Der Komponist Siegfried Wagner - Der Gralshüter von Bayreuth als Komponist von Märchenopern


Thesis (M.A.), 1999

193 Pages, Grade: 2


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Siegfried Wagner – der unbekannte Komponist

2. Zielsetzung der Arbeit
2. 1. Die musikalischen Vorbilder, welche den Opern Siegfried Wagners von seinen Zeitgenossen zugeordnet wurden – Über die Gewohnheit, Siegfried Wagner immer von Richard Wagner aus zu begreifen
2. 1. 1. Siegfried Wagner - der Sohn und Wagnerianer?
2. 1. 1. 1. "Schwarzschwanenreich" versus "Lohengrin" – Schwäne und verfolgte Frauen
2. 1. 1. 2. Siegfried und Richard Wagner als Librettisten
2. 1. 2. Siegfried Wagner – der Spät- oder Neoromantiker?
Exkurs: Übernatürliches in der romantischen Oper und im Märchen
2. 1. 3. Siegfried Wagner - der Komponist von Volksopern?
2. 1. 4. Siegfried Wagner der Komponist von Märchenopern?
2. 2. Die Gattungszuordnung der Opern Siegfried Wagners in unserer Zeit

3. Der bekannte, aber undefinierte Begriff der "Märchenoper"
3. 1. Definition des Terminus "Märchenoper" durch Leopold Schmidt
3. 1. 1. Die Dissertation Leopold Schmidts aus heutiger Sicht
3. 1. 2. Könnte Siegfried Wagner – wie Schmidt – von einer mythischen Märchen-definition ausgehen und somit nur einen Teil seiner Werke im Bannkreis der Märchenoper angesiedelt haben?
3. 2. Moderne Forschungsmeinungen zu Begriff und Geschichte der Märchenoper
3. 2. 1. Geschichtliche Aspekte der Märchenoper in der neueren Forschung – Ist die Märchenoper ein Phänomen des ausgehenden 19. Jahrhunderts?
Exkurs: Bedeutung des Märchens in der Kunst der Jahrhundertwende
1. Das literarische Märchen
2. Das Märchen in der bildenden Kunst
3. 2. 2. Das Märchen in der Oper
3. 2. 3. Die Definition der Märchenoper in der neueren Forschung
3. 3. Rahmen für Eingrenzung des Begriffs "Märchenoper"

4. Versuch der Unterteilung des Begriffs "Märchenoper"
4. 1. Die "reine Märchenoper"
4. 1. 1. Engelbert Humperdinck: "Dornröschen"
4. 1. 1. 1. "Dornröschen" – die Handlung
4. 1. 1. 2. "Dornröschen" und das Märchen
4. 1. 2. Kategorisierungsversuch
4. 2. Die "Kunstmärchenoper"
4. 2. 1. Alexander von Zemlinsky " Der Zwerg "
4. 2. 1. 1. "Der Zwerg" – die Handlung
4. 2. 1. 2. "Der Zwerg" und das Märchen
4. 2. 2. Kategorisierungsversuch
4. 3. Die "Oper nach Märchenmotiven"
4. 3. 1. Franz Schreker "Das Spielwerk"
4. 3. 1. 1. "Das Spielwerk" – die Handlung nach der Fassung letzter Hand
4. 3. 1. 2. "Das Spielwerk" und das Märchen
4. 3. 2. Kategorisierungsversuch
4. 4. Erstellung eines schematischen Überblicks

5. Siegfried Wagner und die Märchenoper
5. 1. "Der Bärenhäuter"
5. 1. 1. Hintergründe der Entstehung und der Rezeption
5. 1. 2. Inhalt – von Tränen, Teufel und der Erlöserin ohne Liebestod
5. 1. 3. Interpretationen: Hans Kraft als Sonnenheld oder Hitlerfigur?
5. 1. 3. 1. "Der Bärenhäuter" – eine Charakterstudie?
5. 1. 3. 2. "Der Bärenhäuter" – eine mythische Oper?
5. 1. 3. 3. "Der Bärenhäuter" – eine politische Oper?
5. 1. 4. "Der Bärenhäuter" und das Märchen
5. 1. 5. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 2. "Herzog Wildfang"
5. 2. 1. Intrigen und Gerüchte. Zur Vorgeschichte der Münchener Uraufführung
5. 2. 2. Inhalt - zwischen Revolution und "Liebes-, Wett- und Werberennen"
5. 2. 3. "Herzog Wildfang" und das Märchen
5. 3. "Der Kobold"
5. 3. 1. Das "unverständliche" Stück – "Der Kobold" als harte Nuß für das Publikum
5. 3. 2. Inhalt – Erbsünde und Liebesverwirrung
5. 3. 3. "Der Kobold" und das Märchen
5. 3. 3. 1. Kobold Seelchen
5. 3. 3. 2. Spirifankerl, Zwerge und Galgenmännchen
5. 3. 3. 3. Ekhart und der Zauber des Steines
5. 3. 4. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 4. "Bruder Lustig"
5. 4. 1. "Bruder Lustig" – eine volkskundliche Oper
5. 4. 2. Inhalt – Parapsychologie und Schelmenstreiche
5. 4. 3. "Bruder Lustig" und das Märchen
5. 4. 3. 1. Die Andreasnacht
5. 4. 3. 2. Heinrich von Kempten
5. 4. 3. 3. Heinrichs Marienvision
5. 4. 4. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 5. "Sternengebot"
5. 5. 1. Inhalt – Ein Horoskop führt zu Mord und Liebeswirren.
5. 5. 2. "Sternengebot" und das Märchen
5. 5. 2. 1. Heinz – der auserkorene Herrscher
5. 5. 2. 2. Kurzbold – Hofnarr und Gegenspieler, Zyniker und freundlicher Helfer
5. 6. "Banadietrich"
5. 6. 1. Inhalt – ein dreigestaltiger Teufel, ein sagenhafter König und eine Nixe
5. 6. 2. "Banadietrich" und das Märchen
5. 6. 3. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 7. "Schwarzschwanenreich" und das Märchen
5. 8. "Sonnenflammen"
5. 8. 1. Inhalt – der Tanz in den Weltuntergang
5. 8. 2. "Sonnenflammen" und das Märchen
5. 9. "Der Heidenkönig"
5. 9. 1. Inhalt – dekadentes Heidentum
5. 9. 2. "Der Heidenkönig" und das Märchen
5. 9. 3. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 10. "Der Friedensengel"
5. 10. 1. Inhalt – die Folgen eines mißglückten Liebestodes
5. 10. 2. "Der Friedensengel" und das Märchen
5. 10. 2. 1. Das Graumännchen
5. 10. 2. 2. Der Friedensengel
5. 11. "An allem ist Hütchen schuld!"
5. 11. 1. Inhalt – Märchenmix und Liebeskummer
5. 11. 2. "An allem ist Hütchen schuld!" und das Märchen
5. 11. 3. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 12. "Das Liebesopfer" oder "Wernhart"
5. 12. 1. Inhalt – Kampf um die Seligkeit
5. 12. 2. "Wernhart" und das Märchen
5. 12. 3. Einordnung in das Kategorisierungskonzept
5. 13. "Der Schmied von Marienburg"
5. 13. 1. Inhalt – Meineid und Gewissensnot
5. 13. 2. "Der Schmied von Marienburg" und das Märchen
5. 14. "Rainulf und Adelasia"
5. 14. 1. Inhalt – (k)eine Liebesgeschichte
5. 14. 2. "Rainulf und Adelasia" und das Märchen
5. 15. "Die heilige Linde"
5. 15. 1. Inhalt – Germania contra Italia
5. 15. 2. "Die heilige Linde" und das Märchen
5. 16. "Wahnopfer"
5. 16. 1. Inhalt – Menschenopfer und Gottesgericht in aufgeklärten Zeiten
5. 16. 2. "Wahnopfer" und das Märchen
5. 17. "Walamund"
5. 17. 1. Inhalt – Lebenstragik eines Taugenichts
5. 17. 2. "Walamund" und das Märchen
5. 18. "Das Flüchlein, das jeder mitbekam"
5. 18. 1. Inhalt –Liebeswirren im Märchenland
5. 18. 2. "Das Flüchlein, das jeder mitbekam" und das Märchen
5. 18. 3. Einordnung in das Kategorisierungskonzept

6. Alles nur ein Märchen? Zusammenfassung der Ergebnisse

1. Literaturverzeichnis:
1. 1. Quellen der zitierten Operntexte
1. 2. Selbstzeugnisse und Literatur zu Siegfried Wagner
1. 3. Literatur zur Märchenoper
1. 4. Literatur zur Märchen- und Sagenforschung und zur Literatur der Jahrhundertwende
1. 4. 1. Primärliteratur
1. 4. 2. Sekundärliteratur:
1. 5. Literatur zum Märchen in der bildenden Kunst
1. 6. Literatur zur Theatergeschichte und zur Terminologie theaterwissenschaftlicher Begriffe
1. 7. Selbstzeugnisse und Literatur zu einzelnen Komponisten
1. 8. Lexika und Nachschlagewerke

2. Abbildungsverzeichnis

3. Opernlexikon

4. Verzeichnis der Märchenopern

1. Siegfried Wagner – der unbekannte Komponist

Der Versuch, in einer Magisterarbeit die Opern des heute nahezu ungespielten Komponisten Siegfried Wagner in bestimmte Gattungskategorien einzuordnen, mag auf den ersten Blick als theaterwissenschaftliche Orchideenforschung anmuten. So ist heute sogar für einen Opernfreund oft nicht einmal mehr der Name des Komponisten ein Begriff. Doch zu seiner Zeit gehörte der "andere" Wagner immerhin zu den am meisten beachteten Opernkomponisten der jüngeren Generation – und zu den acht produktivsten. Der Musikschriftsteller und Komponist Edgar Istel stellt jedenfalls für die Jahrhundertwende eine Statistik auf, an deren erster Stelle mit 13 Werken in 20 Jahren Eugène d´Albert, an zweiter Stelle (je sieben) Ignatz Brüll, Karl Goldmark und Leo Blech und an dritter (mit je sechs Werken) Wilhelm Kienzl, Richard Strauss, Siegfried Wagner[1] und Heinrich Zoellner zu finden sind[2]. Dabei sind bereits die damals noch nicht uraufgeführten, aber fertiggestellten und gedruckten Werke Siegfried Wagners ("Schwarzschwanenreich" und "Sonnenflammen") abgezogen! Noch 1936 stellt der Musikwissenschaftler Paul Bekker fest, daß von den neuen Werken der Jahre nach Richard Wagners Tod nur ganze vier ihren Platz im Spielplan behaupten konnten: Humperdincks "Hänsel und Gretel", Pfitzners "Armer Heinrich", Kienzls "Evangelimann" und Siegfried Wagners "Bärenhäuter"[3].

Der heute Unbekannte mit dem berühmten Nachnamen war also seinerzeit durchaus ein Begriff für jeden Opernbesucher. Auch die Zahl seiner Werke kann sich sehen lassen: Alleine 19 Opernlibretti sind von Siegfried Wagner erhalten. Bedenkt man, daß er erst mit 29 Jahren seine erste Oper vollendete und bereits mit 61 Jahren verstarb, ist das sicher eine imposante Leistung für einen Mann, der "nebenbei" noch die Bayreuther Festspiele zu leiten hatte. Sein Leben ist schon mehrfach beschrieben worden. Ich verweise vor allem auf die Erinnerungen Kurt Söhnleins[4], die Lebensbeschreibung Ludwig Karpaths[5], und natürlich die jüngste Biographie von Peter P. Pachl[6].

Bezeichnenderweise ist die Autobiographie Siegfried Wagners wenig ergiebig. Sie erinnert über weite Strecken eher an eine Werbe- oder Dankschrift der Bayreuther Festspiele oder an Reisebeschreibungen als an die persönlichen Erinnerungen eines Komponisten. Nur wenig deutet darauf hin, daß er nicht nur reproduzierender, sondern auch schaffender Künstler war. Dies ist wohl das größte Problem bei der Einschätzung der Persönlichkeit Siegfried Wagners. Der Schatten des Hauses Wahnfried, die Ehrfurcht gegenüber dem verstorbenen Vater und die von seiner Mutter diktierte, sich ganz dem Denken und Willen des "Meisters" beugende Wahnfriedsche Gesinnung schweben lebenslang über ihm. Er präsentiert sich daher vorwiegend in der Rolle des Sohnes und Erben. Hinter dieser Fassade an den Menschen oder Komponisten Siegfried Wagner heranzukommen, stellt ein schwieriges Unterfangen dar.

Peter P. Pachl versucht es in seiner Biographie und stellt erstaunliche Thesen für das geheim gehaltene Leben Siegfried Wagners auf, welche sich von homoerotischen Neigungen des Komponisten bis hin zu einem unehelichen Sohn erstrecken. Hier zeigen sich Risse in der Fassade des leutseligen, stets korrekten Festspielleiters – wenn auch den Thesen sicherlich etwas Spekulatives anhaftet.

Siegfried Wagner bleibt die unbekannte Figur in der Festspielgeschichte Bayreuths – im Gegensatz zu Winifred Wagner, seiner Frau und Nachfolgerin in der Festspielleitung, sind seine künstlerische Potenz sowie seine politische Haltung offensichtlich schwer einzuschätzen. Dasselbe Problem stellt sich, wenn man sein Wirken als Opernkomponist betrachtet, wobei erschwerend hinzukommt, daß das Werk Siegfried Wagners heute nur in sehr begrenztem Maße zugänglich ist.

Die Partituren und Texte liegen zum großen Teil nur im wohl zuverlässigsten Archiv für Richard und Siegfried Wagner, der Richard Wagner-Gedenkstätte in Bayreuth vor. Die Opern aufgeführt zu sehen, ist sogar die absolute Ausnahmeerscheinung. Die Schwierigkeit, selbst an Primärquellen heranzukommen, ist der Grund für die in der vorliegenden Arbeit sehr ausführlichen Zitate und Inhaltsangaben.

Überhaupt ist die Rezeptionsgeschichte der Opern Siegfried Wagners ungewöhnlich. Nicht einmal der doch einst so populäre "Bärenhäuter"[7] konnte sich letztlich auf der Bühne behaupten. Die Uraufführungen manch anderer Werke fanden sogar erst nach dem Tod des Komponisten statt. Pachl weiß zu berichten, daß es die Witwe gewesen sei, die geplante Aufführungen verhinderte[8]. Dank seiner Initiative, der von Siegfried Wagners älterer Tochter Friedelind und der Internationalen Siegfried Wagner-Gesellschaft (ISWG) kam es seit den siebziger Jahren immerhin zu vereinzelten konzertanten Aufführungen einiger Opern Siegfried Wagners[9]. Szenische Aufführungen fanden in Kiel ("Das Flüchlein, das jeder mitbekam"), in Wiesbaden ("An allem ist Hütchen schuld!") und vor allem in Rudolstadt statt. Dort werden seit 1992 Festspiele unter der Intendanz Pachls abgehalten, in deren Rahmen bereits "Der Bärenhäuter", "Schwarzschwanenreich", "Wahnopfer" und "Banadietrich" dem Publikum vorgestellt werden konnten. Die Reaktionen der Presse sind gespalten, doch die Werke haben sich inzwischen eine feste Gemeinde erobert, die dem unbekannten Wagner von Bayreuth die Stange hält. Da die Festspielproduktionen auf Tonträger veröffentlicht und somit dem interessierten Publikum zugänglich gemacht wurden, tritt also nun langsam die Situation ein, daß man über Siegfried Wagner wenigstens wieder diskutieren kann und sich nicht mangels Material mit ungenauen Begriffen für ihn – wie "Märchenopernkomponist" – abfinden muß.

2. Zielsetzung der Arbeit

Den Namen Siegfried Wagner assoziieren selbst Kenner der Musikgeschichte der Jahrhundertwende meist mit dem Begriff "Märchenoper". Dies gilt für die fremdsprachige Forschung genauso wie für die deutsche, wo man z. B. im "Musik-Lexikon" von Hans Joachim Moser[10] lesen kann, daß es sich bei Siegfried Wagner um einen Komponisten von Märchenopern in der Nachfolge Lortzings und Webers handele. Als Beispiel wird von "Bärenhäuter" bis zur "Heiligen Linde" das gesamte Opernschaffen Siegfried Wagners aufgeführt – die völlig in Vergessenheit geratenen Werke wie "Das Liebesopfer" (d. i. in der zweiten Fassung "Wernhart"), das musikalisch unvollendet gebliebene "Wahnopfer", "Walamund" und das posthum als Libretto veröffentlichte, nicht völlig auskomponierte Märchenspiel (!) "Das Flüchlein, das jeder mitbekam" ausgenommen. Ob sich solch ein Pauschalurteil überhaupt halten läßt, soll die vorliegende Arbeit überprüfen.

Die Untergattung "Märchenoper" wurde in der neueren Forschung bisher nicht einheitlich definiert, ist jedoch für die Opernproduktion der Jahrhundertwende von großer Wichtigkeit. Istel bemerkt in der bereits angeführten Statistik über die Uraufführungen jener Jahre: "Stofflich verteilen sich die 520 Opern derart, daß 271 ernsten (nicht immer tragischen) Inhalts sind, 176 einen heiteren Stoff haben und 73 der Märchenwelt entnommen sind. "[11]

Über 1/7 der Gesamtproduktion entfiel also damals auf einen Bereich, aus dem man heute

wohl nur noch Humperdincks "Hänsel und Gretel" im Repertoire findet[12]. Dieses Werk ist aber auch – besonders in der Weihnachtszeit – immer noch eines der erfolgreichsten des Musiktheaters. Blickt man in die deutsche Bühnenstatistik[13], so hatten in den Spielzeiten 1992/1993 und 1993/1994 jeweils vierzig Bühnen dieses Werk auf dem Spielplan. In beiden Jahren war die Oper nach der "Zauberflöte" das am häufigsten neuinszenierte Werk der deutschen Theaterwelt.

Da der gesamte Komplex der Märchenopern, die zur Zeit der Jahrhundertwende entstanden, bisher nicht definiert wurde, muß ein großer Teil der vorliegenden Arbeit den Versuch einer an Beispielen ausgeführten Begriffsbestimmung wagen, bevor dann eine neuerliche Überprüfung der Gattungszugehörigkeit von Siegfried Wagners Werk erfolgen soll. Zunächst aber wird anhand der zeitgenössischen Urteile und späterer Forschung zusammengestellt werden, welchen Operngattungen seine musikdramatischen Werke bisher zugeordnet wurden.

2. 1. Die musikalischen Vorbilder, welche den Opern Siegfried Wagners von seinen Zeitgenossen zugeordnet wurden – Über die Gewohnheit, Siegfried Wagner immer von Richard Wagner aus zu begreifen

Die zeitgenössische Rezeption Siegfried Wagners ging vor allem von seiner familiären Situation als Sohn Richard Wagners aus. Absichtlich soll als erster der über den Komponisten urteilenden Zeitgenossen ein Komponist sehr gegensätzlicher musikdramatischer Werke angeführt werden, dessen Werk heute noch dazu ungleich mehr Erfolg hat als das des Wagner-Sohnes.

Arnold Schönberg spricht von Siegfried Wagner als dem

Sohn dieses Vaters, der übrigens als Künstler zweifellos das Opfer einer pedantischen Theorie ist, der nicht nach seinem Eigenwert geschätzt, sondern nach einem vermeintlichem Naturgesetz, demzufolge ein bedeutender Mann keinen bedeutenden Sohn haben darf, obwohl Johann Sebastian Bach zwei sehr bedeutende Söhne hatte und obwohl Siegfried Wagner ein tieferer und originellerer Künstler ist, (sic!) als viele, die heute sehr berühmt sind.[14]

Diese ohne Zweifel für Siegfried Wagner sehr schmeichelhafte Einschätzung als das im Schatten des Vaters stehende Genie läßt sich allerdings nicht halten. Sicher war die unentwegte Suche der Rezipienten nach den Einflüssen des Vaters für den Komponisten eine belastende Hypothek. Doch genauso sicher brachte der Sonderstatus als einziger Sohn Richard Wagners auch Vorteile – z. B. wäre "Der Bärenhäuter" als Erstlingswerk eines Unbekannten sicher auf unvergleichlich geringeres Interesse gestoßen, als es ein Werk des Erben von Bayreuth tat.

Heute ist der riesige Aufruhr, der sich zur Jahrhundertwende erhob, als klar wurde, daß Siegfried sich wie sein Vater als Opernkomponist betätigen wollte, kaum noch nachvollziehbar. Man sieht Richard Wagner zwar als Wendepunkt der Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts, würde aber wohl nicht auf die Idee kommen, an seinen Sohn als Opernkomponisten strengere oder mildere Maßstäbe anzulegen als an andere zeitgenössische Musiker. Wagner nicht zu rezipieren war für einen Komponisten des ausgehenden 19. Jahrhunderts und später eben nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. So schildert der amerikanische Opernforscher Grout die Situation: "Wagner affected the course of lyric drama like a new planet hurled into a solar system. The center of the operatic universe shifted; all the old balances were disturbed; regroupings took place, accompanied by erratic movements."[15]

Jeder Komponist der neuen Generation hatte sich also mit diesem "neuen Stern" am Opernhimmel auseinanderzusetzen.

Für die Wagner-Epigonen des ausklingenden 19. Jahrhunderts aber, die vom unerwarteten Tod des "Meisters" teilweise richtiggehend traumatisiert waren, bedeutete Siegfried als der potentielle "Gralshüter", der zudem auch noch physiognomisch als Richard II. gelten konnte, die Fortsetzung der Existenz Richard Wagners. Gegen die Zumutung, eine Vormachtstellung in der musikalischen Welt erbrechtlich dem zweiten Wagner aus Bayreuth zugestehen zu müssen, setzte sich eine weniger an Haus Wahnfried orientierte Gruppierung der Wagnerianer entschieden zur Wehr.

Julius Korngold, ein strenger, wenn auch vielleicht nicht ganz unparteiischer Kritiker Siegfried Wagners (er war der Vater des Komponisten Erich Wolfgang Korngold), formulierte die Kritik an dieser Forderung eines imaginären Sockels für Siegfried Wagner wie folgt:

Welche Begriffsverwirrung und Heuchelei zugleich, Andersdenkenden im Falle Siegfried Wagner die Pietät gegen Richard Wagner wie eine Lanze vorhalten zu wollen! Beispiellos ein Bayreuther Edikt, das Glasenapp, der Biograph, anläßlich Siegfried Wagners "Bruder Lustig" erlassen hat. Nicht nur, daß darin Siegfried als das "gottbegnadete Genie" gepriesen wird, das unsere Zeit und unser Theater brauche, um durch diese Gegenüberstellung und Ergänzung auch die Werke des großen Vaters erst im rechten Sinne sich anzueignen, wird vollends Siegfried-Verehrung der Nation als Glaubenssatz gepredigt. "Jedem Deutschen sollte wohl – gäbe es etwas Natürlicheres? – die Liebe zu Siegfried Wagner das nächste und ursprünglichste seiner Gefühle sein", sagt Glasenapp. Darauf bemerkten die Münchener "Süddeutschen Monatshefte", den Hirtenbrief glossierend: "Manchem Deutschen ist die Liebe zur Wahrheit das nächste und ursprünglichste der Gefühle".[16]

So stehen sich also zwei extreme Haltungen bei der Beurteilung des Komponisten Siegfried Wagner gegenüber, die ihn jeweils vorrangig aus einer Perspektive beurteilen: als den Sohn und musikalischen Erben seines Vaters.

2. 1. 1. Siegfried Wagner - der Sohn und Wagnerianer?

Siegfried Wagner als den Gralserben von Bayreuth aufzubauen, war ein Versuch, dem er selbst zu Beginn seiner Karriere als Komponist wohl nicht gerade mit Abneigung gegenüberstand. Zumindest soll er in einem Interview zur Uraufführung des "Bärenhäuter" angemerkt haben, daß schon sein Vater den Bärenhäuter-Stoff als passendes Sujet für eine komische Oper bezeichnet habe[17] und somit den Gedanken an eine künstlerische Erbfolge förmlich provoziert haben.

Dieser Fingerzeig wird vom Bayreuther Kreis geradezu mit Begeisterung aufgenommen. So sieht es z. B. Pretzsch als selbstverständlich an, daß sich Siegfried mit dem "Bärenhäuter" einen "Sonnenmythos" gesucht habe wie sein Vater mit dem "Ring". Doch während der Vater unerhörte, einzigartige Handlungen schildere, stelle der Sohn eben Schicksale von Menschen aus Fleisch und Blut dar[18].

Pretzsch geht an anderer Stelle sogar so weit, daß er sich den Vergleich Siegfried Wagners mit Humperdinck, der ja immerhin kurzzeitig sein Lehrer gewesen war, verbittet und ihn statt dessen der "Schule"[19] Richard Wagners zuordnet: Dessen Kunst- und Weltanschauung habe sich eben auf den Sohn vererbt[20].

Eine Liste der teilweise wenig überzeugenden Versuche, Siegfried als legitimen künstlerischen Nachfolger seines Vaters aufzubauen, wäre endlos. Die Theorie von der kompositorischen Wiederauferstehung des Vaters im Sohne hat ihre Freunde allerdings bisher nur bei einem Kreis von Richard Wagner-Verehrern gefunden, der von der oben beschriebenen Form von Nostalgie und Pietät befallen ist.

Eine vergleichende musikalische Analyse aller Opern von Richard und Siegfried Wagner vorzunehmen, kann nicht Aufgabe dieser Arbeit sein. Doch hinsichtlich Text und Gedankengut sind zumindest enge Parallelen festzustellen. Genaueres soll zunächst eine Gegenüberstellung der Opern "Lohengrin" und "Schwarzschwanenreich" zeigen.

2. 1. 1. 1. "Schwarzschwanenreich" versus "Lohengrin" – Schwäne und verfolgte Frauen

Bei den zur Gegenüberstellung ausgewählten Werken handelt es sich jeweils um Werke aus den mittleren Schaffensperioden der Komponisten: Bei Vollendung der Opern war Siegfried 45, sein Vater 37 Jahre alt. Die Verwandtschaft der beiden Opern aber zeigt schon ein erster Blick auf die Inhaltsangaben.

Die Situationen der beiden weiblichen Hauptrollen Elsa und Hulda[21] entsprechen sich zu Beginn der Opern völlig. Beide werden von der Gesellschaft angefeindet, beide erwarten sich Hilfe von einem männlichen Retter. Elsa hat diesen Mann bereits im Traum gesehen, und als sie durch die gegen sie angestrengte Intrige in Not kommt, gelingt es ihr, ihn durch ihre als Gebet formulierte Beschwörung herbeizurufen:

Du trugest zu ihm meine Klage,

Zu mir trat er auf dein Gebot:

O Herr, nun meinem Ritter sage,

daß er mir helf´ in meiner Not![22]

Huldas Situation dagegen ist so verzweifelt, daß sie es nicht wagt, auf den sie verehrenden Liebhold, der als Retter gar nicht erst aus fernen Gefilden herbeigerufen werden müßte, zu hoffen. Während Elsa nämlich schuldlos in Not geriet, hat Hulda als stärksten Gegner ihr eigenes Gewissen gegen sich und spricht sich selbst jedes Recht auf Rettung und Liebesglück ab. Doch wie Elsa hat auch sie ihr Traumbild vom Retter dank religiöser Visionen vor dem inneren Auge:

Schon einmal sank in meine Qual

Der Hoffnung Licht mit sonn´gem Strahl,

Als aus düstrem Lebenszwang

Zu Gott mein brünstig Flehen drang.

Verzweifelnd, an mir selber irr´,

Nur Todessehnsucht die einz´ge Lust –

Da kam von Oben (sic![23] ) ein Traumbild mir,

Zum Troste meiner kranken Brust.

Es war, als hört´ ich milde Laute

Von eines Jünglings reiner Minne![...]

Wer mich schuldlos wähnen kann,

Weiss er auch von meiner Schuld,

Der befreit mich von dem Bann,

Giebt mich wieder in Himmels Huld![24]

Der Erlöser, auf den Hulda wartet, muß ihr also eine Art Beichte und Absolution gewähren und sie trotz ihrer Schuld lieben.

Worin aber ihre Schuld besteht, wird nicht ganz klar. Im Dorf verdächtigt man sie wegen ihrer Ungeselligkeit der Teufelsbuhlschaft. Es geht nämlich die Sage, daß eine Frau, die im "Schwarzschwanenreich" von einem als schwarzen Schwan erscheinenden Teufelsjüngling ein Kind empfange und dieses nach der Geburt töte, sich ewig von dieser Schuld verfolgt fühle und daher die Gemeinschaft meide. Tatsächlich sucht Hulda wie unter Zwang das Grab eines Kindes auf. Es handelt sich aber wohl bei diesem eher um ein abgetriebenes oder nach der Geburt ermordetes uneheliches Kind als um einen Wechselbalg. Ein solcher würde in der realistisch-psychologisierenden Handlung von "Schwarzschwanenreich" auch wie ein Fremdkörper wirken. Dieser Kindermord ist Grund für die Schuldgefühle Huldas – Elsa dagegen wird schuldlos verfolgt, und schon somit sind beide Frauengestalten in ihren Gefühlen und Handlungsmotivationen doch unterschiedlich angelegt. Gemeinsam ist ihnen, daß jeweils nur ein Mann ihnen Rettung bringen kann und daß sie beide die Folgen der Nachstellungen eines lüsternen Verehrers tragen: Die Verleumdung Elsas ist zwar das religiös motivierte Werk Ortruds[25], zu ihrer Marionette aber wurde der von Elsa als Verehrer abgewiesene Telramund. Auch Huldas Lied zu Beginn der Oper weist darauf hin, daß sie die unerwünschte erotische Annäherung des Kindsvaters als Grund für ihr Unglück erkannt hat. Sie besingt nämlich eine Blume, in der man unschwer ein Symbol für sie selbst und ihre Gemütsverfassung finden kann, und stellt fest:

Böses Kraut hat deine Wurzeln geritzt,

Gift´ge Säfte in dich gespritzt.

Oder hast du es lüsternen Käfer verdrossen,

Dass du den Kelch seiner Gier geschlossen?[26]

Die Gefährdung beider Frauen durch extreme Lebenssituationen ist also vergleichbar, aber Siegfried Wagner beschäftigt sich dann in seiner Opernhandlung nur mit dem, was sein Vater im ersten Akt dargestellt hat: dem Versuch des Helden, die gefährdete Geliebte zu erretten. Lohengrin hat nach der ersten Stunde des Opernabends bereits Elsa von jedem Vorwurf reingewaschen, ihren Feind besiegt und ihren Machtanspruch gerettet bzw. auf sich selbst übertragen. Liebhold, der Freund und spätere Mann Huldas, hat weitaus geringere Aufgaben als Lohengrin, da er nicht Macht, sondern nur das Schweigen der Dorfgesellschaft, welche Hulda als Teufelsbuhlin verleumdet, erreichen muß. Doch daran scheitert er durch drei Akte hindurch, und das so gründlich, daß seine Geliebte am Schluß des dritten Aktes als Hexe verleumdet den Feuertod stirbt. Er ist es, der an seiner Aufgabe versagt, nicht wie in der Oper Richard Wagners die Frau.

In den Grundzügen der Handlung lassen sich aber zwischen beiden Werken immerhin die oben aufgezeigten Parallelerscheinungen finden. So verwenden auch beide Wagner den Schwan als Symbol für die in die Realität der handelnden Personen eindringende phantastische Welt. Doch gerade die Charakterisierung des Phantastischen ist es, die beide Opern als miteinander unvereinbar erkennen läßt.

Im "Lohengrin" gewinnt Elsas positive Phantasiewelt Leben, ihr Traum wird Realität. Liebe, Macht, Glück scheinen ihr mit dem Erscheinen des Schwanenritters in den Schoß zu fallen. Die märchenhaft anmutende Gralswelt, welche Lohengrin symbolisiert, ist das gute Prinzip. Die positiv gezeichnete Lebensform des Grals, personifiziert durch die Titelfigur, wagt den Versuch, mit der durchschnittlichen, alltäglichen Welt in Kontakt zu treten. Entsprechend märchenhaft, nämlich von einem weißen Schwan gezogen, kommt der Ritter dann auch zur Errettung der gefährdeten Frau herangeschwommen. Doch sie selbst ist es, die, wenn auch durch Einflüsterungen der dämonischen Ortrud geleitet, den Gleichklang zwischen realer und phantastischer Welt durch die verbotene Frage nach der Identität des Ritters zerstört. Daraufhin holt der Schwan den Ritter wieder ab. Bevor er von seiner Frau Elsa Abschied nimmt, verwandelt Lohengrin den durch Ortrud zum Schwan verzauberten Bruder Elsas wieder zurück. Sogar als alle Hoffnungen, die sich Elsa auf ein gemeinsames Leben mit dem erträumten Ritter gemacht hat, zerbrochen sind, bleibt also der menschgewordene Schwan als Trost zurück: Dieses Kind ist es, für das Elsa künftig zu sorgen hat und das dafür später ihr selbst Schutz garantieren soll.

In der Oper des jüngeren Wagner ist die phantastische Welt, welche Hulda bedroht, das schlechte Prinzip. Dieses Negativum hindert sie, ihr Leben mit Liebhold zu führen, wie sie es möchte. Symbolisiert wird diese Welt durch das Reich der schwarzen Schwäne, welches im Libretto wie folgt beschrieben wird:

Nicht fern von hier, im Forstbereich

In dunkler Stille liegt ein Teich, [...]

Des Todes Hauch hat ihn erstarrt. –

Nur hier und da, als einz´ges Leben,

Schwarze Schwäne drüber schweben. [...]

Sahst du je einen schwarzen Schwan?

Anders, als seine weissen Brüder

Regt er zaubrisch seine Glieder.

Was man sagt, es ist kein Wahn,

Es sei dies nicht ein wirklich Thier:

Verführer sei´n es, Satans Begleiter –

Des Abends nahen sie als Reiter

und holen sich die Maid zur Lust. [...]

Dem nächtlichen Bund, von Gott verflucht,

Entkeimt der Hölle verderbliche Frucht:

Ein Wechselbalg als Hohn

Ist Schwanenschwelgens Lohn!

Den Gauch erschlug schon manche Maid,

Im Wahn, sie werd´ von ihm befreit.

Doch Ruhe ist ihm nicht gegeben!

Nachts aus seines Grabes Decke

Soll den Arm er drohend heben,

Dass er ihr Gewissen schrecke.[27]

Dieses Reich der Trauerschwäne ist allerdings nicht real zu verstehen, wie die abergläubische Dorfbevölkerung glaubt, sondern im übertragenen Sinne: Ihr schlechtes Gewissen wegen des ermordeten Kindes ist es, welches sich phantastisch an Hulda herandrängt.

Sogar dann, als sie schon im Kerker auf die Hinrichtung wartet, wird sie von einem diabolischen "Versucher" damit gelockt, in diese negative Traumwelt einzugehen. Diese symbolisiert verbotene sexuelle Exzesse und die Verleumdung des Christentums gleichermaßen. Hulda aber kann der Versuchung nun widerstehen und nimmt den Tod auf dem Scheiterhaufen mit – teilweise sogar im Wortlaut – an das Gretchen Goethes gemahnender Duldsamkeit hin:

Schuldig bin ich!

Glaubst du, dass ich es nicht sei –

So bin ich frei von Fehl!

Christus! Heiland!

Rette mich![28]

Sie hat also am Schluß – auch ohne Hilfe des letztlich zu schwachen Mannes – die sie bedrängende phantastische Welt der schwarzen Schwäne überwunden und in Christus denjenigen gefunden, der ihre Schuld kennt und sie trotzdem liebt.

Dieser Versuch, am konkreten Beispiel das Opernschaffen von Vater und Sohn zu vergleichen, deutet eine völlig unterschiedliche Haltung beider gegenüber dem Phantastischen an.

Die Traumwelt ist für Richard Wagner das erstrebte, aber letztlich unerreichbare Ideal, der Sohn aber sieht jeden Realitätsverlust als unerlaubten Fluchtversuch. Schon damit entscheidet sich Siegfried Wagner anstatt für die romantische Oper für eine psychologisierende – wenn auch nicht realistische – Opernform.

Die christliche Tendenz, welche in "Schwarzschwanenreich" gegen Schluß hin propagiert wird, ist im "Lohengrin" – obwohl der Konflikt zwischen der heidnischen und der Gralswelt behandelt wird – nicht die Lösung aller Probleme: Lohengrin muß als Heilsträger christlicher Sendung letztlich unverrichteter Dinge davonziehen, die religiöse Tröstung bleibt Elsa versagt.

Aus einer der Oper des Vaters ähnlichen Ausgangsposition entwickelt Siegfried Wagner also eine in der Aussage dem Vorbild gegenüber gänzlich divergierende Oper. Weniger als die Gemeinsamkeiten bestechen demnach die Unterschiede der beiden Werke. Der Sohn bietet hier einen Gegenentwurf zum väterlichen Werk.

Daß sich die beiden hier verglichenen Opern nur in den Ansätzen ähneln, kann ein Zufall sein. Näheren Aufschluß über die Opernauffassungen von Richard und Siegfried Wagner soll ein allgemeiner Vergleich ihres dichterischen Werkes geben.

2. 1. 1. 2. Siegfried und Richard Wagner als Librettisten

Siegfried Wagner, der von seinen Verehrern wie Feinden mit wohl allen nur möglichen Komponisten verglichen worden war, verbat sich jeden Vergleich und bezeichnete sich als "Selberaner"[29]. Dennoch lassen sich schon im Umgang mit den Stoffen ihrer Opern Parallelen zwischen Richard und Siegfried Wagner nachweisen: Beide Komponisten schrieben ihre Texte selbst, d. h. sie arbeiteten nicht nur schon bestehende Stücke zu einem Operntext um, sondern weiteten die Handlung aus, veränderten Handlungsstränge und stellten aus verschiedenen Vorlagen eine neue Version zusammen. So fand Richard Wagner die Anregungen zu seinem Tristan u. a. in Gottfried von Straßburgs "Tristan", Donizettis "Liebestrank" und Julius Mosens "König Mark und Isolde", vielleicht auch in der Dramatisierung von Hans Sachs "von der strengen lieb herr Tristant mit der schönen königin Isalden". Siegfried Wagner geht in diesem Eklektizismus noch weiter, wenn er für seine Märchencollage "Das Flüchlein, das jeder mitbekam" aus vielen unterschiedlichen Märchen ein Opernlibretto zusammenstellte.

Doch Dichterkomponisten waren besonders in der Zeit nach Richard Wagner keine seltene Erscheinung: Richard Strauss ("Guntram"), Peter Cornelius ("Der Barbier von Bagdad"), Werner Egk ("Die Zaubergeige"), Ernst Krenek ("Das heimliche Königreich") bis hin zu Carl Orff ("Ludus de nato infante mirificus"), aber auch unbekanntere Künstler wie Alexander Ritter ("Der faule Hans" und "Wem die Krone?") oder Robert Heger ("Der Bettler Namenlos") schrieben oder arrangierten sich den Text ihrer Opern selbst. Diese Form der Nachfolge macht Siegfried Wagner also in der Art der Libretti-Erstellung keinesfalls zum alleinigen künstlerischen Erben seines Vaters.

Auch stilistisch kann man die Libretti von Richard und Siegfried Wagner kaum auf die gleiche Stufe stellen. Während Richard Wagner sich eine onomatopoetische Kunstsprache unter Zuhilfenahme von Wortneuschöpfungen, Stabreimen und anderen rhetorischen Mitteln schafft (besonders im "Ring"), bevorzugt Siegfried Wagner eine schlichter gebaute, dialektisch gefärbte Umgangsprache.

Diese wird manchmal von romantischen – auch wohl "Richard-Wagnerschen" – Formulierungen gebrochen, die zeitweilig unbeabsichtigt Komik erzeugen. So beklagt die in einer "kleinen fränkischen Stadt" lebende Walburg aus "Bruder Lustig" das ihrer Meinung nach übertriebene Mißtrauen ihres Mannes mit den Worten:

O Schande!

Missfroh, misstrauend dein Wesen!

So ist´s wahr, was andre mich warnten.

Hätt´ ich´s gewusst, eh´ es dazu kam:

Nimmer ich dich zum Gatten nahm. [...]

Blöd´, von Aberglauben umwoben,

Ward ich deine Braut,

Schicksal närrisch wähnend,

Wo Trug nur ward gebraut.[30]

Man findet also in unmittelbarer Nähe fränkische Mundartlichkeit ("was" statt wovor, "nimmer" etc.) und eine an den "Ring" gemahnende, pathetische Diktion ("wähnend", "Trug brauen" etc.). Siegfried Wagner äußerte sich durchaus kritisch über Menschen, die ihre Alltagssprache mit Zitaten aus den Opern Richard Wagners durchsetzten. In seiner Autobiographie berichtet er: "Es machte sich damals ein gewisser Typ von Hyperwagnerianern breit, der fast unangenehmer war als die Feinde: Leute, die von Morgen bis Abend Zitate aus den Werken meines Vaters anführten. So kannten wir eine Dame, die beim Naseputzen ihres Mannes ausrief: »War das sein Horn?«"[31]

Dennoch scheint in seinen Opern der Sprachgebrauch seiner Wahnfriedschen Kinderstube durchzuschimmern, wenn er Dialekt und Kunstsprache vermischt. Der Bruch zwischen beiden Sprachebenen bleibt offensichtlich. Zudem wird gerade bei dem vorliegenden Textausschnitt die deutsche Grammatik geradezu vergewaltigt: Es fehlen Verben (erster und zweiter Vers), Modus und Tempus wechseln mitten im Satz ("Hätt" sie es gewußt, "nahm" sie ihn nicht), von der chronischen Zuflucht zu Inversion und Parenthese, die bei der literarischen Gattung des Librettos allerdings eher den Regelfall als die Ausnahme darstellt, ganz zu schweigen. Doch ein Operntext ist eben nur begrenzt eine poetische Gattung und wird fast immer von der Musik dominiert. Bekannt ist der Brief Mozarts an seinen Vater, in welchem er das Libretto der "Entführung aus dem Serail" verteidigt. Er schreibt, die Verse seien zwar nicht von hoher Qualität, doch sie würden eben so gut zu seiner Musik passen: "bey einer opera muß schlechterdings die Poesie der Musick gehorsame Tochter seyn."[32]

Dieser Hegemonie der Musik trägt deswegen auch Siegfried Wagner Rechnung, wenn er verschiedene Strophen- und Reimformen, gereimte, ungereimte, kurze und lange Verse innerhalb eines Stückes bunt mischt. Ein Libretto aber, das der Musik Zugeständnisse zu machen hat, darf man nicht wie einen poetischen Text auf rhetorische Mittel hin analysieren.

Zumindest mit dem abwertenden Urteil, das solch eine beckmesserische Textkritik nach sich zieht, scheinen Vater und Sohn Wagner gleiche Erfahrungen gemacht zu haben. Man denke nur an das vernichtende Urteil, das Eduard Hanslick über den Text der "Meistersinger" gefällt hat[33], wobei der Kritiker deren "hausbackene Knittelverse" immer noch der "schwindelhaften Verzückung" im "Tristan" und dem "bombastischen Alliterationsgestotter" im "Rheingold" vorzuziehen beteuerte.

Ausgerechnet Hanslicks Nachfolger in der Wiener Musikkritik, Julius Korngold, war es, der ähnlich scharfzüngige Urteile über die Libretti des Wagner-Sohnes fällte:

Und was für Verse, was für Deutsch! Zu den Geheimnissen der Oper muß auch irgendein Zaubertrank gehören, der Tristan mit Buschs "frommer Helene" zusammengebracht hat. Es wimmelt von verstümmelten Verkürzungen, geschraubten Wortzusammensetzungen (Traumwetterwolken, Mutterzank, Wolkenherz, Minnewonnengeck usf.) in diesem Libretto.[34]

Der Vater allerdings hat dem Sohn gegenüber den Vorteil, daß seine Werke gehört werden können, was bei Siegfried Wagners Werken eher der Ausnahmefall ist. Als Lesedrama geeignet ist aber kaum ein Werk der gängigen Opernliteratur. Man findet Beispiele für ohne Musik lächerliche Textstellen auch bei Richard Wagner, viel zititiert bis hin zum Kalauer ist dafür der Beginn des "Rheingolds".

Die zeitgenössischen Siegfried Wagner-Verehrer (er selbst sprach von ihnen als von seinem "Seelenkongress"[35] ) dachten über die literarische Qualität seiner Werke natürlich freundlicher, und bei der Suche nach den literarischen Vorgängern Siegfried Wagners läßt man sich erst gar nicht von Bescheidenheit leiten. So kommt es zu den abwegigsten Vergleichen. Kurt Mey z. B. schrieb: "Die poetische Sprache Siegfried Wagners ist insofern nach dem Prinzip Shakespeares gehalten, als sie genau deren Gestalten angepaßt ist, eben weil diese selbst reden und nicht nur der Dichter durch ihren Mund seine eigene Sprache spricht."[36]

Das Vorbild Shakespeares nannte auch Richard Wagner als für sein literarisches Schaffen prägend[37]. Der elisabethanische Autor war also im Wahnfriedschen Kreis längst zum Hausgott avanciert. Ernsthaft eine Wesensverwandtschaft der Werke Shakespeares und Siegfried Wagners zu überprüfen, dürfte im Hinblick des bei letzterem weitaus niedrigeren literarischen Anspruchs hinfällig sein. Diese wenig nachvollziehbare Genealogie ist wohl, wie so vieles bei der eifrig betriebenen zeitgenössischen Mythenbildung um Siegfried Wagner, eher Wunschdenken.

Gemeinsam ist Richard und Siegfried Wagner aber bei der Librettodichtung ein Drang zu episch-breiter Darstellung. Wer einmal versucht hat, sich die gesamten Handlungen und Nebenhandlungen von Richard Wagners "Ring des Nibelungen" zu vergegenwärtigen, erkennt die Vielschichtigkeit der Bühnenvorgänge. Diese werden bei Siegfried Wagner nun geradezu unübersichtlich in der Dichtgedrängtheit der Handlung.

So bemerkt Julius Korngold resigniert zur Dichtung der Siegfried Wagner-Oper "Banadietrich": "[...] auch das neue Werk ist von dem Grundfehler der Opernbücher Siegfried Wagners nicht frei, die Motive zu häufen, zu verfilzen, zu verbiegen und dann das Ganze erst recht ins Dunkel schielender Symbolik zu stellen."[38]

Schon die wohl komisch gemeinten Anspielungen, die die Namen der Figuren enthalten, erfordern beim Lesen von Siegfried Wagners Stücken völlige Konzentration. Wenn z. B. in "Wahnopfer" ein Argimund, die Gräfin Godeswintha oder Dr. Sigisar Agapanthus im Personenverzeichnis aufgeführt werden, so gemahnt diese Zusammenstellung schauerlicher Namen eigentlich an eine Parodie der Werke Richard Wagners. So machte Johann Nestroy z. B. aus "Telramund" in seiner "Lohengrin"-Parodie[39] "Ritter Mordigall von Wetterschlund" und aus Ortrud "Gertrude, hohe Rittersfrau und niederländische Hexe, Mordigalls Gemahlin". Aus Richard Wagners "Heerrufer" wird bei Nestroy konsequenterweise "Der Hinundherrufer". An eine solche Übersteigerung der ohnehin schon ungebräuchlichen Namen der Opernfiguren Richard Wagners erinnern auch die Namen mancher dramatischen Personen Siegfried Wagners.

Will man also die komplizierte Namensgebung der Werke Siegfried Wagners als Reaktion auf die Namen der väterlichen Opernhelden sehen[40], so findet sich ein weiterer Anhaltspunkt für die ironische Distanzierung des Sohnes von den mythologischen Opernlandschaften des Vaters.

Rein textlich ist die Korrespondenz der Opern Siegfried Wagners zum Werk seines Vaters aber wohl in der Mehrzahl der aufzufindenden Fälle eher unbewußt. Es gibt nun einmal von Richard Wagner bevorzugte Begriffe ("Wahn" als Chaos, verhängnisvoller Fehlglaube[41] ; "Gauch" als Bezeichnung für einen häßlichen und unehrlichen Mann[42] usw.), die Siegfried offensichtlich unreflektiert übernimmt[43]. Auch diesen Vorwurf aber kann man anderen zeitgenössischen Komponisten in gleichem oder sogar noch stärkerem Ausmaß machen. Man denke nur an die Dichtungen Ritters[44], der aus Begeisterung für Richard Wagner selbst vor wörtlichen Zitaten nicht zurückschreckt.

Schlimmer noch sind motivische Zitate, die den Vergleich mit dem musikdramatischen Übervater herausfordern. Bei Siegfried Wagner muß man nach Analogien zum Werk Richard Wagners fast schon suchen[45], im Vergleich zu anderen Komponisten hält er sich allerdings auch hier im Ausdruck epigonalen Sendungsbewußtseins zurück. Findet man doch motivische Ähnlichkeiten, so sind die Werke des Sohnes eben klar als Gegenentwürfe zur jeweiligen väterlichen Oper erkennbar. Man denke aber nur an die Erlösungsopern Pfitzners ("Der arme Heinrich") oder Sommers ("Der Meermann"), welche sicher in großer Ehrfurcht vor dem Meister entstanden, aber dabei nicht den Mut hatten, von Richard Wagners Denkweise auch nur einen Fingerbreit abzugehen. Hier entstanden Erlösungsopern, die den großen Vorbildern[46] schon rein dramaturgisch nicht das Wasser reichen können. Da beweist der Sohn doch gerade durch die gänzlich unterschiedliche Stoffwahl und vor allem dadurch, daß er sich lieber dem Drang zu erzählen, als dem zu belehren beugt, eine gesunde Distanz zur väterlichen Überfigur.

Richard Wagner war den größten Teil seiner künstlerischen Laufbahn damit beschäftigt, um Anerkennung und teilweise ums blanke Überleben zu kämpfen – mit allen Mitteln. Der Sohn dagegen versuchte anfangs, Erfolg zu haben, resignierte aber dann schließlich und arbeitete für die "Schublade", ein Verhalten, welches er sich auch wegen seiner familienbedingten finanziellen Absicherung leisten konnte. Schon hier zeigt sich ein großer Temperamentsunterschied. Die Hoffnung, durch seine Werke zu wirken – und das unmittelbar und noch zu Lebzeiten – war beim Vater ausgeprägter als beim Sohn. Der sah seine wichtigere Bestimmung wohl in der Leitung der Bayreuther Festspiele und vertagte alle Gedanken an seinen eigenen Ruhm als Opernkomponist. So ist von ihm auch die Aussage überliefert: "Ich lege eine Partitur nach der anderen ins Schubfach. Wenn ich einmal tot bin, wird man sie hervorholen!"[47]

Auch wenn es der Bayreuther Kreis und mit ihm Cosima Wagner, Chamberlain, Glasenapp, Daube und Pretzsch nicht gerne hören würden, auch wenn er des Vaters Lebenswerk weiterführte, auch wenn er wie er komponierte, dichtete, dirigierte und inszenierte: Als bloße und damit zwangsläufig minderwertige Zweitauflage des großen Vaters kann und darf man Siegfried Wagner nicht abstempeln. Dafür sind die Kategorien, in denen sich Vater und Sohn bewegen, zu unterschiedlich und die Mittel, die sie nutzen – bei allen Gemeinsamkeiten, die sich finden lassen – so verschiedenartig wie ihre Ziele.

2. 1. 2. Siegfried Wagner – der Spät- oder Neoromantiker?

Hätte Siegfried Wagner Opern wie sein Vater geschrieben, so könnte man ihn als Spätromantiker einordnen, und seine Werke würden sich wohl vor allem durch eine durchkomponierte Musik gegen die Nummernoper absetzen. Genau diese These gehört zu den Lieblingsansätzen derjenigen, die Siegfried Wagner aus dem Geiste des Vaters heraus verehren. So meint Otto Daube: "Nur wenn wir das Kunstwerk Siegfried Wagners als den wundervollen Ausklang der Romantik zu erkennen im Stande sind, werden wir der Größe und Bedeutung seines Schaffens gerecht werden."[48] Weiter beschuldigt der enthusiastische Verehrer sogar jeden, der den jugendlichen Meister von Bayreuth nicht zu würdigen weiß, damit die gesamte "romantische Weltanschauung" abzulehnen. So einfach wie für Daube ist es heute natürlich nicht mehr, Siegfried Wagner als Romantiker einzuordnen. Seine Opern lassen sich schwer auf einen Nenner bringen, wie schon die Verschiedenartigkeit der verwendeten Stoffe zeigt.

Glaubt man Glasenapp, so war eine Einordnung Siegfried Wagners als Romantiker zumindest zu seiner Zeit auch bei weniger euphorischen Verehrern als Daube durchaus üblich. Er berichtet nämlich, daß z. B. Bruno Goetz Siegfried Wagner als die "Erfüllung Webers"[49] betrachtet habe. Daß es gerade für die zeitgenössische Auffassung der romantischen Oper bezeichnend gewesen sein könnte, Siegfried Wagners Werk, wenigstens teilweise, in diese Gattung einzuordnen, mag ein Zitat belegen. Nur drei Jahre nach dem Tode Siegfried Wagners definiert nämlich – allerdings in einer recht zweifelhaften nationalsozialistischen Schriftenreihe – Ernst Schliepe die romantische Oper wie folgt:

Als Reaktion auf die "klassische Zeit" mit den Werken eines Goethe, Schiller, Haydn, Mozart und Beethoven verbreitete sich in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eine Geisteshaltung, die an die Stelle verstandesmäßigen Erfassens und formgebundenen Gestaltens der Dinge eine rein gefühlsmäßige Haltung setzte. Damit tat sich den Künstlern die Welt des Wunderbaren, Phantastischen und Märchenhaften auf. Die Bühnenwerke dieser Zeit behandeln nicht mehr aus der Wirklichkeit genommene Stoffe, sondern solche aus dem Reich der Dichtung, der Phantasie. Naturgefühl, Schwärmerei (mitunter bis zur Ekstase gesteigert), starke Empfindungen und Leidenschaften bilden den Inhalt von Geschehnissen, in denen häufig Geister, Kobolde, Feen, Dämonen und andere übernatürliche Mächte eingreifen.[50]

Als Beispiele führt der Forscher Webers "Freischütz" und "Oberon" sowie die Werke Marschners an.

Wenn man aber den mit Marschner und Weber gesetzten zeitlichen Rahmen großzügig noch um etwa 70 Jahre erweitert, mögen die Libretti Siegfried Wagners ganz gut in diese Definition passen: Die Thematiken (Wechselbälger, Hexenverfolgung, Geistererscheinungen) sind teilweise sicher als romantisch zu bezeichnen. Allerdings pflegt sich Siegfried Wagner seinen Stoffen recht derb zu nähern. Er bevorzugt in den meisten seiner Werke die Darstellung von Menschen, nicht von Helden. Weniger als der Schicksalsbegriff ist es die menschliche Psychologie, die bei ihm – hier ist Siegfried Wagner ganz Kind seiner Zeit, die ja die Psychoanalyse entdeckte – die Handlung lenkt.

Um das Innenleben des Menschen auf die Bühne zu bringen, kommt sogar der nach Mephistopheles längst vermenschlichte Theaterteufel wieder pferdefüßig und intrigierend auf die Bühne, wie man an Meister Flederwisch im "Banadietrich" sehen kann[51]. Es ist also jedenfalls nicht die reine romantische Oper, die bei Siegfried Wagner ihre Wiederauferstehung feiert. Was dem Rezipienten so scheinbar romantisch entgegentritt, ist nichts anderes als das Mittel zum Zweck.

Nicht eine gefühlvoll-unrealistische, sondern eine sehr lebensnah-drastische Welt ist es, in die übernatürliche Vorgänge einbrechen.

Exkurs: Übernatürliches in der romantischen Oper und im Märchen

Diese Übernatürlichkeit aber ist in ihrer Wirkung innerhalb einer romantischen Oper völlig unterschiedlich im Vergleich zu ihrer Wirkung im Märchen. Ein Merkmal des Märchens ist, daß sich die handelnden Figuren so wenig wie der Leser selbst über eintretende Wunder verwundern. Das literarische Märchen ist die Gattung des "selbstverständlichen Wunders" und manche Forscher gehen sogar so weit, daß sie "sich nicht wundern" als Charaktermerkmal des Märchens zu bezeichnen. So bemerkt Solms: "Ein Märchen – zumindest das Zauber- oder Wundermärchen, das ja als das "eigentliche Märchen" bezeichnet wird – ist die kurze, ursprünglich mündlich vorgetragene Erzählung eines übernatürlichen Geschehens, das trotz seines wunderbaren Charakters als selbstverständlich erscheint."[52]

Egal ob Dornröschen in hundertjährigen Schlaf fällt, aus welchem sie letztlich in jugendlicher Frische erwacht, oder ob aus dem Bauch des gefräßigen Wolfes wahlweise sechs unverletzte Geißlein oder Rotkäppchen mitsamt der Großmutter in bester Verfassung herausgeschnitten werden – niemand wundert sich. In der romantischen Oper ist diese Selbstverständlichkeit eher die Ausnahme. Groteskerweise wurzelt ausgerechnet die romantische Oper in einer eigentlich realistischen Zeit, und das Übernatürliche bricht in diese als diffuse oder konkrete Gefahr ein. Nicht umsonst hat ein Teil der romantischen Opernproduktion (vor allem Marschners Werk, aber auch Spohrs "Berggeist" oder Webers "Freischütz") von der Fachliteratur die Bezeichnung "Schreckensoper" erhalten. Man denke nur an die "Freischütz"-Wolfsschlucht, in welcher die Höllengewalt Natur wie Menschen lebensbedrohlich aus dem Gleichgewicht reißt: Max wundert sich nicht nur, seine Reaktion ist blankes Entsetzen. Oder das überraschende Auftauchen des rachedurstigen Wasserfürsten Kühleborn im letzten Akt von E. T. A. Hoffmanns "Undine". Niemand hatte in dieser – trotz der Gegenwart einer Wassernixe – recht realistisch angehauchtenWelt ein solches Einbrechen übernatürlicher Macht erwartet, und das Ergebnis ist Panik. Diese Reaktionen beweisen aber zur Genüge, daß der Eintritt des Wunderbaren in die romantische Oper nichts weniger als selbstverständlich ist. Auch beim Spätromatiker Richard Wagner wundert man sich noch – zumindest, wenn ein Ritter von einem Schwan herbeigezogen wird:

Welch ein seltsames Wunder! Wie? Ein Schwan!

Ein Schwan zieht einen Nachen dort heran!

[...]

An einer goldnen Kette zieht der Schwan!

Seht hin! Seht, er naht!

In höchster Ergriffenheit stürzen alle nach vorn

Ein Wunder! Ein Wunder! Ein Wunder ist gekommen,

ein unerhörtes nie geseh´nes Wunder![53]

So nämlich reagiert das Volk im ersten Akt auf die Ankunft des Schwanenritters. In den Werken Siegfried Wagners ist dieses "romantische" Verwundern oft, aber nicht immer zu finden. So hat z. B. der "Bärenhäuter" keine Probleme, wenn er in seinem Gesprächspartner plötzlich den Teufel erkennen muß. Genaueres wird unter 5. zu überprüfen sein, doch dieser Unterschied zwischen literarischem Märchen und romantischer Oper wird sicher eines der Kriterien sein, die einen Beitrag dazu leisten können, die schwammige Grauzone, die den Begriff der Märchenoper umgibt, zu erhellen.

Sicherlich ist Siegfried Wagner kein Komponist typisch romantischer Opern, womit er auch seiner Zeit weit hinterher wäre. Zu derb sind manche seiner Figuren, zu menschlich seine durchwegs von äußeren, gesellschaftlichen Zwängen, von Aberglauben oder schlechtem Gewissen motivierten Figuren. Wenn Max im "Freischütz" einen Pakt mit dem Teufel eingeht, ist dies ein Handel, um Agnes heiraten zu können. Geht aber "Banadietrich" den gleichen Pakt ein, so spielt seine diffuse Gier nach Macht und Ansehen, auch eine Form von gelebten Antitheismus und der Versuch einer emotionellen Ablösung von der Frau dem Teufel in die Hand: Für Prestigegewinn und den Sieg im Kampf gibt der Held die ehemals "romantische" Liebe zur Nixe Schwanweiß auf. Solche Einflüsse der Außenwelt kamen in der romantischen Oper, die eine Psychologie in unserem heutigen Sinne noch nicht anwandte, nicht zum Tragen. Undinen und Meerjungfrauen wurden von ihren Geliebten aus Unverständnis oder wegen der erotischen Faszination einer anderen Frau verlassen, aber nicht aus materiellen Gründen.

Auch eine generelle Einordnung als Romantiker läßt sich also für Siegfried Wagner nicht beweisen.

2. 1. 3. Siegfried Wagner - der Komponist von Volksopern?

Seine Tendenz, volkstümliche Bräuche und Geschehen in seinen Opern zu verarbeiten, führte allerdings immer wieder zu einer Einordnung als Komponist von Volksopern.

"Die Zeiten haben sich geändert, Siegfried, der Leutselige, herrscht in Bayreuth; es volksopert"[54], so urteilt Julius Korngold über den zweiten Wagner aus Bayreuth. Noch weiter geht Paul Pretzsch, der in Siegfried Wagners Volkstümlichkeit sogar ein Zeichen von Verismo[55] sieht. Als deutschen Veristen wird den Komponisten allerdings niemand ernstlich bezeichnen. Wenn auch die zeitliche Einordnung sehr passend wäre, so strotzen doch die Libretti vor phantastischen und übernatürlichen Ereignissen und wehren sich somit gegen die Eingliederung in diese naturalistische Opernströmung.

Doch richtig liegt Pretzsch mit einer anderen Beobachtung. Er findet nämlich: "Deutsches Volksleben aus allen Schichten, auf dem Dorfe, in der Kleinstadt oder am Fürstenhofe zeigt uns Siegfried Wagner, und erkältender Symbolismus ist seinen Gestalten so fern, wie echte Kunst, die rein menschliches Geschehen zum Gegenstande hat, es erheischt."[56]

Mit dieser Einordnung steht Pretzsch nicht alleine da, und wenigstens für die ersten fünf Werke, stimmt ihm Eugen Schmitz[57] zu:

"Wie die dichterischen Stoffe dieser Werke durchweg volkstümliches Gepräge tragen, von einzelnen romantischen Zügen aus dem Gebiet des Märchens und der Legende schattiert, so ist auch ihre Musik im wesentlichen auf einen volkstümlichen Ton gestimmt, so daß die "historische" Eingliederung Siegfried Wagners in die "Richtung" der modernen Volksoper nicht die mindeste Schwierigkeit macht."[58]

Weiter ergänzt er noch:

"Die Hinneigung zur Romantik ist der deutschen Volksoper ja seit der Epoche des deutschen Singspieles im 18. Jahrhundert eigen, in dem Hereinziehen romantischer Elemente fand man schon damals ein wirkungsvolles Kontrastmittel zu dem schlicht bürgerlichen Milieu der Volksstücke, und in der ganzen Geschichte der romantischen Oper hat sich dieses Nebeneinander von Realismus und Phantastik behauptet; [...] "[59].

Diese romantischen Strömungen würden also legitimieren, daß in Siegfried Wagners Opern auch übernatürliche Dinge passieren, so meint jedenfalls Pretzsch.

Aus dem Jahre 1899 oder 1900 gibt Pachl ein nicht näher belegtes Siegfried Wagner-Zitat wieder, in dem er sich selbst zur Gattungszugehörigkeit seiner Opern äußerte, wobei damals allerdings nur von "Bärenhäuter" und "Herzog Wildfang" die Rede sein konnte:

In mir stand es fest, daß ich weder die Wege meines Vaters noch die anderer großer Meister gehen dürfte, sonst hätte man gerufen: Ah, er ahmt seinen Vater nach, dieser Zwerg! und ich wäre ein Zwerg geblieben, was ich auch geleistet hätte. Die großen Meister der Tonkunst waren und sind stets mein Ideal; aber ich habe mir meinen eigenen Stil, mein eigenes Genre zurechtgelegt: die Volksoper. Ich will mit der Volksoper neue Wege gehen, und zwar Wege, die immer meinem Vater vorgeschwebt. Oft und oft sprach er davon. Hätte mein Vater länger gelebt, er würde vielleicht noch eine Volksoper in einem anderen als dem bekannten Wagnerstil komponiert haben, es wäre möglicherweise eine Märchenoper[60] wie – "Der Bärenhäuter" geworden [...][61].

Für die Libretti, welche Siegfried Wagner nach diesem Vorsatz noch schrieb, sind dann auch generell Merkmale eines Volksoperntones nachweisbar. So kommt er in seinem Opernschaffen z. B. nie ohne einen – und sei es auch ein noch so kleiner – Chor aus, zieht als Ort der Handlung deutlich ländliche Gefilde oder Kleinstädte wie das Bayreuth der Jahrhundertwende vor[62]. Die Hauptpersonen seiner Stücke stammen meist aus dem Volk. Die Stoffe[63] schildern oft einfache Menschen, die in schicksalshafte Konflikte geraten. Dies ist jedenfalls in "Bärenhäuter" und in "Herzog Wildfang" der Fall, beides Opern, die auch Siegfried Wagner selbst als Volksopern betrachtete[64].

Ähnlich volkstümliche Züge wie in den ersten beiden Opern kann man zwar auch noch in späteren Werken, besonders deutlich im – allerdings historisch angehauchten – "Heidenkönig", im "Liebesschwur", im "Wernhart" und auch im "Schmied von Marienburg" finden. In anderen Werken allerdings, wie im "Bruder Lustig" und mehr noch im "Kobold" greifen übernatürliche Vorgänge so in das volkstümlich Dargestellte ein, daß dem kernigen Volkston eine phantastische Gegenwelt gegenübertritt. Diese phantastischen Elemente verdrängen den Volksopernton.

Eine Sonderstellung nehmen dabei auch die beiden späten Opern nach Märchenmotiven "An allem ist Hütchen schuld!" und "Das Flüchlein, das jeder mitbekam" ein. Hier wird der Volkston zwar wieder deutlicher, dabei ist aber die Aktion durch die Märchenhandlung, welche dargestellt wird, von der realistischen Ebene völlig gelöst.

Eine weitere Gruppe, in die die stark historischen Stoffe fallen, sträubt sich ebenfalls gegen eine Klassifizierung als Volksoper: "Sternengebot" und der mit der Sage verwobene "Banadietrich", aber auch "Rainulf und Adelasia" und die "heilige Linde" lassen die Volksoper zugunsten einer Schilderung geschichtlicher und sagenhafter Vorgänge zurücktreten.

Eine ähnliche Schwerpunktverschiebung zu Ungunsten der Volksoper ist in "Schwarzschwanenreich", "Sonnenflammen" und im "Friedensengel" zu beobachten. Hier wird statt einer volkstümlichen Handlung das schicksalshafte Untergehen einzelner geschildert. Die Oper erfährt dabei eine starke Hinwendung zum Psychologischen.

Vier für die Volksoper untypische Züge sind es also, die eine generelle Einordnung der Opern Siegfried Wagners in diese Gattung unmöglich machen:

– das Phantastische
– das Märchenhafte
– das Historische und
– das Psychologische.

Diese Inhalte sind es, die in manchen seiner Opern die Handlung kompliziert machen und somit eines der Grundprinzipien der Volksoper verletzen: die Einfachheit. Boshaft bezeichnet Louis die Volksoper der Jahrhundertwende (er denkt dabei besonders an den mit dem "Trompeter von Säkkingen" berühmtgewordenen Nessler) als "süss-säuerliche(n) Brei aus rührseliger Sentimentalität und alkoholdurchtränkter Komik"[65].

Diese Naivität und Rührseligkeit kann man dem Opernlibrettisten Siegfried Wagner sicher nicht vorwerfen. Vielmehr sind seine Werke durch den Tiefgang, welchen sie vermitteln wollen, oft so undurchsichtig-kompliziert, daß ihnen ein kurzer Artikel in einem Opernführer nicht gerecht werden kann. Während man z. B. sogar noch den Plot des "Fliegenden Holländers", erst recht aber die gesamte Handlung einer Volksoper[66] in zehn Sätzen zusammenfassen kann, machen die komplizierte Vorgeschichte und die vielen Nebenhandlungen, ohne die man die Oper nicht verstehen kann[67], eine knappe Zusammenfassung eines Siegfried Wagner-Librettos fast unmöglich. Den gleichen Mangel an Einfachheit stellt Klob auch für die Musik der Opern Siegfried Wagners fest:

Ob aber Siegfried Wagners bisherige Werke wirklich den Namen "Volksopern" verdienen, stellt deren musikalische Behandlung, ihr stellenweise unbedingt zu komplizierter Stil in Frage. Für derartige Werke wird sich weder das Volk, noch das gebildetere Publikum begeistern können. Ersteres steht der Musik völlig verständnislos gegenüber, letzteres aber wird die Klarheit und Einfachheit der Vorwürfe im Widerspruch finden mit der Art und Weise der musikalischen Behandlung.[68]

Musikalische Fragen sollen hier nicht behandelt werden. Festzuhalten ist nur, daß sich die Opern Siegfried Wagners – obwohl sie unbestreitbar volksnahe Elemente aufweisen – durch ihre komplizierte Dramaturgie und das häufig geschilderte Eindringen übernatürlicher Vorgänge in die Handlung gegen eine Klassifizierung als Volksopern sträuben. Die Vermischung des Volksoperntones mit nichtrealistischer Handlung aber nimmt mancher Rezipient zum Anlaß für eine Einordnung in das Gebiet der Märchenoper, so wie Istel davon spricht, daß Siegfried Wagner "beinahe ausschließlich das Gebiet der märchenhaften Volksoper bebaut."[69]

Ob die Bezeichnung "Märchenopernkomponist", die für Siegfried Wagner mit nahezu unverwüstlicher Konsequenz verwendet wird, seinem Werk gerecht wird, soll im folgenden Thema der Ausführungen sein.

2. 1. 4. Siegfried Wagner der Komponist von Märchenopern?

Die Affinität, die Siegfried Wagner zu Jacob Grimm, dem eigentlichen Schöpfer der deutschsprachigen Märchenwelt, fühlte, belegt eine Erinnerung Franz Stassens an eine Tischrede, in der Siegfried Wagner ausführte, "daß er sein Bestes drei großen Menschen verdanke, seinem Vater, seiner Mutter und Jacob Grimm."[70]

Ebenfalls ein Zeichen der tiefen Verehrung, die Siegfried Wagner für den Märchensammler empfand, ist, wenn er ihn in der Oper "An allem ist Hütchen schuld!" auf die Bühne bringt. Auch der Textdichter selbst tritt dann auf, um sich von Jacob Grimm die Leviten lesen zu lassen:

Jacob Grimm

Ja! Um des Himmels Willen!

Siegfried! Welch´ wüster Chor!

Alles sauft und Alles rauft!

Kommt das in meinen Märchen vor?

Siegfried Wagner

Aber Jacob! Wozu der Grimm?

Zwischen uns ein Zwist wär´ doch zu schlimm!

Hab´ ich den Streit gezündet?

Jacob Grimm

Und was du da wieder aufgebaut!

Vierzig Märchen zusammengebraut!

Siegfried Wagner

Statt, daß er mir dankt,

Werd´ich noch gezankt!

Ich helf´ Dir auf die Bein´,

Und Du fängst an zu schrei´n!

Jacob Grimm

Bestiehlst mich vorn und hinten, Du Dieb!

Giebst (sic!) Du´s nicht auf, setzt´s einen Hieb!

(sie hauen sich gegenseitig eine herunter) [71]

Solch ein brüderlicher Zwist, an dem – wie immer in dieser Oper – der Kobold Hütchen die Schuld trägt, zeigt deutlich die Verbundenheit, die Siegfried Wagner mit dem Göttinger Wissenschaftler empfand. Er sieht das bei der vorliegenden Oper angewandte Verfahren der Märchencollage anscheinend als künstlerische Nachfolge der Sammeltätigkeit des großen Vorbildes.

Auch der "Bärenhäuter" war der Grimmschen Märchensammlung entnommen[72]. Genauso weisen spätere Opern auf eine gründliche Lektüre von Märchen hin, so nicht nur die Collagen "An allem ist Hütchen schuld!" und "Das Flüchlein, das jeder mitbekam", sondern auch – zumindest im Titel – "Bruder Lustig". Wie man seine Werke aber nicht generell als Volksopern oder romantische Opern bezeichnen kann, kann man auch nicht durchgängig von Märchenopern sprechen: Werke wie "Wahnopfer", in welchem nichts Übernatürliches oder Märchenhaftes vorkommt, wehren sich auf den ersten Blick gegen diese generelle Einordnung. Der zeitgenössische Siegfried Wagner-Forscher Paul Pretzsch spricht sich jedenfalls ausdrücklich gegen eine krampfhafte Überbewertung der Märchenzüge in den Libretti aus, wenn er feststellt:

[...] in Siegfried Wagners Bühnenhandlungen liefern, abgesehen von zwei unmittelbaren Märchendramatisierungen, wie sie im "Bärenhäute r" und im elften Werk, dem Märchenspiel "An allem ist Hütchen schuld"[73] vorliegen, die Sagen- und Märchenzüge nicht die Hauptlinien des Geschehens, sondern lediglich den Hintergrund, vor dem sich eine rein menschliche Handlung abspielt. Dabei erhält aber das Märchenhafte doch mitbestimmende Kraft für den Gang der eigentlichen Handlung, durchzieht sie, unlösbar in sie eingesprengt, wie die Erzader den Felsen [...][74].

Doch was soll man nun unter "Sagen- und Märchenzügen" verstehen? Muß man, um Märchen- oder Sagenzüge feststellen zu können, einen Quellennachweis anführen? Soll alles Phantastisch-Übernatürliche den Einfluß von Märchen und Sagen signalisieren? Oder sollte die Märchenebene auch als eine nicht-zauberische möglich sein, wofür es in der Grimmschen Sammlung Beispiele gibt[75].

Zumindest die Grimms scheinen das Übernatürliche also nicht als unbedingt erforderlich für ein Märchen betrachtet zu haben. Die Märchenforschung sah dann aber für lange Zeit[76] das Übernatürliche als unabkömmlichen Bestandteil des Märchens. Erst in unseren Tagen faßt man den Begriff wieder weiter, so wie dies auch die vom Völkerkundler und Germanisten Dietz-Rüdiger Moser erstellte Definition anbietet:

Das Märchen ist eine in sich abgeschlossene, tradierte und deshalb konservative erzählende Dichtung mit typischen Figuren, Requisiten, Situationen und Handlungszügen, die auf der Grundlage fester Moralvorstellungen der Darlegung von Konfliktlösung dient. Die in ihm geschilderten Vorgänge können den unmittelbaren Erfahrungsbereich verlassen, doch bleibt der Konflikt, den es behandelt, stets in diesem Bereich verankert.[77]

Dieser weitgefaßte Definitionsrahmen, welcher auch Dichtungen nicht-phantastischer Art als Märchen einzuordnen erlaubt, soll hier seine Anwendung auf die Märchenoper finden.

Auch in der Oper gibt es nämlich an Märchen gemahnende Handlungen, die dabei aber keine übernatürlichen Vorgänge zur Erklärung benötigen. Als Beispiel aus der Zeit Siegfried Wagners mag Ritters Oper "Der faule Hans" dienen, wo der Titelheld sich ohne jeden Zauber vom philosophischen Nichtsnutz zum strahlenden Kämpfer und Retter der in Gefahr geratenen holden Weiblichkeit mausert. Im Märchen – man vergleiche nur mit "Der goldene Vogel" (KHM 57) – kann der gutherzige, aber etwas dümmliche Held seinen Wandel zum Prinzessinnenbefreier nur mit Hilfe fremder, übernatürlicher Macht (in diesem Falle mit Hilfe eines verzauberten Fuchses) bewerkstelligen.

Die Oper "Der faule Hans" würde also der aus der Literaturwissenschaft übertragenen Definition nach durchaus als Märchenoper gelten können, da sie typische Figuren[78], Situationen und Handlungszüge aufweist und die Lösung eines gesellschaftlichen Konfliktes schildert: Hans hilft der verfolgten Unschuld und verschafft sich Akzeptanz als Individuum. Dieses Werk kann demnach als ein Beispiel für eine Märchenoper gelten, die keine übernatürlichen Vorgänge aufweist.

Für die Opern Siegfried Wagners könnte diese Ausgrenzung des Übernatürlichen aus den Vorgängen einer Märchenoper bedeuten, daß er mehrere Märchenopern geschrieben haben könnte. Auch dies wird ein Gesichtspunkt für die unter 5. erfolgende Analyse der Märchenzüge in Siegfried Wagners Werk sein.

2. 2. Die Gattungszuordnung der Opern Siegfried Wagners in unserer Zeit

Wohl durch die spärlichen Aufführungen, welche das Werk Siegfried Wagners in den Jahren nach seinem Tode zu verbuchen hatte, wurde sein Opernschaffen in der Theaterwissenschaft bisher kaum beachtet, und es halten sich die schon bekannten Klassifikationen "Spätromantiker", "Volksopernkomponist" und "Märchenopernkomponist".

Dabei zeichnet sich allerdings die neuere Forschung dadurch aus, daß sie gerade die ersten beiden Begriffe transzendenter sieht, als es noch zu Siegfried Wagners Lebzeiten üblich war. So bemerkt Abert in ihrem Artikel über die romantische Oper im MGG[79] ausdrücklich, die Stärke der Opernform liege in "den heiteren Volksszenen mit ihren frischen, volkstümlichen Liedern und Chören und andererseits in der nun alle von Weber in der Wolfsschluchtszene des Freischütz und in der Euryanthe verwendeten Ausdrucksmittel ausnutzenden, wirkungsvollen Wiedergabe des Unheimlich-Gespensterhaften".[80]

Ob allerdings Siegfried Wagner mit der für ihn charakteristischen Vermischung von Volkstümlichkeit und romantischen Topoi damit als Neoromantiker eingeordnet werden könnte, darüber schweigt sich die Forschung aus. Manche neueren Musiklexika lassen das kompositorische Schaffen Siegfried Wagners sogar ganz unkommentiert und erwähnen ihn nur in seiner Eigenschaft als Festspielleiter von Bayreuth und als Dirigent[81].

Erst nach der von Peter P. Pachl und der ISWG eingeleiteten Wiederentdeckung der Opern Siegfried Wagners kann man auch im lexikalischen Bereich genauere Artikel über ihren Komponisten finden, so im 1979 erschienenen Ergänzungsband des "Riemann Musiklexikon", wo immerhin festgestellt wurde: "Er schrieb eine Reihe von volkstümlichen und Märchenopern auf eigene Texte [...]. Das Opernschaffen Siegfried Wagners steht innerhalb jener Tendenz zu Ende des 19. Jh., die dem mus. Drama R. W. s Werke leichteren Charakters gegenüberstellte."[82]

Ein weitaus genaueres Eingehen auf den Komponisten Siegfried Wagner ist in "Musik in Geschichte und Gegenwart" bereits 1968 zu beobachten, wo allerdings auch der bereits erwähnte Siegfried Wagner-Verehrer und -Kenner Otto Daube schreibt:

Von Siegfried Wagners Bühnenwerken haben die beiden Märchenopern nach eigenen Texten "Der Bärenhäuter" und "An allem ist Hütchen schuld" unbestrittenen Erfolg gehabt. Dem melodienreichen, phantasievollen, in seiner Klangwelt unproblematischen Spätromantiker S. Wagner war es nicht vergönnt, sich auf die Dauer neben seinen Zeitgenossen zwischen R. Strauss, Ravel, Reger und Schönberg zu behaupten. Die Geschichte der deutschen Singspiel-, Märchen- und Volksoper hätte seiner starken Begabung für Bühnenwirksamkeit und volkstümlich-heitere Elemente dennoch ein beachtliches Kap. einzuräumen.[83]

Dieser Appell des einst so glühenden Verehrers der Opern Siegfried Wagners wirkt doch reichlich matt und drängt zu allem Unglück Siegfried Wagner noch weiter in die Ecke des Märchenopernkomponisten. Artikel, die diesen Grundfehler vermeiden, finden sich nur im "Opera-Grove"[84] und im "Honegger/Massenkeil"[85]. Beide Artikel schrieb allerdings der wohl kompetenteste Siegfried Wagner-Forscher unserer Zeit, Peter P. Pachl.

Ohne ihn sähe es in der Beachtung des Komponisten Siegfried Wagner in der modernen Forschung wie im lexikalischen Bereich gleichermaßen traurig aus. Außer der Forschung Pachls existiert nur noch eine Dissertation über den musikalischen Aspekt des Opernschaffens Siegfried Wagners, die in der leidigen Gattungsfrage nur vage sowohl Einflüsse der komischen wie der Volksoper verzeichnet[86].

Auch Pachl hält sich allerdings in Definitionsfragen eher bedeckt. Er zieht es vor, die Werke immanent zu deuten. Auf diese Deutungen wird, da sie beinahe die gesamte Literatur zur Interpretation der Siegfried Wagner-Opern darstellen, unter 5. eingegangen. In der hier interessierenden Gattungsfrage steht allerdings fest, daß Pachl darauf besteht, als Märchenopern nur die drei klar als solche identifizierbaren Werke, den "Bärenhäuter", "An allem ist Hütchen schuld!" und "Das Flüchlein, das jeder mitbekam" zu verzeichnen[87]. Sie enthalten nichtrealistische Vorgänge, die eindeutig als Märchenhandlungen identifizierbar sind.

Doch auch die anderen Werke enthalten zum größten Teil nichtrealistische Elemente. Nun ist aber die Oper für sich eine Gattung mit einer starken Neigung zur Phantastik. Die Frage ist daher, ob man alle Werke mit nicht realistischen Vorgängen (man mache sich deutlich: Das wäre das gesamte Opernspektrum zwischen "Zauberflöte" und dem "Ring des Nibelungen"!) als Märchenoper einordnen kann. Vorstellbar wäre eine grundsätzliche Zweiteilung aller Opernstoffe nach ihrer realistischen oder eben nichtrealistischen Handlung.

Der Versuch einer Begriffsdefinition der "Märchenoper" soll etwas Licht in diese Grauzone der Gattungsfrage bringen.

3. Der bekannte, aber undefinierte Begriff der "Märchenoper"

Mit der Untergattung der Märchenoper stellt sich bereits bei der theaterwissenschaftlichen Definition ein Problem: Der Terminus ist zwar gebräuchlich, wird aber in den einschlägigen Nachschlagewerken nicht definiert.

Weder in deutschsprachigen[88] noch in den großen englischsprachigen[89] oder italienischen[90] Nachschlagewerken läßt sich eine Definition finden. Dabei wird aber z. B. Siegfried Wagner konsequent als "Märchenopernkomponist" bezeichnet. Der Begriff "Märchenoper" selbst ist also durchaus üblich. Die einzige auffindbare, deutschsprachige lexikalische Erwähnung des Begriffes stammt aus einem kleinen und eher unbekannten Lexikon und entbehrt leider einer Definition. Wegen ihrer einsamen Stellung im lexikalischen Bereich soll sie aber hier doch angeführt werden:

Märchenoper kam in Deutschland durch ein Hänsel und Gretelspiel von J. F. Reinhardt 1772 auf die Bühne. G. Benda behandelte in einem Singspiel das Märchen von den drei Wünschen 1778. Oberon, Undine u. Faust waren die Lieblingsfiguren weiterer Opern. Mozarts "Zauberflöte" eröffnete eine neue Entwicklungsperiode, die in Schöpfungen C. M. v. Webers und Marschners sowie schließlich in den Mythenopern R. Wagners gipfelte. Zur ursprünglichen M. kehrten neuerdings Humperdinck und Pfitzner zurück.[91]

Für den englischsprachigen Bereich gilt dasselbe uneinheitliche Vorgehen. So spricht Ethan Mordden z. B. von Siegfried Wagners "fairytale opera"[92], weist aber auf keine Definition des Begriffes hin. Sogar Komponisten bzw. Librettisten verwendeten den Begriff als Kennzeichnung ihrer Werke[93].

Wie die lexikalische Literatur behandelt auch die Fachliteratur die Märchenoper als Stiefkind, dessen Existenz zwar nicht geleugnet wird, dem aber bisher nur in Ausnahmefällen eingehendere Betrachtung zuteil wurde. Die einzig größere wissenschaftliche Abhandlung, die sich mit der Märchenoper auseinandersetzt, ist bereits hundert Jahre alt.

Es handelt sich um die Dissertation von Leopold Schmidt, der die Märchenoper in ihrer ganzen Breite analysieren wollte: Er versuchte eine Definition, einen historischen Überblick, eine Kategorisierung sowie eine Auflistung der gesamten Märchenopern bis zu seiner Gegenwart. Da es sich also bei dieser Dissertation um nahezu die gesamte zusammenhängende Sekundärliteratur handelt, die der Wissenschaft zum Bereich der Märchenoper zur Verfügung steht (und welche zudem wegen des weit zurückliegenden Erscheinungsjahres schwer zugänglich ist), soll hier eine kurze Zusammenfassung derjenigen Forschungsergebnisse Schmidts gegeben werden, die für die vorliegende Arbeit von Bedeutung sind. Erst unter 2. 2. soll dann ein Überblick über weitergehende Forschung neuerer Zeit – soweit überhaupt vorhanden – gegeben werden.

3. 1. Definition des Terminus "Märchenoper" durch Leopold Schmidt

Schmidt geht bei seiner Begriffsbestimmung von der literarischen Seite der Märchenoper aus, wie überhaupt seine Arbeit mehr literaturwissenschaftliche als musikwissenschaftliche Züge aufweist. Um das Stoffgebiet einzugrenzen, das für ihn in einer Märchenoper verwendet werden darf, definiert Schmidt zunächst den Begriff "Märchen" ganz im Sinne der Literaturwissenschaft seiner Zeit:

Wir verstehen heute unter Märchen nur solche Erzählungen, in denen das Übernatürliche in wunderbarer Weise in die Vorgänge des Wirklichen eingreift; deren Vortrag durch Einfachheit in der Auffassung von Lebensverhältnissen und harmlose Naivität des Ausdrucks sich einer kindlichen Anschauungsweise nähert, und deren Inhalt in den weitaus meisten Fällen eine symbolische Deutung fordert oder doch zulässt.[94]

Die Literaturwissenschaft des ausgehenden 19. Jahrhundert hatte aber in der Deutung von Märchen klare Prämissen, die sich bis in die Zeit des Nationalsozialismus noch geradezu aufblähen sollten. Man deutete Märchen als die überkommenen Zeugnisse mythischer Naturschilderung. So verstand man Dornröschen als den schlafenden Frühling, der vom der Sonne wachgeküßt wird. Schmidt schließt sich diesem Deutungsansatz an und vermutet aufgrund der Gemeinsamkeiten verschiedener Märchensammlungen Europas darin sogar die Überreste einer alten Religion[95].

Gerade die heute weit verbreitete psychologisch-moralische Deutung von Märchen, die die didaktische Dimension der Handlungen untersucht, wertet Schmidt als falsch. Man solle weder im Märchen das einzelne Wort auf seinen versteckten Sinn hin prüfen noch die Moral, die enthalten sein könnte, suchen – diese sei nämlich rein zufällig[96]. Mit diesem Theorem aber weist er für die Märchenoper einen Deutungsansatz zurück, der in der heutigen Märchenforschung als gängig betrachtet wird. Hier bietet sich ein gänzlich neues Feld zur Deutung der Märchenoper, das bisher kaum Beachtung fand.

Die schwerwiegendste Folge der Affinität Schmidts zu der literaturwissenschaftlichen Theorie seiner Zeit ist aber, daß für ihn das Stoffgebiet, welches er unter den Begriff "Märchen" einordnet, schon seit mythischen Vorzeiten[97] begrenzt und fixiert ist. Die Entstehung neuer Mythen ist für ihn ausgeschlossen, und Märchen entstehen seiner Meinung nach eben nur aus Mythen. "Kunstmärchen"[98] aber wären somit nichts weiter als die Nachahmung von Volksmärchen, wobei willkürlich Märchenelemente in Erzählungen eingestreut würden.

Die Sage sieht Schmidt ebenfalls dem Mythos entwachsen, was ihm die enge Verwandtschaft zwischen Sage und Märchen erklärt: "Die Grenzen sind flüssig, und ein Märchen kann zur Sage, eine Sage zum Märchen werden."[99]

Dabei sei aber die Sage lokal und/oder historisch fixiert, während das Märchen "durch Zeit und Raum schwebt"[100]. Eine noch bildhaftere Beschreibung des Unterschieds zwischen Sage und Märchen formuliert übrigens Daninger, der das Märchen als "über die Erde fliegende Sonnenfäden", die Sage aber als "Epheu (sic!), der eines irdischen Gegenstandes bedarf, an dem er sich hinaufrankt"[101] bezeichnet.

Abgesehen von dieser bewußten Ablösung von jedem historischen Hintergrund zeichnet sich nach Schmidts Meinung das Märchen durch das (sprichwörtliche) gute Ende aus. Das Ende eines Märchens müsse nämlich immer glücklich sein. Negative Erscheinungen, wie z. B. der Tanz der bösen Stiefmutter Schneewittchens in glühenden Schuhen, könnten dabei durchaus einbezogen werden[102].

Somit schlägt er also für die Märchenoper vor, sie an ihrem guten Ende zu erkennen und sie einerseits gegen die Sage und andererseits gegen phantastische Geschichten abzugrenzen. Dagegen läßt er aber "Kunstmärchen" als Grundlagen für Opernbearbeitungen durchaus zu[103]. Die Stoffe allerdings dürfen seiner Meinung nach nur aus französischen, italienischen und deutschen Märchensammlungen stammen, da für ihn nur diese Nationen Anteil an der Entwicklung der Oper haben. Diese Eingrenzung ist wohl allerdings anhand der damals in Deutschland bekannten Werke nachvollziehbar. Dabei beachtet er aber nicht, daß sich ein in Deutschland schreibender Librettist nicht nur vom Stoffmaterial seiner Heimat inspirieren lassen muß. Die Einteilung, die Schmidt letztlich vornimmt, ist folgende:

1. Eigentliche Märchenopern
2. Kunstmärchenopern
3. Opern mit Märchenelementen

Dabei ist die Unterscheidung zwischen den ersten beiden Kategorien durch das Alter der verwendeten Märchen zu definieren, die auf Mythen zurückzuführen sein müssen. Die dritte Kategorie aber schließt alle Feen-, Zauber- und Geisteropern sowie alle Sagenopern aus. Zudem sondert Schmidt alle Märchen aus Tausendundeiner Nacht dann aus, wenn in sie historische Ereignisse aus der Volksüberlieferung eingeflossen sind. Allerdings widerspricht Schmidt damit seiner eigenen Theorie, da ja solche Märchen nie aus französischen, italienischen oder deutschen Sammlungen stammen.

Diese Radikalbeschränkung bleibt nicht folgenlos, denn die Stoffgruppen werden dadurch natürlich sehr übersichtlich. Als Stoffgruppen bietet Schmidt zudem nur solche Märchen an, die bereits in einer oder mehreren Opern seiner Zeit genutzt worden waren. Somit entstehen für Schmidt drei Gruppen, für die er jeweils Beispiele anführt:

1. Für die Gruppe der eigentlichen Märchenopern: 20 Motive

Aladin, Ali Baba, Aschenbrödel, Blaubart, Däumling, Dornröschen, Fortunat, Der gestiefelte Kater, Hänsel und Gretel, König Drosselbart, L´oiseau bleu, La peau d´âne, Die sieben Raben, Der Rabe (nach Grimm "Der treue Johannes"), Riquet, Rotkäppchen, Schlaraffenland, Schneewittchen (sic!), Die Wünsche, Le soldat magicien.

2. Für die Gruppe der Kunstmärchenopern: 7 Motive

Arsène (Voltaire "La Bégueule"), La fée Urgèle (Voltaire: "Ce qui plaît aux dames"), Lulu oder die Zauberflöte (Wieland: "Dschinnistan"), Pervonte (Wieland: "Dschinnistan"), Der Roth-mantel (Musäus "Der gespenstische Barbier"), Der Rubin (Hebbel), Glückskind und Pechvogel (nach Richard von Volkmann-Leander "Träumereien an französischen Kaminen").

3. Für die Gruppe der Opern mit Märchenelementen: 5 Motive

Schwanenjungfrauen, Gevatter Tod, Oberon, Die Räthsel (d. i. Turandot), Nixen (darunter fallen Melusine, Undine und Loreley).

Bei diesem stark beschränkenden Auswahlverfahren, das zudem nur Märchenzüge in der Haupthandlung billigt, ist es kein Wunder, daß Schmidt nach der Untersuchung der ihm vorliegenden Märchenopern (die durchaus nicht alle zu jener Zeit bereits erschienenen Opern umfassen) zum Schluß kommt, daß beinahe nur die bekanntesten Stoffe der Märchenwelt zu Opern umgestaltet worden seien. Weiter führt er aus:

Die Umgestaltung zu Operntexten hat die Fabel der Märchen meist unverändert gelassen. Die Änderungen betreffen selten die äusseren Vorgänge und Hauptmomente der Handlung. Selbst dem Übernatürlichen hat sich wohl oder übel die scenische (sic!) Darstellung anbequemen müssen: Zwerge und Riesen, Feen, Hexen und Elementargeister, sogar der gestiefelte Kater sind auf die Bühne verpflanzt, und der tollste Wechsel der Scenerie (sic!) war den Dichtern mehr willkommen als hinderlich. Dagegen kann man nicht leugnen, daß mit dem inneren Kern, dem im höheren Sinne Märchenschaften [gemeint wohl: Märchenhaften, Anm. d. Verf.] in den meisten Fällen sehr frei verfahren worden ist.[104]

Doch trotz dieser augenscheinlichen Stoffeinschränkungen vermutet Schmidt in der Märchenoper die Gattung der Zukunft. Das Schemenhafte der Märchenfiguren und die nur in Hauptmomenten beleuchtete, stringente Handlung, wie sie in der Oper nötig sind, die dem "natürlichem Ausdruck entrückte Vorstellungssphäre"[105] und die "eudämonische Tendenz"[106] mit der enthaltenen Lehre von der Erlösung wären die idealen Voraussetzungen für eine musikalische Auswertung des Märchens: "Die Entwicklung der Märchenoper ist also durchaus nicht als abgeschlossen zu betrachten, vielmehr steht zu hoffen, dass gerade dieser Zweig des lyrischen Dramas in Zukunft zu immer grösserer Bedeutung gelangen wird."[107]

3. 1. 1. Die Dissertation Leopold Schmidts aus heutiger Sicht

Schmidts Eingrenzung des Begriffes der Märchenoper ist so eng wie nur möglich gefaßt. Daß er grundsätzlich nur Libretti mit rein verarbeiteten Märchenstoffen unter dem Begriff "Märchenoper" eingliedern will, war wohl aus damaliger Sicht noch verständlich – schließlich konnten ihm manche Werke, die diese Eingrenzung sprengen (wie Siegfried Wagners "An allem ist Hütchen schuld!"), noch nicht bekannt sein. Dabei ignoriert er aber die beiden Opern Ritters und die bereits vorliegenden Werke Hans Sommers, welche alle deutlich märchenhafte Züge tragen. Man kann gegen diese Opern sicherlich einwenden, daß sie sowieso nicht die Definitionskriterien Schmidts erfüllen würden. Sie sind aber dennoch ein Zeichen zeitgenössischer Produktion von Opern auf Märchenbasis, und somit hätte man wenigstens eine Erwähnung erwarten können.

Daß Schmidt bei der Erstellung seiner Kriterien den tschechisch/polnisch/russischen Stoffbereich nicht beachtet, wird vielleicht verständlicher, wenn man bedenkt, daß das west-europäische Interesse am musikalischen Leben der slawischen Länder damals gerade erst erwachte.

Kaum nachvollziehbar aber ist die Inkonsequenz, die sich Schmidt leistet, wenn er zuerst alle nicht aus mythischer Vorzeit stammenden Märchen als Kunstmärchen aus der Gruppe der echten Märchen ausgliedert, aber dann in seine Liste von Märchenopern auch solche Stoffe aufnimmt. Wir würden heute solche nach literarischen Vorlagen entstandenen Opern wohl eher als Literaturopern bezeichnen und die Märchenmotive dabei nur sekundär berücksichtigen[108].

Eine weitere Problematik ist die Eingrenzung der zu verwendenden Motive auf den deutschen, italienischen und französischen Bereich der Märchensammlung. Doch da Schmidt diese Eingrenzung kommentarlos zumindest im Bereich des orientalischen Märchens (Tausendundeine Nacht) sprengte, war wohl sogar ihm die selbst auferlegte Beschränkung zu einengend.

Die Liste von Märchenopern, welche Schmidt letztlich vorlegt, ist kurz – man bedenke, daß eine Oper wie Paul Winters "Falada", die sich streng an der Märchenvorlage orientiert und wohl kaum in einen anderen Bereich als in den der Märchenoper eingeordnet werden könnte, aus dem engen Raster Schmidts herausfiele, und das nur, weil bis zum Jahre 1895 noch keine Oper über dieses Märchen geschrieben worden war. Diese Beschränkung des in Frage kommenden Stoffes macht natürlich auch die als Märchenopern einzuordnenden Werke geradezu unverantwortlich überschaubar, was bereits ein vergleichender Blick auf die umfangreiche "Sammlung Zwanzig" beweist[109].

Selbst diese – offensichtlich ohne jedes grundlegende Kriterium zusammengestellte – Liste aller der Verfasserin Erika Zwanzig zugänglichen Opernlibretti ist sicher nicht vollständig und umfaßt neben Märchen auch Mythen und Sagen als Opern und Ballettvorlagen, kann aber dennoch als hilfreiche Übersicht gelten. Sie verzeichnet aber an Märchenopern weitaus mehr Werke als die Dissertation Schmidts angibt. Sein Ausschlußverfahren mutet also aus heutiger Sicht mehr als zweifelhaft an, doch man sollte nicht vergessen, daß eben der große Produktionsschub der Märchenoper erst nach der Entstehung der Dissertation einsetzte, unser heutiges Bild der Märchenoper also gar nicht mit dem damaligen übereinstimmen kann.

Natürlich ist es schwierig, eine vor hundert Jahren entstandene Arbeit unter heutigen Gesichtspunkten wissenschaftlicher Forschung zu kritisieren – was hier auch gar nicht versucht werden soll und darf. Heute würde sie wohl schon wegen ihrer zweifelhaften Zitierweise, die sich (ohne auf ein Literaturverzeichnis zu verweisen) mit dem Nachnamen des zitierten Autors zufrieden gibt, nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen.

Doch nicht zu unterschätzen ist die Pionierarbeit, die Schmidt mit seiner Schrift geleistet hat, welche er ja – wie er in seinem Vorwort betont – nur als Diskussionsgrundlage verstanden wissen will. Daß die Wissenschaft dann auf dieser von ihm geschaffenen Grundlage unfruchtbar blieb, ist natürlich nicht Schmidt vorzuwerfen.

3. 1. 2. Könnte Siegfried Wagner – wie Schmidt – von einer mythischen Märchen-definition ausgehen und somit nur einen Teil seiner Werke im Bannkreis der Märchenoper angesiedelt haben?

Von Siegfried Wagner, der sich nur sehr selten zur Theorie seines dichterischen und kompositorischen Schaffens äußerte, ist keine Definition der Märchenoper überliefert. Man kann wohl davon ausgehen, daß er niemals die Dissertation Schmidts, welche auch nicht im Archiv der Richard Wagner-Gedenkstätte aufzufinden ist, in Händen hatte. Immerhin kann als Anhaltspunkt für sein Verständnis des Begriffes gelten, daß er seinen "Bärenhäuter" (der aus Schmidts Definition schon wieder herausfiele) als Märchenoper bezeichnet[110].

Doch wenigstens in der mythischen Märchenauffassung Schmidts wäre Siegfried Wagner wohl mit Schmidt einer Meinung gewesen. Im gleichen Sinne "mythisch" wie die Märchenauffassung Schmidts war nämlich auch die Deutung, die man damals den Opern Richard Wagners angedeihen ließ. Ein wichtiger Vertreter dieses Interpretationsansatzes war z. B. Leopold von Schroeder mit seinem in Bayreuther Kreisen nahezu zum Evangelium ausgerufenen Buch "Die Vollendung des arischen Mysteriums in Bayreuth"[111]. Dort wurden dann – um bei obigem Beispiel zu bleiben – Dornröschen und Brünhilde auf gleiche Stufe gestellt[112].

Geht man davon aus, daß Siegfried Wagner als Bayreuther Festspielleiter nicht nur ein Kenner der Werke seines Vaters war, sondern auch die sie betreffende Forschung kannte, dann war ihm also die mythische Deutung von Märchenstoffen und märchenartigen Stoffen durchaus geläufig.

Zudem waren noch zu seinen Lebzeiten die Erläuterungen zu seinen Werken von Glasenapp und Pretzsch erschienen, die eben z. B. die im "Bruder Lustig" geschilderten Vorgänge auf den "mythischen Schwertverlust des Freyr während des Frühlingswerbens um die Erde"[113] in der Edda zurückführten. (Mit diesem Mythos erklärte man sich die schwache Kraft der Sonne im Winter, denn nachdem der Sonnengott sein Schwert verloren hat und somit waffenlos ist, kann er kaum Wärme für die Erde spenden.) Siegfried Wagner wehrte sich jedenfalls nicht gegen solche Deutungen, sah er auch den Enthusiasmus, mit dem sich manche seiner Anhänger für ihn und sein Werk einsetzten, skeptisch. So schrieb er an Rosa Eidam über Glasenapp: "Sie sind halt eine mordsbrave Seele! und Glasenapp wird mit Ihnen und Ihrer Gesinnung zufrieden sein! Das will was heißen, denn ich glaube, er findet mich selbst viel zu gesinnungslos gegen mich!"[114]

Andererseits nahm er sein Schaffen doch immerhin so ernst, daß er sicher einer gänzlichen Fehlinterpretation seiner Opern entgegengetreten wäre – vor allem bei den interpretatorischen Werken, die Mitglieder des engeren Bayreuther Kreises, wie eben z. B. Glasenapp und Hans v. Wolzogen, verfaßt hatten.

Man kann also davon ausgehen, daß sich Siegfried Wagner der Tatsache, daß seine Opern im Sinne der Mythostheorie gedeutet wurden, zumindest bewußt war. Demnach ist die Dissertation Schmidts, der für die Märchenoper den gleichen Interpretationsansatz verwendete, nicht völlig ungeeignet für die Kategorisierung der Opern Siegfried Wagners, obwohl sie natürlich etwas früher als seine Opern entstand und dem Komponisten wohl nicht bekannt gewesen sein dürfte.

Nach Schmidts Theorie aber sind die Opern Siegfried Wagners Opern keine Märchenopern – keines der von ihm zum Erkennungsmerkmal ernannten Märchen wurde durch den Komponisten verarbeitet. Doch als Opern mit Märchenmotiven dürften mindestens zwei von ihnen in Schmidts System passen: Im "Banadietrich" kommen die Nixe Schwanweiß und Gevatter Tod, in "An allem ist Hütchen schuld!" ebenfalls ein personifizierter Tod vor. Beide Male taucht der personifizierte Tod so auf, wie er aus dem Grimmschen Märchen "Der Gevatter Tod" (KHM 44) bekannt ist.

Liegt es also vielleicht nur an dem etwas unausgereiften Ansatz Schmidts, wenn sich die Opern Siegfried Wagners nicht durchgängig als Märchenopern einordnen lassen? Um diese Frage zu klären soll innerhalb der vorliegenden Arbeit unter 5. ein gegenüber Schmidts Theorem erweiterter Kategorisierungsvorschlag angewandt werden.

3. 2. Moderne Forschungsmeinungen zu Begriff und Geschichte der Märchenoper

Bei der Beurteilung der Märchenoper kommt es in der neueren Forschung schon durch das Fehlen einer zeitlichen Eingrenzung zu Schwierigkeiten. Nicht einmal darüber, in welchem Werk man den Beginn der Märchenoper sehen soll, besteht Einigkeit.

3. 2. 1. Geschichtliche Aspekte der Märchenoper in der neueren Forschung – Ist die Märchenoper ein Phänomen des ausgehenden 19. Jahrhunderts?

Erika Zwanzig, die mit ihrer Sammlung wohl die größte, wenn auch sicher nicht vollständige Zusammenstellung von Märchenopern vorlegte, bezeichnet das Feenmärchen "Zémire et Azor" von Grétry (1771), welches nach einem Libretto von Marmotel[115] entstand, als erste Märchenoper[116], wogegen Pachl "Il paese della Cuccagna" nach Goldoni von Baldassare Galuppi (1750) angibt[117]. Schmidt geht für das erste seiner Meinung nach nachweisbare Feenmärchen sogar noch weiter in die Vergangenheit zurück. In dem 1285 entstandenen Liederspiel "Le jeu d´Adam ou de la feuillée vom Adam de la Halle" sieht er das erste Beispiel veroperter Feerie[118] und damit die Mutter aller Märchenopern.

Ähnliche Schwierigkeiten ergeben sich bei einer Fixierung des Auftauchens der neuen Gattung im deutschen Sprachraum. Während der bereits zitierte Kosch das Hänsel und Gretelspiel von J. F. Reinhardt (1772), Schmidt aber erst "Schlaraffenland" (1790 oder 1792[119] ) von Gerl und Schack als erste deutsche Märchenoper sieht, meint Schäfer die Entstehung der Märchenoper erst aus dem zweiten Akt "Siegfried"[120] zu erkennen.

Für Beckers wiederum setzt der Beginn einer wahren "Märchenopernproduktionssucht" erst nach der Premiere von Humperdincks Oper "Hänsel und Gretel" ein, die für ihn somit zur ersten aller Märchenopern wird[121].

Als Vorläufer der ohne Zweifel stilbildenden Oper Humperdincks sieht Istel die Opern Alexander Ritters "Der faule Hans" und "Wem die Krone?"[122], wohingegen Beckers bereits die 1885 in München uraufgeführte Oper "Zlatorog oder der Trentajäger" von Viktor Gluth in dieser Vorbildfunktion sieht[123].

Letztlich ist diese Suche nach der ersten Märchenoper solange zur Erfolglosigkeit verurteilt, wie es an einer allgemein anerkannten Definition für den Begriff fehlt.

Grundsätzlich aber ist die Beantwortung der Frage nach dem Ursprung der Märchenoper für diese Arbeit wohl auch hinfällig, weil sie sich ohnehin ausschließlich mit der deutschsprachigen Märchenoper seit der Jahrhundertwende beschäftigen soll.

Da aber das in der Märchenoper gepflegte Eintauchen in märchenhafte Welten für eine Zeitspanne, die man sonst eher mit fin de siècle-Depressionen und wirtschaftlicher Wohlsituiertheit assoziiert, ein überraschendes Phänomen darstellt, soll zunächst ein – wenn auch nur stichwortartiger – Überblick über die Funktion des Märchens im kulturellen Leben dieses Zeitraumes geboten werden.

Exkurs: Bedeutung des Märchens in der Kunst der Jahrhundertwende

Bereits im 19. Jahrhundert wurde das Märchen vor allem als literarische Gattung rezipiert, eine Literaturgruppe, welche nahezu unerkennbar mit den zahlreichen "Kunstmärchen" verschmolzen war. In vorausgegangenen literarischen Epochen hatten sich ganze Legionen von Dichtern[124] die Form des Märchens für ihr literarisches Schaffen erschlossen. Das Märchen als literarische Form war also bereits eingeführt.

1. Das literarische Märchen

Jens Tismar beobachtet für das "Kunstmärchen" allerdings keine besonders häufige Verbreitung zwischen Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts und führt dies auf die Präsenz des Bürgerlichen Realismus zurück. Nur wenige Ausnahmen erkennt der Forscher an:

Das Widerspiel von Märcheninterpretationen und Realitätsprinzip haben nur wenige Autoren, wie Storm, Keller, Anzengruber, zur Kunstform gebracht. Die Ausnahmen verschwinden in der Menge trivialer Erzählungen, die den Titel "Märchen" als Ausweis der Harmlosigkeit und als Entrebillett in die Gefühlswelt der sogenannten besseren Familien tragen, oft direkt an die Adresse der "lesenden weiblichen Jugend".[125]

In der Literatur der Jahrhundertwende ist auch nicht gerade ein Boom in der Märchenproduktion zu verzeichnen[126]. Ihre Schwerpunkte[127] liegen auf ganz anderen Gebieten. Man denke dabei nur an die neue Darstellung von Erotik und Sexualität, an die politische Dimension der Literatur und natürlich an die vieldiskutierten Begriffe der "Décadence" und des "Fin de siècle".

Doch es bedarf keiner großen Mühe, um auch in der Literatur der Jahrhundertwende noch das Märchen als Gattung zu finden. Nur in der Bedeutung des Begriffes ist ein tiefgreifender Wandel zu registrieren. Es ist nun nicht mehr das naive, volkstümliche Märchen, welches die Autoren zu einer Auseinandersetzung mit dem Genre reizte, sondern der Begriff erhielt einen leicht pejorativen Charakter.

Nun ist das Märchen festgelegt als die in eine Kindergeschichte eingebettete Belehrung für Erwachsene, man vergleiche dazu z. B. die Märchenauffassung Richard Dehmels[128] oder Rainer Maria Rilkes[129]. Sonst gilt das Märchen allgemein als Metapher für den Versuch einer Weltflucht, wie sie besonders häufig bei Schnitzler[130] zu beobachten ist. Eine realistische Weltauffassung, zu welcher Schnitzlers Figuren immer gezwungen werden, verbietet eben das Abwandern in die Gefilde der Märchen.

[...]


[1] Es handelt sich hierbei um "Der Bärenhäuter" (1899), "Herzog Wildfang" (1901), "Der Kobold" (1904), "Bruder Lustig" (1905), "Sternengebot" (1908), "Banadietrich" (1910). Die Ziffern bezeichnen grundsätzlich das Jahr der Uraufführung.

[2] Istel, Edgar "Eine deutsche Opernstatistik 1883-1913", in "Die Musik. Halbmonatsschrift mit Bildern und Noten", Schuster, Bernd (Hrsg.), Vierzehnter Jahrgang, Dritter Quartalsband, Band LV, Heft 18 im Juni 1915, Schuster & Loeffler Verlag, Berlin 1915, S. 265

[3] Beckers, Paul "Die nachwagner´sche Oper bis zum Ausgang des 19. Jhrt. im Spiegel der Münchener Presse", Dissertation, Buchdruckerei Beyer & Hausknecht, Bielefeld 1936, S. 5/6

[4] Söhnlein, Kurt "Erinnerungen an Siegfried Wagner und an Bayreuth (Mit Anhang: Siegfried Wagners Briefe an Kurt Söhnlein)", Pachl, Peter P. (Hrsg.), Schriftenreihe der internationalen Siegfried Wagner-Gesellschaft, Band 1, Bayreuth 1980

[5] Karpath, Ludwig "Siegfried Wagner als Mensch und Künstler", Verlag Hermann Seemann Nachfolger, Bayreuth 1902

[6] Pachl, Peter P. "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", Nymphenburger, München 1988

[7] Bereits 1900 findet sich das Werk auf dem Spielplan von 8 Theatern bei 77 Aufführungen, im folgenden Jahr bestätigen noch weitere 25 Opernhäuser diesen Trend und "Der Bärenhäuter" ist somit 1900/1901 die meistaufgeführte Oper der Spielzeit. (Alle Angaben nach Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 153/154)

[8] so z. B. zum hundertsten Geburtstag des Komponisten, vgl. Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 446

[9] London "Der Friedensengel" und "Der Kobold", Wiesbaden "Sternengebot" und "Sonnenflammen", München "Herzog Wildfang" und Solingen "Schwarzschwanenreich", vgl. dazu Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 444 ff.

[10] Moser, Hans Joachim "Musik-Lexikon", 2 Bände, Musikverlag Hans Sikorski, Hamburg 1955, S. 1401, Sp. 2 - S. 1402, Sp. 1

[11] Istel "Eine deutsche Opernstatistik 1883-1913", S. 266

[12] Genau kann dies nicht überprüft werden, da Istel nur die Ziffern, nicht aber die Namen der Opern veröffentlicht. Daher ist auch die interessante Frage, was ein Komponist und Musikschriftsteller der Jahrhundertwende, wie es Istel war, genau dem Begriff "Märchenoper" zuordnete, mittels dieser Statistik nicht zu beantworten.

[13] In der Spielzeit 1992/1993 befand es sich mit 355 Aufführungen mit mehr als 258 291 Zuschauern auf Platz 18 der meistgespielten Werke (nicht Opern!). Die Zahlen für die Spielzeit 1993/94 ergeben 370 Aufführungen für mehr als 247 577 Zuschauer. Das bedeutet den 21. Platz auf der Liste der meistgespielten Werke.

[14] Schönberg, Arnold "Parsifal und Urheberrecht" in "Neue Musik-Zeitung", o. H., 33. Jahrgang, Heft 15 vom 2. Mai 1912, Verlag Carl Grüninger, Stuttgart und Leipzig 1912 (S. 315-317), S. 315

[15] Grout, Donald Jay "A Short History of Opera", Columbia University Press, New York 19562, S. 446

[16] Korngold, Julius "Deutsches Opernschaffen der Gegenwart. Kritische Aufsätze", Leonhardt-Verlag, Leipzig und Wien 1921, S. 61/62

[17] Pretzsch, Paul "Die Kunst Siegfried Wagners", Breitkopf & Härtel Verlag, Leipzig 1919, S. 15

[18] Pret[z]sch, Paul "Siegfried Wagner und sein Bärenhäuter" in "Blätter des Hamburger Stadttheaters", Hrsg. von der Intendanz, 1927/28 Heft II, Verlag Hans Christians, Hamburg 1927, S. 167/168

[19] Von einer Schule Richard Wagners zu sprechen ist sowieso falsch, da er nicht – wie z. B. sein Schwiegervater Franz Liszt – kontinuierlich unterrichtete. Auch sein Sohn, der im übrigen beim Tod des Vaters erst 13 Jahre alt war, hatte durch den Vater wohl Anregungen, aber keinen musikalischen Unterricht im herkömmlichen Sinne erhalten.

[20] Pretzsch, Paul "Siegfried Wagner und das deutsche musikalische Drama" in "Offizieller Führer der Deutschen Festspiele in Weimar 1926", Pretzsch, Paul und Daube, Otto (Hrsg.), Verlag Niehrenheim, Bayreuth 1926, S. 23

[21] Nur in der für das Rudolstädter Landestheater erstellten Fassung wird sie in "Linda" umbenannt. Aus Liebhold wird dort auch "Ludwig".

[22] "Lohengrin" I, 2, S. 33 ff. (Alle Seitenangaben nach Wagner, Richard "Lohengrin. Oper in drei Akten", Klavierauszug, C. F. Peters, Frankfurt, London, New York o. J.

[23] Die Rechtschreibung und Interpunktion der Jahrhundertwende ist heute natürlich in manchen Fällen überholt, im Interesse des Textverständnisses wird aber das "sic!" in dieser Arbeit nur bei Textstellen eingesetzt, die offensichtliche Druckfehler o. ä. enthalten.

[24] "Schwarzschwanenreich", I, 6, S. 24/25 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Siegfried "Schwarzschwanen-reich", Textbuch, Max Brockhaus, Leipzig o. J.

[25] Sie will wieder in die Macht eingesetzt werden, die ihr Vater verlor, und somit auch die heidnischen Gottheiten, welche durch das Christentum abgesetzt wurden, restituieren.

[26] "Schwarzschwanenreich", I, 1, S. 3

[27] "Schwarzschwanenreich", I, 1, S. 5/6

[28] "Schwarzschwanenreich", III, 4, S. 55/56

[29] in einem Brief an Paul Ehlers, ohne weitere Angaben zitiert von Daube, Otto "Siegfried Wagner und sein Werk", Carl Gießel Verlag, Bayreuth 1925, S. 43. Liest man das Wort im fränkischen Dialekt, ergibt sich die gemeinte Bedeutung: Siegfried Wagner ist nicht "Wagnerianer" sondern "selber aner", also "selbst einer".

[30] "Bruder Lustig", II, 3, S. 38 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Siegfried "Bruder Lustig", Textbuch, Max Brockhaus, Leipzig o. J.

[31] Wagner, Siegfried "Erinnerungen", J. Engelhorns Nachfolger, Stuttgart 1923, S. 133/134

[32] Mozart, Wolfgang Amadeus "Briefe und Aufzeichnungen", Bauer, Wilhelm A. und Deutsch, Otto Erich (Hrsg.), Band 3, Bärenreiter Verlag, Kassel, Basel, Paris, London und New York 1963, Band III, S. 167

[33] Hanslick, Eduard "Die moderne Oper. Kritiken und Studien", Allgemeiner Verein für Deutsche Litteratur (sic!), Berlin 1892, S. 2*99

[34] Korngold "Deutsches Opernschaffen der Gegenwart. Kritische Aufsätze", S.52

[35] Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 220

[36] Mey, Kurt "Siegfried Wagners dramatisches Schaffen" in "Illustrirte (sic!) Zeitung", Leipzig 15. Juli 1909 Nr. 3446, J. J. Weber Verlag, Leipzig 1909, S. 122

[37] vgl. Wagner, Richard "Mein Leben" Nachdruck mit Kommentaren, Gregor-Dellin, Martin (Hrsg.), Goldmann Verlag, München 1983, S. 31-33

[38] Korngold "Deutsches Opernschaffen der Gegenwart. Kritische Aufsätze", S. 64

[39] Alle Namen stammen aus Nestroys "Lohengrin"-Personenverzeichnis Nestroy, Johann "Lohengrin" in "Sämtliche Werke" Brukner, Fritz und Rommel, Otto (Hrsg.) "Die Parodien" II. Teil, Kunstverlag Anton Schroll, Wien 1925, S. 241-278

[40] Mit der Hypothek eines solchen Heldennamens aus dem väterlichen Werk wurde ja auch er selbst belastet. Er spielte in seiner Autobiographie darauf an, wenn er feststellt: "»Siegfried« ward ich von meinen Eltern genannt. Nun, Ambosse habe ich nicht zerhauen, Drachen habe ich nicht getötet, Flammenmeere habe ich nicht durchschritten. Und trotzdem hoffe ich nicht ganz unwürdig dieses Namens zu sein, denn das Fürchten ist wenigstens nicht mein Fall." (Wagner, Siegfried "Erinnerungen", S. 143)

[41] so in "Friedensengel", I, 2, S. 8 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Siegfried "Der Friedensengel. In drei Akten", Textbuch, Carl Giessel, Bayreuth o. J.) und in den "Meistersingern", III, 1, S. 336 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Richard "Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in drei Aufzügen", Klavierauszug, C. F. Peters, Frankfurt, London, New York o. J.)

[42] so in "Herzog Wildfang", II, 4, S. 63 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Siegfried "Herzog Wildfang", Textbuch, Max Brockhaus, Leipzig o. J.) und in "Siegfried", I, S. 28 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Richard "Siegfried", Klavierauszug, C. F. Peters, Frankfurt, London, New York o. J.)

[43] Beide Begriffe sind in Wörterbüchern zur Zeit Richard Wagners unter ähnlicher Bedeutung bereits genannt. Es ist aber anzunehmen, daß sie Siegfried Wagner eher aus dem Kontext des väterlichen Werkes als aus z. B. dem Grimmschen Wörterbuch geläufig waren.

[44] "Wem die Krone ?", I, 6, ff ???? (Seitenangabe nach Ritter, Alexander "Wem die Krone? Oper in einem Akt", Klavierauszug, Joseph Aibl, München o. J.) "Heil deinem Kommen!" wie in "Lohengrin", I, 3, S. 71, um nur eines der vielen Beispiele zu nennen.

[45] Sicher findet man diese Übereinstimmungen auch. Man denke nur an das Motiv des Werbewettkampfes in "Herzog Wildfang", in den "Meistersingern" und in "Tannhäuser" oder an die Konflikte zwischen heidnischer und christlicher Weltanschauung, wie sie in "- heilige Linde" und in "Heidenkönig" aber auch in "Lohengrin" behandelt werden. Schmitz meint, daß sogar ganze Szenen nach dem Vorbild des Vaters aufgebaut sind und verweist auf die Parallelen zwischen "Bärenhäuter" I. 2. und "Siegfried" I. 1. bzw. zwischen dem "Sternengebot"-Vorspiel und "Siegfried" III. 1. (Schmitz, Eugen "Siegfried Wagner" in "Die Musik. Halbmonatsschrift mit Bildern und Noten", Schuster, Bernhard (Hrsg.), 8. Jahrgang, 13. Nummer im dritten Quartalsband, Schuster & Loeffler Verlag, Berlin, Leipzig 1908/1909, S. 27 ff.). Genauer betrachtet erscheinen diese Vergleiche allerdings recht konstruiert. Außer dem Personal, teilweise sogar nur den Stimmfächern, weisen die Opern jeweils keine Gemeinsamkeiten auf.

[46] "Der fliegende Holländer", "Tannhäuser"

[47] Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 2

[48] Daube, Otto "Romantik und Gegenwart" in "Bayreuther Festspielführer 1927", Pretzsch, Paul (Hrsg.), Niehrenheim Verlag, Bayreuth 1927, S. 70

[49] Glasenapp, C. Fr. "Siegfried Wagner und seine Kunst", Breitkopf & Härtel, Leipzig 1911, S. 72

[50] Schliepe, Ernst "Formen der Oper", in der Schriftenreihe der NS Kulturgemeinde eschienen, Max Hesses Verlag, Berlin o. J., S. 8/9

[51] Die gleiche Entwicklung findet sich übrigens auch bei Strawinskys "The rake´s progress" (1951) wieder.

[52] Solms, Wilhelm und Oberfeld, Charlotte (Hrsg.), "Das selbstverständliche Wunder. Beiträge germanistischer Märchenforschung", Hitzeroth, Marburg 1986, Einleitungskapitel, S. 2

[53] "Lohengrin", I, 2, S. 34 ff.

[54] Korngold "Deutsches Opernschaffen der Gegenwart. Kritische Aufsätze", S. 79

[55] Pretzsch "Die Kunst Siegfried Wagners", S.17

[56] Pretzsch "Die Kunst Siegfried Wagners", S.25/26

[57] Schmitz konnten im Jahre 1909 auch nur diese ersten Werke Siegfried Wagners bekannt sein.

[58] Schmitz "Siegfried Wagner", S. 21

[59] Schmitz "Siegfried Wagner", S. 25

[60] Hier nimmt die Begriffsverwirrung, welche die Einordnung Siegfried Wagners Werke in gängige Kategorien mit sich bringt, geradezu groteske Züge an: Für ihn kann also "Der Bärenhäuter" gleichzeitig Volks- und Märchenoper sein! Dazu mehr unter 3.

[61] Wahrscheinlich ein Ausschnitt aus einem Zeitungsinterview anläßlich der Münchener "Bärenhäuter"-Uraufführung, zitiert nach Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 155/156

[62] Ausnahmen: "Die heilige Linde" (nur III.), "Sonnenflammen", "Rainulf und Adelasia", "Walamund" und "Sternengebot"

[63] Hier werden die Werke nur grob kategorisiert – eine genauere Analyse und Zuordnung soll erst nach einer Begriffsklärung der Untergattung "Märchenoper" erfolgen, vgl. 5.

[64] Nach einem bei Pachl ohne genauere Angabe zitierten Brief aus dem Jahre 1899 schreibt Wagner von seiner zweiten Oper, dem "Herzog Wildfang", daß sie "wieder eine Volksoper im echt deutschen Sinne" werden solle. (zitiert nach Pachl "Siegfried Wagner. Genie im Schatten", S. 157)

[65] Louis, Rudolf "Die deutsche Musik der Gegenwart", Georg Müller, München und Leipzig 1909, S. 60/61

[66] Man denke z. B. an Nesslers "Trompeter von Säkkingen".

[67] Als Beweis mag der – sicher schon die Handlung soweit als nur verantwortlich vereinfachende – Anhang "Opernführer" in Pachls Buch "Siegfried Wagner. Genie im Schatten" gelten.

[68] Klob, Karl Maria "Die komische Oper nach Lortzing", harmonie Verlagsgesellschaft für Literatur und Kunst, Berlin 1904, S. 77

[69] Istel, Edgar "Die moderne Oper vom Tode Wagners bis zum Weltkrieg (1883-1914)", B. G. Teubner Verlag, Leipzig und Berlin 1915, S. 13

[70] Stassen, Franz "Erinnerungen an Siegfried Wagner" o.V., o.O., o. J., S. 14. Diese Tischrede soll nach Prüfer am 2. Juli 1910 im Hotel Kaiserhof in Bayreuth gehalten worden sein. (vgl Prüfer, Artus "Siegfried Wagner und Jacob Grimm" in "Illustrirte (sic!) Zeitung" vom 20. Juli 1911, Nr. 3551, J. J. Weber, Leipzig 1911, S. 19)

[71] "An allem ist Hütchen schuld!", III, 5, S. 68/69 (Alle Seitenangaben nach Wagner, Siegfried "Das Flüchlein, das jeder mitbekam. Ein Spiel aus unserer Märchenwelt", Textbuch, Max Brockhaus, Leipzig o. J.)

[72] "Des Teufels rußiger Bruder" (KHM 100) und "Der Bärenhäuter" (KHM 101). KHM steht für Grimm, Jacob und Grimm, Wilhelm "Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Gebrüder Grimm", (3 Bände), Rölleke, Heinz (Hrsg.), Philipp Reclam Junior, Stuttgart 1980

[73] Das "Flüchlein" war damals noch nicht erschienen. Es wurde vorerst nur als Textheft (und zwar als Geburtstagsgabe zu Siegfried Wagners 60. Geburtstag am 6. Juni 1929) veröffentlicht.

[74] Pret[z]sch "Siegfried Wagner und sein Bärenhäuter", S. 166

[75] so z. B. in "Der arme Junge im Grab" (KHM 185). Dort wird das auch im "Wahnopfer" vorkommende Motiv vom unschuldig zu Tode gekommenen Kind ohne jede märchenhafte Zutat als Schwank erzählt.

[76] vgl. dazu die Definitionen des Begriffs "Märchen" von Bolte, Mackensen und Ranke (Übersicht in Moser, Dietz-Rüdiger "Märchenforschung" in "Ethnologia Bavarica", Brückner, Wolfgang und Kriss-Rettenbeck, Lenz (Hrsg.), Heft 10, Echterverlag, Würzburg und München 1981, S. 57/58)

[77] Moser, Dietz-Rüdiger "Märchenforschung", S. 61

[78] Der Held Hans ist der jüngste von sieben Söhnen und zugleich das schwarze Schaf der Familie. Diese Motive sind in der Märchenwelt häufig. Dabei denke man an "Die sieben Raben" (KHM 25) oder den klugen und barmherzigen jüngsten Bruder in "Das Meerhäschen" (KHM 191). Ein weiteres märchenhaftes Motiv der Oper ist die verstorbene Mutter, mit der für Hans die Liebe und die Berechtigung zum Träumen aus der Welt verschwanden. Dieses Motiv, oft noch verbunden mit der Existenz des bösen weiblichen Gegenpols in Gestalt der bösen Stiefmutter, findet sich z. B. auch in "Sneewittchen" (KHM 53) und "Aschenputtel" (KHM 21).

[79] Blume, Friedrich (Hrsg.) "Musik in Geschichte und Gegenwart" (MGG), 17 Bände, Bärenreiter Verlag, Kassel, Basel und London 1957, Band 10, S. 25-59

[80] Blume "Musik in Geschichte und Gegenwart", Band 10, S. 50 Spalte 2

[81] Sartori, Claudio (Hrsg.) "Enciclopedia della Musica", 4 Bände, Ricordi, Milano 1963-1964, Amico, Silvio d´ (Begründer) "Encicopledia dello Spettacolo", 10 Bände, Unione Editoriale, Rom 1966, Gurlitt, Wilibald und Dahlhaus Carl "Riemann Musiklexikon", 5 Bände, B. Schott´s Söhne, Mainz 1959-197512 (Personenteil 1961)

[82] Gurlitt, Wilibald und Dahlhaus Carl "Riemann Musiklexikon", 5 Bände, B. Schott´s Söhne, Mainz 1959-197512, Ergänzungsband Personenteil L-Z, S. 684, Sp. 2 - 685, Sp. 1

[83] Blume "Musik in Geschichte und Gegenwart", Band 14, S. 83 Spalte 2 - S. 84 Spalte 2

[84] Sadie, Stanley (Hrsg.) "The New Grove Dictionary of Music and Musicians", 20 Bände, Macmillan Press Limited, London und New York 1980, Vol. 4, S. 1085

[85] Honegger, Marc und Massenkeil, Günther (Hrsg.) "Das Große Lexikon der Musik", 8 Bände, Herder, Freiburg, Basel und Wien 1976

[86] Schäfer, Karl "Das Opernschaffen Siegfried Wagners", Dissertation, Wien 1936, S. 47 und S. 202

[87] Pachl, Peter P. "Die Märchenoper der Wagnernachfolge" in "Oper und Operntext", Fischer, Jens Malte (Hrsg.), Reihe Siegen 60, Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1985 (S. 131-150), S. 134

[88] "Riemann Musiklexikon", "Brockhaus-Riemann", Honegger / Massenkeil "Das Große Lexikon der Musik" etc

[89] Sadie, Stanley (Hrsg.) "The New Grove Dictionary of Music and Musicians", 20 Bände, Macmillan Press Limited, London und New York 1980; eine Ausnahme bildet der "Opera Grove", vgl. dazu 3. 2. 3.

[90] "Encicopledia dello Spettacolo"

[91] Kosch, Wilhelm "Deutsches Theater-Lexikon", 2 Bände, Verlag Ferd. Kleinmayr, Klagenfurt und Wien 1960, Band 1, S. 1324, Spalte 1

[92] Mordden, Ethan "Opera in the Twentieth Century. Sacred, Profane, Godot", Oxford University Press, New York 1978, S. 106/107

[93] z. B. Krenek "Das geheime Königreich" und Zemlinsky "Es war einmal"

[94] Schmidt, Leopold "Zur Geschichte der Märchenoper", Dissertation, Otto Hendel, Halle/Saale 1895, S. 4

[95] Dgl. S. 6

[96] Dgl. S. 8

[97] Dgl. S. 4. Er zieht dabei in Erwägung, die Entstehung der Sagen sogar vor "den vollendeten Ausbau der arischen Muttersprache" (!) zu verlegen.

[98] Die Begriffe "Kunst-" und "Volksmärchen" sind heute umstritten (vgl. dazu 4. 1.). Dennoch sollen beide Begriffe in dieser Arbeit, die ja keine germanistische Forschung betreibt, genutzt werden.

[99] Dgl. S. 6

[100] Dgl. S. 6

[101] Daninger, Josef G. "Sage und Märchen im Musikdrama. Eine ästhetische Untersuchung an der Sagen- und Märchenoper des XIX. Jahrhunderts", Johann Hoffmanns Witwe-Verlag, Prag 1915, S. 13

[102] Schmidt "Zur Geschichte der Märchenoper", S. 9

[103] Dgl. S. 9

[104] Dgl. S. 91/92

[105] Dgl. S. 93

[106] Dgl. S. 93

[107] Dgl. S. 93

[108] Diese Bearbeitung eines Märchendramas als Oper, wie wir sie bei D´Albert "Der Rubin" oder bei Blech "Alpenkönig und Menschenfeind" finden, wird später noch besondere Betrachtung finden.

[109] Eine etwa 2 Seiten lange Liste soll in Schmidts Dissertation eine Aufstellung aller Märchenopern sein. Zwanzig, die allerdings einen etwas längeren Zeitraum zum Gegenstand ihrer Untersuchungen macht, braucht für eine ähnliche Liste ein ganzes Buch! (Zwanzig, Erika "Vertonte Märchen, Mythen, Sagen, Legenden", als Manuskript gedruckt, Erlangen 1989)

[110] vgl. 1. 1. 3.

[111] Als Professor für Linguistik in Wien ist Schroeder für diese Zeit sicher als repräsentativ anzusehen. Er war ein enger Freund Chamberlains und eifriger Festspielbesucher.

[112] Diese Interpretation wurde später auch auf Luise im "Bärenhäuter" übertragen. (vgl. Pretzsch "Siegfried Wagner und das deutsche musikalische Drama", S. 26).

[113] Glasenapp "Siegfried Wagner und seine Kunst", S. 228, gekennzeichnet als Übernahme einer These von Hans von Wolzogen.

[114] Brief Siegfried Wagners an Rosa Eidam, Nr. 2 (aus der Sammlung Wagner, Siegfried "Briefe an Rosa Eidam", unveröffentlicht, Abschriften im Archiv der Richard Wagner-Gedenkstätte Bayreuth)

[115] das auch für Louis Spohr 1819 zur Grundlage seiner gleichnamigen Oper wurde

[116] Zwanzig "Vertonte Märchen, Mythen, Sagen, Legenden", ohne Seitenangabe (unter dem Stichwort "Zemire und Azor")

[117] Pachl, Peter P. "Die Märchenoper der Wagnernachfolge" in "Oper und Operntext", Fischer, Jens Malte (Hrsg.), Reihe Siegen 60, Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1985, S. 131

[118] Schmidt "Zur Geschichte der Märchenoper", S. 19

[119] Die Jahreszahl 1790 stammt von Schmidt. Stieger gibt die Jahreszahl 1792 an, vgl. Stieger, Franz "Opernlexikon", 12 Bände, Hans Schneider Verlag, Tutzing 1978, Komponisten, Band 3

[120] Schäfer "Das Opernschaffen Siegfried Wagners", S.9. Die Handlung der Oper "Siegfried" empfing aus den Märchen "Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen" (KHM 4 ) und "Der Königssohn, der sich vor nichts fürchtet" (KHM 121) Anregungen.

[121] Beckers "Die nachwagner´sche Oper bis zum Ausgang des 19. Jhrt. im Spiegel der Münchener Presse", S. 51

[122] Istel "Die moderne Oper vom Tode Wagners bis zum Weltkrieg (1883-1914)", S. 8

[123] Beckers "Die nachwagner´sche Oper bis zum Ausgang des 19. Jhrt. im Spiegel der Münchener Presse", S. 23

[124] Man denke dabei u. a. an Goethe, Wieland, Musäus, Hauff, Arnim, Bechstein, Andersen.

[125] Tismar, Jens "Kunstmärchen", Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 19832, S. 85

[126] In seinem Buch über das deutsche Kunstmärchen im 20. Jahrhundert läßt Tismar die Jahre bis 1914 sogar gänzlich unbehandelt. (vgl. Tismar, Jens "Das deutsche Kunstmärchen des zwanzigsten Jahrhunderts", Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1981)

[127] vgl. dazu Fischer, Jens Malte "Fin de siècle. Kommentar zu einer Epoche", Winkler Verlag, München 1978

[128] Dehmel, Richard "Der Kindergarten. Gedichte Spiele und Geschichten für Kinder und Eltern jeder Art" in "Gesammelte Werke ", Dehmel, Richard, Band 6, S. Fischer Verlag, Berlin 1908, darin besonders "Der Vogel Wandelbar", "Das Märchen vom Maulwurf", "Die bekümmerte Löwenkröte", u. a.

[129] vgl. Rilke, Rainer Maria "Geschichten vom lieben Gott", Insel Verlag, Frankfurt/Main 1969

[130] vgl. Schnitzler, Arthur "Das Märchen" in "Gesammelte Werke. Die Theaterstücke", Schnitzler, Arthur, Band 1, S. Fischer Verlag, Berlin 1918

Excerpt out of 193 pages

Details

Title
Der Komponist Siegfried Wagner - Der Gralshüter von Bayreuth als Komponist von Märchenopern
College
LMU Munich  (Institut für Theaterwissenschaft)
Grade
2
Author
Year
1999
Pages
193
Catalog Number
V53970
ISBN (eBook)
9783638492751
ISBN (Book)
9783638726993
File size
1533 KB
Language
German
Notes
Die Magisterarbeit zum Thema "Die Märchenoper bei Siegfried Wagner" wurde in München am Theaterwissenschaftlichen Institut der Ludwig Maximilian Universität eingereicht. Die Autorin promovierte danach über ein theaterwissenschaftliches Thema des 20. Jahrhunderts.
Keywords
Komponist, Siegfried, Wagner, Gralshüter, Bayreuth, Komponist, Märchenopern
Quote paper
Dr. Sabine Busch-Frank (Author), 1999, Der Komponist Siegfried Wagner - Der Gralshüter von Bayreuth als Komponist von Märchenopern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53970

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