Präkonzepte und deren Veränderung durch die Konfliktstrategie der Conceptual-Change-Theorie. Vorstellungen zum „Schwimmen und Sinken von Vollkörpern im Wasser“ bei Grundschulkindern


Thèse de Bachelor, 2018

35 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definition von Präkonzepten und Postkonzepten
2.1 Merkmale und Eigenschaften von Präkonzepten
2.1.1 Präkonzepte als current constructions
2.1.2 Präkonzepte als deep structures
2.2 Entstehung von Präkonzepten

3 Conceptual Change-Theorie nach Posner & Strike
3.1 Definition Conceptual Change
3.2 Die Conceptual Change-Theorie
3.3 Unterschiede in der Konzeptveränderung
3.3.1 Kontinuierliche und „weiche“ Konzeptveränderungen
3.3.2 Diskontinuierliche und „harte“ Konzeptveränderungen
3.4 Bedingungen bei Konzeptveränderungen
3.5 Grundlegende didaktische Ansätze
3.5.1 Konfliktstrategie
3.5.2 Anknüpfungsstrategie
3.5.3 Brücken- oder By-Pass-Strategie
3.6 Schwierigkeiten bei Konzeptveränderungen
3.7 Merkmale veränderter Präkonzepte
3.8 Gestaltung von Lernumgebungen
3.9 Anforderungen an die Lehrkraft

4 Experiment „Schwimmen und Sinken von Vollkörpern“ in der Grundschule
4.1 Fachwissenschaftliche Erklärung
4.2 Aufbau und Durchführung des Experiments
4.3 Nachgewiesene Präkonzepte bei Grundschulkindern

5 Veränderung der Präkonzepte am Beispiel der Konfliktstrategie

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„ D u kannst deinen Kindern deine Liebe geben, nicht aber deine Gedanken. Sie haben ihre eigenen.“ Khalil Gibran (1883-1931)1

Wahrscheinlich kann diesem Zitat jeder Erwachsene beipflichten, der schon einmal versucht hat, Kinder von ihren vermeintlich falschen Alltagsvorstellungen abzubringen und diese durch wissenschaftlichen Ansichten zu ersetzen. Dieses Vorhaben ist mitunter nicht einfach, zum Teil sogar unmöglich. Denn die Kinder sammeln in ihrem Umfeld eigene Erfahrungen und erklären sich somit Vorgänge und Phänomene aus der Umwelt, mit welchen sie später in den Sachunterricht kommen. Können sich die Lernenden mit Hilfe dieser Vorstellungen selbst erlebte Geschehnisse und Vorgänge erklären, wird es schwierig sein, sie zu revidieren – besonders, wenn diese schon mehr oder weniger fest verankert sind. Jedoch sind die vorunterrichtlichen Alltagsvorstellungen meist nicht kompatibel zu naturwissenschaftlichen Konzepten, worin auch die Ursache vieler fundamentaler Lernschwierigkeiten liegt (vgl. Grygier et al. 2004, S.24).

Im Rahmen des Seminars „Experimentelle Erschließung der Umwelt“ an der Universität Erfurt bekamen die Studierenden des Faches „Primare und Elementare Bildung“ den Auftrag, einmal wöchentlich in Kleingruppen an unterschiedlichen Grundschulen eine nachmittägliche Arbeitsgemeinschaft zum Thema „Experimente“ für sechs Wochen zu leiten. Aus diesem Grund standen die Durchführung naturwissenschaftlicher Versuche und deren Erklärung im Fokus. Das „Schwimmen und Sinken von Vollkörpern im Wasser“ stellte dabei einen von vielen Unterrichtsinhalten dar, welcher in der vorliegenden Arbeit später ausführlich erläutert wird. Interessant waren an dieser Stelle die Vermutungen, welche die Kinder vor dem Versuch bezüglich der Körper und deren Schwimmfähigkeit, äußerten. Zu diesen vorunterrichtlichen Vorstellungen, auch Präkonzepte genannt, forschten bereits einige Pädagogen, so auch Prof. Dr. Kornelia Möller.

Bereits im Perspektivrahmen Sachunterricht wird die naturwissenschaftliche Perspektive hervorgehoben. Dieser fordert, „[…] dass sich die Schülerinnen und Schülern zunehmend belastbare naturwissenschaftliche Konzepte und Vorstellungen und damit zusammenhängende Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen aneignen“ (GDSU 2013, S. 37). Dieses erworbene Wissen und Können ist notwendig und bildet zusätzlich eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Lernen im naturwissenschaftlichen Unterricht der weiterführenden Schulen (vgl. ebd., S. 38).

Diese Arbeit umfasst die Bestimmung des Begriffs der Präkonzepte, sowie die Beschreibung der Conceptual Change-Theorie, welche das Lernen als Veränderung von Präkonzepten darstellt. Des Weiteren werden die von den Kindern zum oben genannten Experiment bereits erforschten Alltagsvorstellungen dargelegt. Hinsichtlich der erfassten Präkonzepte von Grundschulkindern werde ich Bezug auf die Ergebnisse der Befragungen und Interviews, unter anderem von Prof. Dr. Kornelia Möller, nehmen. Folgend wird eine Möglichkeit aufgezeigt, in welcher Weise mittels eines bestimmten didaktischen Ansatzes der Conceptual Change-Theorie, auf Basis der vorhandenen Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler im Unterricht weitergearbeitet werden kann. Im Fazit werden die gewonnenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen noch einmal zusammengefasst.

Die Arbeit dient der Beantwortung folgender Fragestellung: Welche Präkonzepte konnten bei Grundschulkindern bezüglich schwimmender und sinkender Gegenstände nachgewiesen werden und in welcher Weise kann an diese mit der Conceptual Change- Theorie und insbesondere mit der Konfliktstrategie angeknüpft werden?

2 Definition von Präkonzepten und Postkonzepten

Der Begriff „Konzept“ kann in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden. „Konzept“ beschreibt in diesem Zusammenhang das gedanklich Erfasste im Sinne von Entwürfen bzw. vorläufigen Theorien. In der Kognitionspsychologie werden Konzepte außerdem als gedankliche Konstrukte bezeichnet, welche versuchen, Wahrnehmungen zu ordnen, zu interpretieren und sie in einen Zusammenhang zu stellen (vgl. Kahlert 2009, S.194). Diese Konzepte können sich daher auf bestimmte Vorstellungen und Begriffe beziehen (vgl. Möller 2013, S. 61). In Bezug auf die allgemeine Definition stellen Präkonzepte solche Konzepte dar, die bereits vor der Behandlung des Themas im Unterricht vorhanden sind, also vorunterrichtliche Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler. Die Präkonzepte beziehen sich dabei auf den zeitlichen Punkt, an welchem sie wirksam sind, in diesem Fall vor dem Unterricht (vgl. Möller 1999. S. 139f.). In Abgrenzung dazu sind die sogenannten Postkonzepte zu nennen, welche wiederum nach einem Lernprozess vorhanden sind (vgl. Möller 2013, S. 61). Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Postkonzepte auch später nochmals als Präkonzepten wirksam werden können (vgl. Möller 1999. S. 139f.). Für die Gestaltung des Unterrichts müssen die Präkonzepte der Kinder für die Lehrkraft als wichtig erachtet werden um daran anknüpfen zu können.

Vorhandene Präkonzepte können Lernschwierigkeiten verursachen und ebenso können diese das Erlernen angemessener Konzepte erschweren. Jedoch sind sie, vorausgesetzt die Lehrkraft besitzt Informationen über die Vorstellungen der Kinder, auch als Ankerpunkte für die Weiterentwicklung und das Weiterlernen von Nutzen (vgl. Möller & Wyssen 2017, S. 34).

Alternativ können folgende Begriffe für die Bezeichnung dieses Vorwissens verwendet werden: Alltagsvorstellungen, Schülervorstellungen und Vorerfahrungen (ebd., S. 244) aber auch naive Theorien oder alternativ frameworks. Jeder dieser Begrifflichkeiten setzt eigene Akzente, die mit dazugehörigen Theorien konvergieren (vgl. Möller 2013, S. 61). Es ist weiterhin wichtig zu wissen, dass Präkonzepte auch nach den vollzogenen Lernprozessen weiter vorhanden sein können, wenn auch teilweise verändert oder wie bereits weiter oben erwähnt, als Postkonzepte (Möller 1999, S. 142).

Zusammenfassend sagt Möller (2015, S. 244): „Der Begriff Präkonzepte ist am weitesten gefasst, verzichtet auf implizite theoretische Konnotationen und bezeichnet die vor dem Unterricht vorhandenen Konzepte.“

2.1 Merkmale und Eigenschaften von Präkonzepten

Nur ein Teil der Präkonzepte steht in Form des begrifflich-symbolischen Wissens als deklaratives Wissen zur Verfügung. Während die prozeduralen Präkonzepte als Handlungswissen gespeichert sind und sich demzufolge in den Handlungen der Kinder äußern, lassen sich intuitive Präkonzepte nur mit Hilfe von sprachlichen Äußerungen und Handlungen feststellen, da diese nicht explizit formuliert werden können (vgl. Möller 1999, S. 141).

Es können zwei Arten von Präkonzepten unterschieden werden. Zum einen Präkonzepte in Form von current constructions und zum anderen die Präkonzepte als deep structures. Im Folgenden sollen beide Kategorien näher erläutert werden.

2.1.1 Präkonzepte als current constructions

Die sogenannten current constructions werden auch als ad-hoc-Konstruktionen (vgl. Möller 1999 nach Duit 1993, S.140), spontane oder aktuelle Konstruktionen bezeichnet. Entstehen können diese unter anderem als Verlegenheitskonstruktionen im Verlaufe eines Gespräches, vor allem während der Durchführung von Befragungen. Durch die Besonderheiten der Erhebungssituation werden diese hervorgerufen (vgl. Möller 1999, S.140).

2.1.2 Präkonzepte als deep structures

Im Gegensatz zu den current constructions stehen die deep structures, welche als tief verankerte, stabile Überzeugungen definiert werden und oft resistent gegenüber Veränderungen sind. Für die Lernenden haben sie außerdem oft eine hohe Glaubwürdigkeit (vgl. Möller 1999, S. 140f.).

„Konzepte, die der Schüler zwar weiß oder auch teilweise versteht, nicht aber wirklich glaubt, vermögen es nicht, solche deep structures abzulösen“ (ebd., S. 141).

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Verankerung von Konzepten und dessen Überzeugungsgehalt so stark sein können, dass diese auch die Wahrnehmung der Lernenden beeinflusst bzw. bestimmt (vgl. Möller 2013, S. 60).

Die Lernprozesse im Sachunterricht sind überwiegend tiefgreifende Konzeptwechsel, da, wie schon am Anfang beschrieben die Erklärungen für die vorunterrichtlichen Konzepte teilweise tief verankert sind (vgl. Jonen, Möller & Hardy 2003, S. 94f.).

2.2 Entstehung von Präkonzepten

Präkonzepte können mit Hilfe verschiedener Faktoren aufgebaut werden, so z.B. durch Interpretieren von Alltagserfahrungen oder durch alltagssprachliche Formulierungen. Aber auch allgemeine Denkschemata, wie das Täter-Tat- oder das Geben-Nehmen- Schema können Vorstellungen entstehen lassen. Des Weiteren prägen sich solche Konzepte durch das Interpretieren vermittelter Erklärungen und Darstellungen aus (vgl. Möller 2013, S.61). Zudem können durch Informationen und Meinungen, welche Einfluss auf das Individuum ausüben, wie Schule, Eltern, Medien und Freunde Alltagsvorstellungen hervorgerufen werden (vgl. Möller 1999. S.140). Inwiefern sich diese Vorstellungen im Entwicklungsprozess entwickeln, hängt dementsprechend von dem jeweiligen sozialen Umfeld und der eigenen Persönlichkeit des Kindes ab.

3 Conceptual Change-Theorie nach Posner & Strike

Aus konstruktivistischer Sichtweise wird das Lernen als die Veränderung von Präkonzepten interpretiert (vgl. Möller 1999, S. 141). Dies kann beispielsweise in Anlehnung an die Conceptual Change-Theorie erfolgen.

3.1 Definition Conceptual Change

Überträgt man den Begriff „Conceptual Change“ in die deutsche Sprache so bedeutet „Conceptual“ so viel wie gedanklich für Vorstellungen, Ideen und Begriffe; „Change“ hingegen wird oft mit Entwicklung bzw. Veränderung gleichgesetzt. Häufig wird daher „Conceptual Change“ mit dem „Konzeptwechsel“ übersetzt (vgl. Möller 2015, S. 244). Einige Pädagogen kritisieren diesen nicht passend gewählten Begriff, da er nahelegt, dass das Lernen ein Wechsel von einem Konzept zum anderen darstellt. Diese Annahme setzt voraus, dass ein Konzept gelöscht und durch ein richtiges ersetzt wird (vgl. Duit 1996, S. 146). Solch ein direkter Austausch von Konzepten ist jedoch unüblich und meist nicht realisierbar. Vielmehr ändern sich bei dem Lernprozess diese Strukturen, indem Teile ergänzt und erweitert, andere grundlegend revidiert und neu strukturiert werden, worauf in Kapitel 3.5 noch einmal vertiefend eingegangen wird (vgl. Duit 1996 S.147f.) Aus diesem Grund halten an dieser Stelle viele die Begrifflichkeit der „konzeptuellen Entwicklung“ bzw. der „Konzeptveränderung“ als geeigneter (vgl. Möller 2015, S. 244).

„Ansätze des Konzeptwechsels haben […] das Ziel, den Schülerinnen und Schülern verständlich zu machen, dass in bestimmten Situationen die Alltagsvorstellungen keine ausreichende Orientierung mehr bieten und dass in diesen Situationen die naturwissenschaftlichen Vorstellungen herangezogen werden müssen“ (Duit 1996, S. 146).

Bei dem Erlernen naturwissenschaftlicher Begriffe und Prinzipien ist das Bestreben einen Lernweg von einer kognitiven zu einer naturwissenschaftlich geprägten Teilstruktur zu finden, welche in andere Rahmenvorstellungen eingebettet ist. Man kann sagen, dass sich der Konzeptwechsel in erster Linie auf das Erlernen naturwissenschaftlicher Inhalte und auf das Erlernen des wissenschaftstheoretischen Wissens bezieht, also auf die kognitiven Aspekte. Der Begriff der Konzeptänderung soll den Wechsel der Rahmenvorstellungen zeigen, der beim Erwerb der naturwissenschaftlichen Begriffe notwendig ist. Dabei stehen vor allem Lernprozesse im Vordergrund, deren Resultate das Verstehen von naturwissenschaftlichen Begriffen, Prinzipien und Theorien sein sollen. Der Wissenserwerb wird als aktive Konstruktion auf Basis der vorhandenen Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler verstanden. Lernen als Prozess der kognitiven Entwicklung, von vorhandenen Vorstellungen ausgehend, führt zur naturwissenschaftlichen Sichtweise (vgl. ebd., S. 146f.).

In vielen Unterrichtsansätzen wird auch der Konzeptwechsel auf den Meta-Ebenen angestrebt, d.h. von „naiven“ Alltagsvorstellungen über die Naturwissenschaften und den Lernprozess hin zu wissenschaftstheoretischen und meta-kognitiven Vorstellungen. Diese Konzeptwechsel auf Meta-Ebene spielen eine wichtige Rolle, denn sie sind erstens das Ziel des Unterrichts, sollen aber gleichzeitig das Verstehen der neuen Vorstellungen auf der Inhaltsebene unterstützen (vgl. ebd. S.148).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass unter dem Konzeptwechsel die didaktischen Bemühungen im naturwissenschaftlichen Sachunterricht verstanden werden, welche die Kinder von ihren Alltagsvorstellungen hin zu den wissenschaftlichen Konzepten zu bringen (vgl. Kaiser 2010, S. 2016). Einsiedler (1996, S. 14) spricht dabei ebenfalls von einer „Entwicklung oder Veränderung von Begriffen und Zusammenhangswissen.“

3.2 Die Conceptual Change-Theorie

In der Vergangenheit existieren schon ältere Theorien, die von Conceptual Change sprechen. Diese wurden im Laufe der Zeit aber weitestgehend differenziert (vgl. Möller 1999, S. 141).

Bedeutend ist allerdings die Theorie von Ponser et al. von 1982, auf welche in der Literatur immer wieder verwiesen wird. Diese ist vor allem ein Orientierungspunkt für konstruktivistisch orientierte Unterrichtsansätze in der Naturwissenschaftsdidaktik geworden. Durch diese Theorie soll die Frage beantwortet werden, wie die Bewältigung der Lernenden von einer Vorstellung zu einer anderen Vorstellung stattfindet (vgl. Duit 1996, S. 150). Sie konzentrieren sich innerhalb ihrer Theorie weitestgehend auf die Veränderungen der Vorstellung von Lernenden, also auf die kognitiven Aspekte des Lernens (vgl. Posner et al. 1982, Strike u. Posner 1992). Der Übergang hin zu neuen Konzepten wird als ein Wechselspiel von Assimilation und Akkommodation gesehen (siehe Kapitel 3.3.1 und 3.3.2). Assimilation wird als eine Einordnung des neu gelernten Wissens in die vorhandenen Strukturen gesehen, wohingegen Akkommodation als grundlegende Veränderung der vorhandenen Strukturen definiert wird (vgl. Duit 1996, S. 150).

Der Ansatz des Conceptual Change geht von der Grundannahme aus, dass das aufzubauende Wissen nicht direkt vermittelbar ist, sondern aktiv durch den Lernenden konstruiert werden muss. Aus diesem Grund ist die Förderung der kognitiven Aktivität enorm wichtig (vgl. Möller 2015, S.246).

3.3 Unterschiede in der Konzeptveränderung

Es können insgesamt zwei Konzeptveränderungen voneinander unterschieden werden. Zum einen die kontinuierlichen bzw. „weichen“ Konzeptveränderungen, zum anderen die diskontinuierlichen bzw. „harten“ Konzeptveränderungen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass bei fast jedem Lernprozess ein Wechselspiel zwischen diesen beiden Grundformen stattfindet. Durch welche Merkmale und Besonderheiten sich die Konzeptwechsel auszeichnen, wird in den nächsten Abschnitten näher erläutert.

3.3.1 Kontinuierliche und „weiche“ Konzeptveränderungen

Wird von den kontinuierlichen Konzeptveränderungen ausgegangen, so versucht die Lehrkraft an den Aspekten der vorhandenen Vorstellungen der Lernenden anzuknüpfen. Daraus lässt sich schließen, dass die Präkonzepte den naturwissenschaftlichen Vorstellungen nicht konträr gegenüberstehen dürfen. Dabei erfolgen lediglich kleine Revisionen und Erweiterungen an den bei den Kindern vorhandenen Alltagsvorstellungen. Bei den kontinuierlichen Wegen spricht man weniger von Conceptual Change, sondern eher von dem Begriff des Conceptual Growth. Diese Art der Konzeptveränderung korrespondiert mit dem Begriff der Assimilation, welcher davon ausgeht, dass neues Wissen in vorhandenes eingebettet wird (vgl. Duit 1996, S. 148).

Man kann also sagen, dass ein weitgehend bruchloser Weg gewählt wird, welcher sich Schritt für Schritt dem neuen wissenschaftlichen Konzept annähert. Dieser Prozess soll in drei Abschnitte gegliedert werden. Während der ersten Phase erfolgen von dem Experten, welchen meist der Lehrer verkörpert, die nötigen Anweisungen („coaching“). In der zweiten Phase soll dem Lernenden der „Einstieg“ in das neue Konzept geebnet werden („scaffolding“), während in der dritten und letzten Phase das kontinuierliche Zurücknehmen dieser Hilfen ausschlaggebend ist und somit dem Lernenden ermöglicht wird, Schritt für Schritt „auf eigenen Füßen zu stehen“ („fading“) (vgl. Grygier et al. 2004, S. 33).

3.3.2 Diskontinuierliche und „harte“ Konzeptveränderungen

Stehen die vorhandenen Alltagsvorstellungen den naturwissenschaftlichen Konzepten konträr gegenüber, so besteht die Notwendigkeit, grundlegende Revisionen der Vorstellungen durchzuführen. Eine denkbare Strategie für diskontinuierliche Konzeptveränderungen ist das Hervorrufen eines kognitiven Konflikts (vgl. Kapitel 3.5.1) (vgl. Duit 1996, S. 148).

Bevorzugt wird bei diesem Weg des Conceptual Change eine schlagartige Erkenntnis bzw. Einsicht, verursacht durch ein „AHA- Erlebnis“ (vgl. Grygier et al. 2004, S. 33). Der Terminus des Conceptual Change wird häufig mit dem diskontinuierlichen Weg verbunden und korrespondiert außerdem mit dem Begriff der Akkommodation (vgl. ebd., S. 148). Die Akkommodation gehört demzufolge zum radikalen Konzeptwechsel, was allerdings nicht bedeutet, dass dieser abrupt geschieht, sondern eher graduell. Demzufolge ist die Akkommodation als eine allmähliche Anpassung an eine wissenschaftliche Vorstellung zu sehen. (vgl. Krüger 2007, S. 81).

Ganz allgemein bestehen „harte“ Konzeptveränderungen aus der Aufgabe alter und dem Neuaufbau adäquater Konzepte (vgl. Möller 1999, S.141).

Lernen wird, wie bereits erwähnt, aber immer als ein Wechselspiel zwischen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Lernwegen gesehen. Es herrschen sowohl Phasen vor, die eher kontinuierlich sind und welche, die eher diskontinuierlich sind (vgl. Grygier et al. 2004, S. 33).

3.4 Bedingungen bei Konzeptveränderungen

Um bestehende Konzepte durch neue, naturwissenschaftliche Konzepte ersetzen zu können, müssen insgesamt vier grundlegende Bedingungen für die Veränderungen dieser Vorstellungen bei den Lernenden vorliegen. Posner und Strike nennen die Unzufriedenheit der alten Konzepte und Verständlichkeit, Glaubhaftigkeit sowie Fruchtbarkeit der wissenschaftlichen Konzepte (vgl. Posner et al. 1982; Strike u. Posner 1992).

Zunächst ist es notwendig, dass die Lernenden mit den bereits vorhandenen Vorstellungen unzufrieden sind (dissatisfaction) (vgl. Duit 1997, S. 238). Die Schülerinnen und Schüler müssen die Grenzen der vorhandenen Alltagsvorstellungen erfahren, um den Konzeptwechsel voranzubringen (vgl. Möller 2015, S. 245). Kommt es aufgrund von unerklärbaren Anomalien zum Verlust des Vertrauens in die alten Vorstellungen, können die Kinder neue Vorstellungen annehmen. Diese Unzufriedenheit entsteht meist durch einen kognitiven Konflikt (vgl. Krüger 2007, 83f.). Allein diese Bedingung reicht allerdings noch nicht aus, um bestehende Konzepte zu verändern.

Folgend müssen die neuen Vorstellungen auch logisch verständlich sein (intelligible) (vgl. Duit 1997, S. 238). Eine neue Erklärung muss für die Schülerinnen und Schüler rational ergründbar sein, um diese zu erfassen. Analogien und Metaphern spielen für dieses Verständnis eine enorm große Rolle. Wichtige Voraussetzung für die Verständlichkeit neuer Inhalte ist das Vorhandensein von Grundwissen bei den Schülerinnen und Schülern. Die Integration neuer Vorstellungen gelingt umso leichter, je besser diese zum Wissen in anderen Themengebieten passt (vgl. Krüger 2007, S. 84).

[...]


1 https://www.irakaufhold.de/angebote/elterncoaching/ [Zugriff: 12.08.2018]

Fin de l'extrait de 35 pages

Résumé des informations

Titre
Präkonzepte und deren Veränderung durch die Konfliktstrategie der Conceptual-Change-Theorie. Vorstellungen zum „Schwimmen und Sinken von Vollkörpern im Wasser“ bei Grundschulkindern
Université
University of Erfurt
Note
1,0
Auteur
Année
2018
Pages
35
N° de catalogue
V540323
ISBN (ebook)
9783346184573
ISBN (Livre)
9783346184580
Langue
allemand
Mots clés
Schwimmen und Sinken, Sachunterricht, Conceptual Change-Theorie, Konfliktstrategie, Präkonzept, Grundschuldidaktik, Sachunterrichtsdidaktik
Citation du texte
Jennifer Koch (Auteur), 2018, Präkonzepte und deren Veränderung durch die Konfliktstrategie der Conceptual-Change-Theorie. Vorstellungen zum „Schwimmen und Sinken von Vollkörpern im Wasser“ bei Grundschulkindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/540323

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