seit Jahrhunderten ein verfolgtes ist.

3.4 Religion

Das Jesidentum ist wie die drei Religionen Christentum, Islam und Judentum eine monotheistische Religion. Wesentlicher Unterschied zu den anderen drei Religionen ist, dass das Jesidentum keine Buchreligion ist. Die Jesiden meinen, dass es ein Buch gibt mit heiligen Schriften, jedoch sollen die Österreicher dieses gestohlen und in Wien im Museum ausgestellt haben. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil man dieses Buch laut dem Autor Thomas Schmidinger in keinem Museum finden kann. Schmidinger ist der Meinung, dass der Mythos des heiligen Buches durch den österreichischen Orientalist Maximilian Bittner 1913 entstand, da dieser „Die heiligen Bücher der Jesiden oder Teufelsanbeter“ veröffentlichte. In diesem soll es Schriften geben, die von lokalen Christen angekauft wurden, deren Authentizität ist jedoch bis heute umstritten.28 Die meisten Geschichten, werden im Jesidentum mündlich überliefert.29 Bis in das 20. Jahrhundert waren die meisten Jesiden Analphabeten.30

Die Geschichten von Heiligen, Liedern und Gebeten werden bei den Jesiden von Pirs und Shexs überliefert. Diese sind Honoratioren, die dafür sorgen, dass das Jesidentum weiterlebt.31

Es wird vermutet, dass der Ursprung des Jesidentums vom Zoroastrismus kommt.32 Am Anfang glaubten die Jesiden an die vier Elemente Wasser, Erde, Feuer und Luft. Später kam die Verherrlichung der Sonne hinzu. Diese sahen und sehen die Jesiden als Mutter des Feuers an. Mit ihren Feuertempeln symbolisieren sie die Verbindung zwischen Sonne und Erde. Sie sehen Gott als etwas Allmächtiges an, als einen Gott, den man nicht sehen oder fühlen kann. Es verbleibt die Sonne als heiliges Symbol, jedoch nicht gleichgestellt mit Gott. Im Laufe der Zeit entwickelte sich aus der zunächst nicht monotheistischen Religion eine monotheistische Denkweise. Gott erhielt den Namen „Xweda“. Xweda heißt, „Der, der sich selbst geschaffen hat.“33 Auch nennen sie ihn „Ezda“ was bedeutet: „Der, der mich geschaffen hat“34. Die Sonne ist im Jesidentum bis heute ein heiliges Symbol, das einen wichtigen Stellenwert hat. Es gibt verschiedene Rituale im Zusammenhang mit der Sonne.35 Im Jesidentum gibt es keine Gestalt des Bösen, da die Jesiden glauben, dass nur Gott selber allwissend und allmächtig ist und es keine andere Macht egal in welcher Form geben kann. Im jesidischen Glauben meint man, dass Gott dem Menschen die Fähigkeit gegeben hat, zu denken, zu hören und zu sehen und deshalb der mit diesen Fähigkeiten ausgestattete Mensch sein eigenes Leben in die Hand nehmen und den richtigen Weg finden kann.36 Das Jesidentum hat nie wie der Zoroastrismus eine Entwicklung zum Dualismus durchgemacht. Die Religionen Christentum, Judentum und der Islam, haben die Idee des bösen Gegen-Gottes aus dem zoroastrischen Dualismus übernommen. Die Jesiden kennen keine Teufel oder eine Hölle, wurden aber oft und werden heute immer noch von einigen Muslimen und Christen als Teufelsanbeter betitelt.37

Jeside kann nur derjenige werden, der als Jeside geboren wird. Die Geburt durch jesidische Eltern besiegelt den Eintritt in die Religionsgemeinschaft. Zwar gibt es auch bei den Jesiden wie im Christentum eine Taufe, jedoch ist diese ein Symbol zur Zugehörigkeit zur jesidischen Gemeinschaft und kann nur mit dem Wasser aus den heiligen Quellen in Lalish vollzogen werden. Lalish ist die Heilige Stadt der Jesiden. Jesiden können beten wo und wann sie möchten, es gibt zwar am Tag fünf Hauptgebete Sonnenaufgang, Gebet am Morgen, Mittagsgebet, Abendgebet und das Gebet zum Sonnenuntergang, jedoch muss man sich nicht an diese Gebetsvorgaben halten. Wichtig ist es, immer in Richtung der Sonne zu beten. Im Jesidentum gibt es wie bei den Muslimen und bei den Juden eine Beschneidung der Jungen.38 Meist findet diese direkt nach der Geburt statt, jedoch gibt es auch Fälle, in denen dies erst vor der Hochzeit oder nach dem Tod durchgeführt wird, wichtig ist, dass der Mann nicht unbeschnitten begraben wird.39

Im jesidischen Glauben sind grundlegende Regeln:

- Der Glaube an Gott;
- das Verbot des Beleidigens von anderen Menschen;
- das Verbot, den Namen des Bösen auszusprechen;
- der Verzicht auf das Lügen;
- die Monogamie in der Ehe;
- das Tragen von weißer Unterwäsche, weil dies ein Symbol der Reinheit ist;
- das Verbot, im April zu heiraten, weil dies der heilige Monat der Jesiden ist;
- das Verbot, an einem Mittwoch zu heiraten, weil Mittwoch ein heiliger Tag ist;
- Jeder Jeside sollte einen Sheikh40, einen Merebbi (Lehrer), einen Pir und einen Jenseitsbruder oder eine Jenseitsschwester41 haben.42

3.5 Jesidentum heute

Heute, sind die teils strengen Traditionen und Glaubensregeln der Jesiden vor allem für die jüngere Generation in Europa ein Problem. Es gibt immer wieder Frauen sowie Männer die sich in Muslime oder Menschen anderer Glaubensrichtungen verlieben, draus folgen durch die Familie des jeweiligen Menschen vor allem immer wieder bei Frauen durch ihre Familie beigeführte Ehrenmorde. Auch kommen solche Ehrenmorde im Iran vor, wo zum Beispiel am 7. April 2007 die Frau Du’a Khalil Aswad durch ihre Familie zu Tode gesteinigt wurde. Grund war, dass Sie sich in einen muslimischen Mann verliebt hatte.43 Auch wenn Ehrenmorde im Irak verboten und unter Strafe stehen kommt es vor, dass sie stattfinden. Vier der Steiniger wurden 2010 zur Todesstrafe verurteilt.

3.6 Der Glaube an Engel

Im jesidischen Glauben sind die sieben Engel (Melek) aus dem Licht Gottes entstanden und stehen für verschiedene Symbole des Lebens. Wie zum Beispiel der Sonnenengel Sifqayil, dieser bringt den Jesiden die Sonnenstahlen und sorgt dafür, dass die Jesiden genug aus der Natur bekommen. Der Engel Derdayil hat die Aufgabe, das Gleichgewicht zwischen Erde und Himmel zu bewahren. Es gibt noch vier weitere Engel, jedoch ist der wichtigste von allen der Engel Azazil, „Tawisi Melek“ oder auch „Taus-i“ genannt, der für die Verwaltung der Erde verantwortlich ist. Laut der Geschichte hat Tawasi Melek die Gestalt eines Pfaus, deswegen werden die Jesiden auch oft das Pfauenvolk genannt. Tawasi Melek hatte zur Aufgabe, die Menschheit zu vermehren. Jesiden glauben, dass Gott die Erde und den Körper Adams aus den vier Naturelementen Erde, Luft, Wasser und Feuer erschuf. Körper und Seele sind eigentlich eigenständig und der Körper ist an sich nur eine Hülle, jedoch wurden beide Elemente miteinander verbunden um daraus den Menschen zu schaffen. Auch bei den Jesiden ist der Glaube an Adam und Eva ähnlich wie im Christentum anzufinden. Tawasi Melek ist für die Jesiden der Stellvertreter Gottes auf Erden44. Laut der Geschichte der Jesiden, hat sich Tawasi Melek nicht vor Adam und somit vor der Menschheit niedergekniet, als Gott ihm dies befahl. Die Jesiden glauben, dass Gott die Treue Tawasis testen wollte und er diesen sogenannten Test der Treue bestand, weil Tawasi sich nur vor Gott niederzuknien bereit war, deswegen wird er als treuester Engel Gottes angesehen. In anderen Religionen wie im Christentum und dem Islam wurde dieser Engel, der sich weigerte niederzuknien zum Teufel ernannt, Şeytan, Satan oder auch Luzifer sind gängige Bezeichnungen.

Nach jesidischem Glauben waren all diese Engel Helfer Gottes, als er die Erde schuf. Gott schuf den Weltenbaum, was in der spirituellen Welt als Symbol angesehen wird und was hier auf unserer Erde durch Lalish verkörpert sein soll. Lalish ist die heilige Stätte des Jesidentums im Irak.45

[...]


1 Zur Vereinfachung der Lesbarkeit wird im folgenden Text auf die Anführungszeichen verzichtet.

2 Naimark, Norman M., „Genozid, Völkermord in der Geschichte“, S. 7, Hahn, Patrick, „Geschichte des Pfauenvolkes“, S. 8 ff

3 Naimark, a.a.O., S. 121, S. 39, S. 42, S. 78, S. 114

4 Schmidinger, Thomas, „Die Welt hat uns vergessen“, S. 8

5 Im Osmanischen Reich war damit ein Erlass oder Dekret gemeint. Später hat sich dieser Begriff als Synonym für Massaker oder Genozid etabliert. Schmidinger, a.a.O., S. 23, S. 63

6 Schmidinger, a.a.O., S. 23

7 Kızılhan, Jan Ilhanö und Alexandra Cavelius, „Die Psychologie des IS, die Logik der Massenmörder“, S. 25 und Nadia Murat, „Ich bin Eure Stimme“, S. 16

8 Kızılhan, a.a.O., S. 25

9 Hahn, a.a.O., S. 9. Thomas Schmidinger meint, dass über 500.000 Jesiden vor 2014 im Irak lebten. Schmidinger, a.a.O., S. 45

10 Affolderbach, Martin, und Ralf Geisler „Die Yeziden“, S. 5, Hahn, a.a.O., S. 8 f

11 Aleviten, der Name abgeleitet von arabisch „Alawi“, also Ali-Anhänger. Die Aleviten stellen 15% der Bevölkerung in der Türkei. Sie werden wegen ihrer Heterodoxie (Abweichung von der herrschen-den/orthodoxen/rechtgläubigen Meinung) weder von Sunniten noch von Schiiten anerkannt. Das einzige, was Aleviten und Schiiten gemeinsam haben, ist die Verehrung Alis. Aleviten haben keine Gebetsvorgaben, haben nicht die Verpflichtung, im Ramadan zu fasten, und haben keine Moscheen, sondern spezifische Gebets-/Versammlungsstäten, auch dürfen sie Alkohol trinken. Strohmeier, Martin und Lale Yalcin-Heckmann, „Die Kurden“, S. 45

12 Auf Türkisch: „Süryani“

13 Nach dem Sieg über das Osmanische Reich im 1. Weltkrieg 1918 formten die Briten alle umliegenden Vilayets (Vilayet beschreibt eine territoriale Einheit in der Provinzialverwaltung) wie Basra und Bagdad zusammen zu einem irakischen Nationalstaat. Das Vilayet Mossul kam später auch noch dazu, war jedoch direkt nach dem Krieg zunächst von Frankreich besetzt. 1920 etablierten die Briten eine Monarchie im Irak und der neue arabische König war Faisal I.. Die Briten verließen das Land, nachdem der letzte König im Jahre 1959 ermordet wurde. Daraufhin kam 1961 die Baath-Partei an die Macht, diese wurde allerdings bei einem Militärputsch von Abdas-Sallam Arif abgesetzte und kam erst 1968 wieder an die Macht. Saddam Hussein wurde Vizepräsident und später Präsident. Durch die gescheiterten Beziehungen zwischen Mustafa Barzani (Kurdenführer) und Saddam Hussein und die fehlende Unterstützung des Iran für die Kurden wurden tausende von Kurden und somit auch Jesiden umgebracht und verfolgt. Hahn, a.a.O., S. 49 f

14 Auf Kurdisch „Şingal“ auf Deutsch „Sinjar“ Schmidinger, a.a.O., S. 8

15 Hahn, a.a.O., S. 16 Schon vor 2014 war das Jesidische Volk durch die Vertreibungspolitik und Repressionen durch das Regime Saddam Husseins und durch die Ansiedlung sunnitischer Kurden, die durch die Regionalregierung Kurdistans veranlasst wurde, keine einheitliche Mehrheit mehr in der Region des Şingals. Schmidinger, a.a.O., S. 44

16 Schmidinger, a.a.O., S. 10

17 Hahn, a.a.O., S. 8

18 In vielen Bereichen gilt der Begriff „Kurdistan“ als politischer Begriff und wird deshalb bewusst von Befürwortern oder Gegnern verwendet oder abgelehnt. Ich benutze diesen Begriff als demografische und ethnografische Bezeichnung, um deutlich zu machen, dass es um ein Gebiet geht, in dem überwiegend Kurden leben. Es geht dabei um die Gebiete Ost- und Südost-Türkei, Nord-Irak und Nordwest-Iran. Da die meisten Jesiden im Nord-Irak leben, nenne ich dieses Gebiet ebenfalls Kurdistan.

19 Schmidinger, a.a.O., S. 31

20 Bruinessen, Martin van, „Agha, Scheich und Staat“, S. 37 ff, Strohmeier, a.a.O., S. 32 und Hahn, a.a.O., S. 8

21 Schmidinger, a.a.O., S. 45

22 1973 wurden jegliche Jesiden, die in Deutschland Asyl suchten, mit der Begründung, sie können in der Türkei in Frieden leben, abgeschoben. In den 1980er Jahren beschlossen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Sonderregelungen für Jesiden, die vor dem 01.01.1986 in Deutschland eingereist sind. Hahn, a.a.O., S. 59

23 Die Jesiden meinen, dass 72 von den 74 Genoziden von Gruppen mit der Religion des Islams ausgegangen seien. Kızılhan, a.a.O., S. 25

24 Das Osmanische Reich bestand von 1299-1922. In den ersten drei Jahrhunderten genossen die Kurden und Jesiden ein relativ freies Leben in eigenen Fürstentümern. Das Persische Reich griff 1514 das Osmanische an, daraufhin verbündete sich der Sultan mit den Kurden. Der Sultan wollte die Unabhängigkeit der Kurden anerkennen, weil sie zusammen die Perser bei Chaldyran besiegten, jedoch schlossen das Osmanische Reich 1639 mit den Persern Frieden, danach begann die Osmanisierung und die daraus folgende Unterdrückung der Kurden. Repressionen gegen Kurden und Jesiden begannen und nach dem Völkermord an den Armeniern, massakrierten die Muslime im Osmanischen Reich und auch die Jesiden. Hahn, a.a.O., S.48

25 Im Laufe des Verfalls des Osmanischen Reiches, schlossen sich viele Menschen den Jungtürken, einer nationalistischen Gruppierung, an. Diese Organisation richtete sich gegen das Sultanat und wollte die türkische Einheit. 1908 putschten die Jungtürken gegen das Sultanat, in dessen Folge Sultan Abdülhamid abgesetzt wurde. Nach der Absetzung Abdülhamids gab es viele Verfolgungen an der armenischen und kurdischen Bevölkerung, weil man die „türkische Rasse“ als überlegen ansah. Mustafa Kemal war auch ein Anhänger des jungtürkischen oppositionellen Netzwerks. Die Jungtürken begingen 1915 den Genozid an den Armeniern, die sich in dieser Zeit als eigenes Volk verstanden. Heute sind die Jesiden mit 30.000 Angehörigen, die größte in Armenien lebende Minderheit. Steinbach, Udo, „Die Türkei im 20. Jahrhundert“, S.45 f und Bruinessen, a.a.O., S. 387 f. Hahn, a.a.O., S. 49

26 Hahn, a.a.O., S. 9 und S. 48

27 Schmidinger, a.a.O., S.44 f, S. 52 ff

28 Schmidinger, a.a.O., S. 22

29 Murad, a.a.O., S. 16

30 Schmidinger, a.a.O., S. 19

31 Hahn, a.a.O., S. 10

32 Zoroastrismus ist eine Religion, die von dem Propheten Zarathustra gestiftet wurde, dieser lebte um ca. 1000 vor unserer Zeitrechnung. „Der Zoroastrismus ist wesentlich geprägt von dem dualistischen Gegensatz zwischen Gut und Böse.“ Strohmeier, a.a.O., S. 42. Heute gibt es noch ca. 150.000 Mitglieder weltweit und die Zarathustrier beten wie die Jesiden in Feuertempeln, weil Licht ein heiliges Symbol für beide Religionen ist. Hahn, a.a.O., S. 15 Im heutigen Irakisch-Kurdistan nimmt diese Glaubensrichtung anscheinend wieder zu. Siehe auch: Alaa, Latif „Die Anti-IS-Religion“, FAZ vom 06.09.2015

33 Hahn, a.a.O., S. 11

34 Hahn, a.a.O., S. 11

35 Hahn, a.a.O., S. 10 f

36 Affolderbach, a.a.O., S. 6

37 Schmidinger, a.a.O., S. 19 f

38 Schmidinger, a.a.O., S. 25

39 Hahn, a.a.O., S. 26 ff

40 Die Zugehörigkeit zu einem Sheikh erfahren jesidische Jungen ab dem siebten, neunten oder elften Monat nach der Geburt. In einem Ritual, das auch Bisk (Fest der ersten Haarlocke) genannt wird, wird dem Jungen das erste Mal durch den jeweiligen Sheikh der Familie des Jungen Haare abgeschnitten und durch dieses Schneiden der Haare wird die lebenslange Zugehörigkeit zu diesem Sheikh besiegelt. Bei Mädchen kommt dies erst bei der Hochzeit vor, deswegen dürfen Mädchen bis zur Hochzeit ihre Haare nicht schneiden, weil diese als heilig gelten. Hahn, a.a.O., S. 29

41 Jenseitsbruder- biraye axirete genannt, Jenseitsschwester- xuşka axirete genannt. Schmidinger, a.a.O., S. 25. Jenseitsbruder oder Jenseitsschwester sind für Jesiden eine Pflicht. Man wählt im Alter der Pubertät einen Bruder oder eine Schwester aus, mit dem/der man sich für sein Leben verbindet. Nach dem Zusammenschluss dürfen die jeweiligen Familien nicht mehr untereinander heiraten. Es ist ein Lebensbeleiter, der vor allem kurz vor dem Tod eine wichtige Rolle hat. Vor dem Tod ist es seine Aufgabe, dem Sterbenden alle Geheimnisse zu erzählen, die derjenige nie wissen durfte, auch sorgt der Partner bei der Grablegung für das Lösen der Verschnürungen des Totengewands, damit die Seele des Toten frei wird. Hahn, a.a.O., S. 34

42 Hahn, a.a.O., S. 26 f Auf den Sheik und Pir gehe ich später im Zusammenhang mit dem Kastensystem der Jesiden ein.

43 Schmidinger, a.a.O., S. 63 f

44 Stellvertreter, weil es von Tawasi Melek Abbildungen gibt, Zeichnungen und Bilder, die es von Gott selber nicht gibt.

45 Hahn, a.a.O., S. 12 ff; Affolderbach, a.a.O., S. 6 und S. 19

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das Massaker an den Jesiden 2014. Ein Genozid?
Hochschule
Universität zu Köln  (Orientalisches Seminar)
Veranstaltung
Der Kurdenkonflikt im Nahen Osten - Irak und Iran
Note
1.7
Autor
Jahr
2019
Seiten
20
Katalognummer
V539593
ISBN (eBook)
9783346172662
ISBN (Buch)
9783346172679
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kurden, Jesiden Genozid, Genozid, Islamischer Staat, Mesopotamien, Irak, Jesiden, Ethnische Minderheit, Jesidentum, Sinjar Gebirge
Arbeit zitieren
Selin Schaefer (Autor:in), 2019, Das Massaker an den Jesiden 2014. Ein Genozid?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/539593

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