Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Konzept des Postwachstums
2.1 Kritik am Wachstumsparadigma
2.2 Postwachstum
2.3 agrowth, steady-state economy, de-growth and post-developments
2.4 Green growth und die vorsorgeorientierte Postwachstumsgesellschaft
2.5 Zukünftige Herausforderungen
3 Postwachstumsinitiativen in Entwicklungsländern
3.1 Fallbeispiel Bhutan
3.2 Historischer Hintergrund und Fakten
3.3 GNH-Indikator als Alternative zum BIP
3.4 Postwachstumsansätze in Bhutan
4 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Improving the art of living […] without being obsessed by the art of getting on.”
(Cassiers, Maréchal, & Méda, 2018; Mill, 1984)
Der „Club of Rome“, schlussfolgerte bereits 1972 in der Studie „Limits to growth“, dass das menschliche Bestreben nach kontinuierlichem Wachstum unvereinbar mit unserem begrenzten Planeten ist (Meadows, Meadows, Randers, & Behrens III, 1972, S.23ff). „Beyond the Limits: global collapse or sustainable future“, das nach 20 Jahren erschienene Update der Studie, zeigt, dass die Menschheit die natürlichen Kapazitäten der Erde bereits überschreitet und jetzige Verhaltensweisen und Konsummuster keine nachhaltige Zukunft ermöglichen (Meadows, Meadows, & Randers, 1992, S.1ff). Wirtschaftswachstum hat in unserer Gesellschaft an zentrale Wichtigkeit gewonnen und beeinflusst unser Leben. Die Tatsache, dass Wirtschaftswachstum ökologische Grenzen hat, führt wirtschaftswissenschaftliche ForscherInnen jedoch dazu, sich mit wachstumskritischen Bewegungen zu befassen (Pennekamp, 2011, S.6). Finanzkrisen, Armut wie auch ökologische Umweltbelastungen bewegen und begründen WachstumskritikerInnen in ihrem Ziel, Ökonomien und Gesellschaften zu einem Umdenken zu bewegen. Technologische Innovationen, wie auch Effizienzgewinne sind ein wichtiger Bestandteil der klassischen Wachstumstheorie, können jedoch nicht die Notwendigkeit und Relevanz eines Umdenkens entkräften (Schulz, 2018, S.11).
Der, in der Forschung etablierte Begriff „Postwachstum“ beschreibt das wachstumskritische Leitprinzip, welches eine Abkehr von der Illusion eines kontinuierlichen Wachstums fordert (Schulz, 2018, S.11). Postwachstum ist eines von vielen Ansätzen für eine nachhaltige Entwicklung. Aus der steigenden Anzahl an themenspezifischen Publikationen geht eine Zunahme, vorwiegend im letzten Jahrzehnt, der wirtschaftswissenschaftlichen Relevanz hervor (Kopfmüller & Nierling, 2016, S.45). Der Wohlfahrtsökonom, Éloi Laurent nennt Wirtschaftswachstum als ein erschöpfendes soziales Projekt (Laurent, 2017). Werte wie soziale Verbundenheit und die Lebensqualität einer Gesellschaft korrelieren nicht mit dem Wirtschaftswachstum, sind jedoch den negativen Nebeneffekten eines möglichen Wirtschaftsrückganges ausgesetzt (Cassiers et al., 2018, S.2ff).
Ausgehend von diesem Problemzusammenhang lässt sich die wissenschaftliche Fragestellung dieser Hausarbeit herleiten: „Inwiefern schaffen Postwachstumsansätze eine nachhaltige Wirtschaft? Postwachstum als Alternative für Entwicklungsländer am Fallbeispiel Bhutan”. Mithilfe der bestehenden Literatur wird ein tieferes Verständnis für die Relevanz und der Weite des Postwachstumsgedanken vermittelt. Auf Grundlage dieser Forschungsfrage ist es zunächst erforderlich, die Faktoren, die eine nachhaltige Wirtschaft beeinflussen, zu erläutern und daraufhin in Relation mit den aus dem Postwachstum resultierenden Einflüssen zu setzen. Dies bezüglich wird, als empirisches Fallbeispiel die bhutanische Ökonomie herangezogen, da es verdeutlicht, dass die Implementation von Postwachstumsansätzen, trotz komplexer historischer und ökonomischer Gegebenheiten, positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben kann.
Der Aufbau dieser Seminararbeit lässt sich in vier Abschnitte einteilen. Nach der Einleitung führt der Grundlagenteil in das Gebiet des Postwachstums ein und befasst sich mit den dazu wesentlichen Aspekten der Wachstumskritik. Dabei wird unter anderem auf die zu separierenden Bestandteile Postwachstum und de-growth eingegangen. In Anknüpfung an die zuvor dargestellten Konzepte thematisiert der Hauptteil die detaillierte Bearbeitung der Fragestellung in Anbetracht des empirischen Fallbeispiels. Der letzte Abschnitt besteht aus der Beantwortung der Forschungsfrage und einem darauf aufbauenden Fazit.
2 Das Konzept des Postwachstums
2.1 Kritik am Wachstumsparadigma
Schon seit 30 Jahren hält die Debatte über die Alternativen zu Wachstumsgesellschaften an. Besonders seit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 steigt die Relevanz vom wachstumskritischen Diskurs (Kopfmüller & Nierling, 2016, S.1). Die Förderung des Wirtschaftswachstums ist seit der Nachkriegszeit zu einem zentralen Ziel der Politik geworden (Seidl & Zahrnt, 2010). Wachstum hat in den Nachkriegszeiten (1945-1975) zu einem höheren Lebens- und Lohnstandard, wie auch einer gerechteren Wohlstandsverteilung geführt (Cassiers et al., 2018). Diese positiven Auswirkungen von Wirtschaftswachstum werden jedoch immer schwächer und führen zu einem Anstieg der sozialen Ungleichheit (Cassiers et al., 2018; Wilkinson & Pickett, 2009).
Die, von Arnsperger beschriebene Fixierung von Ökonomien und der Politik auf kontinuierliches Wirtschaftswachstum, führt zu ökologischen Schäden (Arnsperger, 2005). Bereits 1991 stellte Daly fest, dass eine Massenkonsumwirtschaft für 7,5 Milliarden Menschen nicht auf der Erde möglich ist (Daly, 1991). Die Folgen menschlichen Handels auf das natürliche Ökosystem sind am gravierendsten (Cassiers et al., 2018). In Verbindung mit der Begrenztheit der, auf der Erde verfügbaren Ressourcen, streben WachstumskritikerInnen nach Alternativen für das aktuelle globale Modell von Wachstumsgesellschaften (Gerber & Raina, 2018).
Wichtige Bestandteile einer nachhaltigen Zukunft sind technologische Innovationen und die Veränderung des Lebensstils (Cassiers et al., 2018). Die, als „Sustainable Development Goals“ definierten Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, befassen sich mit der Problematik des Klimaschutzes, der sozialen Inklusion, sowie der Armuts- und Hungersbekämpfung (Kopfmüller & Nierling, 2016, S.1).
Die Umwelt-und Entwicklungskommission führte erstmals den Begriff der Nachhaltigkeit, als einen politischen Begriff ein (WCED, 1987). Nachhaltige Entwicklung bedeutet die Elementarbedürfnisse der Menschen dieser Welt abzudecken bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Umwelt und den ökologischen Einflüssen (Seidl & Zahrnt, 2010). Ökonomisches Wachstum ist jedoch erforderlich, um die elementaren Bedürfnisse der Menschen in nicht nachhaltigen Ökonomien aufrechtzuerhalten. Die Umsetzung einer nachhaltigen Ökonomie erfordert die Operationalisierung von Zielen und Maßnahmen auf kommunaler, nationaler und unternehmerischer Ebene (Seidl & Zahrnt, 2010). Dies bezüglich soll die Messung der wirtschaftlichen Entwicklung einer Wirtschaft mit weiteren Indikatoren ergänzt werden.
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